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Freitag, 26. Januar 2018

Das Kommunbrauhaus

Das Kommunbrauhaus in Kötzting

alte Hausnummern 58
Bei diesem "Objekt" handelt es sich, ähnlich wie bei der Marktmühle, um ein Gebäude, das es nun schon seit vielen Jahren nicht mehr gibt. Auf dem Grundstück des ehemaligen Brauhauses der Kötztinger Marktlehner parken nun schon seit vielen Jahren ganz profan Autos.
Sang- und klanglos verschwand das Gebäude, das so wichtig für die zentrale Funktion Kötztings als MARKTplatz und Verwaltungszentrum war.  Das Recht zu Brauen und Auszuschenken war ein wesentlicher Bestandteil der Kötztinger Marktrechte, die bereits 1344 bestätigt wurden, damit also bereits vor diesem Zeitpunkt existiert haben müssen.
Bild aus der Reprosammlung des Arbeitskreises Heimatforschung
von Frau Kretschmer und Frau Rabl-Dachs





Vermessungsamt Cham Ort_Koe_1831_K62 Uraufnahme Kötzting von 1831 Nr. 58 ist das Gebäude des Kommunbrauhauses, Nr. 59 ist der alte churfürstliche Weißbierkeller, nun Teil der Fa. Liebl.

Serwuschok 540

Hier ein Foto, das denselben Blick auf die Situation ermöglicht wie im Lageplan von 1830. Rechts der Stadel, der 1831 noch zum Brauhaus gehörte.


Die Kötztinger Marktlehner, 36 Stück an der Zahl, und auch nur diese, hatten damit praktisch ein Biermonopol im weiten Umkreis von Kötzting in Händen und verteidigten dieses auch über viele Jahrhunderte. Immer wieder passierte es, dass bei den großen Brandkatastrophen des Marktes mit den Akten auch der so wichtige Freiheitsbrief verschwunden war bzw. mit verbrannte. Noch vor dem Wiederaufbau des Ortes versuchte der Magistrat dann bei der Regierung in München, eine neue Abschrift ihres Freiheitsbriefes zu erhalten.
Die dort verbrieften Rechte stellten die Lebensgrundlage, quasi die Verfassung, unseres Heimatortes dar.
Es war in der "Alten" Zeit durchaus üblich, bei Handelsgeschäften, vor allem aber bei Übergaben von Häusern und Anwesen, einen festen Anteil, den Leikauf, das Drangeld, für Speis und Trank zu verbrauchen. Hier im Markt, beim Landgericht wurde verbrieft, hier im Markt auf dem Marktplatz MUSSTE jedes Handelsgeschäft abgewickelt werden und auch nur hier gab es in großer Anzahl Wirtshäuser und Bier und damit die Möglichkeit, das "Drangeld" auch zu verbrauchen. Kein Wunder, dass die Kötztinger Marktlehner eifersüchtig darüber wachten, dass ihnen kein Konkurrent in der Nachbarschaft heranwuchs. Schlechte und kriegerische Zeiten brachten große Umbrüche und solche wurden von verschiedenen adeligen Herrschaften auf den Hofmarken wie Grafenwiesen, Blaibach, Haus und Hohenwarth genutzt um eigene Brauhäuser zu etablieren. Auch wenn die Kötztinger diese Braustätten nicht alle verhindern konnten, so versuchten sie doch, durch unzählige Prozesse im Laufe der Jahrhunderte gegen diese adeligen Familien in den Hofmarken im Umland zumindest ihr Recht als alleinige Bierlieferanten im weiten Umkreis zu verteidigen.
Das Verbot - mit Ausnahme der Privatbrauerei Billich-Krieger-Luckner, nun Hotel zur Post - der Kötztinger Bürger, selbst zuhause zu brauen und der Zwang dies im Kommunbrauhaus zu tun, hatte  Konsequenzen für den - unterirdischen - Aufbau des Marktes, auch wenn dies nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist.
Bis zu 36 Marktlehner konnten für sich und für ihren Ausschank Bier brauen lassen, 10 sogenannte Söldner durften es ihnen nachmachen, dies aber nur für den eigenen Verbrauch. Das bedeutete, dass 46 verschiedene Brauberechtigte ihren Hopfen und Malz anlieferten und dann das gebraute Bier in Fässern auch wieder abholen mussten, weil das Kommunbrauhaus auch nicht annähernd den Lagerplatz für diese große Anzahl an Bierfässern hatte. Dies wiederum hatte zur Folge dass die Kötztinger Marktlehner und zum Teil auch die Söldner unter ihren Häusern große und ausgedehnte "Sommerkeller" bauen mussten, um das im Winterhalbjahr gebraute Bier einzulagern, mit Natureis zu kühlen und es dann portionsweise ausschenken zu können.

Dass dieses grundsätzliche und eigentlich uneingeschränkte Schank- und Braurecht der Marktlehner und Söldner, das sich in den Katasterauszügen bis heute noch als sogenanntes "radiziertes Recht" nachlesen lässt, nicht immer unstrittig war, kann man in einem Prozessakt von 1647 nachlesen.
Der Hintergrund war vermutlich die überaus schlechte wirtschaftliche Lage gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges, als sich viele Marktlehner - auch solche, die eigentlich einem Handwerksberuf nachgingen - auf dieses Recht besannen, Bier sieden ließen und es danach zuhause ausschenkten.
Dem Magistrat war dies ein Dorn im Auge und zum Schutze der Wirte - die sonst kein anderes Auskommen hatten - versuchte dieser das universale Recht der Marktlehner einzuschränken.
Die Marktlehner, welche die neue Anordnung betrafen, gingen in Straubing vor Gericht.
 
