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Dienstag, 26. Mai 2020

Pfingsten 1949


Ein Sprung nach vorne für unser Pfingstfest

viele Änderungen und Neuerungen im Pfingstprogramm


Auch eine Neuerung 1949, (auch wenn es bisher nur einmal vorgekommen ist)
Der Pfingstbräutigam von 1949 Wolfgang Ludwig übermittelt seine Einladung an seine Freunde
vom FC Kötzting persönlich zusammen mit seinen Begleitern und den Fanfarenbläsern (die Gebrüder Sperl) am Anstoßkreis auf dem Fußballplatz ..... hoch zu Ross



Mit Fug und Recht kann man in Kötzting behaupten: Nach Pfingsten ist immer auch vor Pfingsten, was bedeutet, dass sich die Akteure in Kötzting nach einem Ritt immer sehr schnell Gedanken darüber machen ob alles gut und richtig gelaufen ist UND natürlich auch, was man verbessern könne.
In dem Maße, wie die Einschränkungen von Seiten der Militärregierung und der Mangelwirtschaft das tägliche Leben immer weniger beeinflussen konnten, wuchsen auch die Pläne, wie der wirtschaftlich darniederliegende Markt Kötzting von seinem Alleinstellungsmerkmal, dem Pfingstritt, in der Zukunft profitieren könnte.
Der Burschenverein, der im Januar desselben Jahres seine Vorstandwahl noch wegen zu weniger anwesender Mitglieder verschieben hatte müssen, konnte seine Mitglieder durch einen Zeitungsaufruf motivieren, wählte kurz darauf eine neue Vorstandschaft und, sich seiner entscheidenden Rolle bei der Durchführung der Pfingstfeierlichkeiten durchaus bewusst, fand die Kraft ein ganzes Reformpaket für das Pfingstprogramm zu entwerfen und dieses dann als Vorschlag an den Marktgemeinderat weiterzuleiten.
Die Zeitungsauschnitte stammen, wenn nicht anders angegeben durchgehend aus der Kötztinger Umschau des Jahres 1949
Es geht in dem Artikel nicht eindeutig hervor, von welcher Seite die Abänderungsvorschläge stammen, nur dass die Kötztinger Burschen einstimmig hinter den Vorschlägen stehen würden.
Die wesentlichen Änderungen betreffen:
ein Festspiel 
ein Volksfest
und
die Kranzlübergabe auf dem Veitsplatz
Zusammenlegung des Burschen- und des Brautzuges




Ein kleiner Wunsch der damaligen Kötztinger Burschen macht sie mir richtig sympathisch. Der Zapfenstreich. Es ist ausdrücklich die Rede, davon  dass dieser mit Lampions durchgeführt werden solle und nicht mehr als Fackelzug. Fackeln erinnerten an nicht mehr aktuelle militärische Zeiten, während Lampions gemütlicher, geselliger und anheimelnder wirken. So ändern sich die Zeiten, allerdings in beide Richtungen.
Einschub 1
1949 wollen die Burschen keinen Anklang an die militärischen Zeiten bieten, während ich mich persönlich gut dran erinnern kann, dass wir "hinten" mitmarschierende Burschen in den 80er Jahren es als kindisch empfanden, dass wir rote Lampions tragen mussten, während die vordere Reihe und die Ehrengäste Fackeln tragen durften. Irgendwann in den 90er Jahren war dann das angeschaffte Riesenkontingent an Lampions aufgebraucht und das 3. Reich weit genug entfernt, so dass niemand mehr negative Assoziationen hatte, wenn die Burschen einen echten Fackelzug bei der Illumination durchführten.



Einschub 2
Beim Fackelzug 2018 wurde ich von verschiedenen Seiten gefragt, seit wann es denn den Fackelzug bereits gäbe, also: der Fackelzug und die Illumination:
Ein Fackelzug der Kötztinger Einwohner am VORABEND eines besonderen Ereignisses war seit jeher ein durchaus üblicher Vorgang. Solch ein besonderes Ereignis konnte sein: am Vorabend der Fronleichnamsprozession, eben vor dem Pfingstritt, ein Besuch einer hochgestellten Person (mit Übernachtung), sei es ein Bischof oder ein hochrangiges Mitglied der Regierung oder eines adeligen Hauses. Es konnte aber auch nur ein besonderes Jubiläum sein, wie zB. ein Priesterjubiläum des Papstes, des Bischofs, ein frohes Ereignis im Königshaus oder der Geburtstag des Königs.

