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Donnerstag, 5. Oktober 2023

Die Hahns - eine Kötztinger Bürgersfamilie

 Nach der Erarbeitung und Veröffentlichung der Geschichte der Familie Kirschner möchte ich nun die Herkunft und das Schicksal der zweiten jüdischen Familie, die der Familie Hahn, erarbeiten und dokumentieren.
Ähnlich wie Julius Kirschner waren auch die Familienmitglieder der Hahns fest eingebunden im Kreis der angesehen Bürger, ja Marktlehner, Kötztings und umso härter muss es sie getroffen haben, als sie von einem Tag auf den anderen von der großen Politik für Schädlinge am Gemeinwesen erklärt wurden.
Möglicherweise finden sich in der Zukunft noch Abbildungen von Bepp und Ernst  Hahn - neben den schlecht erhaltenen auf Gruppenfotos von diversen Theaterveranstaltungen-, aber bisher hatten nur sehr wenige Abbildungen von Mitgliedern dieser Kötztinger Familie.
Aus einem Formblatt der Vereinigten Staaten von Amerika haben wir Dank der tatkräftigen Unterstützung, die ich von Elan Orin, einem sehr versierten Forscher aus Israel, und dem ich bereits sehr zu Dank verpflichtet bin  für seine Unterstützung im Falle der Familie Kirschner, das Passfoto des Kötztinger Bürgers Salomon Simon Hahn erhalten. Viele weitere Ablichtungen von amtlichen Dokumenten der USA habe ich nur durch Sucharbeit Elan Orins erhalten.

Salomon Simon Hahn, Chef des Kaufhauses Hahn in Kötzting. Er und seine im Jahre 1927 in Kötzting verstorbene Frau Ida sind die beiden Personen, die im anschließenden Beitrag von Frau Paula Dittrich so lebendig beschrieben wurden.



Formblatt der USA für eine mögliche spätere Einbürgerung Simon Hahns


DIA-Repro 2169 das Kötztinger Kaufhaus Hahn in der Marktstraße

Foto Pongratz: Das ehemalige Hahngebäude im Jahre 2023


Detail aus der Uraufnahme von 1831 von Bayernatlas.de.
Das Haus mit der alten Hausnummer 130 war das spätere Hahnkaufhaus. Die Nummer 131 wurde nach dem verheerenden Marktbrand von 1867 als Feuerschneise deklariert und nicht wieder aufgebaut.

Zur Einleitung der Familiengeschichte möchte ich aus Frau Paula Dittrichs Buch "Kinder, Nachbarn und andere Leut´, wie´s früher war im Bayerischen Wald" (1992) zitieren. Die Texte in dem Buch stammen  alle aus der Feder und Erinnerung der Kötztinger Lehrerin, während die Bilder Frau Renate Serwuschok aus ihrer Sammlung beigesteuert hatte. In einem Kapital mit der Überschrift: "Sie waren unsere Nachbarn" berichtet sie über ihre Jugenderinnerungen an die beiden Familien Hahn und Kirschner. Um diese Nachbarschaft zu erläutern: Frau Dittrich war eine geborene Liebl und wurde im Haus mit der Nummer 132 groß, gegenüber im Haus mit der Nummer 29 - später Dr. Angerer, jetzt Eingang des Drogeriemarktes Rossmann - lebte ihre Ring-Großmutter. Die Hahns lebten auf der 130 und die Familie Kirschner in der Nummer 127, also alles auf engstem Raum.

Sie waren unsere Nachbarn

von Frau Paula Dittrich

 War etwas anders bei den Hahns und den Kirschners, den zwei jüdischen Familien, die ich in meiner Kinderzeit gut kannte, weil sie in unserer Nachbarschaft wohnten? War etwas bei ihnen anders als bei uns? Wenn einer sagte: Den Anzug hab' ich beim Hahn gekauft, oder Meinen Malzkaffee hoi ich beim Kirschner", dann klang das nicht anders, als wenn er sagte: „Die Schuh' sind vom Gmach, und 's Fleisch hol ich beim Stadler" Es gab keinen Unterschied. Doch, etwas für uns Kinder sehr Wichtiges war anders:

Bei den Hahns - sie wohnten genau uns gegenüber - kam kein Nikolaus, und eine meiner Schwestern verbrachte aus diesem Grunde jeden Nikolausabend bei ihnen.

An Ostern brachte uns die Frau Hahn in einem Körbchen Mazzen, ungesäuerte Brote. Sie sahen fast so aus wie unsere Schoarnbladl, nur ein bisschen feiner: Eigentlich haben sie mir nicht besonders geschmeckt, aber es waren eben Mazzen, und es gab sie nur einmal im Jahr.

Das Hahn-Haus war in meinen Augen ein feines Haus. Ich kam nicht oft hinein, weil keine Kinder in meinem Alter da waren. Schon dass man an der Haustüre läuten und dann warten musste, bis jemand aufmachte, war etwas Besonderes. Unsere Haustüre war immer offen. Und dann durfte ich meinen Auftrag nicht gleich erledigen, sondern wurde durch einen dämmrigen, schwarzweiß gefliesten Vorraum über eine blankgebohnerte, geschwungene Treppe, dann durch eine große Schiebetür ins mit grünen Plüschmöbeln ausstaffierte schöne Zimmer geführt, musste mich auf einen der feierlichen Stühle setzen, bekam ein Schälchen mit Süßigkeiten hingestellt, die Frau Hahn nahm auf dem Sofa Platz, und nun erst wurde ich meinen Auftrag los.

Die Frau Hahn, klein, rundlich, immer sorgfältig frisiert, eine Kette mit einer kleinen Uhr dran um den Hals, trug an der Bluse - ich habe die immer grün in Erinnerung - eine schöne, alte Brosche und an der Hand einen oder zwei funkelnde Ringe. .

Als sie 60. Geburtstag hatte, wurde ihr ein großer Geschenkkorb gebracht, in dem gut sichtbar ein goldener 60er steckte. Sie war sehr unglücklich, weil nun doch die Leute den 60er gesehen hatten! Es verging keine Viertelstunde, da stand der prächtige Korb mit einem leuchtenden 50er im offenen Fenster. Er stand lange da, und die Frau Hahn blinzelte verschmitzt zu uns herüber. Sie sprach ein wenig anders als wir: „Geltens, Frau Liebl, wir wern schon heier wieder mitsam fahren ins Bad wegen unsern Rheima." Ich hörte das gern, auch der Herr Hahn sprach so.

Er stand gern in der Ladentür seines Textilgeschäfts, meist in einem grauen Anzug, eine goldene Uhrkette über der Weste, und grüßte die Vorübergehenden mit einer leichten Verbeugung.

Vor Weihnachten drückten wir die Nasen an die Schaufenster beim Hahn. in einem stand inmitten eines Waldes aus kleinen Fichtenbäumchen ein Rotkäppchen samt Kuchenkörbchen und Blumenstrauß zutraulich neben einem zotteligen Wolf, dem die rote Zunge aus dem Maul hing. Im anderen Fenster schliefen einem Himmelbett eine wunderschöne Puppe, und schwebende Engel brachten aus blauschimmernden Seidenwolken einen Christbaum. Im 1.Weltkrieg wurde dann aus dem schlafenden Kindlein und dem Himmelbett ein verwundeter Soldat auf einem Feldbett und aus den Engeln Rotkreuzschwestern in gestreiften Kleidern und Häubchen.

Ob der ganz alte Hahn, ich habe ihn nicht mehr gekannt - und mir wurde zur Warnung immer erzählt, dass er unter furchtbaren Schmerzen gestorben sei, weil er Wasser auf Heidelbeerdatschi getrunken habe -, also, Ob der ganz alte Herr Hahn auch schon so ein feines Geschäft hatte wie sein Sohn Simon, weiß ich nicht. Von unserer Magd Moni hörte ich, dass sie ganz früher alle alten Sachen - weggeworfen wurde nichts - zum Hahn hinübertrug, der solches Zeug kaufte. Da sei einmal seine Frau zu so einer Handelschaft hinzugekommen, habe ein Milchkännchen herausgeklaubt, es prüfend beschaut und beklopft und dann gejammert: „Jejejeje, dieses Gännchen ist auch noch Bläch! Kein Mänsch kauft so ein altes Gelomp wie do!" Oft und immer wieder musste uns die Moni, die ein ganz wunderbares Erzähl- und Nachahmtalent besaß, diese Episode vorspielen, drum habe ich sie noch so gut in Erinnerung

Von den Hahn-Söhnen habe ich Max, den ältesten, als guten Klavierspieler und meist mit einem dicken Buch unterm Arm im Gedächtnis. Ernst, der jüngste, ging schon 1922 nach Amerika. Im ganzen Ort bekannt und beliebt war der Hahn-Pepperl. Bei den in den zwanziger Jahren recht häufigen Theateraufführungen freute sich alles immer besonders auf ihn, weil er seine meist komischen Rollen halt gar so köstlich darzubieten verstand.

Die Vereine rissen sich um ihn.

Nicht wegzudenken aus dem Vereinsleben, namentlich aus dem Fußballclub, war der Kirschner Julius. Was hat er nicht an Zeit und Geld für den Verein und besonders die Errichtung des neuen Platzes aufgewendet! Eine Offene Hand und ein offenes Herz hatte die ganze Kirschnerfamilie. Schulkinder fanden im Hof einen allezeit und für alle zugänglichen Spielplatz, und für manchen, dem der Schulweg zu weit und die Mittagspause deshalb zum Heimgehen zu kurz war, gab's eine warme Mahlzeit. Wenn ein schmächtiges Bübl einen Hasenbalg oder ein Katzenfell zum alten Kirschner brachte, der auch Häute aufkaufte, so bekam er immer um ein paar Zehnerl mehr dafür als einer, der's nicht so nötig hatte.