StA Landshut Regierung Straubing Nr. 4210

"Bey hiesigen Marckht Khözting ist von langen unfürdenklichen Jahren Ir: und allzeit jeblich herkhommen, daß die Jenigen Burger, welche Marckhtlehen /:Zuverstehen burgerliche Heuser mit darzue gehörigen gewissen Äckhern und Khrauthgärten, deren bei 36 seindt:/ besizen haben in gemainen Marckhts Preuhauß Ihrer Gelegenheit nach praunes Pier sieden und selbiges, was sie zu ihrer selbst notturfft nit gebraucht, offentlich außschenkhen und verkhauffen derffen, massen unß dessen sowohl Cammerer und Rhat, und gesambte Burgerschaft, als die churfürstlich bei unnß gesessne Herrn Beamten, genuegsamne Zeugnuß geben miessen, auch noch de facto solcher gestalten von ünrigen mit dergleichen Marckhtlehen vorsehenen mitburgern würklich observiert und gehalten, dannenhero von mannichen ein halbes, von einem anderen ein ganzeß oder zway, von den Unvermöglicheren wol auf ein Halb: oder ganzes Preu zusammen geschitt, und also gesotten würdt. allain wür endtsunterschreiber Handtwerchsleuth wollen von besagt Cammerern und Rhat....aus ungleichem verstand nit mehr zugelassen werden."
Der Kötztinger Magistrat argumentierte mit der Vielzahl der vorhandenen Wirte und den Möglichkeiten der Handwerker, ihr täglich Brot durch ihre Arbeit zu verdienen und nicht den Wirten das Geschäft zu verderben. Die alten Freiheitsrechte konnte der Magistrat zwar nicht unerwähnt lassen, meinte aber, dass der eine oder andere, der in der Vergangenheit nur dem einen oder anderen Sud Bier in Winterszeit in der Brauerliste auftauchte, dies nur gemacht hätte, damit er " der Träber halber sein redo habentes Viechel desto leichter hinaus hat bringen mögen". 
Selten wurde ein Prozess so schnell und eindeutig beendet: Das Brau- und Schankrecht der Kötztinger Marktlehner durfte durch solche  Verwaltungsakte des Magistrats nicht eingeschränkt werden. Punkt.


Foto Pongratz: Nicht schön, aber selten, eine Aufnahme der Frontseite des ehemaligen
 Kommunbrauhauses in seiner ganzen Schäbigkeit im Jahre 1975. Ich hatte damals gerade
meine erste einfache Spiegelreflexkamera gekauft und war in Kötzting auf Motivsuche,
wenn ich mir die abplatzenden Putzstellen ansehe und mit dem SW Bild am Bloganfang
vergleiche, dann ist mein Bild sogar das ältere..

Mit dem Auge einer Künstlerin gesehen, entwickelt solch eine verfallene Ruine ihren eigenen
Charme, Aquarell von Frau Ingeborg Metschl



Wo aber lagen die Anfänge des Kötztinger Brauwesens?

Wie oben angeführt, fußt das Kommunbraurecht auf dem Freiheitsbrief des Marktes Kötzting aus dem frühen 14. Jahrhundert. Vom Ende des 16. Jahrhunderts kennen wir eine Aufstellung der Braustätten im Rentamt Straubing (vergleichbar mit einem heutigen Regierungsbezirk), zu welchem auch das Landgericht Kötzting gehörte:
Staatsarchiv Landshut Rentkastenamt Straubing A 1166 Braustätten im Rentamt
Landgericht Kötzting
In diesem Gericht hat es im Markht Közting drey
weisse Pierpreu Heußer, das erst gehört gemainem
Markht zu, welches sie von zweyen Burgern daselbst



die vor 50 Jaren dergleichen Pier darinnen gepreut
haben sollen, erst vor 20 Jaren an sich erkhaufft,
Bericht aber der Landrichter alda. e wurde des schwarz
en Piers mer als des weißen, und über Wünter über
4 oder 5 Preu des weissen Piers darinnen nit ge
prennt
Dieser obige Bericht stammt aus dem Zeitraum um 1599, damit können wir den Anfang des Kommunbrauhauses - an dieser Stelle - zeitlich ca. um 1550 legen. Ob der funktionelle Vorläuferbau ebenfalls an dieser Stelle lag kann nicht bestimmt werden. es spricht aber vieles dafür, die Nähe zum Weißen Regen für das Brauwesen zu nutzen.
Für einen Kalender des Jahres 2002 hat Ludwig Baumann schon einmal die rechtliche Lage des "weißen" und "braunen" Brauwesens in Kötzting zusammengestellt.



Kötztinger Ansichten von Ludwig Baumann im Jahre 2002

 

Das Weizenbier ist ein unnützes Getränk, das weder nährt noch Kraft gibt, sondern nur zum Trinken verleitet, behauptete im Jahre 1567 die Regierung von Straubing und versuchte das Sieden von Weißbier zu unterdrücken. Damals fand die neue Biersorte von Böhmen her Zugang. Als aber die gräfliche Familie der Degenberger, die das Recht des Weißbiersiedens in ihrem selbstständigen Herrschaftsgebiet durchsetzen konnte, 1602 ausstarb und vom bayerischen Herzog Maximilian beerbt wurde, war man schnell gegenteiliger Meinung. Der beträchtliche Nutzen, den das Weißbier einbrachte, veranlasste die Hofkammer, das Weißbierprivileg sofort in München auszuüben. Der Degenbergische Braumeister wurde in die Landeshauptstadt berufen. Schon nach kurzer Zeit warf das „weiße Hofbräuhaus“ eine weit höhere Rendite ab als das braune.
Deshalb errichtete der Landesherr auch an anderen Orten weiße Brauhäuser und erklärte das Brauen von Weißbier als „Regal“ (Monopol). Es konnte nur im Auftrag und zum finanziellen Nutzen des Herzogs und späteren Kurfürsten gebraut werden. In unserer Region wurde Weißbier in Cham, Furth, Neukirchen b. Hl. Blut, Viechtach und Kötzting gebraut.
Braustätte für das Weißbier in Kötzting war das Kommunbrauhaus in der Jahnstraße, das im Besitz der brauberechtigten „Marktlehner“ war. Der dortige Bräumeister braute neben dem bürgerlichen Braunbier im Auftrag der Hofkammer auch das Weißbier. Für die Benützung der Braustätte zahlte der Landesherr eine jährliche Entschädigung, den so genannten halben Gewinn.
Vor kurzem gelang im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München ein überraschender Fund: Ein Plan für den Neubau des Kötztinger Brauhauses mit den entsprechenden Kostenanschlägen. Überraschend deswegen, weil die Planung  1643 ausgearbeitet wurde, als der Dreißigjährige Krieg noch nicht zu Ende war. Auf  1 170 Gulden waren die Kosten veranschlagt. Von dieser Summe hatten die Kötztinger Brauberechtigten „bevorab den 5. Pfennig“ (20 Prozent) zu zahlen. Die verbleibende Summe wurde auf die Kötztinger und den Kurfürsten je zur Hälfte (468 Gulden) aufgeteilt. Ob und wann der Plan so ausgeführt wurde, konnte noch nicht festgestellt werden.Im Sudjahr 1668/69 wurden in Kötzting 414 Hektoliter Weißbier gebraut. Im 18. Jh. aber verlor man in unserer Gegend das Interesse am Weißbier. 1746 wurde das letzte im hiesigen Kommunbräuhaus gesotten



Ludwig Baumann fand bereits vor vielen Jahren einen Bauplan für das Kötztinger Kommunbrauhaus:
(BayHStA München, GR Fasz. 236) Plan von 1643








