Translate

Posts mit dem Label Wührbinder werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Wührbinder werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 20. Oktober 2023

Kötztinger Häuserchronik - Beim Wührbinder

  Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


alte Hausnummer 61

beim Wühr Bindter


Detail aus der Uraufnahme von 1831 aus Bayernatlas.de

Während bei viel Kötztinger Häusern die Anfänge im Dunkeln bleiben, ist es hier einfacher, da das Haus mit der alten Hausnummer 61 eine Abspaltung des Anwesens 62 gewesen ist und dieser Vorgang durch die Briefprotokolle gut belegt werden kann.

Riederer Simon und Klara


Der ursprünglich aus Kemnath stammende Bader Simon Riederer hatte, als er sich in Kötzting niederließ,  am 7.8.1762 das Baderanwesen am Regenfluss neben der Marktmühle gekauft und in den Jahren bis zu seiner Weiterveräußerung im Jahre 1789 sein Haus - in Richtung auf das  Kommunbrauhaus hin -  vergrößert. Dieser Anbau wurde nun abgetrennt und als ein eigenständiges Haus verkauft.

Irlbacher Franz und Theresa Lärnbecher


StA Landshut Briefprotokolle Markt Kötzting von 1789 Seite 387
2. Kaufbrief ad 300 fl.
Simin Riederer bürgerlicher verwittibter Baader zu Kötzting in Judicio selbst gegenwärtig....
verkauft an Franz und Therese Irlbacher von seinem Haus...

"... den hindern Theill gegen den Bräuhaus zu, zwischen dem Farthweeg, und den Regenflus entlegen, wie es sichtigermaßen vor Jahren an den hervordern Haustheil angebaut worden ist, und welches Gebäu von gesagt an den hervordern Haustheil bis zum Gärtl in der Länge 21 1/2 Schuh, und in der Breite vom Regen bis zur Strase 29 1/2 Schuh hält, dermal aber blos zur ebenen Erde gebaut ist, und eine Stuben, Kammer, und den darauf befindlichen Boden in sich enthaltet, mit und dem an solches Gebäu anstossend kleinen Wurz, und Obstgärtl, welches ebenfals zwischen dem Regen und der Strassen situirt ist, und 37 Schuh in der Länge, dann 24 Schubh in der vordern Breite hat, nebst der dieses Gärtl einschliessenten Planken, und der in gemelten Gartl dermal befindlichen Steinen ad beyl: 8 Fuhren, nichts anders hievon ausgenohmen, als die im Gärtl dermal stehende große Irl, die er sogleich abhauen will, und die noch in der oben benannten Kammer befindliche Steine, welche er ebenfals auf der Stelle hinwegbringen zulassen gedenket, um und vor eine Rechtsabgeschlossene Kaufsumme ad drey....hundert Gulden."

Ab dem Jahre 1789 wird also der vorherige schlichte Anbau - und wohl Lagerstätte - als ein eigenständiges Haus, und der Besitzer als rechtmäßiger Bürger geführt.
Zum Zeitpunkt des Verkaufes hatte Riederer den Anbau an den Fluderknecht Josef Hatzmayr vermietet, ein Mietverhältnis, dass zu "Jakobi" endete. Die Hauptmittelmauer zwischen den beiden Gebäuden solle dabei dem Irlbacher gehören, der jedoch dem Riederer zu erlauben hatte, auch zukünftig in diese Mauer Aussparungen einzubauen.
Was die Marktsteuern betraf, machten die beiden eine "provisorische" Kostenteilung aus, bis "in den Einnahmsmanualien die Auseinander Setzung geschehen wird".
Sollte Irlbacher das Haus weiter verkaufen wollen, so sollten die Riederischen Kinder ein Vorkaufsrecht genießen  und zwar in Höhe derselben Summe, wie sie Irlbacher bezahlt hatte.
Dieses Vorkaufrecht wurde nie ausgeübt, auch, weil der nächste Besitzerwechsel innerhalb der Familie geblieben war. Franz Irlbacher war verstorben und seine Witwe verheiratete sich erneut. Der Straubinger Diener Simon Glas - ursprünglich ein Sohn des Eckertshofener Winzers Johann Glas - heiratete die Witwe und wurde Mitbesitzer des kleinen Hauses.


Simon Glas und Irlbacher Therese


Der Erwerb des Kötztinger Bürgerrechts im Jahre1794 durch "Simon Glas verburgerter Häusl Besitzer"
10 Gulden musste Simon Glas für diese Standeserhöhung bezahlen und zusätzlich noch einen Exerziergulden.
Am 20.2.1794 war der Hochzeitstag der beiden.

PfA Kötzting Matrikelband 15 Seite 59
Am 20. Februar 1794 wurden, nach dreimaliger ordentlicher Verkündigung, durch mich, Pater Coelestin Steiner, Pfarrvikar, rechtlich ehelich verbunden der ehrenwerte Simon Glas, Diener (Pedisequus) aus Straubing, ehelicher Sohn des ehrenwerten Johann Baptist Glas, Winzers (Vinator) von Eggertshofen und dessen Ehefrau Barbara - deren Vater Peter Danner, ein Bauer aus Dirnreit gewesen ist -, und die tugendsame Maria Theresa Irlbacher, bürgerliche Hausbesitzerin und Witwe des Franz Anton Irlbacher, Ausnahmesbürgers zu Kötzting.
Die Trauzeugen waren der Kötztinger Mesner Joseph Arent und der Kötztinger Rat Balthasar Kalb."
Ganze 600 Gulden bringt er in die Heirat mit ein, für die seine Ehefrau ihm das Haus "widerlegt".
Auch beim Weiterverkauf - wobei der Wert des Hauses rasant gestiegen ist - ziehen die Riederischen Kinder/Erben nicht ihr verbrieftes Vorkaufsrecht und so wechselt das Haus um 1000 Gulden erneut den Besitzer.
Simon Glas erhielt nach seinem Hausverkauf vom Markt eine interessante Anstellung. Er wurde vom Markt für die "Einsammlung der Wasserfahrtgebühr beauftragt", er musste also von den Flößern die Durchfahrtsgebühr einkassieren. Im Jahre 1820 sind - laut der Marktrechnung desselben Jahres - 60 1/2 Fahrten "vereinnahmt" worden.


Georg Simeth und Viertl Franziska


Am 15.2.1796 kommt es zur Verbriefung und dabei wird der Status des Hauses bzw. die Rechte, die das Haus eben nicht besitzt, genau festgehalten.
Georg Simeth aus Kolnburg, LG Cham,  erwirbt das am "27.06.1789 gekaufte Haus welches ein Ausbruch aus der Simon Riederischen Badbehausung ist, ohne jede Gerechtigkeit. ...Worauf also keine Gerechtigkeit haftet sondern iederzeit  als  eine Neues Bürgershäusl sogar ohne mündeste  Viechhaltungsbefuegnis betrachtet wird, nebst einem kleinen Wurz  oder Obstgartel, welches alles zwischen dem Regenfluß und der  Strasse gegen dem Bräuhaus situiert ist.
Erst im April 1796 haben die beiden dann geheiratet, Franziska Viertl ist eine Tochter des Kötztinger Lebzelters Joseph Viertl. Am 7.7.1797 verstarb die junge Frau im Alter von gerade mal 40 Jahren, gerade mal 1 Monat nach der Geburt ihres Sohnes Johann Baptist.
Ziemlich genau ein Jahr später, im Juni 1798,  - es war durchaus üblich, eine Trauerzeit von einem Jahr einzuhalten - nahm sich der junge Witwer Katharina Leitermann aus Eschlkam zu seiner neuen Ehefrau.
Da es in Kötzting zum gleichen Zeitpunkt noch einen weitern Georg Simeth gibt, ist es wichtig festzuhalten, dass "unser" Georg Simeth von Wolfgang Simeth und Margaretha Franz aus Kolnburg aus dem Landgericht Cham abstammt.

