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Freitag, 25. Juni 2021

Kötztinger Häuserchronik - beim Kasparofsky

 Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.
Die bereits veröffentlichten Beiträge der Kötztinger Häuserchronik können im "Inhaltverzeichnis" unter der Rubrik Häuserchronik nachgesehen werden.


alte Hausnummer 23 beim Hafner

Ausschnitt aus Bayernatlas. de: Die Uraufnahme Kötztings von 1831 
Erst kurz vor 1650 wurden die späteren Anwesen mit den Nummer 23 und 24 getrennt.


Einschubanfang:
Während wir Kinder vom oberen Markt unseren Hauptspielplatz - eine stark bewaldete und steil abfallende Hohlgasse - die "Wurmhöhe" (hier mit "A" bezeichnet) nannten, mussten wir leider zur Kenntnis nehmen - jetzt als Erwachsene -, dass die original Wurmhöhe ganz woanders lag (hier mit "B" bezeichnet)  und wir Kinder immer im "Hafnersteig" gespielt hatten. 
Die richtige Wurmhöhe ist der kleine und ebenfalls steile, von Treppenbereichen unterbrochene, Weg vom "Wieser Girgl"  (Hanr 35) hinunter zum Kommunbräuhaus bzw. zur Bärwurzerei Liebl.
Der Namensgeber der echten Wurmhöhe war nicht der sich leicht schlängelnde Weg unseres Spielplatzes, sondern ein historischer Hausbesitzer namens "Wurmb" auf dem Haus  mit der historischen Hausnummer 36, heutzutage der "Denkscherz"
Der Name Hafnersteig ergibt sich aus dem Beruf der Besitzer des Anwesens mit der Nummer 23, es war ein Ofensetzer und Hafner, mit seinem Brennofen.
Einschubende

Das Haus des Prustkhern

Im Jahre 1651 war der Name des vorherigen Besitzers noch Allgemeinwissen, denn in seiner, leider nur fragmentarisch gebliebenen Grundbeschreibung Kötztings aus diesem Jahre sieht man folgenden Eintrag:


23
Khözting
"Gemainer Markht Khözting hat des Prustkherns Behausung, daraus mann die Fleischpenkckhen, darzue ain Stuben, und Camern auch ain Stall gemacht worden, ist ain Egghaus gegen des Leonhardzen Mezen und Oßwalden Parellers Heusern yber. Darzue gehört ain halbs Markhtlehen, mit Nachvolgenten Grundt und Podten.
Erstlichen ain Agger"
Wie einleitend bereits vermerkt, hat der damalige Propstrichter Adam Türrigl seine Häuserliste nur in Teilen abgeschlossen. Bei diesem Anwesen beendete er seine Auflistung der, dem Hause zuzuordnenden, Grundstücke bereits mit der Überschrift.
Schaut man sich den kurzen Text aber genauer an, so hatte der Markt sich wohl das Anwesen (möglicherweise eine Brandstatt noch als Folge des 30jährigen Krieges)  eines Mannes namens Prustkhern gesichert und in eine - für die Metzger Kötztings verpflichtende - Fleischbank umgebaut. Dieses Schlachthaus mit angeschlossenen Verkaufsstellen wurde an die Kötztinger Metzger verpachtet und stellte in der Folge eine regelmäßige Einnahmequelle für den Markt dar.
Die Geschichte der Kötztinger Fleischbank war eines der ersten Blogeinträge der "Kötztinger Geschichte(n)", wird aber nach Abschluss dieses Beitrags der Kötztinger Häuserchronik eine umfassende Neuauflage erfahren, weil in den 8 Jahren, die seit der Erstveröffentlichung vergangen sind, sich einige neue Aspekte der Fleischbank ergeben haben.

Noch also - 1651 -  sind die späteren Anwesen mit den Nummern 23 und 24 eine Einheit unter dem Dache der märktischen Fleischbank.