Viele dieser Ehrerweisungen, und als solches ist der Fackelzug anzusehen, wurde dann am nächsten Morgen durch eine "Tagreveille" (=unser heutiger Weckruf am Pfingstmontag früh) fortgesetzt.




Der Marktgemeinderat, bzw. das Pfingstrittkommite, in den der Burschenverein ein Mitglied delegieren konnte, stimmte den Vorschlägen in allen Punkten zu,  jedoch solle es dem jeweiligen Pfingstbräutigam überlassen bleiben ob der Burschen- und der Brautzuges zusammengelegt würden.
Einschub:
Bereits kurz nach der Jahrhundertwende, als die Straubing=Miltacher Eisenbahnstrecke eröffnet worden war und die Besucherzahlen des Pfingstrittes in die Höhe geschnellt waren, kamen gleich Beschwerden der Passagieren, dass die An- und Abfahrtszeiten der Züge nicht mit den Rittzeiten in Einklang zu bringen waren. Aus diesem Grunde wurde der Rittbeginn damals von 7.30 Uhr auf 8.00 verschoben, wo er noch heute sich befindet.
Nun, fast 50 Jahre später, waren es vor allem die Verspätungen beim Burschen- und Brautzug, welche die Zuschauer verärgerten. Diesem Missstand GLAUBTE man durch die Zusammenlegung begegnen zu können. Mit der Einführung des Ehrentrunks am Rathaus, Jahrzehnte später,  ist dann der traditionelle Burschenzug endgültig ins Korsett des Fremdenverkehrs gesteckt worden.
wie zwischen den Zeilen gut zu erahnen ist, waren die angestrebten Neuerung und vor allem die Abänderungen
beim traditionellen Pfingstritt alles andere als unstrittig. (KU vom März 1949)


In der Marktgemeinderatssitzung vom 30. März wurden dann all diese Änderungen, nach lebhafter Aussprache, einstimmig angenommen. Für die Organisation des Volksfestes sollte ein eigener Ausschuss gebildet werden.
Grundsätzlich hatte Kötzting ja Erfahrung mit Volksfesten, allerdings fanden diese immer im August im Zusammenhang mit dem Landwirtschaftlichen Bezirksfest statt, allerdings war das letzte Fest bereits 24 Jahre zurück.

Es wird Mai, und die Vorbereitungen werden konkreter:
Zu ersten Mal seit langen Jahren werden die "Pfingstltuscher" wieder auftreten. Die Zeitung schreibt, dass der alte Brauch des Pfingstltuschens, wie es heute noch die Burschen der Dörfer Reitenstein und Arndorf, die eifrige Anhänger des Kötztinger Trachtenvereins sind, in diesen Wochen zwischen Ostern und Pfingsten üben Der Trachtenverein Kötzting, der im Heimatfestspiel aktiv eingeschaltet ist, wird zu Pfingsten dieses Jahr nach langer Zeit erstmalig wieder neben den Szenen im Festspiel das Pfingstltuschen in den Marktstraßen vorführen. Der Ostmarkonkel lässt auch in diesem Jahr wieder ein Laub- und Grassetgewand und eine Rindenmaske für den Pfingstl anfertigen, die der Trachtenverein vorführen will.
die Kötztinger Trachtler auf "Tournee" im Nachgang des
vielbeachteten Auftrittes bei der Eröffnung der olympischen Spiele
1936 in Berlin

Was hier nur zwischen den Zeilen mit "erstmalig nach langer Zeit" anklingt hat den Hintergrund, dass der Kötztinger Trachtenverein im Dritten Reich, mit einem wiedereingeführten bzw. neu erfundenen Pfingstl, als Wasservogel, regelrecht auf Tournee gegangen war. Selbst ein Auftritt in Berlin bei der Olympiade 1936 war drin. Das Bodenständige der Trachtenbewegung passte den Akteuren des Dritten Reiches gut ins Konzept und förderten diese entsprechend.