Fast jeden Sonntagnachmittag - der Kirschnerladen war immer offen - habe ich die alte Frau Kirschner mit der Ladenklingel aufgeschreckt und geplagt. Wegen eines Zehnerls humpelte die weißhaarige Frau, die sich schon recht schwer mit dem Gehen tat, mühsam über das Stiegerl vom Ladenzimmer zum Laden herunter, und immer war sie freundlich und suchte mir die drei Fondant-Pralinen, die es um ein Zehnerl nirgends so groß und so gut wie beim Kirschner gab, genau in den gewünschten Farben - Lila, Hellgrün und Rosa - aus der Schachtel, riss sogar noch ein Tütchen vom Nagel und sagte jedesmal: „Komm bald wieder, gell" Alle haben wir noch die bescheidene, liebenswürdige und liebenswerte Frau Ida Seiler in Erinnerung. Sie war die einzige der Kirschner-Familie, die überlebte und zurückkehrte ..



 Soweit die Lebensbilder, die uns Frau Dittrich übermittelt hat.


Einschub
Wenn ich hier verkürzt von den "Hahns" spreche, wenn ich die ganze Familie meine, so benutze ich einen Ausdruck, der von der Familie Hahn selber ge- und benutzt wurde.
StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 1526 
Briefkopf der Familie Hahn. Das Briefpapier der Familie Hahn schmückt ein krähender Hahn mit dem Zusatz "The Hahns"  

Einschub Ende


Wann und woher kamen nun die Hahns nach Kötzting bzw. nach Bayern?

Zwar war es seit dem Judenedikt von 1813 rechtlich möglich geworden, dass auch jüdische Mitbürger in Bayern Grundbesitz erwerben durften, aber erst mit der Annahme der Verfassung des neu gegründeten Deutschen Reiches von 1871 kam es zur tatsächlichen vollkommenen Gleichstellung unserer jüdischen Mitbürger. In Österreich, speziell im Königreich Böhmen, war die Situation für jüdische Mitbürger schon vorher wesentlich besser gewesen und so bildete sich, vermutlich auch ausgehend von einem Zentrum jüdischer Kultur und Lebens in Prag, eine wachsende jüdische Bevölkerungsschicht auf der böhmischen Seite des bayerisch-böhmischen Grenzgebietes. Wikipedia berichtet von Volkszählungen für Böhmen aus den Jahren 1846 bis 1880 und nennt dort einen jüdischen Bevölkerungsanteil von 1,6 – 1,8 Prozent.
Mit der rechtlichen Gleichstellung in Bayern begann dann auch langsam eine Besiedlung zuerst der größeren Städte in Bayern, die sich danach auch auf das Umland ausbreitete und so kurz vor der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert auch den Markt Kötzting erreichte.
Für die Kötztinger jüdische Bevölkerung war es aber die Stadt Cham, die für sie ein religiöses und kulturelles Zentrum darstellte. Sichtbares Zeichen dieser Verbundenheit mit Cham ist heute noch der jüdische Friedhof auf der Bergeskuppe in Windischbergerdorf, ein beeindruckendes Zeugnis jüdischen Lebens in unserer Gegend.

Das erste Mitglied der Familie Hahn, das in Kötzting sich niederließ, war Elias Hahn.
Sein Einreichungsbogen für Kötztinger Bürger enthält viele interessante Angaben

Elias und Fannie Hahn



Aus diesem Formular geht folgendes hervor:

Elias Hahn war mosaischen Glaubens, war am 27. Juli 1848 geboren und wohnt in Kötzting "in eigenem Hause Nro 130." Seine Ankunft in Kötzting ist mit dem 5.8.1890 festgehalten.
Daneben enthält dieses Deckblatt noch folgende Verweise:
"Am 26. Okt Jan 1899 verzogen unter Mitnahme des Hausgerätes nach Neuern" und
"Gestorben 28.VII. 99 in Kötzting"
 Am 28.7.1899 ist Elias Hahn verstorben und eine kleine ausgebesserte Notiz und eine zusätzliche Bleistiftnotiz auf dem Einreichungsbogen interpretiere ich so, dass danach im Januar des Folgejahres - - eigentlich sollte es wohl Okt(ober) 1899 heißen. Als dann Okt gestrichen und durch Jan.(uar) ersetzt wurde, verblieb die falsche Jahreszahl - die Witwe nach Neuern, unter Mitnahme des Hausgerätes verzogen ist.
Ich bin mir auch deshalb über diese Schlussfolgerung sicher, weil dem Akt ein Heimatschein des Marktes Neuern beiliegt, in dem dieser - ausgestellt im November 1903 - der Fani Hahn das Neuerner Heimatrecht gewährt.


 
Auch seine Familie ist dort mit ihren Lebensdaten aufgeführt:

Seine Ehefrau: Fanie Hahn, geboren am 16.1.1841 in Wihorschau aus der Bezirkshauptmannschaft Taus in Böhmen und verheiratet seit dem 28.8.1867.

Drei Kinder hatten die beiden und aufgrund deren Geburtsorten kann man gut nachvollziehen, dass und wie die junge Familie immer näher an Kötzting herankam.
Salomon Hahn, noch geboren in Wihorschau am 27.7.1868, Josephine, geboren am 9.5.1872 in Holletitz und Paulina, geboren am 22.9.1881 in Rothenbaum 
Elias Hahns Ehefrau wurde in Wihorschau (tschechisch Beharov) geboren und das Paar hatte auch dort geheiratet.
Die späteren Geburten der Kinder zeigen eine Reise, die dann in Kötzting endete. Holletitz, der Geburtsort der Tochter Josephine liegt aber - wenn es nicht noch einen zweiten Ort dieses Namens in Tschechien gibt, in einem viel weiter nördlicheren Landesteil.

Während die katholischen Matrikelbücher aus der ehemaligen Tschechoslowakei bzw. den böhmischen Landen des Habsburger Kaiserreiches mittlerweile online durchsucht werden können, schaut es mit den jüdischen Protokollen noch sehr schlecht aus, soweit diese überhaupt die Zeiten überlebt haben. 
Wir wissen, dass die Familie Hahn ursprünglich wohl aus dem Bereich Wihorschau, nun Behalov, stammte.
Gerade mal 4 km Luftlinie entfernt von Wihorschau liegt das Dörfchen Loucim und dort finden sich in den online zur Verfügung stehenden Grundbüchern Mitglieder der Familie Hahn.

Grundbuch Loucim 
"Hahn Elias und Georg Ganka, Pachtkontrakt über das Häuschen in Leutschim"



Am 3.1.1840 pachtete der "israelitische Familiant Elias Hahn aus Loucim" von Georg Ganka  ein kleines Häuschen, das Georg Ganka selber erst ersteigert hatte. Dreißig Jahre sollte der Pachtvertrag laufen und der Pächter sollte sämtliche Nutzen aber auch die Lasten übernehmen, die sonst ein Besitzer zu tragen habe, also auch die Reparaturen. 200 Gulden muss Elias Hahn nun bezahlen.

Nun haben wir den Familiennamen Hahn und Loucim.

Noch einmal 1-2 Generationen zurück, am 25.6.1789,  findet sich - ebenfalls in Loucim eine weitere Beurkundung.
Ein David Hahn aus dem Markte Neuern erwirbt das alte Schulhaus in Loucim.
Grundbuch Loucim 1782-1848

"Es verkauft berührtes Bürtschaftsamt dem in hierorthigen Schutz aufgenommenen Juden David Hahn aus dem Markt Neuern, das im Dorf Leutschim befindliche alte Schulhaus wie solches liegt und steht mit einer darbei befindlichen Kammer. Stallerl und kleinen Scheuer um eine beederseits verabredete Kaufsschillings Summa per Einhundert Vierzig Fünf Gulden...."

Einschub
Was ist ein Familiant?

"israelitischen Familianten Elias Hahn"
Im Jahre 1726 wurde die Zahl der jüdischen Familien in Böhmen auf Befehl des Kaisers Karls VI auf 8541 festgelegt (in Mähren auf 5106) und, um diese Quote  sicher zu erfüllen, wurde der Begriff des Familianten eingeführt.
Entsprechend der Intention dieses Befehls erhielt nur der erstgeborene Sohn einer jeden jüdischen Familie eine Heiratserlaubnis. Diese Genehmigung konnte auch verkauft werden, sollte eine Familie keinen Sohn bekommen. Dieser Familiantenbefehl war gültig bis 1848 und weil dieser so strikt angewendet wurde, wanderten viele Juden aus Böhmen und Mähren aus, vor allem nach Ungarn, wo dieser Erlass nicht galt.
Ein Vorteil dieses Erlasses sind die sogenannten Familianten-Bücher, in denen manchmal bis zu drei Generationen aufgelistet sind, die aber leider nicht online, sondern nur in Prag eingesehen werden können..
Einschub Ende

Es ist - noch - nicht bewiesen, ob der Pächter Elias Hahn und der Kaufer David Hahn miteinander verwandt waren, geschweige denn, ob danach eine Linie zu unseren Hahns führt, die Zeiten und der Raum, in dem diese beiden Familien lebten, würde jedenfalls stimmen.