Die Kötztinger Markt und Gerichtsschreiber - was eigentlich auch eine vernünftige Methode darstellt - schrieben die jeweiligen Fortschreibungen von Bürger- und Steuerlisten immer auf der Basis von vorliegenden älteren Exemplaren. Zusätzlich, und auch das machte Sinn, wurden die Häuser und deren Besitzer auch nicht  einfach kunterbunt durcheinander aufgelistet, sondern die Aneinanderreihung der Häuser in der Liste stimmte mit derselben in den Straßenzügen überein. Dies hatte damals den Vorteil, dass niemand vergessen wurde und es die Buchführung erleichterte und für uns den Vorteil, Hausbesitzer erkennen zu können, aus Zeiten, aus denen wir keine Verkaufsurkunden überliefert bekommen haben. 

Aus diesem Grunde gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir einige Vorbesitzer des Hauses - allerdings nur aufgrund ihrer Stellung in einer Steuerliste - tatsächlich zumindest namentlich benennen können.
1462 könnte es ein Ullrich Girster gewesen   sein.     (HaSta München KL Rott 111)
1584 dann ein Heimeram Weiß  (HaSta München KL Rott 12)
1610 steht ein Adam Vischer mit einer Summe, die auf ein halbes Marktlehen hinweist, an dieser Stelle in der Liste. ((HaSta München KL Rott 113)
In einer Liste von 1620 (mit dem Zusatz: dem Probskhern abgekauft) und 1638 (mit dem Zusatz: von des Prusskherns Behausung) heißt der nachgewiesene Besitzer dann Hans Raab der Jünger.  

Hans Raab der Jüngere



Mit Hans Raab haben wir nun - wegen des Hinweises auf den Vorbesitzer Prustkhern- die Sicherheit, dass wir bei der Suche nach den Hausbesitzern richtig liegen. 
Von Hans Raab d.J. gibt es bereits einige Belege in verschiedenen Dokumenten. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts  trat er vor allem mehrere Male als Bürge bei Grundschuldeintragungen (hier Schuldverschreibungen)  bei der Pfarrkirche Kötztings und beim Spital auf. 
Da es natürlicherweise damit zeitgleich auch einen Hans Raab den Älteren (vermutlich auf Haus Nummer 131) geben musste, können viele Archiveinträge, die ohne Namenszusatz d.J. oder d.Ä. vorkommen, nicht eindeutig einem der beiden zugeordnet werden.
Im Status animarum, der Seelenbeschreibung der Pfarrei Kötzting, die den Anfang der Kötztinger Pfarrmatrikel einläutet, findet sich ein Familienbogen eines Hans Raab, der in der Liste genau nach der Familie des Oswald Parella folgt. Von Oswald Parella wissen wir, dass er das Nachbarhaus (spätere Bäckerei Graßl) besessen hat.



Die Raabkinder Maria, Barbara, erneut Barbara und Anna finden sich alle in den
Kötztinger Geburtsmatrikeln in den Jahren nach 1652.
Pfarrarchiv Kötzting Matrikel Band 1 Seite 23
Anders als die Häuserliste des Adam Türrigl, die nur die HausBESITZER auflistet, geht es im Status animarum um alle Menschen, welche nach den Verheerungen des 30jährigen Krieges in Kötzting noch bzw. wieder lebten. 
Berücksichtig man die Aussage in der Türriglschen Hauserliste von 1651 als korrekt, so kann die Familie des Hans Raab - neben dem Parellaanwesen - dann nur noch als Inwohner, praktisch in Miete, gewohnt haben.
Einen weiteren Hinweis gibt es noch, dass das Anwesen zuvor in besitz des Raab gewesen war. Im Jahre 1672 verstarb - hochverschuldet - der Kötztinger Marktschreiber und gleichzeitig Probstrichter für das Kloster Rott und Verwalter der Hofmark Miltach Wolfgang Scharrer. Sein Besitz wurde für insolvent erklärt und in der Auflistung seiner Vermögenswerte wird auch ein Garten erwähnt.
Hauptstaatsarchiv München Landshuter Abgabe Rep 92 Verz 8 Fasc 67-208 Inventarium und Erbverteilung Scharrer Wolf 1672

..."wider ain von den Rabischen erhandelter Gartten hinder der Fleischpanckh zwischen denen dahin gehenten Wegen"

Auf dem einleitenden Lageplan sieht man gut den umfangreichen Garten, der übrigens später, viel später einmal für einen Erwerbsgemüsebau dienten konnte