In der Zeitungsausgabe vom 20. Mai wird dann die von den Kötztingern alljährlich gestellte Frage: "Wer wird heuer Pfingstbräutigam" beantwortet.
Der Kaufmann Wolfgang Ludwig, der sich Maria Schaffer als Braut erwählte und seine beiden Brautführer der Kaufmann Hans Dattler und den Schlossermeister Hans Graßl.
Im St. Josefsheim (heutzutage Teil der TCM-Klinik) wird aus feinem Gold- und Silberdraht bereits das Tugendkränzchen angefertigt, welches dann in den folgenden Wochen im Schaufenster des Kaufhauses Oexler ausgestellt werden wird.
Unter der Leitung des Intendanten Theo Dörich proben, nachdem die einzelnen Rollen des Heimatspiels wegen einiger Absagen neu verteilt werden mussten, nun die Schauspieler 4-5 mal pro Woche in der Jahnhalle.
Und dann wird es Pfingsten:


Das Festspiel: "Pfingstrittehr"




In dem - heutzutage würde man sagen Pfingstbeilage - Vorbericht für die Pfingsttage wird unser Pfingstbrauch kurz erläutert, das Programm des verlängerten Wochenendes vorgestellt, UND auf das neue Heimatspiel
hingewiesen. Der Hinweis ist aber eher zaghaft: "Wohl ist es in diesem Jahr nur ein Versuch, da die Zeit drängte, doch Kötzting hat sein Heimatspiel."
Werbung und Zuversicht klingt anders....
Aber: "Jedem, der ein offenes Herz besitzt und ein wenig Liebe aufbringt, sie Seele eines Volkes zu erschauen, wird durch dieses Spiel ein Stück unverlierbarer Heimat geschenkt."

"Pfingstrittehr" ist der Name des Volksschauspieles, geschrieben vom Straubinger Studienrat aD Eugen Hubrich, dem Sohn des Kötztinger Forstmeisters Johann Baptist Hubrich. Eugen Hubrich, später ebenso wie sein Vater mit der Kötztinger Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet, wanderte im Frühjahr 1949 rechtlich auf ganz dünnem Eis. Als privater Schriftsteller und Schriftleiter des "Der Bayerwald", also des Organs des bayerischen Waldvereins hatte er sich, ich nenn´s mal vorsichtig, als "Unterstützer" des Führers Adolf Hitler weit aus dem Fenster gelehnt. In dem dicken Akt seiner Spruchkammerverfahren (jede Revision erbrachte eine Reduzierung seiner Einstufung und damit seiner Bestrafung) stapeln sich diverse Ausgaben des "Bayerwald" aus der Zeit des Dritten Reiches mit seinen namentlich gezeichneten Artikeln, was es ihm nun zuerst einmal unmöglich machte, seine aktive Unterstützung im Dritten Reich zu verleugnen .
Am 25. April 1949 erhielt Hubrich von der Berufungskammer das rechtskräftige Urteil: Minderbelasteter, das bedeutete  1 Jahr Bewährung und in dieser Zeit ein Verbot der Schriftstellerei, somit wäre nach seinen eigenen Worten in einem Brief an den Bgm Kroher vom selben Tag: "Danach wäre also heuer die Aufführung des Kötztinger Spiels unstatthaft."
Kötzting intervenierte in München und schon 10 Tage später kam grünes Licht aus München und Kötzting meldete sich sofort bei Eugen Hubrich in Straubing:


 Nun konnten die Beteiligten also Gas geben:
Pfingstprogrammheft

das Pfingstprogramm 1949 im Detail

Beispiele aus dem "Organigramm" der Proben im April 1949
 
Die Entscheidung über den Spielleiter und die Orchestrierung



Notenblatt für den Schlusschor

Pfingsten kam näher und die Marktgemeinde schickte noch eine Einladung an die auswärtigen Pfingstreiter - vor allem aus dem Zellertal - und organisierte für diese sogar eine Bussonderfahrt.  Darüber hinaus wurde noch eine Ausnahmegenehmigung für Autofahrten am Sonntag beantragt um möglichst vielen Besuchern die Anreise zu ermöglichen.


Dann war es soweit, Pfingstsonntag 1949, die Premiere konnte starten und es war ein voller Erfolg, die Menschenmassen füllten die Marktstraße in beiden Richtungen und es entstanden lebendige Bilder und Melodien und auch vor allem auch Leitsprüche, die auch heute noch gern an Pfingsten zitiert werden:    "Pfingstfreud ist ins Land gezogen....."
Hier einige Bilder von der Premiere: 
Die folgenden Bilder stammen aus dem Stadtarchiv Kötzting, Abteilung Krämerarchiv
In der Bildunterschrift des ersten Bildes heißt es: der Landrichter kritisiert die Ausschreitungen bei dem Pfingstritt. Aus dem 18. Jahrhundert haben wir Dokumente, die uns ein ganz anderes Bild der 
damaligen Pfingstfeierlichkeiten übermitteln. Teile der Handlungen entsprechen eher einer chaotischen Freinacht. als dem Motto: "Pfingstfreud ist ins Land gezogen", siehe mein Beitrag: Der wilde Pfingstritt.