Georg Simeth und Katharina Leitermann


Bei der Verbriefung des Heiratsvertrages ist seine neue Frau mit einer Mitgift von 600 Gulden eingetragen.
In einem Protokoll einer Ratswahl aus dem Jahre 1806 haben sich auch die einzelnen Stimmzettel erhalten und unter der laufenden - damaligen - Hausnummer 55 findet sich auch Georg Simmeth.
StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 793 
Es gab in diesen Zeiten keinen Wahlvorschlag, sondern jeder Wähler konnte seine Vorschläge frei bestimmen. Georg Simmeth wollte seinen Nachbarn, den Bader Schöpperl, zum Bürgermeister wählen. Die beiden folgenden Gruppen waren seine Vorschläge für den Gemeinderat und für die Gemeindebevollmächtigten, eine Art von zweiter Kontrollkammer.
Georg Simmeths Wahl in "Reinschrift"

Seinen eigenen, richtigen Wahlzettel zu entziffern war schon etwas schwerer, er schrieb nacheinander von: Schöphel, danach  Phauer, Chraus, Görlsch und Prentl und abschließend Deckhör, Miehlpauer, Aaschönphrönner   und Höller.
Durch das Häuser- und Rustikalsteuerkataster 1811 kennen wir auch eine weitere kleine Beschreibung des Hauses.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 27

Faßs: Nro 56 StB
Nro 56  Georg Simeth
Das gemauerte Haus mit Staderl und Stallung (das Verbot der Viehhaltung wurde wohl zwischenzeitlich aufgehoben)
Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen
Gemeindeantheil am Galgenberg ao 1803 zu Acker cultiviert.
Die Neubegründung eines Hauses - ohne jede herkömmliche Tradition und Gerechtsame - in Kötzting schloss den Besitzer offensichtlich nicht von der Teilhabe an den herkömmlichen Rechten an den Gemeingründen aus mit Ausnahme einer Parzelle vom verteilten Strohhof in Grub.
Da es in Kötzting zur selben Zeit auch einen Besitzer einer Sölde ebenfalls mit dem Namen Georg Simeth gegeben hat, ist seine Herkunftsbezeichnung  - aus Kolmberg - der entscheidende Hinweis, dass es sich bei dem Braumeister Georg Simeth, der im Jahre 1819 die Wahl gewonnen hatte, um den Häusler handelt. AA XII-13

Georg Simeth trennte sich bereits im Jahre 1827 von dem Haus und verkaufte es an den Ledererssohn von Eschlkam, Anton Leitermann zum Preis von 1400 Gulden.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 28 Umschreibeheft 1811-1839

"Den 1. May 1827 hat Georg Simet Bürger in Kötzting seine Bürgersbehausung mit Stall und Stadel zu gesagtem Kötzting an Anton Leitermann Lederers Sohn von Eschlkam um 1400 fl verkauft, ohne Änderung."

Bleiben wir zunächst noch bei Georg Simeth.
Für 600 Gulden erwarb dieser ganz oben im Markt das Haus mit der alten Hausnummer 156 von dem Metzger Stefan Dimpfl.
Nach dem Tode seiner zweiten Ehefrau Katharina, einer geborenen Leitermann, im Jahre 1840 kam es zu einem Streit mit den Erben seiner Frau, da die Ehe Kinderlos geblieben war, und in solchen Fällen die Mitgift - manchmal - teilweise an die Familie der Ehefrau zurückbezahlt wurde. In den Protokollen der Kötztinger Vergleichsverhandlungen heißt es in diesem Falle: "Auf Klage der Anverwandten der Hierorts kinderlos verlebten Katharina Simeth Häuslerin von Kötzting namens Bartlmer Leitermann, Bauern von  Kleinaign und Cons, wegen Rückfallsforderungen per 100 fl konnte kein Vergleich erzielt werden.
Im Jahre 1840 jedenfalls, mittlerweile im hohen Alter von 76 Jahren heiratete Georg Simeth, Häusler und Witwer genannt, die Meinzinger Witwe Anna Maria Gmeinwieser, mit der er offensichtlich einen "Fehlgriff" gemacht hatte, denn in einem Protokoll einer Vergleichsverhandlung kann man unter dem Datum des 4.10.1843 folgendes lesen: "4. Oktober 1843: Georg Simeth Häusler zu K tritt gegen seine Ehefrau Anna Maria Simeth deshalb klagbar auf, weil die Letztere sich nicht als seine Ehegattin gegen ihn benehme , indem sie ihn in Verabreichung der Kost s. a. in sehr hohen Grade vernachlässige, ihm jede Einnahme unterschlage und mithin den  Hausfrieden auf alle Weise zu stören suche und stellt die Bitte, die Anna Maria Simeth geeignet zu belehren. Die ebenfalls erschienene Anna Maria Simeth erinnert , dass sie die fraglichen Einnahmen zur Abführung von Kur und Medikamentenkosten verwendet habe, und in übrigen Georg Simeth als ihr Ehemann sich gegen sie gleichfalls sehr grob und ungeziemend benehme. Nachdem die Böswilligkeit der Anna Maria Simeth nicht nur aus ihrer selbstigen Vorbringen  hervorgeholt  , sondern auch gerichtsbekannt ist, so wird derselben ihr ungefälliges gehässiges Benehmen gegen ihren Ehemann hiermit polizeilich mit allen Ernste verwiesen, und sie auf die einer ordentlichen christlichen Hausmutter obliegenden Pflichten ausdrücklich aufmerksam gemacht, und wird ihr unverhalten gelassen, dass bei einer weiteren Beschwerde ohne Weiteres Arreststrafe eintreten 
müsste. Wegen der angebrachten Entziehungen von Einnahmen wird der Anna Simeth eröffnet, dass sie derlei Einnahmen dem Ehemann zu überlassen habe, indem derselbe auch alle Ausgaben zu bestreiten hat. "
Von Georg Simeth gibt es im Staatsarchiv in Landshut einen - sehr kleinen - Nachlassakt, allerdings mit einem sehr schön herausgearbeiteten Stammbaum.

Der Kötztinger Pfarrer stellt darin auch die Abstammung und die Abfolge der drei Ehen Georg Simeths zusammen und benennt, da sämtliche Ehen Simeths kinderlos geblieben waren, auch die möglichen Erben. Auf der Ahnentafel ist Georg Simeth in dem Kästchen ganz links unten dargestellt.. Seine beiden Geschwister allerdings haben Nachkommen, die dadurch als seine Erben ermittelt wurden. Zusammengestellt hat diese Stammtafel der damalige Kötztinger Pfarrer Henneberger am 22.5.1846.


Leitermann Anton und Koller Elisabeth


Leitermann Anton, seit dem Jahre 1827 der Besitzer des Hauses, heiratete am 4.9. desselben Jahres die Hengersberger Lebzeltertochter Elisabeth Koller und versuchte sich mit seinem Lederergewerbe zu etablieren.
Im Jahre 1833 war er mitten im Bau einer kleine Lohmühle, als ihm der Bau eingestellt wurde, weil er sich dabei einen Gemeindegrund angeeignet hatte. Das Angebot des Magistrats lautete danach: Gegen eine Gebühr von 15 Kreuzern als Recognition würde er nachträglich eine Genehmigung für den Bau erhalten..... so einfach ging es damals.
Im Jahr drauf kommt es zu einem Schuldenstreit in Form eines Vergleichsversuchs: "Stefan Hofbauer Mühler v Fessmannsdorf klagt den Lederer Anton Leitermann von K um schuldige 50 fl Darlehen zu 4   Prozent verzinslich. Der Beklagte gesteht die Schuld als liquid zu und erbittet sich bis in 6 Wochen zu zahlen. Der Kläger ist einverstanden." 
Im selben Jahr, 1834, bemüht die Familie Leitermann das Mittel des Vergleichs, um selber ausstehende Schulden einzutreiben: "Klage der Elisabeth Leitermann Lederin v K gegen den Schuhmacher Michl Neumeier v K wegen schuldiger 37 fl für abgenommenes Leder. Der Beklagte erklärt daß der nur 13 fl 48 kr den Eheleuten Leitermann schuldig sei. Auf  Zureden vergleicht sich Klägerin daß sie 13 fl 48 kr wenn sie die sogleich erhält annehmen und zufrieden sein will. "
Am 10.1.1851 verstarb die junge Frau Leitermann.
Schon vorher allerdings war ihr Ehemann so hoch verschuldet, dass das Haus zwangsversteigert wurde und der Mann mit dem Höchstgebot war Anton Müller.



Anton Müller und Decker Margaretha


StA Landshut Grundsteuerkataster 5038 von 1840
"Hausnummer 61 in Kötzting beym Lederer Anton Müller
Ein Haus
Gebäude: Wohnhaus und Stadl, dann Hofraum
Gemeinderecht: zu ganzem Nutzantheil an den noch unvertheiltnen Gemeindebsitzungen.


"Gemäß landgerichtlichem Briefprotokoll vom 20. Jänner 1841 aus der Gant des Anton Leutermann um das Meistgebot von 1460 fl erkauft."