Simon Steinbeck und Katharina

Wie einleitend bereits beschrieben - und im Lageplan farbig herausgehoben - gehörten die späteren Hausnummern 23 und 24 zu einem Anwesen, im Besitz des Marktes als Fleischbank, und dies blieb zunächst auch so. Im Jahre 1669 kam es dann zur Auftrennung. Der Markt verkaufte die "Behausung bei den Fleischbänken" an den Brunnmeister Simon Steinbeck. Simon Steinbeck wird bei den Geburten seiner Kinder als "Wassermann" bezeichnet.
Er ist also für die Kötztinger - hölzerne - Wasserversorgung zuständig und hatte vermutlich eine Ausbildung als Zimmermann hinter sich.
StA Bad Kötzting Spitalrechnung von 1680
"Simon Stainpeckh, Burger und Prunnmaister alhir hat bei der von Vamerer und Rhat erkhaufften Behausung bei den Fleischpenckhen angewißenermaßen an statt ermelt Cammerer und Rhat, die Adam Riedischen 100 fl ybernommen,a uch solche Vermög verhandtner Schuld Verschreibung datiert dem 10. Juli anno 1669 auf angezogne Behausung versichert."
In den Kötztinger Marktrechnungen von 1669 heißt es genauer, er habe zuerst die Fleischbänke "gestiftet und nun aber gekauft"
 
HaStA München Landshuterabgabe Kl Rott B2 von 1672

Hier können wir erneut die Genauigkeit der damaligen Schreiber ausnutzen, um immer wieder die Sicherheit zu bekommen, dass die Zuordnungen von Personen zu Häusern korrekt sind. Leonhardt Mez war der Metzger mit dem 3/4 Lehen auf der 22, unser Simon Steinbeck - damals noch als halbes Marktlehen - auf der 23 und die Familie Pareller auf der 25. Die, in der Realität, dazwischenliegende Fleischbank zahlte keine Abgaben an das Kloster Rott und wurde daher in der Liste übersprungen.


Mit dem Brunnenmeister, Wassermann und Zimmermann Simon Steinbeck haben wir nun einen Handwerker, dessen Rechnungseinträge in den Marktrechnungen uns viele kleine Details liefern, wie  es in "Altkötzting" denn so ausgesehen hatte.
Im den ersten Jahren waren es vor allem Reparaturen im Kötztinger Spital, die überliefert sind. 1671 zum Beispiel mussten gleich 3 Schweineställe erneuert werden. Auch als Muldenhauer war er wohl tätig, da er zusammen mit Kaspar Staudacher 1 1/2 Gulden erhält, um einen neuen Barren auszuhauen.
(StA Kötzting Spitalrechnungen von 1671 und 1676)


1673 bekam er vom Markt 30 Kreuzer an Lohn ausbezahlt, dafür dass er "etliche zum weissen Preuhaus bedierfftig geweste Rehren Holz im Weissenregener Gehilz abgeschlagen und hierher bringen helfen"
In der Pfleggerichtsrechnung des Jahres 1676 taucht er sogar zweimal auf:
StA Landshut Rentkastanamt Straubing Pfgchtsrechnung von 1676

"No: 36 Simon Stainpeckh Zimmermaister zu Khözting, von Aufsezung des Pachofenzimmers 6 taglohn bezahlt zu 18 krt: inhalt Scheins  1 Gulden 48 Krt:"
Das Kötztinger Hochgericht - sprich der Galgen für die Hinrichtungen - war wohl nicht mehr standfest genug und es musste ein neuer errichtet werden.
"Demnach daß Hochgericht der Orthen ganz paufellig un dergestalten beschaffen gewest, daß die notturfft erfordert, zu hinrichtung des obgemelten Wolfen Küeffels, Inmanns von Anstorff, ein anders neues machen zelassen, alß ist von Aufrichtung solchen Hochgerichts, Simon "



"Steinpeckh Zimmermaister zu Khözting, und seinen Knechten, yber Haupt gleich wie es vor diesen auch beschechen, lauth Scheins bezahlt worden 4 fl 30 krt

No: 39 Umb 4 paar Strenng zur Erhebung des Hochgerichts inhalt des zetls guetgethan  24 krt:"