Der Chor der Aufführung, im Hintergrund des rechten Bildes, welches den Einzug der Festspieltruppe zeigt, sieht man die Riesenmenschenmenge, welche allein in der unteren Marktstraße das Geschehen verfolgte, eine noch viel größere Menge wartete oberhalb des Rathauses.

Eine große Rolle spielten bei der Aufführung natürlichweise die Trachtler, mit Ihrem "Ostmarkonkel" und dem von diesen im Dritten Reich neu eingeführten, neu erfundenen, Pfingstl.

Die Trachtler zeigten den Besuchern, was dem Pfingstl, als "Wasservogel"
so geschah......
Der Nachpremierenbericht mit einer ersten kleinen Manöverkritik in
der Tageszeitung.

















Der Dank des Bürgermeisters




Das Volksfest


Festplakat des letzten Volksfestes in Kötzting


23 lange Jahre hatte Kötzting nun warten müssen, bis es zum ersten Male wieder an ein "Volksfest" denken konnte. Die früheren Volksfeste waren auf dem Bleichanger, also dem heutigen Jahnplatz, aber traditionell in Verbindung mit der landwirtschaftliche Bezirksausstellung, die in einem mehrjährigen, unregelmäßigen Rhythmus in Kötzting durchgeführt worden war (vergleiche die Jahreschronik von 1905), oder aber es waren sogenannte Waldfeste auf dem Ludwigsberg.


Volksfest 1905: ein tolles Zeitdokument aus der Sammlung Voithenleitner: der Festplatz auf dem Bleichanger beim Landwirtschaftlichen Vereinsfest im August 1905, deutlich zu erkennen sind die verschiedenen Bier- und Weinzelte, die Schiffschaukel
Nun war es wieder soweit, auch aus Gründen des Fremdenverkehrs und um die darbende Wirtschaft Kötzting anzukurbeln wollte der Magistrat der Marktgemeinde Kötzting nun nach langer Zeit wieder ein Volksfest veranstalten, allerdings - anders als heute - beschränkt auf das Pfingstwochenende.
Bewerbungsschreiben des Kötztinger Brauhauses
für das Bierzelt
Bewerbungsschreiben des "Schmidtbräus"
Brauerei Hotel zur Post

Hier das Telegramm für den Kötztinger Autoscooter,  - damals die Familie Poppek aus Schwandorf- schon seit 1949 ein fester Bestandteil des Kötztinger Volksfestes
 
Bewerbung um eine Verkaufststelle für : "Liköre, Brot, Herringe, Ansichtskarten, Süßigkeiten und Rauchwaren" eine
mehr als schräge Mischung......von Hans und Rosa Hamsa

Frau Maria Hartl von der Torstraße 157a (damals hatte Kötzting noch die alten Hausnummer in Kombination mit den neuen Straßennamen)  beantragte einen Limonadenstand

Michael Röhrl bewarb sich für eine Wein und Kaffeebude am Festplatz



 Der Videoschnipsel stammt aus einem Pfingstfilm von Siegfried Ehemann. In diesem Film werden eigene Aufnahmen aus den Jahren  1947 bis 1950 und solche des Kötztinger Hauptlehrers Josef Bock aus den 30er Jahren verwendet. Die Sequenz des Volksfestes könnte also auch aus dem Jahre 1950 stammen.
In der Vorbereitung des 1950er Pfingstfestes gibt der damalige Bürgermeister Hans Kroher einen Rückblick auf die Hindernisse des 49er Festes und beschreibt die notwendigen Änderungen, die sich aus dem Verlauf des ersten Volksfestes ergeben hatten:
Er schreibt in der Rückschau: zum ersten Mal haben wir unserem heimischen Brauchtum eine besondere Note gegeben durch die Aufführung eines Festspieles, das ein einzigartiges Zeugnis gibt von der Treue zum Herrgott und unserer schönen Waldheimat. Dazu kam die viel umstrittene Veranstaltung auf dem Bleichanger (=Volksfest) und die Verleihung des Pfingstkränzchens bei der Veitskirche.  So konnten wir im Vorjahre ein Fest feiern, das als wirklich gelungen bezeichnet werden kann, und um das uns viele unserer Nachbarorte beneiden.....
....Ich weiß, es ist noch vieles zu verbessern, aber Ideen Anregungen und Veranstaltungen bringen immer nur das hervor, was die Menschen, die sie durchführen, aus ihnen machen. Und dazu möchte ich sagen, in diesem Punkte müssen wir uns einig sein, wir müssen soweit kommen, dass aus unserem Pfingstmontag, als Mittelpunkt unserer ganzen Veranstaltung, Festtage werden, die am Samstag beginnen und erst am darauffolgenden Sonntag enden. Wir hatten bald 25 Jahre lang kein Volksfest, wenn wir aber dieses Fest mit unserem Pfingstritt verbinden, dann wird auch das Volksfest zur Tradition werden, jedes Jahr kommen Verbesserungen und de reine oder andere Geschäftsmann wird sich auf dem Bleichanger seinen Platz sichern.