Fast zeitgleich wurde in Kötzting ein Mieterkataster erstellt, aus dem die Struktur des Hauses besser hervorgeht als aus dem Grundsteuerkataster..
StA Landshut Grundsteuerkataster 5045
"1. Anton Müller, Melber /:Hauseigenthümer:/ 
Hauptgebäude:
I  1 Wohnzimmer
II 1Wohnzimmer und der Boden unterm Dach
Handzeichen x des Anton Müller

 2. Michl Neumeier Schuhmacher /:Miether:/ 
I 1 Wohnzimmer 
2. Nebengebäude 1 Kammer Unterschrift Neumayer

3. Anna Maria Henneberger
Inwohnerin /:Miettherin:/
II 1 Wohnzimmer
Handzeichen der Anna M. Henneberger"

Einschub
Der von der obigen Besitzerin, Elisabeth Leitermann, verklagte Schuhmacher Neumeier wohnte offensichtlich im gleichen Haus wie die damaligen Hausbesitzersfamilie Leitermann.
Einschub Ende


Wolfgang Müller und Frank Karoline 


Im ersten renovierten Kataster von 1860 finden wir die Nachfolge protokolliert.
Anton Müller übergibt das Haus am 13.5.1856 an seinem Sohn Wolfgang zum Preis von 1200 Gulden.
StA Landshut Grundsteuerkataster 5047

Mittlerweile stolze 15 Gulden kostete das Kötztinger Bürgerrecht - zusätzlich dann noch einen Exerziergulden und die Taxe. Mehr als seine Hochzeit am 20.8.1856 - also drei Monate nach der Übernahme des Hauses - mit Karoline Frank aus Treppenstein ist bei ihm nicht in den Akten zu finden.
Im Jahr 1861 steht in den Umschreibeheften, dass Müller Wolfgang sein haus an Dietz Antoniette verkauft habe. 

Dietz Antoniette


StA Landshut Grundsteuerkataster 5041 Umschreibeheft 1841-1864
516 Angemeldet den 3. Juni 1861 Müller Wolfgang HsNr. 61 in Kötzting verkauft an Antoniette Dietz, ledige Näherin von hier. Lit A und B......ohne Änderung um 1850 fl
Unterschrift Wolfgang Müller"
Aus dem Jahre 1874 stammt ein Bauantrag des gegenüberliegenden Nachbarn, des Baders Andreas Costa, dem ein Lageplan beigegeben ist. Dort heißt es unter den Punkten 8 und 9: Wohnhaus der Dietzschen Geschwister und Stadel derselben.

 
StA Kötzting AA V 68


StA Kötzting AA V 68

Bei der notwendigen Einverständniserklärung der Nachbarn machten die "Geschwister Dietz", hier Anna Dietz, folgende Einwände:

"Erklärung der Angrenzer Dietz:
Wird nur dann Einwilligung ertheilt, wenn der Stadel gemauert wird, weil derselbe von ihrem Hause keine 30 Schuh entfernt sey.
Die Ausfuhr soll auf eine andere Seite kommen, weil Kosta mit seinen Wägen das Haus der Dietz jetzt schon stets beschädigt.
Anna Dietz
"
Zwei Jahre später, am 7.12.1876, verstirbt die Mutter Karolina Dietz, eine Wäscherin. Im Nachlassakt in Landshut ist als ihr Todesort das Haus mit der Hausnummer 61 protokolliert.  

Die weitere Besitzerfolge steht im Umschreibeheft kompakt im Inhaltsverzeichnis.


Wir haben also Wolfgang Müller - immer noch mit dem Hausnamen "Beim Lederer" dann
Antoniette Dietz und nach ihr jeweils
Kuchler Johann und Anna
Wühr Johann und Maria
Wühr Johann

Kuchler Johann und Anna Müller


Im Jahre 1877 erwerben Kuchler Johann und seine Frau Anna, eine geborene Müller aus Thalersdorf,  das Haus am Regenfluss. Das Küfnerpaar ist brandgeschädigt; ihr vorheriges Anwesen stand in der Marktstraße - alte Hausnummer 126 und heutzutage das Cafe Valentino - und wurde 1867 komplett eingeäschert. Nun wechseln die Beiden herunter an den Regen.
Bei einem Folgebauantrag des Nachbarn Andreas Costa stehen nun im Lageplan Hans Kuchler und seine Frau.
StA Landshut Rep 162-8 Sch. 21 Nr. 3128 Costa Bader Jahnstraße 1882  

Aus dem Jahre 1882gibt es einen Bauantrag des Binders Johann Kuchler; dieser will seinen baufälligen Stadel untermauern und eine Werkstätte errichten mit Benutzung des alten Dachstuhls, so die Legende im Bauplan.
Im Bescheid des kgl. Bezirksamtes ist die Rede davon, dass Kuchler den Bauplan bereits im Februar 1877 hatte machen lassen; am 30.5.1882 jedenfalls erhält Kuchler die Baugenehmigung.


.
Foto Pongratz 2023

Nach dem Umbau seines Stadels und dem Einbau einer Binderwerkstätte hatten die Kuchler eine ganz besondere Idee, um ihre Lage am Fluss auszunutzen, speziell an der Anstauung durch das Wehr der Marktmühle. Sie planten die Errichtung eines privaten Schwimmbades.
Im Jahre 1893 stellt er den Antrag auf die Errichtung einer Badeanstalt, wobei er offensichtlich bereits seit 2 Jahren 2 Badekabinen besessen hatte. Natürlich ist dies eine Frage für das Bezirksamt, so dass es dazu in Landshut einen umfangreichen Akt gibt.

StA Landshut LRA Kötzting Nr. 758 
"Errichtung eines Schwimmbassins im weißen Regen durch den Bindermeister Joh. Kuchler in Kötzting  1893"


Am 17.12.1892 stellt er sein Gesuch. 
"Ich beabsichtige im Regenfluße neben meinem Wohnhause, wo ich bereits seit Jahren schon in den Sommermonaten ein Kabinenbad inehabe, ein Schwimmbaßin zu errichten und zwar in der Weise, daß das Kabinenbad um einige Meter Stromaufwärts neben dem Gebäude verlegt, nebenan abwärts dasselbe errichten wolle.
Der Regenfluß hat daselbst eine Breite von einigen 20 Mtr, das Baßin wird eine Breite von ungefähr 6 Mtr und eine Länge von 10 Mtr Raum beanspruchen, so zwar daß  der öffentliche Verkehr auf dem Regenfluße dadurch nicht gehemt werden solle
.


Lageplan des Baugesuches. Interessant sind hier auch die Besitzverhältnisse am "Schussanger" mit den kleinen Lohmühlen.

Die Legende:
a Stelle des Schwimmbaßens
b Badhaus
c Wohnhaus des Gesuchstellers
d Werkstätte
e Wohn und Nebengebäude des Jos. Brädl
f  Remise Mehlmühle und Schneidsäge des Jos. Amberger
g Mühlwöhre
h Wiese desselben
i Stadl und Ausnahmhaus nebst Hofraum desselben
k Wiese und ?? desselben
l Wohnhaus Hofraum und Backofen des J. Wittmann 
m Lohstampf und Grund des G. Kollmaier
n Lohmühle und Stadl des Josef Gerstl
o Gemeindegrund
p Grund und Kegelbahn des G Kollmaier
q Stadel des Joh. Wensauer

Am 16.3.1893 gibt das kgl. Bezirksamt das Baugesuch bekannt und stellt die Pläne zur Einsichtnahme bereit. Am 19. und am 20.3 1893 hängen die Pläne dann auch an der "magistratischen Amtstafel" zur allgemeinen Einsichtnahme aus.
Mit Datum des 24.3. kommen die Einsprüche. Der Lederermeister Christoph Kollmayr, der Fklößer Michael Dattler und Josef Amberger, der Marktmüller, bringen ihre Bedenken vor, dass die geplante Badeanlage bei "eintretendem Hochwasser nicht so rasch beseitigt werden" könne, so dass eine Beschädigung des Marktmühlenwehrs bzw. des gegenüberliegenden Ufers nicht ausgeschlossen werden könne. Noch schlimmer wäre es, wenn das Schwimmbecken das Wehr sogar "verlegen" würde, weil dadurch ein "bedeutender Rückstau flußaufwärts und eventuell der theilweise Durchbruch des Stauwehres" die Folgen sein könnten.
Johann Wittmann und der Weißgerber Josef Gerstl schließen sich den Bedenken gleich an.
Das Bezirksamt veranlasst einen Ortstermin und lädt dazu neben dem Antragsteller auch alle anderen Bedenkenträger mit ein. Als amtlicher Sachverständiger fungiert der Bezirksbautechniker Bauer. 
Nach der Augenscheinnahme vor Ort trafen sich alle Beteiligten dann zu einer Aussprache.
Die Gegner wiederholen ihre Argumente, wobei der Marktmüller zusätzlich vorbringt, dass er befürchte, das Verbringen der Blöcher zu seiner Säge könne dadurch erschwert werden.
Alle zusammen waren der Meinung, dass es im Bereich von Kötzting überhaupt keinen Platz gäbe, an dem solch eine Anlage errichtet werden könne, ohne "fremde Interessen zu schädigen"
Gegner der Anlage - bis auf den Herrn Wensauer - unterschieben den Protest und anschließend wurde der Bezirksbautechniker bezüglich seines abzugebenden Gutachtens "auf seinen Diensteid zurückerinnert", was dieser durch seine Unterschrift bestätigte.
Ludwig Bauer - den wir bereits bei der Häuserchronik Röhrl-Haushofer-Schoierer kennengelernt hatten - legte sein technisches Gutachten vor.