Nun aber zurück zum Kötztinger Elias Hahn, der im Jahre 1893 das Anwesen mit der alten Hausnummer 130 gekauft und es offensichtlich postwendend gleich an seinen Sohn Salomon übertragen hatte.
Schon vorher, aus dem Jahre 1882, haben wir einen ersten Umbauplan dieses Hauses, als noch die vorherige Besitzerin, Frau Katharina Wiesmeier, eine "Handlung" in das Haus am "neuen Straßeneck" errichten wollte. Durch die Verlängerung der Schirnstraße hinüber bis zur neuen Gehringstraße waren ja ganz neue Möglichkeiten für die Anwohner entstanden.


Rep 162-8  Sch. 21 Nr.  3121 Wiesmeier Katharina 1882
Links die Ansicht von der Marktstraße, rechts von der Schirnstraße

Durch das Einreißen einer Mauer entsteht der neue Laden

Der Backofen innerhalb des Hauses


"Situationsplan über Errichtung einer Handlung für Katharina Wiesmaier 
Hausbesitzerin in Koetzting.
Erklaerung.
q Wohnhaus der Katharina Wiesmaier in welchem die Handlung wrrichtet werden soll.
b Nebengebäude derselben
c Hofraum derselben 
d Stallung ds Wolfgang Vogl
e Stadel desselben in welchem zur Hälfte eine Wohnung eingebaut wird
f Hofraum und Garten desselben
g Waschhaus des Georg Dreger
h Nebengebäude desselben 
i Wohnhaus des Franz Liebl
k Nebengebäude desselben
l Straßennachbarn nach Norden 
m Marktplatz 
n Nebengasse"

In einem Bauakt des Nachbarn, Franz Raith, der eine Fleischbank errichten wollte, ist vorne an der Marktstraße bereits der neue Besitzer eingetragen, Elias Hahn.

Unter dem Punkt e: Wohn- und Nebengebäude des Elias Hahn.

Bei den Unterschriften der Angrenzer jedoch unterschrieb der Sohn und eigentliche Besitzer Salomon Hahn.

 Nach seinem Tode wurde ein Nachlassverfahren eröffnet, das sich im Staatsarchiv in Landshut erhalten hat.

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 41  Nr.65 Hahn Elias   von 1899

Hahn Elias, ein Austragskaufmann und  58 Jahre, 1 Monat und 13 Tage alt, verstarb am 28. Juli 1899, früh zwischen 12 und 5 Uhr in Kötzting in der Hausnummer 130.
"Sein Austrag bestand aus Verpflegung und Wohnung, Hypothekarisch versichert auf Hs Nr. 130 dahier, dann Haus-Einrichtung, im Anschlage von ca. 100 M, im Verwahr der Ehefrau."
Dieser kleine Hinweis ergänzt die obige Vermutung, dass die Witwe Hahn bald nach dem Tode ihres Manns mit ihrem Mobiliar zurück nach Neuern gezogen ist, wo sie wieder ihr Heimatrecht erhielt.
Hier die Liste der Kinder (und Erben), aufgetrennt nach der Voll- bzw. Minderjährigkeit.

"Als Vormund für die noch minderjährige Paulina Hahn wird der Kaufmann Moritz Kirschner  dahier vorgeschlagen."

Der Vorschlag, den Nachbarn Moritz Kirschner als Vormund für Paulina zu wählen, wurde offensichtlich abgelehnt, denn bei ersten amtlichen Treffen in dieser Nachlasssache werden Paulina Interessen von " Max Willmersdörfer", einem ledigen Kaufmann in Nürnberg, vertreten.

Das Protokoll wurde von allen Beteiligten unterschrieben:
"Fani Hahn
Salomon Hahn
Josepha Hahn
Max Willmersdorfer"


Der Grabstein für Elias Hahn auf dem jüdischen Friedhof in Windischbergerdorf

 
Gräberanlage im jüdischen Friedhof in Windischbergerdorf, links Elias Hahn.


Salomon Hahn und Ida Elsbach
 


Es war gar nicht so leicht in diesen Tagen von einem in ein anderes Land zu wechseln.
Am Rande seines Antragsschreibens um die deutsche Staatsbürgerschaft notierte ein Beamter:
"Am 16. Januar 1900 Gesuch um Entlassung aus dem österr. Staatsverband bei der K.K. Statthalterei in Prag gestellt.
Antrag auf Verleihung der bayerischen Staatsangehörigkeit gestellt am 7.Juni 1900
Salomon Hahn beschreibt seine Situation in einem persönlichen Besuch im Kötztinger Rathaus am 2.11.1899:
"Es findet sich Herr Salomon Hahn, geboren am 27. Juli 1868 in Wihorschau k.k. Bezirkshauptmannschaft Taus, bisher beheimatet in Neuern, k.k. Bezirkshauptmannschaft Klattau und bringt vor:
Ich bin seit 1883 in Bayern und seit 28. Juli 1890 in Kötzting wohnhaft, wo ich seit dieser Zeit das Haus Nro 130 besitze. Ich habe seit dieser Zeit die mich treffenden Steuern und Umlagen bezahlt.
Ich bin verheiratet mit Ida, geb. Elsbach, geboren am 24.11.1865 in Walldorf - Sachsen Meinigen - und habe 2 Kinder:
Hahn Max, geb. 21. Juli 1895 in Kötzting 
Hahn Josef, geb. 16.II. 1897 in Kötzting
Ich bitte um die Verleihung des Bürger- und Heimatrechtes in Kötzting, wobei ich bemerke, daß ich bei Gewährung meiner Bitte um Entlassung aus dem österreichischen und Aufnahme in den bayr. Staatsverband nachsuchen werde.


Am 9.12.1899 erhielt er das Kötztinger Bürger- und Heimatrecht und konnte nun, im Januar den Antrag auf Entlassung in Prag und am 7. Juni seinen Einbürgerungsantrag im BZA in Kötzting stellen.
Schon am 13.6.1900 reagierte das BZA Kötzting auf seinen Antrag und möchte als Nächstes dessen Einkommensverhältnisse vom Armenpflegschaftsrat in Kötzting erläutert bekommen.
"Der Kaufmann Salomon Hahn dahier hat um Aufnahme in den bayer. Staatsangehörigkeitsverband nachgesucht.
Es ergeht der Auftrag sich beschlußmäßig zu äußern, ob p. Hahn in Kötzting entsprechendes Unterkommen hat und sich und seine Angehörigen nach den daselbst bestehenden Verhältnissen zu ernähren im Stande sind. Die beschlußmäßige Äußerung hat die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Familie Hahn genau ersehen zu lassen. Beglaubigte Abschrift des gefaßten Beschlusses ist anher vorzulegen..
."
Die Analyse des Gremiums ist mehr als nur eindeutig:
Salomon Hahn, Kaufmann dahier besitzt in dem ihm gehörigen Anwesen No. 130 der Gemeinde Kötzting eine entsprechend vollständige eingerichtete Wohnung und ist nach den dahier bestehenden örtlichen Verhältnissen unzweifelhaft im Stande, sich und seine Angehörigen zu ernähren.
Das dem Hahn eigenthümliche gehörige Anwesen, Hs Nro 130 dahier, in welchem der Genannte ein schwunghaftes Schnittwarengeschäft betreibt, ist mit 8790 M gegen Brand versichert und repräsentiert einen Wert von 12.000 M. Die Höhe des Einkommens des Hahn ist uns nicht bekannt, doch darf der Gewinn aus dem, Geschäfte gut auf 2000 M veranschlagt werden.
Sodann Hahn bezahlt folgende Steuern
M 0,17 Grund
M 8,59 Haus
M 54,00 Gewerbesteuer
----------
M 62.76.im Jahr
Mit seiner Einbürgerung erhält Salomon Hahn auch einen Familienbogen auf dem seine Familie aufgelistet ist.

StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "H"
Hahn Salomon - Kaufmann - isr(aelitisch) - Kötzting Hausnummer 130/4 
geboren in Wihorschau am 27.7.1868 - Kötztinger Bürger seit: 9.12.1899 -
Die Bürgeraufnahmesgebühr betrug 171 Mark.
Salomon Hahns Familie
Ida Hahn geborene Elsbach
Max Hahn 21.7.1895
Josef Hahn 16.2.1897
Ernst Hahn 28.5.1900

Gleich im Jahre 1901 schaltete Simon Hahn eine ganzseitige Anzeige im Kötztinger Anzeiger:

Nach diesem ganzen Prozedere waren Salomon Hahn und seine Familie endgültig in Kötzting angekommen und konnten von dieser gesicherten Basis aus nun ihr Geschäft aufbauen. Als erstes ging es darum, das Haus umzubauen.
Im Jahre 1905 kam es zum ersten Umbau, bei dem ein großer innerer Verkaufsraum geschaffen wurde. Das benachbarte Schlachthaus, das vor wenigen Jahren von Franz Raith errichtet wurde, gab es nicht mehr, die lange Häuserfront der verlängerten Schirnstraße teilten sich nun nur noch die beiden Hausbesitzer Max Wanninger und Simon Hahn.







Aus dem Jahre 1906 haben wir ein Bild von Pfingstbrautzug, der sich vor dem Hahngebäude postiert und uns ein schönes Bild vermittelt, von der geschmückten Hausfront der Hahns an Pfingsten..
DIA-Repro 971 der Brautzug im Jahre 1906 mit der Kapelle Mühlbauer vor dem Hause Hahn

Im Jahre 1907 bot Simon Hahn im Prager Tagblatt ein Kötztinger Geschäftshaus - einstöckig und direkt neben der Kirche - zum Verkauf an. Dabei könnte es sich um die erste Apotheke Kötztings gehandelt haben - später die Schmidtbank.


