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Sonntag, 27. August 2017

historischer Lesestoff neu eingetroffen.....

Überraschung nach dem Urlaub


Es ist zugegeben durchaus leicht motivierend, wenn man sieht, dass dieser Blog, die "Kötztinger Geschichte(n)", manchmal auch ganz konkrete, ja sogar überregionale Spuren hinterlässt.
Internet sei Dank kann ich nur sagen, denn in der vergangenen Woche brachte der Postbote die Belegexemplare zweier Buchneuerscheinungen, die auch einen Bezug zu Kötzting haben.
Für beide Autoren kam der Hinweis, dass in Kötzting Material für Ihr Forschungsvorhaben zu finden sei, von Einzelveröffentlichungen in diesem Blog. Doch nun der Reihe nach:

Schon im Dezemberbeitrag (ganz am Schluß) habe ich von neueren Erkenntnissen über das Schicksal unseres Kötztinger Mitbürgers Julius Kirschner und einer bevorstehenden Veröffentlichung berichtet. Nun ist das Buch fertig und das Stadtarchiv Bad Kötzting hat ein Belegexemplar bekommen.
ISBN 978-3-95565-222-7 von 2017
Wie ist nun die Verbindung von Kötzting in das östlich von Berlin belegen Rittergut Garzau? Die beiden Autoren, die Historikerin Erika Schwarz und ihr Mann Gerhard Schwarz, aus der Mark Brandenburg hatten bereits Bücher über ihren Heimatsort Rehfelde veröffentlicht. Im Rahmen ihrer Recherchen über die eigene Herkunftsregion traten dann geschichtliche Verbindungen zwischen Garzau und Rehfelde zutage und bei näheren Untersuchungen dieser Verbindungen, und damit automatisch auch der Geschichte des Rittergutes Garzaus, stellte sich heraus, dass Garzau auf einer Liste von 52 Orten verzeichnet war, in denen jüdische Zwangsarbeiter beschäftigt waren. Mit diesem Eintrag war das Interesse des Autorenpaares geweckt und mit einer Liste der Zwangsarbeiter in der Hand konnten sie versuchen, deren Leben und Schicksal zu rekonstruieren. Was nun dieses "Arbeitslager" so besonders für das Verständnis der Unterdrückung unserer jüdischen Mitbürger macht, ist das große Glück, das einer der Inhaftierten einen regen Schriftwechsel mit seinen Angehörigen unterhalten konnte und von diesen Briefen sind nicht nur eine große Anzahl erhalten, sondern in diesen schildert der Schreiber auch das Leiden der Zwangsarbeiter und die seelische und körperliche Not, die die Inhaftierten erdulden müssen. Keiner der jüdischen Zwangsarbeiter in Garzau überlebte diese grausame Zeit UND, einer der jüdischen Zwangsarbeiter in Garzau war unser jüdischer Mitbürger Julius Kirschner.

Die beiden Kötztinger jüdischen Familien, die Kirschners und die Hahns, und deren Schicksale sind es wert, einmal eine größere Abhandlung zu erarbeiten. Ich bin aber immer noch auf der Suche nach Bildern der Familie Hahn, deren Mitglieder, im Gegensatz zu der Familie Julius Kirschner, das Dritte Reich zumindest gesundheitlich gut überstanden haben. Es bleibt aber auch bei Ihnen der Eigentumsverlust und vor Allem die beschämende und beleidigende Art und Weise wie sie, als zuerst hochgeachtete und vollkommen in das öffentliche Leben in Kötzting integrierte Kötztinger Bürger, innerhalb weniger Wochen durch gereicht wurden hinab zu Untermenschen, zumindest in den Augen der immer mächtiger werdenden Partei und deren zwangsweisen Durchdringung der öffentlichen Ämter. Kein FC Kötzting wäre denkbar ohne Julius Kirschner und die Hahns waren vorbildlich bei der Feuerwehr und in den Theater und Musikgruppen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Auch wenn wir vom Stadtarchiv einige Hinweise für das Buch liefern konnten, so ist doch die Aufklärung über die persönlichen Schicksale der Kirschnerkinder ein ganz wichtiger Mosaikstein für die eigenen Nachforschungen unserer jüdischen Kötztinger.