Das Schwimmbecken sollte also aus - im Mittel - 25 cm starken Baustämmen erbaut werden,  die untereinander durch ein 8 mm starkes Drahtseil zusammenhalten würden.
Auf diesen Längshölzern würden 30mm dicke Tannendielen  verlegt, soweit diese für den Gang und Durchgang nötig seien.
Die Wände des Badhauses sollten aus 20 mm dicken Brettern, die des Schwimmbassins aus Leinwand mit Lattengestell errichtet werden. Die ganze Konstruktion soll an drei Stellen ebenfalls mit dem 8mm starken Seil so befestigt werden, dass es sich bei Hoch oder Niedrigwasser heben oder senken könne.
An Land würden die Drahtseile an festen Steinplatten befestigt.
Das Badhaus und Schwimmbassin sollten jedes Jahr vom 15. Mai bis 15. September errichtet, die übrige Zeit aber an Land verbracht werden.
Wird das Becken in der geplanten Form errichtet, so wird es keinen Einfluss auf den Wasserlauf nehmen, weil es auch nur 1/3  der Flussbreite einnimmt, sind auch die anderen Befürchtungen zu entkräften.
Der Bezirksbautechniker Bauer empfiehlt daher, dem Gesuch des Kuchler stattzugeben und stellt die Kosten für sein Gutachten in Rechnung: 35 Mark. 10 Mark verlangte er für sich für die Augenscheinnahme und das Aufmessen, 5 weitere Mark für den Messgehilfen. Für die Zeichnungen und das Gutachten benötigte er weitere 2 Tage a 10 Mark.l 

.Dieser Bescheid freute zwar den Johann Kuchler, nicht aber seine Nachbarn und diese wandten sich nun - durch ihren Rechtsanwalt Müller -  an die Kammer des Inneren bei der Regierung von Niederbayern, wiederholten dabei die von Bauer festgestellten und in sein Gutachten eingeflossenen Daten, legten aber trotzdem Beschwerde ein, um die Frist zu wahren, auch wenn sie noch keine Argumente dabei vortrugen.  Dem Akt liegt die Vollmacht bei, die die Gegner dem RA Müller ausstellten.

Es wurde 1894 und das Kgl. Strassen- & Flussbauamt in Deggendorf wurde mit der Angelegenheit befasst.

Und dieses kommt zunächst zu einer ganz anderen Einschätzung der Lage. Solch ein Vorhaben sei nur dann sicher, wenn es "so stark konstruiert, so schwimmfähig und so fest am Ufer befestigt ist, daß eine Gefährdung der badenden Personen ausgeschlossen ist". Gleichzeitig müsse es an einer Stelle befestigt werden, an der keine Behinderung der Floßfahrt oder Trift zu befürchten ist.
Diese Bedingungen erfüllt die projektierte Anlage nicht.
Die Konstruktion sei zu schwach und zu wenig schwimmfähig und die Anheftungsvorrichtung  ungenügend.
Als nächste "Unterbehörde" wird das kgl. Forstamt um eine Auskunft darüber ersucht, wann " die Floßfahrt und Trift im Weißen Regen frühestens zu beginnen pflegt und wann im Jahre sie spätestens endigte". Am 1. März 94 kommt deren Rückantwort.

"Die Triften und die Floßfahrt auf dem Weissen Regen beginnen alljährlich am 1. März und dauern in der Regel bis 1ten Mai. Im Sommer werden wegen des geringen Wasserstandes und der geringen Tragkraft des Wassers keine Triften durchgeführt. Erst mit Eintritt des Herbstes von Mitte September an werden noch einzelne kleinere Triften abgelassen."
Vom Forstamt also erhielt das Vorhaben nicht nur grünes Licht, sondern das Amt gibt zusätzlich noch einen entscheidenden Hinweis: " Angefügt wird noch, daß in Folge der Inbetriebnahme der Bahnlinie Lam die Floßfahrt, welche sich oberhalb der hiesigen Marktmühle auch bisher nur auf Bretter erstreckte, überhaupt auf dieser Strecke wohl ganz eingestellt werden wird."
Unterschrift: Hubrich k. Forstmeister
Unterschrift Hubrich

Nun bittet das Bezirksamt Kötzting den Bindermeister Kuchler ins Amt und eröffnet ihm dort die Stellungnahme des Flussbauamtes, worauf Kuchler ins Protokoll schreiben lässt, dass er schon im vorigen Jahre versucht hätte, die Schwimmfähigkeit der Konstruktion dadurch zu erhöhen, dass "die Balken des Bassins durch Fässer über dem Wasser gehalten würden" wogegen sich die Beteiligten jedoch wehrten, weil dadurch eine noch größere Stauung bewirkt werden könnte. Er wäre jedoch gerne bereit, sollten die 4 Langhölzer keine ausreichende Schwimmfähigkeit erzielen, weitere hinzuzufügen und dass er eigentlich sowieso 8 und nicht 4 Langhölzer hätte benutzen wollen.
Darüber hinaus erörterte Kuchler eine verbesserte Art der Anhängung des Bassins an das Ufer und ließ weiter festhalten, dass er alljährlich bei seinem Hause das "Bachbett" reinigen würde, so dass die Wassertiefe bei ihm, hart am Ufer,  ca. 1.30 Meter sei. Diesen Zustand auch weiterhin so zu erhalten, erklärte er sich ausdrücklich einverstanden.
Außerhalb der Badesaison würde das Bassin in seinem Hofraum zerlegt aufbewahrt werden. 
Er bitte also um die Genehmigung des nunmehr angepassten Anlage. Unterschrift Johann Kuchler
Unterschrift Kuchler
Nun ist wieder der Bezirksbautechniker Bauer am Zuge und entwirft einen neuen Bauplan für das schwimmende Bassin.

Das Bezirksamt schickt den abgeänderten Plan weiter an das Flussbauamt und bittet um dessen Zustimmung. Trotzdem standen in der Badesaison 1894 den Kötztingern weiterhin nur die beiden Badekabinen zur Verfügung. 
Im Februar 1895 kam dann auch die entscheidende Antwort von der Regierung
in Niederbayer, Kammer des Inneren.

Dort wurde entschieden, dass die Klagen der Gegner vollumfänglich abgewiesen wurden und dass die Beschwerdeführer sämtliche Kosten dieser II. Instanz zu tragen hätten.( diese waren jedoch mit 3 Mark überschaubar).
In diesem Akt wird weiter angeführt, dass bei dem Kuchlerschen Anwesen bereits seit 19(!) Jahren "eine aus 2 Kabinen bestehende Badestätte während der Sommermonate eingesetzt" sei", ohne daß diese bis jetzt jemals durch das Wasser losgerissen worden wäre."
Der Akt schließt mit einem Plan, der die Situation vor Ort und Teile der Sichtschutzkonstruktion näher bringt.
So sah das Schwimmbassin des Johann Kuchler von außen aus.

Eine schöne Darstellung der Situation der Marktmühle

Und so wurde das Schwimmbecken im Sommer aufgebaut

Dank der Bemühungen von Frau Kretschmer und Frau Rabl-Dachs, die Ende der 90er Jahre Kontakt mit dem "Wührbindter" aufgenommen hatten, haben wir einige sehr tolle Aufnahmen und Abbildungen in unserer Sammlung.
Offensichtlich gings in Kötzting dann am 2. Juni 1895 los mit den Badefreuden.



Es existiert zwar kein Bild von diesem Bassin, aber eine tolle Aufnahme, vermutlich vom Anfang des 20. Jahrhunderts, lässt uns in eine lange bereits verschwundene Vergangenheit zurückblicken.
Foto Rabl-Dachs



Kötztinger Anzeiger vom 10.10.1904


Die folgende tolle Aufnahme sollte noch vor der Jahrhundertwende aufgenommen worden sein, also noch aus der Zeit, als das Haus Johann Kuchler gehörte.
Repro Frau Rabl-Dachs vermutlich mit der Binderfamilie Kuchler vor dem mit Wildem Wein überwucherten Haus auf der Straße nach Grafenwiesen(!)



Wühr Johann und Drechsler Maria


Im Umschreibeheft des Grundsteuerkatasters heißt es, dass Wühr Johann das Haus im Jahre 1904 gekauft hatte.
Viele Jahre später - 1952 - erschien in der Kötztinger Zeitung eine Artikelserie über besondere Handwerksmeister, darunter auch einer über Johann Wühr, den Wührbinder.
KÖZ vom Juni 1952

Schaut man sich den mächtigen Schnauzer an, so sollte das folgende Bild eines Kahnfahrers gleich oberhalb seines Anwesens ebenfalls Johann Wühr darstellen.