Plan für ein neues Kommunbrauhaus in Kötzting, 1643
Die „Seitenmauern“ nach oben geklappt, stellt die Zeichnung ein Mittelding zwischen Plan und Baumodell dar.
1 Sudhaus (ca. 240 m2), 2 Wasserbehälter, 3 Maischbottich,
4 Brau­­pfanne, 5 Wasserrinne zur Pfanne, 6 Wasserrinne zum Maischbottich, 7 Brauofen oder Schirr, 8 Rauchfang, 9 Kühle,
10 Bierrinne von der Kühle in den Keller, 11 Keller für zwei Bräu oder Suden (ca. 50 Hektoliter), 12 Darre (Trockenraum), 13 Treppe zum Bräustübl, 14 Bräustübl, 15 Tor für die heutige Jahnstraße, 16 Mauer zwischen Brauhaus und Regen (ca. 15 Meter lang, Teil der Marktbefestigung), 17 Brauhauswand in Richtung Regen, Wandstärke ca. 1,20 Meter.
(BayHStA München, GR Fasz. 236)

Ich hab mal versucht, aus dem Plan, den Ludwig Baumann schon vor vielen Jahren in München entdeckt hat ein Modell zu basteln um sich das Besondere dieses Planes auch besser vorstellen zu können. Zuerst einmal waren für mich die Beschreibungen im/am Plan widersprüchlich, bis mit aufgegangen ist, dass - weil gleichzeitig sowohl die Innenansicht als auch die Außenansicht auf den Flächen beschriftet und erklärt sind, ja nur eine spiegelbildlich richtig sein konnte. Klappt man die Seiten auf, so dass eine Innenansicht entsteht, ist der Plan so wie er ist richtig. Klappt man die Seiten aber umgekehrt, um ein Gebäude zu simulieren, dann muss der Baukörper gespiegelt werden und dann stimmen auch die außen angegebenen Himmelsrichtungen bzw. die bezeichneten Ausrichtungen hin zur Marktmühle und zum Fluss.

Voila meine Baukünste - Basteln hat mir noch nie richtig Spaß gemacht, also bitte die Ungenauigkeiten zu verzeihen:
Das Kommunbrauhaus vom 17. Jahrhundert Blickpunkt, ungefähr wenn man an dem jetzigen Schauwasserrad steht und zum Parkplatz blickt.


Der Punkt G bezeichnet den unteren von zwei Kellergewölben,  hier steht ja auch der Hang an, auf dessen Anhöhe im Moment das Wohnhaus des Herrn Ritzenberger steht - früher nicht umsonst der "Weiß auf der Höh" genannt. So macht die Gebäudeausrichtung Sinn, der Keller in die Anhöhe, die Mauer - so stehts auch im Plan - 45 Schuh lang in Richtung zum Fluss. An der Stirnseite des Gebäudes steht, dass dieses in Richtung zur Marktmühle ausgerichtet ist.
Der Punkt K ist eine Klappe, bei der die Bürger den Biertreber abholen konnten. Das Kellergebäude ist übrigens mit Ziegeln gedeckt, das Sudhaus hat nur ein Schindeldach


Nun zum Inneren:


Hier sieht man links das "aufgeschnittene zweistöckige" Kellergewölbe für die Lagerfässer - hier allerdings nur für die Reifelagerung, das fertige Bier mussten die Brauberechtigten ja immer in eigenen Lagerräumen unterbringen. Der Treppenaufgang führt hinauf in der neue Bräustüberl, rechts oben das große Fenster.
Die Blickrichtung bzw. die Ausrichtung dieses Bildes ist in etwa wie die obige Außenaufnahme, Kellergewölbe links hinten.

Die zweite Innenaufnahme ist nun gedreht und blickt in Richtung von der Brennerei Liebl hin zur alten Marktmühle. 

 Hier ist nun das Kellergewölbe rechts; an der oberen Bildmitte ist das Wasserreservoir, die Leitung ins Brauhaus zweigte in etwa dort von der märktischen Wasserleitung ab, wo heutzutage der Pfingstreiterbrunnen steht, es folgt die Maische und unten links die Feuerung mitsamt der Sudpfanne. Oben der braune Fleck ist die von außen erreichbare Klappe, um den Treber abzuholen.
Es ist zu vermuten, dass die beiden Gewölbekeller im Hang steckten und daher oberflächlich nur der  turmähnliche Aufbau zu sehen war.


Anhand der angegebenen "Himmelsrichtungen" könnte ich mir vorstellen, dass das die historische
Lage des im Plan vorgestellten Neubaus dargestellt hat.


Es wurden also in einem Hause sowohl Weißes - obergäriges - als auch Braunes - untergäriges - Bier gebraut, was grundsätzliche Probleme verursachte, weil die beiden Hefen unterschiedliche Temperaturoptima hatten. Das kurfürstliche Weißbier hatte ein Optimum bei 15-20 Grad, während die Brauhefe für das "normale Bier" 4-9 Grad benötigte. 
Im Jahre 1612 stellten Kammerer und Räte Kötztings bei der Regierung den Antrag, ihr Bier ebenfalls auf die "warme Gier" brauen zu dürfen.
Sie begründeten ihre Bitte mit dem Verlust, den die Kötztinger Bürger bei dem verheerenden Marktbrand im Jahre 1602 erlitten hatten.
Die verarmten Bürger hätten für das Brauen auf der "kalten Gier" weder "Gelegenheit noch einen Ortt"
Besonders die "geristen Keller alda seien mit Wasser also beschaffen, das aohne Schaden das Püer darinen nit vergühren kann und mag. Uber dises bey dem Preuhaus wegen deß weissen Piers noch vilweniger undterzekhommen. daß solches gar zu eng. Insbesondere aber der Arme Burgersmann des vermögens nit ist, daß er allein die Preugeschier zur Kalten Giehr einkhauffen khan."
Sie bäten nun, ihr Braunes Bier ebenfalls auf die "warme Gier" brauen zu dürfen, zumindest jeweils bis Weihnachten. 
Straubing lehnt den Vorschlag ab, die Regierung sah vermutlich das mit höheren Temperaturen vergorene Bier, trotz des Braunbiernamens, als eine Konkurrenz für das kurfürstliche Weißbier an.
1643 kam es ja dann, wie oben bereits geschildert, zum Neubau und damit Vergrößerung des Brauhauses und auch Jahrzehnte später zum Bau des kurfürstlichen Weißbierkellers, heute die Bärwurzerei Liebl.