Das zweite Buch stammt von dem Waldmünchener Heimatforscher Dr. Markus Gruber und behandelt das Kriegsende im April und Mai 1945 in unserem Grenzgebiet.

Werbeplakat der Neuerscheinung
280 eng beschriebene Seiten bieten eine unglaublich detailreiche Abhandlung darüber, was in den Tagen nach dem 20. April in der weitesten Umgebung von Waldmünchen und vor Allem auch in der Stadt Waldmünchen geschehen ist. Trotz des Zusammenbruches aller staatlichen Strukturen bereits in den letzten Kriegstagen, ist es beeindruckend, auf welch riesiges Datenmaterial Herr Dr. Gruber zurückgreifen konnte. Er hat rechtzeitig damit begonnen viele Zeitzeugen zu befragen - belegt aber auch, dass er sich durchaus der Subjektivität solcher Aussagen bewusst ist. Auch die teilweise ritterlich verklärten autobiographischen Veröffentlichungen einiger Offiziere der 11.PD rückt er in das richtige Licht, indem er auch von den vielen Todesopfern berichtet, die gerade in den allerletzten Kriegstagen sowohl Soldaten als auch die tschechische und deutsche Zivilbevölkerung betrafen. Vor Allem diese  Einzelschicksale, die gefallenen Soldaten der letzten Kriegstage, versucht er zu ermitteln und es gelingt ihm auch teilweise deren Namen und Grablegen zu ermitteln.
Auch wenn Kötzting und der Kötztinger Raum hier nur am Rande, im Zusammenhang mit der Kapitulation der 11. Panzerdivision, erwähnt wird, so ist es doch die Fülle an Quellen und Archivverweisen, die dieses Buch für uns so wertvoll macht. Es gibt vermutlich einige Ansätze -wenn man VIEL Zeit hat - um auch für den Raum Kötzting noch einiges an Details herauszuarbeiten. Dokumente zum Beispiel, die die Amerikaner über Waldmünchen und deren Volkssturmmänner angelegt hatten sollte es eigentlich ebenfalls für Kötzting geben. Viele Bilder und einiges an erläuternden Karten helfen beim Verständnis des sehr detailreichen Buches. Es ist so meine Erfahrung aus mehr als 30 Jahren Sucharbeit in fremden Archiven: eine bisher unbekannte Fundstelle für einen Nachbarort kann ein Hinweis auf wichtige, gleichgeartete, Archivalien für den eigenen Bereich sein.

Vielen Dank an beide Autoren für die Überlassung eines Exemplars für unser Stadtarchiv.

Bei der Durchsicht des Buches von Markus Gruber bin ich wieder auf ein Bild gestoßen, das sicherlich ein Jeder, der sich bisher für die Geschichte der 11.PD und Kötzting interessiert, kennen wird. Der letzte Appell Generalleutnants von Wietersheim auf der "Spitziwiese".
das bekannte Bild, hier entnommen aus dem Buch "Endkampf im Böhmerwald" von Dr. Markus Gruber
  Diese "Spitziwiese" war ja bis hinein in die Sechziger Jahre (Zuerst kam der Neubau der AOK, der die Nutzung einschränkte, Kötztings erster Minigolfplatz machte dem Schlitten- und Skihang dann den Garaus.) vor Allem der Schlittenhang der Kinder. Wie man auf der Aufnahme auch sieht ist der "Appellplatz" auch erkennbar steil. Warum also ein Appell auf einem so ungeeigneten Platz?

Durch einen Zufallsfund im letzten Jahr glaube ich den Grund zu kennen: in einem Zeitungsbeitrag über die Geschichte der AOK Kötztings wird erwähnt, dass diese ihr erstes Büro in der Nachkriegszeit in der Marktstraße 40. (Heutzutage Reisebüro Aschenbrenner zwischen Veitskirche und Amberger Hof). Nachdem Generalleutnant von Wietersheim ja auf seinen Stock angewiesen war und die Amerikaner ihm sicherlich keinen Wagen zur Verfügung gestellt hatten, kamen die Soldaten eben auf die ihrem Chef nächstgelegen Wiese zusammen, so dass von Wietersheim nur durch den Torbogen im Amberger Hof gehen musste um den Abschiedsappell durchführen zu lassen.





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