Ausschnitt aus dem Redemanuskript Bgm Hans Kroher über den Umfang des zukünftigen Pfingstprogrammes


 Der Pfingstritt - der Brautzug - der Burschenzug

Stadtarchiv Kötzting 920/949
 Nur wenige Tage vor Pfingsten - nicht wie heutzutage noch vor Palmsonntag - erfolgte die Auswahl das Pfingstbräutigams, es war Ludwig Wolfgang, der Vater des gleichnamigen vorletzten Bürgermeisters und später dann, 1975, selber Kötztinger Pfingstbräutigam. Als Braut erwählte er sich Schaffer Klara aus der Nachbarschaft.




Die drei Hauptakteure Ludwig, Dattler und Graßl spielten übrigens in einer Mannschaft beim FC-Kötzting



Interessant ist für mich die  Verpflichtungserklärung, die im Unterschied zu Zeiten vor dem ersten Weltkrieg - die habe ich im Moment wegen der Chronik: Kötzting vor 100 Jahren im Vergleichsblick - nicht mehr so rigide abgefasst ist und nur noch kleinere Einschränkungen enthält. Das in früheren Jahren noch ausdrücklich benannte Verbot, das die am Pfingstfest Beteiligten eine Woche nach Pfingsten eben NICHT nach Grafenwiesen wandern durften, entfiel hier, offensichtlich bestand bei den Beteiligten nicht mehr der Wunsch nach solch einem Wanderwochenende mit Belustigungen, so dass das Pfarramt darauf verzichten konnte. Berücksichtigt man den kleinen Filmausschnitt von 1948 vom Besuch bei der Braut, so bekommt der Punkt 4) eine ganz besondere Bedeutung. So ganz wollte die "Obrigkeit" die Jungen doch nicht von der Leine lassen....


Film von 1948(!) mit dem Besuch bei der Braut





Doch weiter zum Jahre 1949, Wolfgang Ludwig mit seiner Braut Maria Schaffer und den beiden Brautführern, dem Schlossermeister Hans Graßl und dem Kaufmann Hans Dattler, mussten sich nun als erste überhaupt den neuen Regeln und Bedingungen stellen.
Ritt über die Ziegelgasse herauf zum oberen Markt
Aufnahme von 1933 Bild von Frau Berta Lukas
Während früher beim Einritt der Ritt seinen Weg über die Müller und anschließend die heutige Jahnstraße hinaus zum Bleichanger nahm wo dann die Kranzlübergabe und die Ansprache durch den Kooperator erfolgte. Anschließend ging´s wieder über die Ziegelgasse und die Wurmhöhe/Hafnersteig herauf zum alten Feuerwehrhaus. Dort angekommen, ritten die Teilnehmer hinten beim Dimpfl um den Häuserblock herum zum Leboid und danach hinauf zur Veitskirche und wieder die Marktstraße hinunter bis zur Pfarrkirche, wo der Pfingstritt nach der Umrundung der Kirche durch den Bräutigam sein Ende fand.

 Das war seit mehr als 500 Jahren so gewesen, nun sollte es anders werden. Der Bleichanger wurde für das Volksfest gebraucht und vermutlich bildete der St. Veitsplatz auch einen würdigeren - und vor allem allwettertauglicheren - Rahmen für die Kranzlübergabe als die Wiese auf dem Bleichanger.