Das Brauen des Weißbiers wurde zu  Mitte des 18. Jahrhunderts in Kötzting eingestellt. Im Jahre 1819 fragte München in Kötzting nach, in welchem Jahr denn der letzte Weiße Braugewinn nach München abgeflossen sei, um möglicherweise Eigentumsansprüche an das Brauhaus aufleben zu lassen. Die Suche in den Kötztinger Unterlagen ergab, dass dies im Jahre 1746/1747 gewesen sei und somit verlief der Versuch aus München im Sande.. 
Vermutlich hatte man dieses letzte Inventarium aus dem Jahre 1746 aufgefunden und nach München geschickt, denn danach ist nie mehr die Rede von einem Weißen Brauhaus in Kötzting.
Gemäß dem Inhalt dieses Inventariums war offensichtlich auch eine Wohnung vorhanden
Inventarium
"So über die in dem Churfrtl Weissen brauhause alhirn zu Kötzting vorhandtne Brau Geschirr, so ander derley Breu Wesens notturftig Vorgenommen worden dem 9. July 1746
Im breu Stübl
vorhandten: 1 Tisch sambt einer Schubladen
2 Körzen Leichter
abgängig: 1 Eiserne pfannen
verhandten: 2 Neue Bettstädl samb
abgängig: 2 Strohsäckhen und
2 Deckhen"

1820 kam dann die Aufforderung, die feuergefährliche hölzerne Malzdörre in eine eiserne umzubauen.
Angesichts der Kosten von 1200 fl Gulden und der Schuldenlast der  Kommunbrauerei in Höhe von 1300 fl protestiert der Kesselmeister Korherr. Die hölzerne Dörre sei neu erbaut und seit 200 Jahren habe es in der Brauerei nicht gebrannt.


 
Flusslandschaft mit Marktmühle und Kommunbrauhaus zu Anfang der 60er Jahre, Ausschnitt aus Luftbildaufnahmen aus dem Krämerarchiv Stadtarchiv Kötzting

Wie ging nun das gemeinschaftliche Brauen vor sich, es konnte ja nicht jeder Brauberechtigte ins Brauhaus kommen und loslegen, das Gegenteil war der Fall.
Die Gemeinschaft der Brauberechtigten wählten einen Braumeister und damit ging der Streit schon mal los, da diese Wahl nicht einstimmig war und es sowohl im Vorfeld als dann auch bei der Durchführung Parteien und damit gefühlte oder tatsächliche Bevorzugungen bzw. Benachteiligungen gab. Es häuften sich Vorwürfe, dass der Braumeister minderwertigen Hopfen und Malz bei seinen Gegnern einsetzen würde und auch in der Reihenfolge der einzelnen Biersude seine Freunde bevorzugen würde.
Im Münchner Hauptstaatsarchiv liegt ein Inventarium des Brauhauses aus den Jahren 1631 und 1696.
Der erste Teil des Inventariums stammt sogar dem Jahre 1631, also noch vor dem verheerenden Marktbrand durch die Schweden im November 1633

Hier ein Beispiel für die Abrechnung der einzelnen Sude durch die brauberechtigten Bürger (Marktlehner)

Der Bräuverwalter Lindtner und der Kötztinger Marktschreiber Paul Franz Keser siegelten und unterschrieben diese Bräurechnung.


Bereits aus dem Jahre 1720 gibt es einen Akt der Regierung Straubing, nach dem offensichtlich die Regierung das Brauhaus bereits an den Markt abgegeben bzw. verstiftet hatte. 
Es hat - aufgrund der nur lückenhaften Dokumente in dem Akt - den Anschein, als ob der Mmarkt mit den Bedingungen der Pacht nicht einverstanden gewesen war und um Änderungen bat, weshalb der Magistrat um Nachbesserungen bat, da auch für den "Pfleger, nicht weniger beede Preubeambte und den P: Prior beiläufig gepreut worden". Und daher bittet der Magistrat "mit der underthenigsten Erinderung, daß der ohne dem sehr veramrbten burgerschaft zu Közting in ansechung und beherzigung der nicht allein zu vorgewesten Kriegszeiten von denselben erpressten sehr großen contributionen und ausgestandtnen villfältig schweren Durchmarchen sondern auch darüberhin erst jüngst erlittenen entsezlichen Brunstschadens einige sublimation und ergäzlichkeit wohl zu gönnen were..."