DIA-Repro 1001 Der Wührbinder mit dem Kommunbrauhaus im Hintergrund



Am 26.10.1904 hatte Johann Wühr seine Ehefrau, Maria Drechsler, aus Niederndorf geheiratet und schon wenige Jahre später, am 16. 8. 1910 im Alter von gerade mal 24 Jahren, verstarb seine junge Frau. Vom 8.10.1904 stammt ein Ehe- und Erbvertrag der beiden, bei der die Braut als ledige und - mit 19 Jahren - noch als minderjährige Dienstmagd in Weidenhof bezeichnet wird.
Als ihr amtlich bestellter Vormund fungierte Franz Kuchler. 
Drei Kinder hatte die junge Frau bereits geboren, die alle zum Zeitpunkt des Todes der Mutter noch am Leben waren:
Maria, geboren am 27.7.1905,
Kreszenz, geboren am 7.8.1907 und
Adalbert, genannt Albert, geboren am 17.4.1910, der Kötztinger Pfingstbräutigam des Jahres 1941, der aber den Zweiten Weltkrieg nicht überlebte. Auf seinem Sterbebild ist vermerkt, dass er, ursprünglich ein Ackerbautechniker aus Kötzting, im Alter von 36 Jahren als Bootsmannmaat bei Seegefechten um Brest gefallen  und  Pfingstbräutigam gewesen ist.
Im Staatsarchiv in Landshut hat sich ihr Nachlassakt erhalten und in diesem findet sich ein ganzes Bündel an Belegen und Quittungen anlässlich ihrer Beerdigung, die uns einen Einblick in die damaligen Rituale und Ausgaben bei einem Todesfall näher bringen.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 50 Nr. 58 von 1910 Hanr 61 Wühr Maria
Die Beerdigungsrechnung der Pfarrkirche Kötzting


Rechnung der Buchdruckerei Oexler über die Todesanzeige im Kötztinger Anzeiger, die gedruckte Grabrede und die Sterbebilder

Vom Arnbrucker Steinmetz Graßl stammte der Grabstein

Ein interessanter Beleg: der Kötztinger Malermeister Stoiber wurde für das "Malen eines Totenbrettes" bezahlt.

Die Eisenhandlung Haas lieferte die Grabkränze

Die Behandlung der sterbenskranken Frau lag in Händen des Lamer Arztes Dr. Kerscher.


Das von Johann Kuchler begonnene Badeunternehmen wurde auch von Hans Wühr weitergeführt.
Auf einer alten Postkarte - das Bild wurde auch von Frau Paula Dittrich in ihrem Buch benutzt - kann man die Konstruktion des "Bassins" gut erkennen.


Überhaupt, Frau Paula Dittrich, in ihrem Heimatbuch "Kinder, Nachbarn und andere Leut", schildet sie lebhaft die Situation im Kötzting in verschiedenen Lebenslagen und so auch zum Thema Baden, bei dem die "Badeanstalt beim Wührbinder" nur eine von vielen Badegelegenheiten gewesen ist..

 Wia mia bad't ham

von Paula Dittrich


Deaf i mia in ana Zeit, in der's oan Tag pritschelt wia net gscheit, am andern giaßt und am übernächstn nieslt und nebelreißt, daß ma bloß a so umadeutn kann: „Da ungefähr is da Kaitersberg, de lange, graue Wolkn da-hintn, dees wär da Hohebogn, und dees, wo ma aa net sehgt, is da Ludwigs-berg. ", deaf i mia in am solchn Weda erzähln traun, was 's früher für Sommer gebn hat?

Da war da Himme blau von da Früah bis auf d' Nacht, und d' Sonn hat gleucht und gstrahlt oan Tag schöner wia am andern. Und hat's amal tüchtig kracht und wettert, dann hat uns der saftige Gwitterregn soviel Freud gmacht, daß ma uns unter d' Bäum gstellt ham und ham s' tüchtig gschüt-telt, damit's no besser und länger regnt. Mit am mächtign Regnbogn über da Auwies war dann des Wetter vorbei, und no herrlicher und frischer is alles dagstandn.

D'Leut' auf de Felder ham gschwitzt, aber koana hat gsagt: „Dees Weda bringt mi no um!" In aller Früah san d' Schwammerlsuacher und d' Hoi-babrocka scho ausmarschiert und überall hast as schrein hörn:

„Hoibabeern, Hoibabeern, 

laßts es erst zeite wern, 

reißts es net greana 0, 

kriagts es dano!"

Und warn d' Milchkanndln und Körberl samt am Eischütterl vollbrockt, hat ma hoamzua wieder gsunga:

Hoamzua, boamzua,

Hoiba ham ma grad gnua.

Is da Fuchs am Baam om gsessn, 

hat uns alle Hoiba g fressn.

Hoamzua, boamzua, Hoiba ham ma gnua!"


Und dann erst de Baderei! Koa Tag vom Juni bis in September eine, an dem ma net irgendwo im Wasser umananderplantscht ham.


Z'allererst woaß i sowas wia a Badeanstalt untn beim Wühr-Binder. Der hat in Regn eine a paar Bretterhäusln aufgricht, rundum fest vermacht, bloß obn off'n. In dene Häusln is im Bodn a ebba zwoa mal zwoa Meter groß' viereckigs Loch gwesn, da hat ma auf am Stagerl ins Wasser einesteign und auf- und niedertaucha könna. A halbe Stund hat a Zehnerl kost. Von am Schwimma natürlich koa Red! Mia san ja aa net zum Schwimma, sondern zum „Badn" ganga.

Recht lang hat dees mit dene Badhäusln net o ghaltn. Wahrscheinlich war d' Nachfrag net groß.

Dann is draußd, wo jetzt da Campingplatz is, a richtige Badeanstalt auf. gricht worn. Schön war de! Mit ana Uhr überm Kassenhäusl, Spiagln in de zehn oder zwölf Kabinen. A extras Abteil war mit Bretter einzäunt, drin san Holzpritschn zum Sonnenbadn aufstellt gwesn.

Über a so a Art Hennastiagn is ma links oder rechts nunterganga zum Wasser, in dem mit am viereckign Bretterumgang a Schwimmbeckn eingfaßt war. De Bretter san mit da Zeit ganz schö rutschig worn, und mia ham ma scho allerweil drauf gwart, bis 's wieder oan hihaut. Am meist ham ma uns gfreut, wia's an Lehrer Möhrlein higsetzt hat, daß eahm da Zwicker davois, weil uns der allaweil gfragt hat, ob ma d' Hausaufgab scho gmacht ham. Der Zeuner Ernst, der auf an Lehrer studiert hat, hat eahm den Zwicker wieder aufataucht.

I woaß net, wia's kemma is, daß de Badeanstalt aa wieder verschwundn is. Wird se halt neamad recht drum kümmert ham!


Aber's Badn ham ma net aufgebn. Bald warn ma auf da Haas-Wies, dann wieder im Gänsgrabn hintn, draußd am Fall auf da Dreger-Wies, bei da Schleusn auf da untern Auwies, sogar bis nach Pulling san ma kemma; wo halt a guatmütiger Wiesnbesitzer oa oder zwoa Augn zudruckt hat. la l muaß sagn, koana hat uns bsondere Schwierigkeitn gmacht oder uns mit Grobheit oder G'walt vertriebn. Mia san aber aa meist schö am Rand bliebn, und da Badeplatz, war allerweil sauber. Was hätt ma denn aa liegn-lassn solln? 's Butterbrot war ins Handtüachl eigwicklt, d' Äpfe und d' Birn ham ma sauber zamgessn und mit de abgfiesltn Butzn d' Fisch füttert, 's Flascherl vom Himbeersaft ham ma wieder mithoamgnomma, weil ma's am nächstn Tag wieder braucht ham.

'S´ Wasser war überall klar und sauber. Da hat's koa Chlor und koa chemische Aufbereitung braucht, aa koa kostspielige Erwärmung. Mia san ma eine, ob's 15 oder 25 Grad ghabt hat.

Wer koan Badeanzug ghabt hat, hat a Schürzl oder an Unterrock untn zamgsperlt, wer net schwimma hat könna, is so lang auf oam Fuaß dahi-ghupft, bis 's auf oamoi ganga is, und wer se gar net traut hat, der hat se aus StopsIn an Schwimmgürtl gmacht oder a Blechbüchsn umbundn.

Aufamoi hat's ghoaßn, de wilde Umananderbaderei muaß aufhörn, es wird wieder a Badeanstalt aufgricht.

De is dann da draußd hikemma, wo s' heut no steht: am Campingplatz.

Dees Wort hat ma aber damals no gar net kennt. No ja, dann ham ma ebn da draußd badt.

Sonnenschirm und Liegestühl san auftaucht, Limonaden und Steckerleis hat's zum Kaufa gebn, Würstln und Semmeln, sogar an Kaffee. D' Badeanzüg san allerweil feiner worn und allerweil no a bißl kürzer. Wia uns mei Tante Marie amoi im Badeanzug gsehgn hat, hat s' d' Händ überm Kopf zamgschlagn und gsagt: „A so gehts es unter d' Leut'! A so geh ja i net amoi ins Bett!" Und alles is schö langsam a bißl anders worn - „geordneter", ham s' gsagt.