In den Folgejahren konnte Simon Hahn offensichtlich expandieren und suchte erneut sogar im Prager Tagblatt nach Lehrlingen.


Postkarte

Auf der Rückseite dieser Postkarte steht ein interessanter Text, der auf weitere verwandtschaftliche Beziehungen schließen lässt.
 
Adressiert war die Karte an eine Frau Amalia Senger in Nürnberg.

"Kötzting den 6. Juni 1910
Liebe Tante Amalia
Bin gut hier angekommen und die Lieben wohl angetroffen. Hier ist es sehr nett und haben meine Lieben, wie du auf dieser Karte siehst ein schönes und geräumiges Haus, welches sie ganz allein bewohnen und herrlich eingerichtet ist. Habe auch ein neues Klavier und werde ich öfters darauf üben. Nimm nun für deine große Aufmerksamkeit meinen herzlichen Dank entgegen. Für deine Reise wünsche viel Vergnügen und würde mich freuen auch einmal ein Lebenszeichen vor dir zu erhalten. Noch einmal innige Grüße von deiner Frieda.
Wenn du Frida Marx triffst, so grüße sie von mir.

Die zweimalige Erwähnung "meiner Lieben" hier in Kötzting in dem Text lässt darauf schließen, dass Frieda hier bei Verwandten in Kötzting untergekommen war.




Der Erste Weltkrieg bricht aus




Dann kam der Erste Weltkrieg und alle drei Hahnbuben kamen zum Militär, bei Max Hahn, dem Studenten der Politologie, stand sogar in seiner Kriegsstammrolle: Freiwilliger.

 


Max Hahn rückte am 18.8.1914 als Kriegsfreiwilliger ein und war all die Jahre bis zum Kriegsende an der Westfront eingesetzt.
Im Jahre 1915 war er mehrmals im Lazarett.
Josef, der mittlere Bruder in der Stammrolle mit einer Berufsbezeichnung als Schneider aufgeführt, kam erst, er war ja auch 2 Jahre jünger als sein Bruder, im Jahre 1916 - als knapp 19jähriger junger Mann zum Militär. Er war zunächst an der Ostfront in Rumänien eingesetzt, bevor es mit ihm nach Abschluss dieses Feldzuges ebenfalls an die Westfront ging.

Kriegsstammrolle des Schneiders Joseph Hahn. Auf insgesamt 10 Lazarettaufenthalte brachte es Josef Hahn in seinem 2 1/2 jährigen Einsatz.




Ernst, der Jüngste, 1900 erst geboren, musste erst ganz gegen Kriegsende zum Militär, aber auch er wird in den bayerischen Kriegsstammrollen geführt, die Dank der Mormonen aus Salt Lake City komplett - natürlich gegen eine Monatsgebühr - online zugänglich sind.

Ernst Hahns Zeit beim Militär dauerte vom Februar bis zum November 1918


Der Weltkrieg war vorüber und die Familie Hahn konnte dankbar alle ihre Familienmitglieder wieder gesund und heil zuhause begrüßen.
Hier einige der Waren, die Simon Hahn im Sommer 1921 anbot, um zu zeigen, wie umfangreich auch das damalige Sortiment des "Kaufhauses Hahn" gewesen war.:







Simon Hahn machte große Pläne und reichte im Jahre 1921 einen ganz besonderen Bauplan ein, der aber dann der bereits aufkommenden galoppierenden Inflation - die sich 1923 zu einer Hyperinflation ausweitete - wohl zum Opfer fiel.
Kötzting hätte ein tolles Haus erhalten, wenn dieses Bauvorhaben verwirklicht worden wäre.



Die Unterschriften auf dem Bauakt lagen bereits vor, schade, dass der Bau, so wie ihn der 
Kötztinger "Architekt" Windisch entworfen hatte, dann doch nicht verwirklicht wurde. Dieses wäre heutzutage sicherlich Kötztings schönstes Haus und sicherlich unter Denkmalschutz gestellt worden.

Die ganze Familie Hahn war in vielen Kötztinger Vereinen tätig, Ernst Hahn war beim Schützenverein und konnte sich anlässlich einer Kriegsgefangenenbegrüßung in die Ergebnisliste eintragen.

Kötztinger Anzeiger vom März 1920


Josef - Bepp - Hahn wurde im selben Jahr beim Burschen und Wandererverein als Kassier in die Vorstandschaft gewählt.

Als im Jahre 1921 der Kötztinger Fußballsport auf Vereinsebene gehoben wurde - zunächst noch als eine Unterabteilung des Turnvereins -, war Josef Hahn eines der Mitglieder der ersten Stunde, noch vor dem Eintritt des späteren "Mr FC-Kötzting", Julius Kirschner.








Simon Hahn, der Vater, wurde bei der Generalversammlung im Jahre 1919 sogleich als Kassier in den Vorstand der Feuerwehr gewählt, ein Amt, das er bis zu seiner Zwangsabwahl im Dritten Reich ununterbrochen innehatte. Trotz des von oben angeordneten - eigentlich schmählichen - Zwangsrücktrittes in den dreißiger Jahren, setzte Josef Barth, der damalige Kommandant der FFW Kötzting, eine Auszeichnung für seinen langjährigen Kassier durch.


Bericht über die Generalversammlung der FFW Kötzting im Januar 1930 im Kötztinger Anzeiger.


Wie alle Jahre an Pfingsten wurden in Kötzting alle Vereinsvorstände angeschrieben und zur Teilnahme am Festzug zur Feldmesse und dem Einholen der Pfingstreiter eingeladen.
Im Jahre 1916 unterschrieb für die Freiwillige Sanitätskolonne - dem Vorläufer des BRKs - Simon Hahn.
Stadt Kötzting Pfingstakten 320-916





DIA-Repro 0640

Wie selbstverständlich die beiden Familien Kirschner und Hahn auch mit ihrem jüdischen Glauben in Kötzting angekommen waren, kann man vielleicht am besten mit den Geschäftsanzeigen belegen, in denen sie ihre Schließungen an den beiden hohen jüdischen Feiertagen in der Zeitung anzeigten.
Hier die Anzeige Simon Hahns. Dem Internet sei Dank, so konnte ich die beiden Feiertagsangaben des Jahres 1921 als Jom Kippur und Laubhüttenfest entschlüsselt bekommen.


Weitere Familienmitglieder der "Hahns"

Die Familie Hartmann


Elias Hahn kam mit drei Kindern nach Kötzting, seinem Sohn Salomon und dessen beide Schwestern Josephine und Paulina.
 

Josephine, geboren in Holletitz im nördlichen Teil Böhmens heiratete den in Neuern geborenen Moritz Hartmann und am 24.12.1901 kam die gemeinsame Tochter Anna auf die Welt.
StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "H"

Familienbogen des Kommissionärs (Vermittler-Zwischenhändler-Beauftragter) Moritz Hartmann und seiner Frau Josephine, geborene Hahn.
Im Jahre 1904 stellte Moritz Hartmann den Antrag auf eine Einbürgerung in Deutschland und zugleich auf das Heimatrecht in Kötzting. 

Geburtsurkunde der Anna Hartmann, ein Christkindl.

 
Der Magistrat verweigerte die Vergabe des Heimatrechts in Kötzting mit dem Argument, dass Herr Hartmann vorhabe sich eh andernorts niederzulassen. Sein Familienstandbogen trägt den Vermerk:
"Ab 9. Aug. 1904 nach Neunburg v.W."

Paulina Hahn


Auch für die zweite Tochter Elias Hahns, Paulina,  geboren in Rothenbaum, die bei seinem Tode noch minderjährig gewesen war und daher einen Vormund erhalten hatte, blieb zunächst im Hause in der Marktstraße wohnen, und erhielt Jahre später ihren eigenen Familienstandsbogen.
Auf Paulina Hahns Familienstandbogen ist groß vermerkt: "Verehelicht n. Frankfurt a/M"

Leider kennen wir - noch - nicht den Namen ihres Ehemanns, um das weitere Schicksal bzw. das Leben der Paulina Hahn verfolgen zu können.