Die Gemeinschaft der brauberechtigten Bürger Kötztings, die wohl ab diesem Zeitraum im Brauhaus brauen ließ, musste regelmäßig einen Braumeister durch Wahl bestimmen, was sehr häufig, je eher regelmäßig zu Unfrieden führte, da dieser - so hat es den Anschein - denjenigen, die ihn bei der Wahl nicht präferiert hatten, beim Brauen und vor allem mit den Rohstoffen gerne seine Abneigung spüren ließ.
Einsprüche gegen diese Wahl waren daher gar nicht so selten und bereits im Jahre 1760 ist der erste dieser Fälle gut dokumentiert.
Vor allem die Vorlegung der Jahresrechnung beim  Magistrat war eine gute Gelegenheit, eine neue Wahl zu fordern bzw. durchzusetzen. Natürlich kam es dabei zu Fraktionbildungen, des einen Freud ist des anderen Leid.
Eine dieser Fraktionen - bestehend aus 8 brauberechtigten Bürgern - hatte es anlässlich der Vorlage der neuesten Kesselrechnung durch den Bräumeister Kaspar Sterr gewagt, gleich noch eine neue Bräumeisterwahl durchzudrücken und zwar "wider allen Gebrauch unter freyem Himmel" und " nit in Beysein dess Marckhtschreibers in einem Zimmer".
Nach dieser "Wahl" habe der "Rhatsfreund Wolfgang König gerufen, das der ersagte Sterr 9 vota, Volglich die Majora für sich und der ebenfahls mit in der Wahl gestandene Josef Lärnböcher nur 7en habe, welches sodan die erstern bona fide geglaubt und weillen Ihnen der Sterr aso gleich die Handt gereichet, solche auch angenohmen."
Im Nachhinein kamen aber zunächst Zweifel und später  Gewissheit, dass die Auszählung nicht korrekt gewesen war, weil einige nicht anwesende Teilnehmer ihre Stellvertreter bevollmächtigt hatten, den Lärnbecher zu wählen,  was jedoch offensichtlich keine Berücksichtigung gefunden hatte.
Dass sie - die fälschlich unterlegene Partei -  auf eine Wahlwiederholung gedrängt hätten, habe der Kaspar Sterr als Anlass genommen, um Klage zu erheben.
Bei dieser Klage vor dem Magistrat ging es nun offensichtlich ebenso "parteiisch" zu, wie bei der Blitzwahl zuvor. Die protestierenden Bürger waren bei der Verhandlung gar nicht geladen gewesen, weshalb sie ihre Vorwürfe auch nicht hatten vorbringen können und "quasi inauditi", also ungehört, verurteilt worden waren.
So kam es dann am 15.7.1760 zu dem Urteil, dass Kaspar Sterr von Seiten des Magistrats die Stelle als Braumeister zuerkannt wurde.
Den Verlierern wurde zum Verhängnis, dass sie Kaspar Sterr nach der Ergebnisverkündigung mit dem Händedruck ihr stillschweigendes Einverständnis gegeben hätten. Diese wehrten sich nun durch eine Eingabe bei der Regierung in Straubing, als der nächsten Instanz, ihre Argumente:
1. Waren sie bei der Verhandlung nicht einmal mit einem dabei gewesen; im Gegenteil, ihre  in der Verhandlung protokollierte Antwort (Rezess) auf die vorgetragene Klage des Sterr, hatte Ferdinand Mayr, ein bekannter Anhänger des Klägers, formuliert, ohne die Basis ihrer Vorwürfe überhaupt zu erwähnen.
2. Wäre die Bräumeisterwahl in der Vergangenheit immer "vor dem Marktschreiber in einem Zimmer" vorgenommen worden.
3. Habe der Ratsfreund Wolfgang König unter den unüblichen Bedingungen "leichtlich Gelegenheit genohmen, uns wider die liebe Wahrheit zu persuadieren, als hätte der Sterr 9 vota, welches uns bewogen...den Handstreich anzunehmen."
4. Wäre der Lärnbecher bereits mehrere Jahre, der Sterr aber nur 2 Winter Bräumeister gewesen und "hat wegen seinen erzeigten grobheiten abgeändert werden miessen"
5. Sei der Lärnbecher würdiger diese Stelle zu bekommen, als ein "mit einem presthafften Weib, so kümmerlichst mit einem Steckhen an der Wandt daher gehen kan, und 3 Kinder versechner Mann, welcher den ganzen Winter vom Bettl so zusagen leben miessen und uf konfftigen ohnedas widerum von dem Marckht insgesambt erhalten werden miessen."
6. War mittlerweile eine neue Wahl durchgeführt worden und ausnahmslos alle 22 abgegebenen Stimmen waren auf den Lärnbecher gefallen. Keine einzige Stimme fiel auf den Sterr, wobei sie ergänzten, dass von den 8 Personen, die damals angeblich den Sterr unterstützt hatten, trotz Einladung  kein Einziger erschienen war.
7. Sie hätten nun nachweislich die Mehrheit in Händen und fühlten sich dadurch in keinerlei Weise an den Magistratsbeschluss gebunden.
8. Habe Kaspar Sterr die Unwahrheit gesagt, als er vorgab, "er hätte bei dem Freiherrn von Schönbrunn als Bräumayster anstehen können", wir aber nachweisen können, dass er von "ersagtem Freiherrn gleich allen Anfangs ein abschlägige Anttwortt wegen seinem Weib überkommen"
Die Regierung solle daher die erste Wahl für "null und nichtig" erklären und die zweite Wahl - die für den Lärnbecher - "für gültig und kräfftig declariren". Sollte der Sterr jedoch in Revision gehen und damit neue Kosten verursachen wollen, so protestierten sie bereits im Vorfeld gegen solche neuen Ausgaben.
StA Landshut Regierung Straubing A 4592 
"Unterschrift gehorsamster Johann Scholl et 21 consortes Sammetlich Präuente Purger Im Marckht Közting"
Ihrem Schreiben legten die "Konsorten" auch das Protokoll des zweiten Wahlgangs bei.




"Was durch obstehent benamste Preuente Bürger unter obigen dato in beysein der bedden verburgerten Gezeugen, als Herrn Johann Adam Wurmb des Rhats, und Josephen Zeiller mezgern die Freye Preumeister Wahl einfällig vorgenommen wordten; Ein solches attestiert der Chfrtl, verpflichte Ghrts Procurator zu Közting 
J. Georg Druckmiller
"


Auch die vom Gericht anschließend angeforderte Stellungnahme des Kaspar Sterr - ursprünglich aus Hafenberg und mittlerweile Kötztinger Bürger - liegt dem Akt bei und dieser spart nicht mit starken Worten.
Er spricht von einer "unfundierten und monströsen appellations struktur" und von einem "S.V. luegenhaften Werckh und Schwenckhen".
30 Tage hatte Kaspar Sterr Zeit für seine Antwort, die im Nichterledigungsfalle sogar mit 3 Reichstalern an Geldstrafe bewehrt war.
Zunächst spricht er von einer persönlichen Abneigung des Scholl gegen ihn und erläutert, dass zu der (strittigen) Wahl selbstverständlich alle Beteiligten vom Marktschreiber eingeladen worden waren. Er selber wäre ja eh nicht dabei gewesen.
Nachdem aber der Köstlverwalter Bernhard Auzinger sich geweigert hatte, seine, also Sterrs, Kaution in Höhe von 100 Gulden anzunehmen, hatte er sich gezwungen gesehen, beim Magistrat Klage zu stellen, der dann nach "reif yberlegter Sach" sich für seine - und die seiner Adherenten - Sache entschieden hatte.
Von seinen "Malcontenten" - also den missliebigen Gegnern - habe er die ganze Zeit hindurch nicht mehr gehört, bis sie dann Klage beim Gericht gestellt hätten und mit dem Tag der Klagserhebung gegen jeden Brauch durch einen Bürger einsagen lassen, " die Bürger möchten zu deme Nachmittag zu Haltung einer anderen und denen Lährnbecher adhorenten gefähligen Preumaisterwahl kommen, welche dan bey deme in Haus abents nach 6 Uhr aso vorbeygangen.
Mit dieser Art des Vorgehens würde erstens dem Wohlweisen Magistrat seine Würde genommen und sei zweitens die Wahl durch die Lärnbecherischen Anhänger im Hauses des früheren Kesselverwalters Johann Scholl durchgeführt wurde, wo "iedes aus und ein lauffet". Als nächstes besteht er darauf, dass seine Wahl rechtens gewesen wäre und fordert die Gegenseite auf, das Gegenteil zu beweisen.
Seine Gegner hätten ihn eh lange nicht als einen Breumeister angenommen, bis er "mit selben raoe des Prandweinprennens nach ihrig und nit meinen adhorenten Ausspruch " gehandelt hätte.
Einschub
Aus den Abfallprodukten - hier besonders aus dem sogenannten Glegerwasser und dessen Restalkohol - des Bierbrauens, um das sich einige Bürger bewarben, konnte man Schnaps brennen.
Einschub Ende
 