Einschub
Der oben angesprochene Todeskandidat, Wolf Kiefl aus Ansdorf, wurde wegen Diebstahls und wegen "spillen und liederlichen Leben" verhaftet und ins Kötztinger Amtshaus eingeliefert.
Und nun kam die Gerichtsmaschinerie ins Rollen:
1. Gütliche Befragung
2. Bericht nach Straubing.
3. Rückmeldung und Befehl, Kiefl erneut zu befragen, aber diesesmal "in loco torturae", also in der Folterkammer. Nach "1. oder 2. malligen lähren Aufziehen" rückte Kiefl mit neuen Namen und Orten heraus, was nun wieder Boten und Schriftverkehr nach sich zog. 
4. Auch die neuen Beschuldigten wurden verhaftet und ins Kötztinger Amtshaus verschafft und zunächst einmal "gütlich" befragt.
5. Auf Befehl aus Straubing wurden die Angeklagten mit den jeweiligen Aussagen der anderen Betroffenen konfrontiert.
6. Durch diese "Konfrontation" stellte sich heraus, dass Kiefl gelogen hatte und die anderen Verhafteten wurden wieder auf Freien Fuß gesetzt.
7. Straubing sprach nun das Urteil aus, welches lautete: "dass selbiger mit dem Strang vom Leben zum Todt hingericht werden solle".
8. Dem Straubinger "Nachrichter" Georg Schönsteiner ist von Exequierung des Urtls, von Hinrichtung gedachten Khüeffels mit dem Strang, auch in Zöhrung, und anderem vermög der Zetl bezahlt worden 
11 fl 56 Kreuzer."
Knapp 2000 Euro umgerechnet erhielt der Scharfrichter also für seine Leistungen inkl. der An- und Abreise. 
Einschubende

Im Jahr drauf bekam er 1 Gulden für das "Preter pohren und in die Thuer einpassen" im Brauhaus in die "praune Thuer". Die "braune" Tür sollte der Zugang zur Braunbierbrauerei sein, im Gegensatz zur Weißbierbrauerei - siehe oben.
Im Jahre 1680 waren es schon wieder Arbeiten im Kommunbrauhaus, für die er bezahlt wurde. Seine Leistung bestand darin, dass er "zur Tuer ins Preuhaus 36 Proetter gepohrt" hatte.  Ich denke, dass es hier sich nicht um eine Tür, sondern um die MalzDÖRRE handelte, für die er eine Vielzahl von Löchern zu bohren hatte. Ich bin mir hier auch deshalb sicher, weil es im Jahre 1682  dann hieß, dass er für die Maltdörre "39 Thoerrproetter" zu bohren hatte und dafür dann 1 1/2 Gulden erhielt.
Im selben Jahr  erhielt er  - zusammen mit seinen Gesellen -  10 1/2 Gulden für Arbeiten an den Kötztinger Brunnen und Rohrleitungen. Neben den reinen Lohnkosten umfasste seine Leistung "auch beduerftige Saagploecher und Jexen und Aufporung der Wasserrehren, Hergebung der Pixen und ander Zimmermannsarbeit".
Weitere 24 Gulden erhielt er im selben Jahr für das Abbrechen und die Neuerbauung eines neuen Brunnens im Markt. 
Für die "Aufzimmerung" des Brunnens "vor dem Tor" erhielt er weitere fast 3 Gulden. Dieser Brunnen
Dieser Brunnen - vor dem Tor - dürfte sich außen an der Friedhofmauer befunden haben. 

Einschub
1683 steht in den Marktrechnungen ein Betrag von 22 Kreuzern, weil für die Arbeiten, die Simon Steinbeck für den Markt zu verrichten hatte, eine neue Schaufel nötig geworden war. Dies ist deshalb interessant, weil weiter oben bereits sein Tageslohn mit 18 Kreuzern angegeben ist. Eine Schaufel kostete damals also weit mehr als einen Tageslohn eines Zimmermannsmeisters.
Einschubende


Es geht weiter mit den Reparaturarbeiten an der hölzernen Kötztinger Wasserversorgung: "Wegen der in dem Markht abgebrochenen zwei alten und hingegen aufgerichten zwei neuen Prun und Wasserkhoern bei dem Rathaus und inmitten des Markhts" erhielt Simon Steinbeck 1683 weitere 24 1/2 Gulden ausbezahlt. Noch einmal 14 Gulden gab es "zur Herintherung des benoetigten Prun und Speisswassers von Porung 5 Schilling Rehrn dann Hergebung der benoethigten Pixen und ander Wasserarbeith
Er war also dafür zuständig, dass genügend Brauch und Trinkwasser in den Markt herein kam, und musste dafür auch die notwendigen Holzrohre bohren.