Jetzt ham ma a Hallenbad, und es wird gar nimmer lang dauern, dann gibt's aa wieder a Freibad. Ob's dann aa wieder so wunderschön wird, 's Badn, wia frühers?



Kötztinger Anzeiger im Juni 1908

Auch das Kahnfahren war wohl damals bereits üblich oberhalb des Marktmühlenwehrs und vermutlich auch immer ausgehend vom Wührbinder.
DIA-Repro 4025 junge Frau (uU Frau Wühr) auf dem angestauten Regenfluss vor dem Kommunbrauhaus als Hintergrund.

In dem im Jahre 1911 folgend errichteten neuen Mieterkataster findet sich folgender Eintrag.
StA Landshut Grundsteuerkataster 5058

"1. Johann Wühr, Bindermeister
Hauptgebäude
Parterre 1 Zimmer 1 Bad
1. Stockwerk  2 Zimmer 
(Nebengebäude)
1 Gewölbe (1 Stallung) 1 Speicher 1 Werkstatt

Josef Bauer Taglöhner  1. Stockwerk  1 Zimmer    1 Gewölbeteil und 1 Speicherteil"

Aus den Dreißiger Jahren gibt es eine kolorierte Darstellung der Situation oberhalb des Wehres.

DIA-Repro 1002 Kötztings Kleinvenedig....


Der am 15.6.1877 in Bärndorf geborene Bindermeister und Landwirt Johann Wühr verstarb am 13.10. 1961 in Kötzting in der Jahnstraße 4, wie das Haus mit der alten Hausnummer 61 nun adressiert wurde. 






Pfingsten im Hause Wühr


Albert Wühr, bei seiner Geburt als Adalbert eingetragen, wurde im Jahre 1941 zum Kötztinger Pfingstbräutigam erwählt und als seine Pfingstbraut nahm er sich seine Cousine Franziska Wühr.
 Im Jahre 1959 wurde die bisherige Liste der Pfingstbrautpaare aus dem jahre 1912 ergänzt und erweitert und hier findet sich der Zusatz, dass Fanny Wühr eine Wagnerstochter war.
Neben dem "Wührbinder" gab es in Kötzting auch den "Wührwagner"


DIA-Repro 4028
v.l. Oexler Franz - Wühr Franziska - Wühr Albert - Oexler Max, der Ort der Aufnahme des Fotos ist uns noch ein Rätsel.

DIA-Repro 4027 Rabl-Dachs Pfingstritt 1941. Die drei Reiter sind auf dem Spitalplatz, im Hintergrund sieht man Teile des Anwesens Kollmaier/Meimer, in dem später die Discothek Cockpit untergebracht war.

DIA-Repro 4029 Rabl-Dachs: wegen der Hausdekoration ist auch dieses Bild vermutlich 1941 gemacht und zeigt unter anderem den Wührbinder Johann Wühr.

DIA-Repro 2525 Das Pfingstkranzl des Albert Wühr von 1941

Dieses und dien folgenden Farb-DIAs haben wir vom Mediencenter des Landkreises Cham erhalten, und stammen durchgehend vom damaligen Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock.

Albert Wühr und seine Cousine Franziska Wühr

 Albert Wühr überlebte den Zweiten Weltkrieg nicht, er starb im Jahre 1944 als Marinesoldat bei Brest.

Für die zwei nächsten Besitzwechsel steht uns ein Interview zur Verfügung, das Frau Christa Rabl Dachs mit Hans Costa (Wühr-Binder Hans)geführt hat, dem Enkel des Johann Wühr.



Johann Costa und Maria Wühr

Über die beiden berichtet Hans Costa in seiner Einleitung.

 Gespräch mit Herrn Johann Costa (Wühr-Binder Hans) am 24. Oktober 1997 in seinem Haus in der Jahnstraße 4. Herr Costa ist 1928 geboren.


"I, schreib mich ja Costa", erzählt mir der Wühr-Binder Hans, als wir (seine Frau steht am Ofen, wärmt sich und verfolgt das Gespräch sehr interessiert) in seiner Küche sitzen. "Der Großvater hat sich Wühr g'schriebn - meine Mutter ist a Wühr-Binder Deandl g'wen. Sie hat einen Costa Hans g'heirat und der ist 1931 g'storben. Ich war damals dreieinhalb Jahr' alt, wie er g'storben ist. Z'letzt war mein Vater Lagermeister von der Renke (?) und hat das Bretterlager am Kötztinger - und am Blaibacher Bahnhof g'habt. Am Blaibacher Bahnhof hammands an Waggon Bretter verlond (verladen) und er hat den Arbeitern g'holfen, weil's so pressiert hot, hot se auf de linke Schulter an Stouß Bretter überg'legt und dabei hat's eahm d'Herzklapp'm z'rissen. Frühers hat man das nicht operieren können, und so ist er dann g'storben. Mein Vater stammte vom Costa (gegenüber vom Autohaus Weber) unten ab und hat zu der Zeit noch nicht überg'habt (ihm gehörte das Elternhaus noch nicht). Wie mein Vater dann gestorben ist, hat sein Bruder das Elternhaus geerbt. Ein Sohn von dem hat auf der Wettzeller Straße droben gebaut (Fuhrunternehmer Costa). Meine Mutter ist dann wieder heimgezogen, weil sie's unten (Elternhaus ihres Mannes) nicht g'kriegt hat. Der Albert, ein Bruder meiner Mutter, ist im Krieg ausgeblieben und so hat sie das Anwesen daheim g'kriegt".


Wir haben also zunächst folgende Situation:
Hans Wühr hatte drei Kinder, Albert, der Sohn, war 1944 gefallen, und seine älteste Tochter, Maria, hatte Hans Costa geheiratet, einem Sohn der Costa-Familie am heutigen unteren Kreisverkehr der Westumgehung. Hans Costa, der Schwiegersohn war aber bereits in sehr jungen Jahren verstorben Das folgende Bild dürfte aus den 30er/40er Jahren stammen und sollte viele Mitglieder der Familien Wühr/Costa zeigen. Der Mann mit dem Schnauzer und der Kappe in der Mitte jedenfalls ist Hans Wühr.
  

Hans Costa, der Enkel, des alten "Wührbinders", ging bei ihm in die Lehre und berichtete lange von den Verhältnissen in Kötzting und den harten, schweren, aber komplexen Arbeitsschritten eines Binders, der nicht nur neue Fässer zu machen hatte, sondern auch alte Fässer reparierte und regelmäßig zu pechen hatte, also das Innere der gebrauchten Fässer zu reinigen und neu mit einer hygienischen Pechschicht im Inneren zu versehen.
Weiter geht´s mit dem unterhaltsamen Interview mit Hans Costa

Zunächst erzählt er davon, wie seine Großvater auf das Haus gekommen ist:

"Ich hab' bei meinem Großvater d'Binderei g'lernt. Der Großvater ist 1961 g'storben und du mußt den doch noch gekannt haben, der ist doch zu enk allerweil zum Bier affekemma und is doch mit deim Großvatern, an Michl, alles g`wen. Die Binder-Werkstatt haben wir jetzt noch. Ich hab' dort einen Hobel von 1827".

Herr Costa springt auf und holt den Hobel aus seiner Werkstatt, zeigt ihn mir und erklärt: "Da hot ma do o'gritzt, und do hot'ses außerg'schlitzt".
Anmerkung: Ich verstehe nicht viel, oder besser gesagt gar nichts, von dem Handwerk und so schreibe ich alles wortwörtlich auf, was mir der Wühr-Binder erzählt.
"1827 - des moußt da virstejn, wej oid das der Hobe is!"
Haben Sie mit dem Hobel noch gearbeitet?

Foto Rabl-Dachs Wührbinder, Costa Hans, mit seinem historischen Hobel



"Ja freilich, mit dem haben wir noch Böden hineingemacht und alles andere. Ich hab' ja die ganze Werkstatt noch eandn (drüben, die Werkstatt befindet sich links vom Hausfletz, auf der hinteren Seite des Hauses, auf der Regenseite). Mir hätten's alles abgekauft, um es in Tittling im Museum auszustellen. Da könnt's ma geben was ihr wollts, dann geb' ich das Werkzeug nicht her, hab' ich g'sagt - geh mit," sagt Herr Costa, "dann zeig' ich dir d'Werkstatt".