Nachdem er versprochen hatte, dass in dieser Hinsicht alles beim Alten bleiben würde, wurde ihm die Hand gereicht und ihm zu der Stelle gratuliert.
Dass er erst zwei Jahre, Lärnbecher aber bereits sehr oft als Bräumeister gearbeitet hatte, will er gar nicht in Abrede stellen, gibt aber zu bedenken, dass "yber mein abgesodtnes Bier einige Klag nit: sondern sattsames Vergniegen gehabt worden sei."
Darüber fügt er an, er zweifle, ob Lärnbecher wegen seines "Leymueths  commissarations würdig, oder nit, welcher sich seiner aktenmässigen aufführung und alzeit gehebt inpertinenten grobheiten sich brodlos gemacht; das steckenmässige Weib hingegen hat in die Häusern zu Erpressung des Ja Wortts Herumb gehen, die Kürchen aber wenig frequentieren khönnen, die 3 Künder seien ebenfalls nit clein, sondern alle zu Gewünnung ihres Brods erwachsen."
Da seine Wahl ordnungsgemäß verlaufen ist, sei die zweite unförmliche Wahl nicht mehr nötig gewesen und folglich ungültig.
Am Ende verweist er darauf, dass diese Braumeisterwahl erst ab 1746 - also nach der Aufgabe des Weißbierbrauens durch den Kurfürsten - der Bürgerschaft zugestanden worden sei, diese Bürgerfreiheit reiche aber dann doch nicht gleich soweit, dass ein Magistratsbeschluss ausgehebelt werden könne, was auch nicht ungestraft bleiben dürfe.

"Gehorsamber Caspar Ster Burger alhier zu Közting"


Im Akt der Regierung über den gesamten Schriftverkehr ist deren Endbescheid nicht enthalten, jedoch die Rückmeldung des Magistrats, aus der hervorgeht, was Straubing entschieden hatte, nämlich die Aufhebung beider Wahlen und eine Neuansetzung vor dem Magistrat, eine salomonische Entscheidung.
Am 26.9.1760 meldete der Magistrat Vollzug, dass auf Begehren der bräuenden Bürgerschaft vor "gesessnen Rhat" die Brauberechtigen zusammengerufen worden waren, um eine neue Wahl des Braumeisters durchzuführen, damit "gar keine besorglichen Gründe mehr underlauffen" könnten.
31 Bürger waren zur Wahl erschienen und das Ergebnis sprach Bände: 5 waren für Kaspar Sterr "aber" 26 für den Lärnbecher, der "auch sogleich angestölt worden" sei.
Hier das erste Blatt des Protokolls der Wahl, auf der zumindest zu erkennen ist, dass die jeweiligen Parteigänger zu ihrem Kandidaten gehalten hatten, auch wenn ihr Wahlverhalten vergeblich gewesen war.




Nach dem Ende der Weißbierbrauerei um 1746 durch den Kurfürsten, zog sich auch der Markt Kötzting - 1844 - aus dem Miteigentum am Kommunbrauhaus zurück, und übergab dieses den brauberechtigten Bürgern als alleinige Besitzer.
Nachdem durch allerh. Schreiben vom 24. März 1844 der brauenden Bürgerschaft zu Kötzting das Kommunbrauhaus HsN 58 alles gegen Verreichung einer jährlichen Brauhausstift von 70 fl zum Alleineigenthum abgetreten worden ist, wogegen jedoch künftighin die in Kat. fol 313 bezeichneten befundenen Reichnisse zum k. Rentamt.....


Zwei weitere Aspekte waren beim Kommunbrauhaus zu berücksichtigen:
Das Auspechen der Bierfässer und der Unterhalt der heutigen Jahnstraße.

Der Unterhalt und die Herstellung der Wegstrecke vom Costa Chirurgen bis Bleichanger war offensichtlich die "Pflichtaufgabe" der bräuende Bürger im Kommunbrauhaus. Diese werden regelmäßig vom Magistrat bzw. vom Landgericht aufgefordert, Kies aufzufahren bzw. die Dampfbachbrücke zu reparieren, ansonsten würde dir Kommune die Wegstrecke herstellen und den Brauern die Rechnung zuschicken.

Aus dem Jahre 1841 kennen wir einen Vorgang zur "Ausmittlung eines Platzes zum Auspechen und Ausbrennen der Fässer"

Das Landgericht Kötzting gab Weisung einen Standplatz festzulegen.  Im Januar 1842 kam es zu einer Einberufung der Binder und Brauer und danach zu einer Ausmittlung bei der Veitskirche oder Vis a vis des Brauhauses am Regenfluss.  Man entscheidet sich für den Anger gegenüber dem Brauhauses am Regen.
Danach erfolgte eine Anweisung des Landgerichts über die Regeln zur Pechentnahme: vom Juni bis September durften keine Steigeisen benutzt werden, sondern es durfte nur soweit gearbeitet werden, wie weit ein Mann am Baum reichen kann und es war ein. Erlaubnisschein erforderlich.   
1867dann kamen neue  Anweisungen: Nun sind 7 Standorte zum Auspichen erlaubt:
Schindler Point, Hastreiter, Kollmaierkeller, Gartenpoint des Kraus, Zeltendorfer Weg, Hofbauerkeller und der Gänseanger.


Bei der Erstellung des Grundsteuerkatasters im Jahre 1841 findet sich - anders als 1811 bei der Erstellung des H+R-Katasters - auch das Brauhaus.


StA Landshut Grundsteuerkataster 5038
Hausnummer 58 in Kötzting, die bräuende Bürgerschschaft
Gebäude:
Das gemeinschaftliche Brauhaus mit Wasserreserve, die Dörre und 2 Malztennen, alles aneinander, dann die Binderschupfe über der Gasse.
Oedung:
Oedplatz beym Brauhaus und der Binderschupfe
Wasserleitung:
Das Komunbrauhaus hat das Wasser vom Badbrunnen bei Plnr. 257 und vom Marktbrunnen bei Plnr 78 welches mittelst

"hölzernen Röhren dahin geleitet wird, und steht hiervon die Unterhaltung der brauenden Bürgerschaft zu."
Im ersten renovierten Kataster von 1860 findet sich eine ganz besondere Liste.
Es sind alle Marktlehen und Söldner - Stand 1860 - mit ihren alten Hausnummern aufgeführt.