Einschub
Ein Schilling ist hier ein reines Zählmaß. 1 Schilling bedeutet 30 Stück. 5 Schilling Rohre sind also 150 hölzerne Rohre, die er zu bohren und mit den "Pixen" dann auch zu verbinden hatte.
Einschubende


Simon Steinbeck findet sich aber nicht nur als Handwerker, sondern auch als Angeklagter wieder. Jedenfalls steht er in den Kötztinger Marktrechnungen im Jahre mit seiner saftigen Strafe von 1 Pfund Regensburger Pfennigen (grob 200 Euro), weil er "die Hofkhuefferin Phillippen Perrns Eheweib nach Ausweis des Ratsprotokolls im Prechhaus tituliert, mit einem Peil ueberloffen und vor Rath noch dazu geschmacht" hatte. Simon war der armen Frau Hofküffnerin mit einem Beil nachgelaufen und hatte sie dann auch noch vor dem Magistratsrat - bei der Verhandlung  - beleidigt.

Einschub
Das märktische Brechhaus lag an der Einmündung der heutigen Ziegelgasse in die Jahnstraße und diente zum Flachsdörren und -brechen. Vor allem das Dörren war innerhalb des Marktes wegen der damit verbundenen Feuersgefahr bei Strafe verboten.
Im Kommunbrauhaus wurde auch Weißbier gebraut und dieses geschah für und auf Rechnung des Kurfürsten. (im Gegensatz zum billigeren Braunbier) Das lange, in den Hang hineinführende Gebäude der Bärwurzerei Liebl war früher einmal der Weißbierkeller des Kommunbrauhauses und wurde später versteigert an einen Herrn Kollmaier >>>> Kollmaierkeller)
Wer also Bottiche und Fässer für den  kurfürstlichen "Hof" - auch wenn er dies für das Brauhaus tat -  herstellte, war damit eben ein Hofküffner
Einschub Ende

Der Markt Kötzting hatte selber einige Häuser in Besitz, für deren Erhaltung er aufkommen musste. Daher finden wir manche Arbeiten in den Rechnungsbüchern:
Im Jahre 1684 bekommen der Zimmermeister Steinbeck und seine Gesellen fast 17 Gulden dafür, dass sie "in dem Hiethaus neben nachgemelten Paufelligkeiten die Stuben aufgeschrauft, den Prunnen derselben von neuem ausgezimmert . Bei dem Waerzlhof ebenmessig einen alten Stall aufgeschrauft und die rdo Schweinestell und Zimmer gemacht auch anhero mehrer Stickarbeit daselben verricht dann
unterschiedlich Irxen, Rehren und Zimmerpaumb gesaeumbt und auflegen helfen"

Einschub
Zuerst ist die Rede vom Hirthaus. Diese eher schäbige Hütte als ein Haus lag an der heutigen Hauser Straße, außerhalb der Marktbefestigung, und bekam sein Wasser vermutlich vom sogenannten "Linkenseiken Brunnen", siehe Häuserchronik "alte Hausnummer 11 beim Kronfelder"
Der Watzlhof, heutzutage eine Hangsiedlung hinter Grafenwiesen - von Kötzting aus gesehen - gehörte, solange wir schriftliche Aufzeichnungen haben, dem Markt Kötzting und wurde gegen eine ansehnliche Jahresmiete verpachtet. Im Watzlhof waren also umfangreiche Reparaturarbeiten nötig und dafür wurden auch entsprechende Holzmengen benötigt. Auch das Watzlholz gehörte dem Markt. Unter den Irxen versteht man Bauholz, Konstruktionsholz.
Einschubende


Ein weiteres "Gebäude" im Besitz des Marktes Kötzting ist das Chamauer Tor. Ein Markttor mit angeschlossener Wohnung und dem Pfändtstall. Dieser Unterstand für die gepfändeten Tiere erhielt im Jahre 1684 eine neue Türe, ebenso der Ecklshof. . 