"1890 ist mein Großvater in das Haus zum Kuchler-Binder in d'Lehre hergekommen. Der Kuchler-Binder hat ein Deandl g'habt und die sollte mein Großvater heiraten. Die hat er aber nicht gemocht. Er ist dann in d'Welt auße - nach Trier, nach Frankfurt und nach Luxemburg. Wie er dann gehört hat, daß das Deandl auf Straubing raus geheiratet hat, kam er wieder heim und fragte seinen früheren Meister, ob er ihm die Binderei verkauft. "Segst, wennst as Deandl g'heirat hejst, hejt a das g'schenkt, und ejtz moußt ma's o'kaffa!". 1904, glaube ich, hat er das dann gekauft. 11 000 Mark hat das damals gekostet; da war aber nur die Stol-Wies dabei, die anderen Gründ hat er erst später dazugekauft. D'Stol-Wies (Lehmgasse/ ein neugebautes Haus und der Stadl gehören der Familie Costa), das waren nur eineinhalb Tagwerk - weil der Kuchler-Binder nur zwei Kühe g'habt hat dazu. Mein Großvater hat dann noch - bona (an die) 15 oder 16 Tagwerk - dazugekauft".

Wo habt Ihr denn die landwirtschaftlichen Flächen gehabt?

"Draußen in der Reitensteiner Straße gehören uns etwas über zwei Tagwerk, dann da draußen, wo die Brücken über den Regen gehen, Richtung Sperlhammer (hinter dem Freibad), gehören uns fünfeinhalb Tagwerk, ja und das Feld oben, wo heute das Gymnasium steht, gehörte uns. In Steinbühl drinnen gehören uns sechs Tagwerk Wald"
"Ja,ja", erzählt Herr Costa in der Werkstatt weiter, "alles hätten's mir abgekauft um es im Museum in Tittling auszustellen. Ich hab' aber nichts hergegeben - Pichmaschin, da wo man die Faßl pecht hat, die hab' ich ihnen gegeben und einen Hobel - das ist auch ein ganz alter g'wesen - für den hat er mir 600 Mark bezahlt. Ich hätt' mir das gar nicht verlangen trau'n, aber das hat er mir selber gegeben.
Segst, da san de Leer no, do wo man Daufen, de runden Foßdaufen (Faßbretter) vo de groußn Foß außermocha hot mejßn. Die san z'ammgsetzt und hammand do einepass'n mejßn in de Lehr. S'Modell hot ma do g'sagt, is des.


Dann geht es weiter um die Arbeiten als Binder, zunächst das Biegen der Fassdauben:

Mei, heut' geht ja nichts mehr - hat ja niemand mehr ein Foß oder a Schaffe. Früher's hat's kein Flaschen-Bier geben, lauter Faßl-Bier, dann hat's keine Plastikwanndl geben, sondern bloß Faßl und Ziwa (Zuber). Das Holz dazu hat man gekauft, hat Bretter schneiden lassen und hat die Dauben g'macht“.
Frau Costa, die auch mit in die alte Werkstatt gegangen ist, meint zu dem Raum der durch eine halb offene Wand zu sehen ist: "Das da drinnen, do wou's so loadig (schlimm) außaschaut, da ist d'Feuerkuchl g'wen". Ihr Mann erzählt dazu: "Da in der Ecke stand der Kessel und da ist der Kamin hinaufgegangen. In dem Kessel sind die Foßdaubn g'sotten worden, damit man sie biegen hat können - sie haben ja rund werden müssen. De san eing'spannt word'n - mir hamma a so a Schien g'hot, do hammas auf oaner Seite eig'schwart und hammas mit der Wind'n wieder nachedrim, damit ses bong hot. Mei, do hot ma se Plogn mejßn. Wenn's z'erst g'scheit g'sottn wor'n san de Daufern, na san's mejd (biegsam, weich) wor'n, na hammand's sa se buing loaßn".

Neben dem Eingang liegen stoßweise alte Bandeisen in Meterware. Herr Costa erklärt dazu:

"Das hat man als Roaf um die Ziweschaffe braucht. Solang wie man das gebraucht hat, hat man das runtergeschnitten und hat die dann zusammengemacht. Gekauft hat man die Eisenbänder beim Haas, der verkaufte das als Rollenware".
In der Werkstatt zeigt mir der Wühr-Binder das Werkzeug, mit dem man die Spund in's Faßl gemacht hat. "Segst, mit dem Ding hat man die Spundschrauf einebohrt. Der da ist für die kleinen Löcher und für die großen Lagerfässer - die hatten größere Einfüllungen - nahmen wir den andern. Wir machten hauptsächlich Bierfässer,....ja, für d'Konservenfabrik hat mein Großvater einmal Fässer umgearbeitet, wie d'Konserven ang'fangt hat, 1916-17 oder 18 war das, hat der Großvater in Furth i.Wald Bierfässer g'kauft und auf Weinfässer umgearbeitet. Ein ganzes Jahr hat er mit einem Gesellen daran gearbeitet und am Schluß kam es zu einem Prozeß mit den Besitzern der Konservenfabrik. Sie blieben das Geld schuldig und haben im Nachhinein behauptet, die Fässer wären nicht dicht gewesen, obwohl sie von Anfang an benutzt wurden. Dem Großvater wurde seinerzeit von etlichen Leuten zugetragen, daß dort die Fässer in der Hitze lagerten".

„Wir hatten (belieferten) die ganzen Brauereien - in Kötzting den Schmidt-Bräu und den Lindner, frühers auch noch den Godl und den Lemberger. Die Kommune-Brauerei hatte der Großvater ganz früher auch, als dort noch der Schuster Braumeister war. Wie aber dann der Schoffriedel (Ellmann) g'kommen ist, hot er se mit dem z'krejgt und der Sterr-Binder von Viechtach arbeitete dann für das Kommune-Brauhaus. Wir hatten eine Zeitlang die Viechtacher-Gesellschaftsbrauerei g'habt, oba de hot a na wieder hintlaßn (der Großvater legte auf das Geschäft keinen Wert mehr). Unterm Krieg hat der Viechtacher Binder einrücken müssen und so ist der Braumeister Schuster - der, nachdem er von Kötzting wegging in Viechtach bei der Gesellschafts-Brauerei arbeitete - mit dem ersten Vorstand der Brauerei, dem Herrn Dischinger, im Winter damals mit dem Roß vor dem Laufschlitten, gekommen und sie haben gefragt, ob sie nicht eine Fuhr Faßl zum Flicken bringen könnten. "Naja, na bringts hojt a Fuhr", hat der Großvater g'meint. Dann ham's zwei Fuhren bracht mit dem Leiterwagen - wo's onegana is. Wir hab'm den ganzen Hof voller Faßl g'habt und haben den ganzen Winter sonst nichts anders getan als Faßl flicka".

"D'Grafenwiesener-Brauerei ham a g'habt, d'Hohenwarther-Brauerei, d'Simperinger-Brauerei, an Späth von Lohberg, an Sepp'm-Baun vo der Summerau, den Rösch von Blaibach und von Eschlkam - Obermeier hat der g'heißn, den hamma a g'habt. Wenn man weiterweg gearbeitet hat, is ma eahmoi de ganze Wocha auf der Stör durt g'wen".


Das Auspechen:

Wie ging denn das vor sich mit dem Faßl flicken?

"Faßl flicka?........, ja Faßl flicka, des hamma ja auf bei der Brauerei selber do! Da ist ein großer Kessel dag'wen, dadrin ist das Pech g'sotten worden, dann ist mit einem Kolben das Faßl aufg'heizt worden, damit das alte Pech heiß g'worden ist. Das hat man dann herauslassen und das Neue ist wieder hineingekommen. Das Faßl ist dann g'stürzt worden ein paar Mal, damit sich's Pech verlaufen hat und dann hot ma's solang burln mejßn, bis des Pech wieder fest g'wen ist - des Frische, des wej einekemma is. Alle hoibats Jahr amoi, san de pecht word'n".
Hat man den Geruch des frischen Pechs beim Bier nicht gerochen?
"Na na, da hat's Bier an ganz an guaten G'schmo g'hot auf des one, weil's frisch pecht is g'wen. Do san koj Bakterien und nix mehr......... weil des is ja so narrisch aafg'hitzt wor'n, daß innen s'ganze Faßl grod mehr brennt hot. Do is alles verbrennt, dann is ojte Pech außerloaßn wor'n und a Frisch is wieder einekemma".

Hat den das Faßl mit dem Aufhitzen nicht zum Brennen angefangen?

"Da hat ja nur das Pech innen gebrannt. Das ist im Faßl drinnen zusammengelaufen und dann rausgeschüttet worden. Mit einem brennenden Kolben, den man in die Öffnung hineingesteckt hat und dabei das Faß geschwenkt hat, ist das alte Pech herausgebrannt worden. Solang der Rauch dabei schwarz herausgekommen ist, ist das Pech noch nicht abgelaufen gewesen . Wenn der Rauch einmal blau kam wußte man, daß das Pech abgelaufen war und hat es dann herausgelassen".

Hätte dabei nicht das Faßl verbrennen können?