StA Landshut Grundsteuerkataster 5047


Immer wieder musste das Landgericht als Aufsichtsbehörde eingreifen, Streitigkeiten schlichten, Wahlen kontrollieren bzw. gegebenenfalls rückgängig machen und grundsätzlich eine Art Lebensmittelaufsicht durchführen.
Aus dem Jahre 1840 ist ein Streit über die Qualität des Bierbrauens. AA VIII/12
"Klage des Jakob Silberbauer bräuender Bürger v K gegen den Communalbräumeister Kaspar Weiß v K wegen Entschädigung für eine nicht gehörig gegorene Sud Bier, welche dem Kläger Verleit zugeben polizeilich verbothen worden ist, konnte zuerst kein Vergleich zustande kommen. Vor der Unterschrift geht der Bräumeister doch folgenden Vergleich ein: Daß er Silberbauer sechs Kreuzer Entschädigung geben wolle, welcher es sogleich erlegt. Silberbauer ist damit zufrieden nimmt die 6 Kreuzer in 
Empfang. 
1842, erneut aus dem Akt der Vergleichsverhandlungen geht es um einen Lehrvertrag:
29. Dezember 1842: Michael Zitzelsberger Häuslerssohn von Haus belangt den hiesigen Communalbräumeister Michael Brunner deswegen, weil ihm der Letztere versprochen hat, ihn als 
Bräulehrling aufzunehmen, welchen Versprechen er aber nicht nachgekommen ist. Er verlangt einen Schadenersatz von 20 fl.
Beklagter erinnert, daß die Aufnahme der Lehrlinge von der Bräuhausverwaltung abhängig  gemacht sei und er selbstständig nicht handeln könne, weshalb er jedwelche Entschädigung verweigert. Keine Einigung. 

Dies ist überhaupt eine interessante Frage, wie wird wohl das damals gebraute Bier geschmeckt haben?
Nun, das Wasser für das Bier wurde, trotz der Nähe des Brauhauses zum Fluss, aus der märktischen Wasserleitung entnommen, welche durch eine Kette an OFFENEN Brunnen den Markt herab geführt wurde. An der Stelle, an der heute der Pfingstreiterbrunnen steht, war dann ein Wechsel in der Leitung und das Wasser teilte sich auf in eine Leitung hinunter ins Brauhaus und eine weiter zum oberen Bad, heutzutage das Kellner-Haus. Dieses Wasser also war schon mal von minderer Sauberkeit.
Wie stands nun um Hopfen und Malz, das die brauberechtigten Bürger selbst anzuliefern und einzulagern hatten?
Aus dem Jahr 1855 kennen wir solch eine "Lebensmittelkontrolle":
StaLA Rep 164-8 Nr. 964 von 1855 ff

 I
Reinlichkeit im Allgemeinen
nichts besonderes zu bemerken
II
Wasser ist genügsam und in guter Qualität vorhanden
III
Auf der Malztenne
Malzvorräte liegen vor:
1. von der Bürgerswitwe Hofbauer
2. Von Jos. Mühlbauer und Aloys Deschermaier
mittelmäßig jedoch nach
Versicherung des Bräumeisters noch tauglich zum Einsieden



 von der Wittwe Amberger
dem Bäcker Lemberger zusammen
geworfen, welches schlechter Qualität ist und zum Versieden
nicht tauglich ist.
4. In der Weich liegt Gerste
des brauenden Bürgers 
Kollmayer nach Versicherung
des Braumeisters zum Bier
sieden tauglich
IV
an Gerste sind mehrere Parthien von verschiedenen Bürgern haufenweise getrennt, aufgeschüttet, nach Versicherung des Braumeisters brauchbar, sodann eine Parthie Gerste von 18 Scheffeln dem brauenden Bürgers Georg Rötztr gehörig welche sehr geringe Qualität auch im Korn ungleich überdies von einem grabelnden Geruch ist.
Nach Versicherung des Braumeisters nicht annehmbar und zum Einsieden nicht brauchbar.
Von dieser Gerste hat man eine Quantität von 1 Maaß zur weiteren Probung zu Gerichtshanden genommen.

Wie schaut`s nun mit dem Hopfen aus und mit der "Bierrezeptur"?
Auch da erbringt die Visitation seltsame Methoden der Kötztinger Bierbrauer zutage.



"Eine Waage ist nicht vorhanden und versichert der Braumeister, dass nie eine dagewesen sei und dass er eine solche bisher nie angewendet habe weil jeder Bräuende den Hopfen selbst wenn gesotten wird herzubringt.
Einige Bürger lassen ihn den Hopfen wohl sehen andere gar nicht und übergeben ihn sogleich dem Pfannenknecht welcher ihn lediglich in die Pfanne einschüttet.
Hopfen werde überhaupt im Bräuhause gar nicht eingelagert jeder Brauende behielte seinen Hopfenvorrat zu Hause und bringe nur soviel in das Bräuhaus dass er gerade zur Sud braucht.
Über die Qualität des Hopfens habe er sich daher noch nie bekümmern können...

Mit den Hopfen und Malz war es nun wohl nicht weit her: da gab es aber noch ein paar Hilfsmittel, ob die wohl mit dem bayerischen Reinheitsgebot zu vereinbaren waren?

Die nebenstehende Unterschrift stammt vom Brigadier SUFFA, genau, DEM Jäger und Fänger unseres Räubers Heigl. Dieser Mann hat den Heigl Michael zur Strecke gebracht und war nun einem trickreichen Pfannenknecht auf die Schliche gekommen.

Kötzting am 9.Dezember 1855
von der k. Gendarmerie Brigade zum Koeniglichen Landgericht Kötzting

Wechsel des Braupersonals im Kommunbrauhaus zu Kötzting und des Auffindens von Quacksalberey in diesen Bräuhause betreff:

Durch das im hiesigen Kommunbrauhause von Zeit zu Zeit erzeugten nicht gar zu empfehlenswerthen Bier wurde kürzlich bei dem dortigen Braupersonal von oben bis unten ein ziemlich starker Wechsel vorgenommen.
Bei dieser Wechselperiode war der Bindermeister Peter Schaffer von Kötzting in diesem Bräuhause als Binder beschäftigt und fand derselbe dort ein Päckchen wahrscheinlich aus dem Kloster zu Neukirchen erhaltene geweichte Waaren oder andere Quacksalbereien. Diese aufgefundene Waaren gibt der fragliche Binder nicht aus seinen Händen, bis ihm selbe gerichtlicher Seits abgefordert wird und  wegen des obangenannten Biererzeugnisses eine wichtige Rolle spielt.


Bei dem Wechsel des Kommunbrauhauspersonals ist auch der Brauknecht Josef Mühlbauer, Sohn des brauenden Bürgers Mühlbauer von hier betheiliget.
Die Mutter desselben Namens Anna Mühlbauer brauende Bürgersfrau von hier stellte sich in Folge dieses Ereignisses auf offenen Marktplatze in der Gegend vom Grassl auf und begann mit den "Worten" zu schimpfen über solche Lumpereien, "schlechte Bürgerschaft! Nun sieht man euere Lumperei, so vertreibt ihr die guten ehrlichen Leute aus dem Brauhause und so bringt man die Lumpen wieder hinein, Pfui die Schande! Solche Quacksalberei eine Bürgerschaft zu treiben"
Während sie sich diese Äußerung bediente kam Unterzeichneter dazu und es wurde ihr durch den Binder Schaffner bedeutet ruhig zu seyn, was sie auch that nur noch dem Schaffner bemerkt die Geschichte gesetzlich betreiben zu lassen, damit die hohe Obrigkeit einmal dem Ganzen auf den Grund kommen kann.




