Die nächste Generation: 

Auch über die Hahn-Kinder hat Frau Paula Dittrich ein paar Worte gefunden in ihren Jugenderinnerungen:


  Max Hahn:


Der bei seinem Einsatz im Ersten Weltkrieg noch als Student rer. pol. bezeichnete Max Hahn, hatte mittlerweile promoviert und war nach Neuötting verzogen, hielt aber immer noch enge Verbindung nach seiner Heimatstadt, denn er war in Kötzting eines der ersten Opfer, einer neuen Verordnung vom März 1933, dem späteren "Heimtückegesetz". (Wikipedia: Stichwort Heimtückegesetz)

Darin ist unter dem Paragraphen 3 festgelegt: "Wer vorsätzlich eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet ist, das Wohl des Reichs oder eines Landes oder das Ansehen der Reichsregierung oder einer Landesregierung oder der hinter diesen Regierungen stehenden Parteien oder Verbänden schwer zu schädigen, wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwere Strafe angedroht ist, mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und, wenn er die Behauptung öffentlich aufstellt oder verbreitet, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Ist durch die Tat ein schwerer Schaden für das Reich oder ein Land entstanden, so kann auf Zuchthausstrafe erkannt werden. Wer die Tat grob fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft."
Im Sommer 1933 wurde Dr. Max Hahn wegen dieser neuen Verordnung zu drei Monaten Zuchthaus verurteilt und konnte dieser Strafe auch in seiner Revision nicht entgehen.
In einer Verteidigungsschrift im Spruchklammerverfahren gegen den damaligen  Sonderkommissar für spezielle Aufgaben der Kötztinger SA, Anton Kirschenbauer, heißt es im Jahre 1952 über den Vorgang Dr. Hahn:
" Rabiate SA.Leute forderten dringend die Verhaftung des Juden Max Hahn, früher Kötzting, Schirnstrasse und des Amtmannes Bauer, Vorsteher des Finanzamtes Kötzting. Hahn sollte wegen seiner jüdischen Abstammung und Provokation SA-Leuten gegenüber, verhaftet werden und Amtmann Bauer deshalb, weil er anlässlich einer Sammlung der NSDAP einmal eine Spende verweigerte mit den Worten: "Ich habe für so etwas nichts übrig."
Einschub
Es war derselbe Anton Kirschenbauer, Sonderkommissar der SA in Kötzting, der im Juni die Aktion gegen die Mitglieder der Bayerischen Volkspartei durchführte. >>>>> Siehe "Überraschungsfund im Bauschutt".


Wo, und wie lange Dr. Max Hahn dann in einem bayerischen Zuchthaus - nicht Gefängnis - hatte einsitzen müssen, kann aus den Akten nicht mehr erarbeitet werden, weil solche Dokumente nicht als archivwürdig erachtet und daher vernichten wurden - und werden.
Es könnte sogar sein, dass er in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen wurde, denn mit Datum des 5.11.1934 findet sich in den Akten des damaligen Bürgermeisters ein Schreiben der Staatsanwaltschaft: Staatsanwaltschaft Straubing an die OGL Kötzting5.11.1934 betr. Dr. Max Hahn wg Vergehens gegen die Verordnung zur Bekämpfung heimtückischer Angriffe. Dr. Hahn war zum Zeitpunkt der Tatbegehung mit größter Wahrscheinlichkeit bereits geisteskrank, daher musste im Wiederaufnahmeverfahren seine Freisprechung erfolgen. (StA Kötzting 025-8)
Im August 1933 jedenfalls steht in der Kötztinger Zeitung, dass seine Revision gegen das Ersturteil abgelehnt wurde und daher steht zu vermuten, dass er seine Strafe hatte antreten müssen.
 
Kötztinger Zeitung vom 25.8.1933


In der Silvesternach 1933/34 begeht Dr. Max Hahn in München Selbstmord. Seine Angehörigen veröffentlichten erst im Sommer des drauffolgenden Jahres die Todesanzeige ihres Sohnes.



Was der Grund dafür war, dass diese Anzeigen erst im Juni 1934 geschaltet wurden, werden wir wohl nie erfahren. 
Der Lamer Hermann Rump, von den Nazis als Kommunist verfolgt und von 1933 bis 1935 in Dachau eingesperrt, gibt in der Causa Kirschenbauer (Spruchkammerverfahren) zu Protokoll: "the Jew Hahn, Kötzting, was prosecuted and arrested in cause of Kirschenbauer also. He died ostensible in mental disturbance" (Kötzting 13.2.1946) 
 

 Ernst Hahn:

Von Ernst Hahn, dem jüngsten Sohn haben wir eine kurze Zusammenfassung seines Lebensweges, als er in den Sechziger Jahren zusammen mit seiner - wohl zweiten Frau - Kötzting besuchte. Frau Serwuschok hatte sich mit ihm getroffen, ein Interview geführt und ein Bild gemacht. Er erzählte ihr, dass er nach Stationen in Würzburg und Frankfurt sein Medizinstudium hatte abbrechen müssen und im Jahre 1923 bereits in die USA ausgewandert sei. Nun lebe er in Los Angeles.
Einschub
Diese seine  erfolgreiche Auswanderung und Einbürgerung in die USA  - zusammen mit einem festen Wohnsitz - war auch die entscheidende Hilfe bei der späteren Emigration der weiteren Angehörigen der Hahn-Familie, auch wenn diese sich sehr kompliziert gestaltete, wie später zu sehen sein wird.
Einschub Ende
Dank an Elan Orin: Die Absichtserklärung Ernst Hahns, amerikanischer Staatsbürger werden zu wollen und keiner fremden Regierung mehr verpflichtet zu sein.

Am 25. Mai 1935 stellte Ernst Hahn einen neuen Antrag auf Einbürgerung und gibt darin an, dass er von Bremen aus mit dem Dampfer Yorck am 19.12.1923 den Hafen von New York erreicht habe.
Zum ersten Male habe er am 8.6.1925 solch einen Antrag gestellt, den er nun 1935 erneuerte.
Seinen Beruf gab er als "salesman" an und dass er im März 1931 seine jetzige Frau, Jeanna, geheiratet hatte, nun in Los Angeles wohnte und keiner Kinder hatte.
 

 Josef Hahn:

Josef Hahn, in den Kriegsstammrollen noch als Schneider bezeichnet, wurde als der Nachfolger seines Vaters Simon/Salomon Hahn aufgebaut und es hat den Anschein, also ob Simon zusammen mit Sohn und Schwiegertochter Paulina das Kaufhaus Hahn gemeinsam betrieben.
StA Kötzting die "alte" Einwohnermeldekartei

Der Kaufmann Josef Hahn hatte am 29.8.1930 Paulina Zeilberger, eine Tochter von Karl und Veronika Zeilberger - eine geborene Steinhart - aus Ermershausen geheiratet.

Einschub Ermershausen
Dieser Ort liegt so weit im Norden Bayerns, weiter hinauf geht es gar nicht mehr und hat eine reiche jüdische Geschichte und einen sehr berühmten Sohn. Henry Kissinger, der spätere US Außenminister stammt aus Ermershausen und konnte dem Naziterror entfliehen. Herny Kissingers Großvater, David Kissinger, war Lehrer in Ermershausen.
https://sites.math.rutgers.edu/~zeilberg/family/lazarus.html

Paula Zeilberger ist  hier als jüngste Tochter des Textilkaufmanns Kusel - Karl - Zeilberger aufgelistet und - ebenfalls im Internet findet sich eine große Grupe der Zeilberger-Familie vor dem Hause des Kusel Zeilberger, also ihrem Elternhaus. Es ist gut möglich, bis wahrscheinlich, dass auch Paula Hahn, geborene Zeilberger, mit auf dem Foto dargestellt ist.
Einschub Ende

Das junge Ehepaar Hahn hatte bis zur späteren Auswanderung noch keine Kinder und wird vermutlich, bis sie endlich nach einer Irrfahrt über mehrere Jahre endlich sicher in den USA angekommen waren, vermutlich zu alt für eigene Kinder geworden sein, doch dazu später.
Wie oben angedeutet, besitzen wir in Kötzting fast keinerlei Fotos von der Familie Hahn. Es gibt zwei Abbildungen von Theater- bzw. Faschingsveranstaltungen, auf denen vor vielen Jahren bereits sowohl Bepp als auch Ernst Hahn identifiziert wurden. Leider haben wir diese Bilder noch nicht im Original ablichten können sondern kennen diese nur als Zeitungsillustrationen. Eine Suche nach den Bildern selber blieb bisher vergeblich.

In den 80er Jahren veröffentlichte Frau Renate Serwuschok den als Eingangstext in diesem Blog genutzten Beitrag - der später im Buch veröffentlicht wurde - von Frau Paula Dittrich und illustrierte diesen Beitrag mit den beiden obigen Gruppenbildern.
Bepp Hahn ist im linken Bild ganz rechts am Rande mit einem Matrosenanzug abgebildet und Ernst Hahn ist im rechten Bild in der mittleren Reihe der Mann mit dem weißen Turban.
Das linke Bild wird noch ein weiteres Mal in der Tageszeitung ge/benutzt und hier erfahren wir mehr darüber, was das für eine Theatertruppe gewesen ist. "Mizzi und Muzzi" hieß das Stück.







Die Zeit der Bedrückung und Verfolgung im Dritten Reich

Ende Januar 1933 begann für viele demokratisch gesinnte Bürger Deutschlands eine lange Zeit, in der - in der Anfangszeit fast wochenweise - Bürgerrechte und Freiheiten eingeschränkt oder gleich ganz kassiert worden. Dies gilt in einem besonderen Maße für die jüdischen Bürger Deutschlands und damit auch Kötztings.
Unabhängig von der grundsätzlichen menschenunwürdigen Situation, die für jüdische Mitbürger schlagartig mit der Kanzlerschaft Adolf Hitlers einsetzte, der es durch seine Skrupellosigkeit schaffte, binnen Wochen aus einer Koalitionsregierung eine Alleinherrschaft seiner Partei zu machen, war es auch noch die Fallhöhe, die die beiden Kötztinger Familien Kirschner und Hahn erleiden mussten, die uns heutzutage sprachlos lässt.
Der schlagartige Rückzug aus allen Funktionen und Ämtern, aus Ansehen und Status bei den Behörden, die Erniedrigungen und Beleidigungen, bis hin zu Vertreibung und Ermordung, die  Julius Kirschner und seine Familie zu erleiden und erdulden hatten, wurden bereits in mehreren Blogbeiträgen thematisiert:
Julius Kirschners Verdienste bei der Entstehung des 1. FC Kötzting und seine Ausbootung.
Das Schicksal der Familie Kirschner.
Was für ein tapferes Mädchen. Bericht über die Flucht nach Palästina der kleinen Susanne Kirschner.