"Na, des is net passiert. Des sollst einmal g'seng ham vo de Lagerfoß, wej de innen brennt hammand; do host o g'moint de z'reißt's, a so hammand de brennt, de Foß mit 20 oder 30 Hektoliter. Beim Schmidt-Bräu hamma de grejßan (größten) g'hot mit 23 Hektoliter. Die meisten Fässer faßten "nur" 18 Hektoliter- dabei waren aber die schon groß".

Wie habt ihr denn die transportiert?

"Noja,...... vom Schmidt-Bräu hatten sie einen Wagen und darauf wurden die Fässer zu uns herunter gefahren. S'Bräuhaus hat dazu einen Schlitten g'habt, do hot mas einburln kinna und na hot mas a so auf der Erd' dahig'schloipft (schleifen) - heit derf ma's o nimmer schloipfer".
Wenn ma d'Faßl picht ham, des hot ma ja in der Brauerei do. Ja ja, do hot ma se blong mejßn, do hamma allerwei fünf oder sechs Mann sa mejßn, um de groußn Foß zum stürzen. Do hot's g'hoißn: Auf mich, na hammands ses herg'worfer, dann wieder: Auf euch zurück, auf mich und wieder auf euch zurück, damit sich das Pech - da sind ja sechs oder sieben Schaffer voll Pech in's Faßl hineingekommen - verlaufen hat. Das Pech ist zuerst heiß gemacht worden, in's Faßl g'schütt worden, das Faßl ist nach allen Seiten geschwenkt worden und das flüssige Pech legte sich an der Faßlwand an. Dann hat man mit dem Finger eing'langt, ob s'Pech schon fest ist. In dem Moment wie's fest war und nimmer woach (weich), hot's daugt.

Wie hat man gewußt, ob das Pech das im Faßl verteilt worden ist, mengenmäßig ausreicht?

"Mei, des hot ma im G'fejh g'hot - fünf a sechs Schapfan (Schöpfkellen) voll hot man einedo und was z'viel war, hot ma wieder außerlass'n; das Pech hat die Faßwand nur dünn überzogen. Dazu hat man das Faßl auf a Schanz raufgetan, unten stand ein Kübel und das übergebliebene Pech hat man durch's Loch herauslassen können. Man hat schon mehr Pech hineintun müssen, weil man nicht gewußt hat, braucht's mehr oder nicht. Wenn wirklich um a Schapfa mehr dring'wesen ist, ist das wieder herausgekommen, weil es hat ja nicht mehr angenommen (hat sich nicht mehr verbunden) - bloß daß es halt überzogen g'wen ist".

Von woher habt ihr das Pech bekommen?

"Der Aschenbrenner von Blaibach hat eine Pechfabrik g'habt und von dem hammas mir g'habt. Das Pech hatten die Brauereien hauptsächlich selber, das hat der Binder nicht mitbringen müssen. Die haben dort einen großen Kübel g'habt und da ist das Pech dring'wesen. Die Brauburschen haben das rausnehmen müssen - das ist den Brauburschen ihre Arbeit g'wesen - es ist in einen Kessel hineingekommen, auf ein gewissenes Grad gekocht worden und dann hat man 's erst hernehmen können.


Und dann erzählt er von einigen Begebenheiten in Kötzting mit seinen Fuhrleuten und Fuhrwerken:

Ich hab' deinen Onkel, den Sepp (Sepp Rabl), noch gut gekannt, der ist seinerzeit mit dem Ellwanger Karl, mit dem Schmied-Mirl Gang (Mühlbauer Wolfgang aus Reitenstein) und einem aus Thenried als Bräubursch in der Kommune-Brauerei g'wesen.
Mit sechs Roß, ham's im Winter für's Bräuhaus Eis g'fahrn. Von der Früh um sechse bis auf d'Nacht um sechse san's g'fahrn. Mei Lieber, do ham's sa se blong mejßn! Ich kann mich noch gut erinnern, wie seinerzeit der Kollmaier mit zwei Rössern, der Graßl mit zwei Rössern und der Dreger Eis wegg'fahrn ham. Der Kollervogl Karl (Karl Wagner aus Dachsenbühl) war damals beim Graßl - später beim Schmidt-Bräu - als Knecht und der hat einmal um vier Uhr in der Früh schon eing'spannt, weil er für den Kroher einen Waggon Zucker vom Bahnhof herauffahren musste. Jetzt ist er erst um neun Uhr kommen und hat die Rösser vor den Eiswagen g'spannt. Die Rösser waren aber schon ziemlich matt und die Eisen sind auch nicht mehr scharf g'wesen, weil's schon einen Waggon Zucker ziehen mußten und haben deswegen die Fuhr Eis vom Regen rauf nicht mehr ziehen können. Wie der Schoffriedel das g'sehn hat, hat er g'sagt: "Ejiz kimmt a um neune zoua und bringt no koa Fuhr Eis net außa!" Der Karl - mit oam Aug'n hot der allerweil a so in's Leibetaschl eineg'schaut, der hot a weng a so da'zwer g'schaut - hat dann ang'fangt: "Du Himmesakara", hat's lange Messer rauszog'n und ist dem Braumeister nachg'laufen. Ich hab' damals g'meint - ich war ja noch ein kleiner Bub' - der Karl sticht den Braumeister ab. Wie der Karl später wieder vorbeig'fahrn ist, rannte ich wieder nach. "Der Sakara" hat der Karl wieder ang'fangt, "der wenn se heit no amoj sehng loußt, dem renn i s'Messer eine, von dem", sagt er, "lou i mir d'Roß net verdächtig mocha, i woaß, wos de hejt scho do g'leist hammand". Mei, ist der narrisch word'n - ich aber hab' den ganzen Tag den Braumeister nimmer g'seng.

Das Eis wurde in den Kummersdorfer-Keller (heute Café Monokel) hinaufg'fahrn. Oberhalb ist der Stadl g'wesen und dort ham's es ins Lo obeloußn (Loch für den Eiskeller). Als Kind bin ich den ganzen Tag mit dem Karl und seinen Rössern mitg'angen, weil mir das so gefallen hat.
Naja, dann ist er beim Schmidt-Bräu wejlang für an Knecht g'wen. Dort hat er die zwei großen Roß g'habt und hat mit denen nach Pirka das Bier fahren müssen. Bei der Fahrt ist er meistens um zwei Uhr wieder zurückgekommen. Der Schosch war der erste Knecht beim Schmidtbräu und der sagte zum Karl: "Karl, heit moußt scho um zwölfe wieder do sa, weil ma an Haffa Korn zum Eifohrn hammand". "Ich hab' an dem Tag nicht einmal Brotzeit g'macht und nicht Mittag g'essen in Pirka, damit ich wieder heimg'kommen bin. Ich komm um ein Uhr heim", so erzählte mir der Karl, "kommt d'Anne (Frau Post) schon daher: "Ja Karl, wou bist an Du heit, der Schosch schimpft a so, weil'st net zoua kimmst!" Daraufhin hat der Karl d'Roß g'scheid g'füttert, hat's auf s'Kornfeld auße g'fahrn und hat zum Schosch g'sagt: "So Schosch, weil's heit so nejdig is um di, ejtz konnst mit vier Roß fohrn", hat ihm d'Roß stehn lassen und hat aufg'hört. Auf das hin hat er wieder beim Graßl ang'fangt.

Da Anerl Hans (Schmidt Hans) von Arrach ist lange Zeit beim Graßl als Knecht oben g'wesen. Der Graßl hat auch immer drei Roß g'habt- wejoft a vier - das weiß ich noch. Der Graßl von Beckendorf - der Graßl Sepp von Beckendorf war ein Bruder zum Graßl herinnen - der hat auch Roß g'habt und durch das hatten's äjmoj vier Roß".   


Hans Costas Eltern, Johann Costa und Maria Wühr hatten am 19.11.1927 geheiratet und Hans, der Vater war, wie im Interview erwähnt, bereits in jungen Jahren 1931 an den Folgen eines Arbeitsunfalls verstorben. Die Mutter, Maria lebte noch viele Jahrzehnte und verstarb erst im Jahre 1982.

Von dem Anwesen, mit direktem Uferanschluss zum Regen, haben wir einige historische Aufnahmen von der Straßen-, viele mehr aber von der Flussseite.

Foto Schwarz: der Blick von der Marktmühle aus zurück auf den Regen

Foto Schwarz: Dieselbe Situation von der anderen Flussseite aus betrachtet.

Foto Wild Sigi. Vor und während den Arbeiten zur Kötztinger Hochwasserfreilegung wurden einige Bilder der Situation gemacht. 

Hans Costa haben wir es auch zu verdanken, dass es in den Siebziger Jahren in Kötzting einen Ruderbootverleih gegeben hat.
SerwuschokU27067

Serwuschok U27148


Und so sehen Teile des Wührbinderanwesens heute aus.


Foto Pongratz

Foto Pongratz