 Dieses zeigt einem königlichen Landgericht dienstschuldigst zu Anzeige: Suffa Brig(adier)


Nun, jetzt wollte es die "Obrigkeit" natürlich wissen.......
Suffas Adressaten kennen wir natürlich auch gut in Kötzting








Carl von Paur, der damalige Landrichter und später Kötztings erster Bezirksamtmann war es und der wollte es dann doch genauer wissen, was es mit dem geheimnisvollen Päckchen/Beuschel aus dem Kloster Neukirchen beim hl. Blut auf sich hatte.

 






Carl von Paur lud den Binder Schaffner zu sich und protokollierte dann dessen Aussage über dessen Arbeiten am alten Weichbottich.....
Als wir diesen Bottich von dem Stand hinweggeschoben hatten zeigte sich ein in Papier eingemachtes Beuschl was uns auffällig war und einer der Gesellen nahm es sogleich zu Händen angeblich nur um zu sehen ob kein Geld drin wäre. Wir untersuchten den Inhalt und es zeigt sich dass dieser bestand in einem beschriebenen Zettel und in zusammen

Wir erkannten diesen Zettel sogleich als einen sogenannten Lukaszettel und war mit Tinte folgendes darauf geschrieben
Gelobt und glückselig ist die Stunde wo Christus geboren ist
Glückselig die Stunde wo er gestorben ist
Glückselig die Stunde, wo er vom Tode auferstanden ist
 Kehrseits standen die Worte:
SATOR
AREPA
TENET
ROTAS

Sodann noch mehrere einzelne Buchstaben und die Namen der hl. drei Könige. Ich nahm dieses Beuschl zu mir und behielt es bis Sonntag nachmittags, so um drei Uhr herum, der nun abgetretene Bräumeister Simmet von mir abforderte und da ich es nicht gerne hergab, angeblich ich  müsste solches dem kgl Landgericht übergeben mit einigem Ungestüm so dass ich solches zu letzt ausfolgen ließ.
Darum ist zuschließen dass der Bräumeister Simmet dieß Beuschel unter den Bottich legte oder lagern ließ in der Meinung dass solches beitragen könnte ihm beim Biersieden vor allenfalsigen Mißrathen zu bewahren. Auch habe ich gehört, dass er im Franziskanerkloster in Neukirchen war und über sich lesen lies. Er hat dieses wohl in der Absicht getan weil man nun seit Beginn des neuen Sudjahres mit dem von ihm gebrauten Bier nicht zufrieden war, welchem es in der gehörigen Läutern fehlte.
 Weiteres weiß ich zur Sache nicht anzugeben.

 Nun, geschadet hat das "Beuschl" aus dem Franziskanerkloster Neukirchen sicher nicht, aber wenn er nur darauf vertraut hat, ist es kein Wunder, wenn es dem Bier an vielem fehlte.


Im 19. Jahrhundert, so um die Zeit der obigen Beschwerde begann es langsam,  versuchten einige Marktlehner aus der sie einengenden Pflicht, ausschließlich in der Kommunbrauerei brauen zu lassen, auszubrechen, anfangs vergeblich, aber steter Tropfen höhlt den Stein und nach und nach erreichten dies doch einige Privatpersonen und so entstanden dann am Ende 4 weitere Kötztinger Privatbrauereien.
Während der Schmidtbräu sein Braurecht als einzige Brauerei seit Jahrhunderten inne hatte, sind zum Beispiel der Lindnerbräu, der Deckerbräu, der Röhrlbräu alles Kinder des späten 19. Jahrhunderts.
Als Folge dieser privaten Konkurrenz verkümmerte das Kommunbrauwesen immer mehr und am Ende, umbenannt in die Brauhaus Kötzting GmbH, waren es nur noch wenige Kötztinger Bürger, die Anteile an dieser Gesellschaft hatten.

Aus dem Wechsel vom 19. ins 20. Jahrhundert haben wir aus dem Bestand des damaligen Bezirksamtes einiges an Bauplänen.



StA Landshut Rep 162/8 Verz. 8 Schachtel 22 Nummer 3383








Im Jahre 1904 kam es nach der Versteigerung des alten Kommunbrauhauses zur Gründung der Brauhaus Kötzting Gesellschaft mit begrenzter Haftung.

11 Kötztinger Marktlehner wurden die Gesellschafter dieses neuen Brauhauses.




Kötztinger Anzeiger vom 3.8.1904





Von dem Brauhaus Kötzting; der Kommunbrauerei bzw. der Gesellschaftsbrauerei gibt es auch ein paar wenige "Devotionalien"



DIA-Repro 2073 Kommunbrauhaus mit der Kegelbahn des Kollmaierkellers

Als im Jahre 1949 in Kötzting der damalige Marktmagistrat daran ging, aus dem Pfingstfest eine ganze Festwoche zu machen, wurde die Kranzlübergabe auf den St. Veitsplatz verlegt und somit der alte Bleichanger - nun Jahnplatz - frei für ein Volksfest mit Bier- und Weinzelten.
Die Brauhaus AG erhielt den Zuschlag und das heute noch wohlbekannte große Bierfass mit dem Michl Leiderer als Bacchus oben droben feierte seine Wiederauferstehung.





Natürlich war das Brauhaus auch einige Male Thema in den Tageszeitungen:





In den 70er und beginnenden 80er Jahren war das Gebäude der alten Kommunbrauerei kein schöner Anblick mehr, wie eine Reihe von Bildern belegen können.
Sammlung Serwuschok: die Hochwasserfreilegung in Kötzting beginnt....

KU SW 788: Bierzelteinzug Pfingsten 1973

Serwuschok 1987: Bürgerfestbeilage

Serwuschok120

Serwuschok121 Trotz des Verfalls eine beeindruckende Gesamtanlage







Hier die letzten Bilder vor dem Abbruch des Gebäudes: ca. 1982
Sammlung Serwuschok

Sammlung Serwuschok


Sammlung Serwuschok


Sammlung Serwuschok








Foto Haymo Richter 161-1


Bilder vom Abbruch
Abbruch von innen, der Schornstein






















  Zum Abschluss noch ein Stillleben mit einer Anerkennungsurkunde für den Braumeister Michael Hastreiter und einigen Artikeln von der Kommunbrauerei aka Gesellschaftsbrauerei Kötzting


Prost und Guten Appetit





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