Bei der Familie Hahn verlief das Schicksal ähnlich, auch wenn ich hier - bisher - nur Dokumente und Belege für die Kernfamilie Hahn habe. Es gibt jedoch Hinweise in einem Brief von Salomon Hahn nach Kötzting, in dem zumindest das Verschwinden seiner Schwester Paulina erwähnt ist.

Beim Bericht über die Zustände im Dritten Reich kann ich auf eine bemerkenswerte Schülerarbeit zurückgreifen. Am 1. März 1982 lieferte der Kollegiat des Benedikt-Stattler- Gymnasiums in Kötzting, Anton Rabl, eine bemerkenswerte Facharbeit ab mit dem Titel:
"Der Antisemitismus im Raum Oberpfalz mit Schwerpunkt Kötzting von der Machtergreifung Hitlers bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. "
Anton Rabl nutzte dabei nicht nur die im zugänglichen Quellen im Stadtarchiv, sondern nutzte die Mittel der Feldforschung und mit Menschen zu sprechen, die die beiden Familien Kirschner und Hahn noch persönlich gekannt bzw. bei ihnen sogar gearbeitet hatten.
Natürlich sind solche autobiografischen Berichte manchmal auch von Erinnerungslücken bzw. -fehlern behaftet, jedoch sind sie gleichzeitig ein unverzichtbares Mittel, um die Vergangenheit lebendiger aufzeigen zu können.
Die später hier aufgeführten Gedächtnisprotokolle im Zusammenhang mit den Kötztinger Spruchkammerverfahren sprechen eine andere, grausamere Sprache.
Auszug aus der Facharbeit, die hier in "Ichform" Inhalte und Meinungen aus den Interviews mit Zeitzeugen wiedergibt.

"Man wurde bei einem Einkauf bei diesen Juden keineswegs betrogen oder hätte übertriebene Preise bezahlen müssen: Jedoch verstanden sie es, durch ihre Tüchtigkeit die Kunden auf sich aufmerksam zu machen. Ihre Waren waren nicht zu teuer; zudem ließen die Juden noch mit sich handeln.
Wie mir Rosa Karl versicherte, 
waren sie sogar bereit, ärmeren Leuten einen Teil des Ladenpreises nachzulassen, womit sie sich nicht zuletzt auch die Gunst der hier ansässigen ländlichen Bevölkerung erwarben.

Als durchwegs streng gläubig wurden mir die Kötztinger Juden geschildert. so wurde, wie Maria Fuchs erklärte, gemäß der jüdischen Lehre bei Kirschners niemals Schweinefleisch gegessen.

Aber nicht nur zu Hause in der Familie wurde der Judaismus praktiziert, sondern auch im Umgang mit nicht - jüdischen Mitmenschen. In der Thora ist unter dem Stichwort " Nächstenliebe " zu lesen  " Füge deinen Nächsten nicht zu, was dir selbst zuwider ist. Das ist die ganze Thora .... geh und lerne das"


Während im Völkischen Beobachter in der Zeit über die jüdischen Mitbewohner polemisiert wurde: "Es ist erschütternd zu sehen, wie diese fremde Rasse sich bei uns eingenistet hat und deutschen Volksgenossen Arbeit und Brot wegnimmt, erinnerten sich die Zeitgenossen hier in Kötzting an ganz andere Verhältnisse.  Es lässt sich auch keine Feindesrolle bezüglich religiöser Belange erkennen. Beide Seiten, die katholischen Christen und die Juden, tolerierten und achteten sich gegenseitig. so kam es auch, dass man Josef Hahn, der als guter Musiker geschätzt war, bat, die Orgel der Katholischen Pfarrkirche zu spielen, obgleich er Jude war. 


Hier nun die entscheidenden Tage in denen die deutschen demokratischen Parteien den entscheidenden Fehler begangen, und die NSDAP - wenn auch zunächst nur in einer Koalitionsregierung - an die Schaltstellen der Macht gelassen hatten. Wenige Monate später war das deutsche Rechts- und Freiheitssystem nicht mehr wiederzuerkennen.

Die Schlagzeile vom 29.1.1933:


Die Schlagzeile vom 31.1.1933:


 

 Der Kötztinger Anzeiger konnte seine Leser erst am 2.2.1933 informieren, ein Donnerstag, weil Mittwochs kein Anzeiger erschien.

Schon zwei Tage danach stellte der Reichspräsident von Hindenburg fest, dass sich mit seiner Lösung vom 31.Januar keine arbeitsfähige Regierung hatte bilden lassen, löste daher den Reichstag zum wiederholten Male auf und setzte für den 5. März 1933 Neuwahlen an. 
Nach diesen Wahlen - deren Ergebnis massiv beeinflusst war durch Parteienverbote, Einschüchterungen und Verhaftungen - regierte die NSDAP alleine und setzte diese (Reichs) Mehrheit  dann mit dem Mittel des  Reichsermächtigungsgesetzes auch in den Länderparlamenten durch, bis hinunter in die Kommunalgremien.

 Hier einige der Maßnahmen von Seiten der Hitlerregierung alleine aus dem Jahre 1933, mit denen die Regierung den Druck auf die jüdische Bevölkerung Monat für Monat erhöhte.

 

1933 


 -  28.Februar:  Verordnung zum Schutz von Volk und Staat (Aufhebung der demokratischen Ordnung)
 - 1.April:  Boykott aller jüdischen Geschäfte in Deutschland durch die SA
- 7.April:  Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (Ausschaltung aller nichtarischen Beamten)

- 10.Mai:  Bücherverbrennungsaktion

- 14.Juli:  Gesetz über Widerruf von Einbürgerungen und Aberkennung der deutschen

Staatsbürgerschaft
22.September:  Reichskulturkammergesetz  (Ausschaltung der Juden aus dem Kulturleben)

- 4.Oktober:  Schriftleitergesetz (Ausschaltung der Juden aus der Presse) 


In diesem Stile ging es weiter und weiter und weiter.

Im Jahre 1938 wurde es dann nach einer schier unglaublichen Häufung von Maßnahmen gegen Juden und deren Besitz und Vermögen, das Leben in Deutschland für viele jüdische Mitbürger nicht mehr tragbar - es ist eh ein Wunder, was die Menschen all die langen Jahre des Dritten Reiches hatten aushalten können - und manche Menschen, die es sich halt hatten leisten können - und/oder Angehörige im Ausland hatten -, planten nun konkret ihre Auswanderung.

Um zu zeigen, in welch zeitlich kurzen Abständen sich die Schläge gegen jüdische Mitbürger in Deutschland ereigneten, hier noch eine weitere Zusammenstellung Anton Rabls der  alleine für das Jahr 1938 die folgende umfangreiche  Auflistung an Verschärfungen für jüdische Mitbürger zusammenstellte.

1938

(28.März) Die jüdischen Gemeinden, bisher Körperschaften Öffentlichen Rechts, werden private Vereine

(22. April) Verordnung gegen ' Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe

(26.April) Verordnung über die Anmeldung jüdischen Vermögens: Vorbereitung der Ausschaltung aus der Wirtschaft

(14.Juni) Verordnung über die Registrierung und Kennzeichnung jüdischer Gewerbebetriebe
(15. Juni) 'Asozialen Aktion' : Verhaftung aller vorbestraften' Juden, einschließlich der wegen Verkehrsvergehen u.a. Belangten.
(23.Juli) Einführung der Kennkarte für Juden ab 1.Januar 1939
(25.Juli) Approbationen jüdischer Ärzte erlöschen am 30.September 1938
(17-August) 'Jüdische Vornamen' (Israel bzw. Sara) ab 1.Januar 1939
(27 .September) Jüdische Rechtsanwälte müssen ab 30.November ausscheiden
(5.Oktober) Reisepässe von Juden werden mit •J* gekennzeichnet
(28.Oktober) Vertreibung von 17 000 "staatenlosen' Juden über die Grenze nach Polen

 (9. November) • Reichskristallnacht • (Staatlich organisierter Pogrom gegen die Juden in Deutschland)

(12.Novembar) Göhring - Konferenz beschießt Sühneleistungen der Juden in Höhe von einer Milliarde Reichsmark, Ausschaltung aus dem Wirtschaftsleben und Ausschluss von allen kulturellen Veranstaltungen. Verhaftung von über

26 000 jüdischen Männern

 (15.November) Jüdische Kinder vom allgemeinen Schulbesuch ausgeschlossen

(28. November) Einführung von Wohnbeschränkungen für Juden

(13.Dezember) Verordnung über Zwangsveräußerung  ( Arisierung jüdischer Gewerbebetriebe, Geschäfte usw.)


1939

(17. Januar) Aufhebung des Mieterschutzes für Juden
(30. Januar) Hitler prophezeit vor dem Reichstag für den Fall des Krieges die " Vernichtung der jüdischen Rasse in 
Europa".

(1.September) Deutscher Überfall auf Polen  und damit der Beginn des Zweiten Weltkrieges



Der erste Tiefschlag kam am 1. April 1933, als die Nazis eine Aktion "Kauft nicht bei Juden" starteten.
Von dieser Aktion - Tags zuvor in der Zeitung angekündigt - existiert eine Aufnahme, allerdings nicht oben bei Hahns sondern herunten beim Kirschner-Anwesen.