Beim Einritt

Vor der Kranzlübergabe mit seiner Pfingstbraut auf dem Marktplatz

Die Kranzlübergabe


Die nächste Änderung betraf die Zusammenlegung von Braut- und Burschenzug und die Entkoppelung der zeitraubenden Einladungsbesuche bei den Kötztinger Honoratioren vom Pfingstmontag. Es sollte zwar, nach dem Magistratsbeschluss, dem Pfingstbräutigam überlassen bleiben, ob er diese Regelung mittragen würde, aber Ludwig Wolfgang sah den Vorteil dieser Regelung, übernahm sie und in allen folgenden Jahren wurde nicht mehr daran gerüttelt.
Burschenzug auf dem Wege zur Braut




Der kombinierte Burschen- und Brautzug

Die Burschenfahne bei Traumwetter an Pfingsten 1949

Auch für den Ablauf und der Einordnung dieser Neuerungen gibt es in der Rückschau in Hinblick auf Pfingsten 1950 (wie eingangs erwähnt ist in Kötzting NACH Pfingsten immer auch gleich VOR Pfingsten) eine kritische Stellungnahme des Bürgermeisters Kroher:


das Jubiläumsbuch und die Festabzeichen

Beide Vorschläge stammen von Eugen Hubrich, der sich von Straubing aus mit Hans Kroher und dem Kötztinger Magistratsbeamten Weigl einen sehr regen brieflichen Gedankenaustausch lieferte. Manche Vorschläge (Domspatzen) liefen ins Leere, aber manche wurden umgesetzt (Goldenes Buch), anderes nach Fehlversuchen wieder fallengelassen (Festabzeichen)



Was nicht so gut geklappt hatte, war....der Festzeichenverkauf


Ich bin mir sicher, dass die Diskussion lebhaft war, Kötzting und Änderungen am Traditionsablauf gehen immer nur schwer zusammen, aber da wir heute noch dieselben Strukturen haben, haben sich wohl die Reformer mit ihren Vorstellungen und Argumenten durchsetzen können. Mit Ausnahme dessen, dass das Volksfest nun, wie geplant, über die komplette Pfingstwoche hinweg andauert, welche zusätzlich mit jeder Menge an Beiprogrammen gefüllt wird, haben wir diese Änderungen fest in unser Traditionsrepertoire aufgenommen und handeln so als wäre es schon immer so gewesen.
Und es ist gut so, dass die Kötztinger mit dem Ritt eher konservativ aufgestellt sind.

Zum Abschluss nun eine Denkschrift, das einen Kötztinger in manchen Punkten schaudern lässt:
Bei Eugen Hubrich in Straubing sind wohl ab und zu die kreativen Gäule durchgegangen. In einem mehrseitigen Schreiben schlägt er  eine Fülle von Veränderungen, Verbesserungen und neue dekorative Maßnahmen vor, von denen manche einen nur schaudern lassen, Aber lest selbst und gruselt euch - bei der Dekoration.
Hilfe des Bischofs erbeten um die Nachbarpfarreien zu erreichen

Werbung bei den umgebenden Pfarreien, deren Reiter dann aber farblich gekennzeichnet werden sollen. Die Kötztinger Pfingstreiter geschmückt mit weißen Blumen, die Rimbacher mit weißen Rosen
die Hohenwarth mit roten Rosen, an den Pferden und auf den Hüten......eine Abteilung mit Fliederbüschen, eine andere mit Pfingstrosen. Oh welch eine Wonne, Pfingstritt mit einem schweren Fliederblumenstrauß am Hut wenn dann mal ab und zu getrabt wird.....sicherlich eine Freude für die Zuschauer. Aber immerhin hätte Hubrich gegen die Benutzung der alten Tracht - zumindest an der Rittspitze - nichts einzuwenden gehabt ;-)).

Das Kreuz der Rittspitze ist ihm in der jetzigen Ausgestaltung zu "brettern",
ein geschnitzter Christus umrahmt von einem  Kranz von Frühjahrsblumen wäre würdiger.
Die Idee mit den Signalisten wurde durch die Kötztinger Herolde
gut umgesetzt, auch wenn die Reihenfolge hier eine andere war, die dann zur Umsetzung geführt hatte.


Weg mit dem Brunnen...weg mit dem Maibaum: ABER der Vorschlag des Ehrentrunks beim Rathaus, wurde später
übernommen

Ehrenabend der Jubelreiter: Parallelveranstaltung zur Pfingsthochzeit
Pfingstrittgedächtnismesse: wurde umgesetzt, findet jeden November in Steinbühl statt

Geldbeschaffung: Eintrittskarten, Festabzeichen, Verein zur Förderung des Pfingstrittes
Wie man sehen kann, hat sich Eugen Hubrich draußen in Straubing viele Gedanken gemacht und einige davon sind im Laufe der Jahre dann auch umgesetzt und eingeführt worden.
Im Jahre 1949 jedenfalls war für die Kötztinger vieles neu, und das meiste hat dann auch auf Anhieb geklappt.