Als Folge dieser Aktion gegen die jüdischen Ladenbesitzer trat Julius Kirschner von seinen Ämtern beim FC-Kötzting und Simon Hahn von seinem Ehrenamt als Kassier bei der FFW Kötzting zurück.
Dieser Boykottaufruf fand in Kötzting nicht nur bei der Bevölkerung keinen großen Anklang, sondern es wurde schnell klar, dass solch ein Boykott, auf Biegen und Brechen durchgezogen, für die Gesamtwirtschaft großen Schaden verursachen und die Arbeitslosigkeit emporschnellen würde.
Carl Gschaider, ei erklärter Gegner dieser Boykottmaßnahmen ging dann soweit, weil die Parteigrößen vor Ort sich in diese Maßnahmen versteifen wollten, dass er als Vorsitzender des Kötztinger Industrie- und Handelsgremiums folgende "Aufklärung"sanzeige schalten ließ, was ihm von Seiten der lokalen NSDAP mächtigen Ärger einbrachte, ihm aber auch die Möglichkeit eröffnete, aus der Partei wieder auszutreten. Dieses wiederum führte dazu, dass er von vielen Aufträgen für seine holzverarbeitendes Sägewerk ausgeschlossen wurde.
StA Landshut Spruchkammer Kötzting 716

Frau Ida Seiler, die Schwester Julius Kirschners bestätigte im Dezember 1946 ein einem Schreiben für die Spruchkammerverhandlung gegen Carl Gschaider, nicht nur die obige Aufklärungsanzeige sondern auch die Folgen, die dies für ihn hatte. Trotz seiner nur kurzen Mitgliedschaft bei der NSDAP - Sept 33 - Dez. 34 - musste er einem verfahren stellen. 



Ende 1935 wurde es jüdischen Haushalten auch verboten, "arische weibliche Hausangestellte" unter 45 Jahren zu beschäftigen und erneut musste der Magistrat die Haushalte der Hahns und Kirschners durchleuchten.
StA Kötzting 150-5









In der oben bereits angesprochenen Facharbeit Anton Rabls finden sich auch detaillierte Beobachtungen seiner Interviewpartner und Augenzeugen:
Mit dem 5. Januar wurden dann die nächsten Demütigungen angekündigt, ein "J" für Jude in Ausweispapieren und eine verpflichtende Vornamensänderung bzw. ein Vornamenszusatz, der auch in allen Geburts- und Heiratseinträgen nachträglich eingefügt wurde.

Vollzugsmeldung des des Kötztinger Standesamtes vom Januar 1939 über die Namensänderung der in Kötzting gemeldeten jüdischen Bürger.





Der Höhepunkt der Unterdrückung der beiden Familien kam dann im Herbst 1938. Es ging los als im Zusammenhang mit der Besetzung des Sudetengebietes in Kötzting Soldaten zusammengezogen wurden. Aus welchem konstruierten Zusammenhang auch immer, entschied sich die NSDAP dafür, die Geschäfte der Juden an dieses Tagen komplett zu schließen mit fatalen Folgen für die Familie Hahn, weil Paula Hahn nach einem verbalen "Zusammenstoß" mit der lokalen SS ins Gefängnis gesteckt wurde.
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StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 2445







Nun also befand sich  zunächst Paula Hahn in Polizeihaft Gefängnis. Es sollte aber noch viel schlimmer kommen.
Nur kurz, nachdem sich durch die Appeasement-Politik der Westmächte noch einmal ein kriegerischer Konflikt auf Kosten der damaligen Tschechoslowakei hatte vermeiden lassen, konnten die Nationalsozialisten einen Anschlag in Berlin durch einen jüdischen Attentäter auf einen deutschen Gesandtschaftsrat zu großen Schlag gegen die Juden in Deutschland nutzen.
Als erstes trat das Orwell´sche Neusprechwort von der "Schutzhaft" zu Tage. Um die schützenswerten jüdischen Mitbürger vor einem Volkszorn - wegen des Attentats in Paris - in Schutz zu nehmen, wurden die jeweiligen Familienoberhäupter der jüdischen Familien, Kirschner und Hahn verhaftet.
Am 11. November - die in vielen Deutschen Orten Tage vorher verübten Gräueltaten der von den Nazis so genannten Reichskristallnacht blieben in Kötzting aus - wurden die beiden Familienoberhäupter Julius Kirschner und Simon Hahn, mit dem Auto direkt zum Kötztinger Notar Dr. Geh gebracht, wo sie die bereits vorbereiteten Verkaufsurkunden für ihre Anwesen unterzeichnen sollten.
Dort im Amtszimmer des Notars kam es zu dramatischen Szenen, weil beide Hausbesitzer bereits Interessenten für ihre Häuser hatten und mit diesen auch bereits über einen preis handelseinig geworden waren. Die NSDAP wollte jedoch eigene Leute auf die Häuser setzen und lehnte die anderen Käufer kategorisch ab.
Bei diesem Treffen anwesend waren neben den Hausbesitzern und dem Notar auch der lokale Anführer der SS, die beiden von der Partei gewünschten neuen Besitzer und der OGL Schuder.



StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 2445


Dieses perfide Spiel mit den Zwangsverkäufen war aber noch nicht alles. Im Zusammenhang mit dem Attentat in Berlin wurde der Gemeinschaft der deutschen Juden von Göhring eine Sühneleistung von 1 Milliarde Goldmark auferlegt und auch von den Kötztinger Familien Vermögenswerte konfisziert und zum größten Teil auf ein Sperrkonto gelegt.
Nun waren also der Familie Hahn das Haus zwangsverkauft und ihre Vermögenswerte eingefroren worden. 
Sie, die Hahns wollten nun nur noch weg aus Deutschland und versuchten einzeln, das heißt zunächst der Vater Salomon und danach das junge Ehepaar Josef und Paula Hahn, weil deren Papiere noch nicht vollständig gewesen waren,  ihre Ausreise zu organisieren.
Während die Nazis den Eindruck erweckten, als wäre ihnen nichts Lieber, als die jüdische Bevölkerung zu vertreiben, versuchten sie gleichzeitig Alles, um diese Menschen auch noch finanziell zu schröpfen, wo es nur ging.
Ende 1938, für Simon Hahn liegen endlich alle notwendigen Papiere für eine Einreise in die USA vor.
2000 Mark wurden bei einer Hausdurchsuchung bei den Hahns gefunden und konfisziert. Nur in Teilen bekamen die Familienmitglieder nun aus dieser Summe Gelder ausbezahlt, der größere Teilbetrag ihres Vermögens wurde für die oben angesprochene "Sühneleistung" der deutschen Juden verwandt.

StA Kötzting 150-5 der Umgang mit den Juden

 



StA Kötzting 150-5 der Umgang mit den Juden: Abzweigung einer Teilsumme des persönlichen Vermögens Paula Hahns für die Judenvermögensabgabe


Drei Tage später geht auch noch der Rest des Hahn´schen Barvermögens ans Finanzamt unter dem Deckmantel der jüdischen Sühneleistung.


StA Kötzting 150-5 der Umgang mit den Juden
Bevor das damalige Regime jemanden aus seinen Fängen entlassen wollte, kam zuerst eine "Sicherheitsabfrage" an die beteiligten untergeordneten Stellen.
Der Markt Kötzting meldete Vollzug.



StA Kötzting 150-5 der Umgang mit den Juden


Es wird Frühjahr 1939... und Simon Hahn ist immer noch in Deutschaland.
Es wird August 1939, der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit dem Überfall auf Polen steht kurz bevor und Simon Hahn wird im Zusammenhang mit einer Zwangsversteigerungsmaßnahme in Mitterfels mit einer Münchener Anschrift angegeben.

Beim Tage der Anfrage aus Mitterfels jedoch war Simon Hahn bereits auf dem Schiff und auf Hoher See und das Dritte Reich war für den Juden Salomon Simon Hahn endlich Vergangenheit.

Leider bricht der Zweite Weltkrieg am 1.9.1939 aus, während sein Schiff sich auf hoher See befindet und die USA machen zunächst ihre Häfen für deutsche Schiffe dicht, so dass Simon Hahn zunächst in Curacao Zwischenlandung machen muss.


Die Ankunft in den USA:



Am 25.10.1939 kam Simon Hahn an Bord des Dampfers SS Santa Rosa im New Yorker Hafen in den USA an.



In der "Declaration of Intention", dem Antrag für eine Einbürgerung in die USA, steht, dass er mit dem Schiff den Weg über Curaco hatte nehmen müssen. Vermutlich/möglicherweise  gab es schon keine direkten Schiffsverbindungen für Passagiere mehr zwischen Deutschland und den USA.
Bei seinen Angaben über seine Kinder heißt es, dass der Sohn Josef zu diesem Zeitpunkt noch in München lebe.
In einem späteren - sehr herzlichen Brief - an frühere Kötztinger Freunde berichtet er von Details seiner Auswanderung.


Lieber Freund Herr Dietrich
Was mein Sohn Joseph Ihnen bereits mitgeteilt, der Freuden und Leiden, schließe auch ich mich an, es hat ziemlich ein jeder zu kämpfen gehabt. Ich verließ am 4. VIII. München und kam hier am 7.XI. 39 an. Unser Schiff hat sich auf einer neutralen Insel Holändisch Curasau geflüchtet, da waren wir längere Zeit im Meer gestanden, bis ich ....

StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 418 
.... fertig gebracht habe ohne Geld mit einem amerikanischen Schiff in 6 Tagen nach New York zu kommen.
Da aber inzwischen mein Visum abgelaufen war, kam ich auf die Insel Elis Ailand, da mußte ich wieder neue Genehmigung von der Regierung bekommen, um nach Los Angeles zu kommen.
Wann Sie wieder schreiben bitte um Mitteilung über die 3 Brüder Oexler, Krämer Vater und Sohn, Bäcker Gruber, Ludwig Waldman V. und Sohn. Holzer, der am Bezirksamt war, Lebzelter Liebl, Schuder Lehrer, Tauber Bezirksamt. Braun bei den Nazis in Cham, Höll, Schuster Sohn und Tochter, Meidinger, Henneberger, Pfeffer (Achtl), Weinzierl Post, Here, Barth, Metzger, Gscheider, Rechtsanwalt Zimmerer, im Voraus besten Dank
Hoffentlich kommen jetzt bessere Zeiten in dieser Erwartung grüße Sie innigst  Simon Hahn

Zum Zeitpunkt, als Simon Hahn endlich in den USA sich in Sicherheit befunden hatte und bei seinem Sohn Ernst und dessen erster Frau in Los Angeles untergekommen war, befanden sich sein Sohn Josef und dessen Frau Paula noch in höchster Gefahr in München. Josef schreibt, er wäre sogar in Stadelheim eingesperrt gewesen.
Von beiden gibt es ähnliche Aktennotizen wie beim Vater und Schwiegervater.
Sicherheitshalber ließ sich Josef Hahn bereits im >Dezember 1938 eine Führungszeugnis ausstellen, bei dem noch kein Verwendungszweck angegeben wurde.



Ausgabeanweisung über 100 Mark an Paula Hahn vom Mai 1939, als eine kleine Rückerstattung aus der Summe der eingefrorenen Gelder.


Paula Sara Hahn - braucht Unbedenklichkeitsbescheinigungen aus Kötzting.


Dann konnten auch die beiden, als letzte Familienmitglieder der Hahns Deutschland verlassen. 
War es für den Vater schon ein kleiner Umweg und eine kleine zeitliche Verzögerung gewesen, um über Curacao dann doch den Weg in die USA zu bekommen, hatten es die Jungen schon viel schwerer, da für sie der Weg in die USA zunächst auf lange Zeit versperrt war.
Ihre Flucht führte sie nach Caracas in Venezuela, wo sie bis ins Jahr 1944 ausharren mussten, bis es den Familienmitgliedern in den USA gelang, auch ihre Einreise zu erwirken.
Den letzten Akt bis nach Miami, Fl legten die beiden offensichtlich mit dem Flugzeug zurück:

In der rechten Spalte die beiden oberen Einträge: Paula und Josef Hahn, kommend aus Venezuela.
Hier das Einreiseformular des Flughafens Miami.



Hier die Bürgschaft seines Bruders Ernst und der Schwägerin Cecilia Hahn.
Beigefügt ist der Ausdruck eines Eides über eine Treuepflicht gegenüber den USA und dem Fehlen jeglicher Verpflichtungen ausländischer Mächte und Staaten gegenüber, den Joseph Hahn zu leisten hatte, als er endlich in den USA angekommen war.

Endgültig angekommen war Josef Hahn dann in Miami, Florida am 19.10.1944. 

Auch von ihm gibt es in dem Briefwechsel eine Schilderung, wie die Auswanderung des Paares abgelaufen war.




"Wir haben im Januar 1940.....
StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 418 
... Deutschland verlassen, nachdem ich noch 8 Wochen eingesperrt war im berühmten Gefängnis Stadelheim b. München. Wir waren 25 Stunden auf hoher See, brach auf unserem Schiff Feuer aus, unser ganzes Hab und Gut ist verbrannt. Wir konnten nur unser nacktes Leben retten. Wir waren 4 Jahre in Venezuela (Süd Amerika). Seit 1 1/2 Jahren sind wir in Los-Angeles es geht uns sowohl gesundheitlich, als auch geschäftlich sehr gut. Ich bin in einer großen Herrenkleiderfabrik als Schneider tätig und bin in der kurzen Zeit sehr vorwärts gekommen, so daß (ich) heute einen verantwortungsvollen und gut bezahlten Posten inne habe. Meine Frau, welche auch in einem großen betrieb arbeitet, spricht schon sehr gut englisch als auch spanisch. Mein Vater, welcher 78 Jahre alt ist, hat sich in den Jahren schon so viel Englisch angeeignet, so daß er unser guter Lebensmitteleinkäufer ist. Mein Bruder ist seit drei Jahren mit einer Amerikanerin verheiratet und geht es auch sehr gut.
Trotzdem wir an nichts zu klagen haben, können wir auch nicht ganz froh werden, denn es wurden auch 3 Brüder meiner Frau mit Familie von den Naziverbrechern ermordet. Das heißt von einer Familie konnte sich ein Junge mit 16 Jahren retten. Selber wird in einigen Wochen in dieses herrliche Land reisen können. Im Juli hatte ich meine Ferien. Ich machte mit meiner Frau eine kleine Seereise auf eine Insel im Pacifischen Ozean. Bei dieser Gelegenheit wurden auch wieder die schönen Jugendtage in uns Wachgerufen, welche wir mit dir gemeinsam verlebten. Ich wollte ich könnte dich herüberbringen."


 
StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 418 


"Freund Pepp  (geschrieben an Herrn Josef Dietrich)

Unsere Gedanken sind bei dir und bei all unseren Freundinnen und Freunden, welche uns in diesen schweren Jahren treu zur Seite standen und uns als Menschen geschätzt haben. Ich bitte dich jeden einzelnen von mir herzlich zu grüßen. Ich habe die feste Hoffnung, daß der Zeitpunkt kommen wird, wo wir uns wieder persönlich sprechen können. Und nun zum Schluß mein lieber Freund rufe ich dir aus weiter Ferne zu: Halte deinen Kopf hoch und verliere nicht den Mut. Zur Erleichterung Deines Schicksals wird von meiner Seite aus geschehen, was in meinen Kräften steht. Nehme für heute die besten Wünsche und herzlichsten Grüße entgegen von deinem treuen Freund Hahn Pepp aus Amerika"

Josef Hahn beließ es aber nicht bei seinen Aussagen in dem persönlichen Brief, sondern ging in den Vereinigten Staaten zu einem Notar und ließ ein Statement zugunsten seines Freundes Josef Dietrich beurkunden.
StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 418 

StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 418 

Dann bleibt am Ende noch Ernst Hahn, der für seine Familie zum sicheren Hafen geworden war.
Auch er musste die Absichtserklärung für eine Einbürgerung ausfüllen:

In der obigen Deklaration ist seine Ehe mit Jeanne angeführt. Die beiden hatten a, 7.3.1931 in Los Angeles geheiratet.
Offensichtlich wurde Ernst von Jeanne dann geschieden, denn bei der Einreise seines Bruders im Jahre 1944 heißt seine Frau Cecilia.

Im Mai 1957 brachen Paula Hahn und ihre Schwägerin Caecilia zu einer Europareise auf, die sie auch nach Kötzting führte, 16 Jahre nach Paula Zwangsauswanderung.
Im Hotel zur Post wurden die beiden von Frau Serwuschok interviewt und fotografiert. 

 
8 Jahre später, ebenfalls Anfang Mai, im Jahre 1965 war es dann Ernst Hahn selber, der zusammen mit seiner Frau Caecilia seinen Geburtsort aufsuchte und auch er stieg im Hotel zur Post ab und auch er wurde dort von Frau Renate Serwuschok interviewt.
Kötztinger Umschau 6.5.1965


Was bleibt für den Chronisten noch übrig.....die Hoffnung - ähnlich wie bei den Kirschners - noch überlebende Angehörige zu finden, die möglicherweise uns Nachgeborenen weitere Informationen geben und vielleicht sogar Bilder der Familie Hahn beisteuern könnte. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Wie gings nun aber weiter mit dem zwangsverkauften Anwesen.

Schon bald nach dem Krieg wurde versucht, zumindest die materiellen Schäden, die das Naziregime angerichtet hatte, aufzuarbeiten und zu entschädigen.
Salomon Simon Hahn, schon sehr hochbetagt, schrieb ein Protokoll seiner Erinnerung über den Ablauf des Zwangsverkaufes an die amerikanische Militärregierung.


In der Einleitung schreibt Simon Hahn, dass er im Zusammenhang mit seinem Anspruch, den finanziellen Verlust durch den Zwangsverkauf ersetzt zu bekommen, folgende Ereignisse noch zu Protokoll geben möchte.
Hermann Seiler, der Gewährsmann der Angelegenheiten der Familie Kirschner, wurde offensichtlich auch von den Hahns engagiert, um ihre Angelegenheiten zu vertreten.
Ende August 1946 lag Herrn Seiler ein Angebot der Konsum-Genossenschaft-Kötzting vor, das Haus zu erwerben und traf auf den erbitterten Widerstand des Kötztinger Bürgermeisters, der für die Kötztinger Geschäftswelt große Nachteile erwartete. 
Weiter schrieb er:

Aus der Verkaufsstelle der Konsum-Gesellschaft_ Kötzting wurde zunächst nichts, bis diese wenige Jahre später am Marktplatz unter dem Namen "KONSUM" dann von der Familie Georg Pongratz eröffnet wurde.
Das Haus Hahn wurde in den 70er Jahren dann grundlegend erneuert bzw. regelrecht entkernt und wurde nach einem Möbelhaus dann schlussendlich der Laden und die Werkstatt von Josef Vogel Elektro.