Einschub
In dem Kötztinger Hirthaus - siehe oben - wohnte der vom Markt angestellte Viehhirte, der die Kötztinger Großvieheinheiten in einer Herde austrieb. Den Viehhaltern war es bei strenger Strafe verboten ihre Tiere - auch nicht auf den eigenen Grundstücken - einzeln und alleine grasen zu lassen. Dies zu überwachen war die Aufgabe des Flurwächters. (meistens einer der Torwärter). Wurden Missetäter ertappt, wurden die Tiere bis zur Bezahlung der Strafe im Pfänderstall am oberen Tor festgehalten.
Einschubende

Genau dieses Alleinehüten wurde Simon Steinbeck noch im selben Jahre zum Verhängnis. ! Pfund Regensburger Pfennige kostete ihn dieses Vergehen, der Lohn für mehr als 4 Tage Arbeit.
StA Kötzting Marktrechnung 1685
Verbottenes Allainhietten Straff 1 Pfund Pfennig 


Ebenfalls im Jahre 1684 erhielt der Watzlhof einen neuen "Vischgraent" (Fischbehälter) und auch der Brunnen vor dem oberen Tor brauchte erneut eine Instandsetzung. Im selben Jahre musste er 7 Schilling (=210 Stück) Wasserrohre bohren und 8 Schilling(240 Stück) "Pixen", also Verbindungsstücke, Buchsen,  waren auszutauschen. Die Bretter auf der Malzdörre waren offensichtlich ein Verbrauchsmaterial, weil er im Jahre 1684 erneut 46 Bretter zu bohren hatte. 

Im Jahre 1685 wird er bereits als "gewester Markt- und Prunnenmeister" bezeichnet, auch wenn das Rechnungsbuch desselben Jahres noch voll ist mit diversen Abrechnungen seiner Leistungen. 
Im Watzlhof war es erneut ein Wassergrand und der Rechenstock (vermutlich eine Vorrichtung zur "Filterung" des ablaufenden Wassers, um eine Verstopfung der Röhren zu verhindern, da ja der Überlauf des Wassergrands direkt den Vorlauf für den nächsten Brunnen darstellte). Weiters erhielt der Watzlhof neue Türen im Vieh- und Schweinestall und auch dort mussten die Tränkebecken und die dazugehörigen Rechenstöcke erneuert werden.

Im Jahre 1688 führt ihn das Spital Kötzting als Schuldner auf und vermerkt, dass sein Schwiegersohn Andreas Schreiner später das Haus bei den Fleischbänken - und die 100 Gulden Grundschuld beim Spital-  übernommen habe.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1690
Hier ist der Besitzübergang von Simon Steinbeck auf den Schwiegersohn Andreas Schreiner
dokumentiert. Sogar der Markt als der Vor-Vorbesitzer und Ursprung des geliehenen Kapitals, 
ist weiterhin mitprotokolliert. Diese Akribie ist ein Segen für die Erstellung der Häuserchroniken, weil
es für die Zeit vor der Überlieferung der Verkaufsbriefe immer wieder Sicherheit gibt, das richtige Haus mit den richtigen Besitzern verknüpft zu haben.
Simon Steinbeck, der Zimmermeister, wird aber weiterhin gebraucht. Bis zu seinem Tode, am 29.7.1704 findet er sich weiterhin mit diversen Arbeiten im Kötztinger Rechnungsbuch.
Im Jahre 1694 sind wieder einmal größere Reparaturen an den Marktbrunnen fällig und der Eintrag zeigt, wie die einzelnen Zulieferungen abliefen. Um "die Pfoschen und Proeder zusaemben und anzurichten ist Andern Mueller und Simon Stainpoeckh, beede Zimmermeister, ab 2 Taeg damit zethun
gehabt, den hierzu gebrauchten Handtlanger Hanns Walter 2 Taglohn 30 kr, Yber die eingestifft Ploecher hat Waeltzbauer noch dergleichen 20 zum Regenfluss angefuerht  darum man ihme verdingtermassen zahlt . Zwai Treibern welche 30 Pfoschen im Regenfluss auf die Engelmuehl
getrieben zahlt 3o kr"
Der Text lässt sich leichter vom Ende her erklären: der Stifter des Watzlhofes lieferte 20 Baumstämme aus dem Watzlholz hinab an den Regen, wo zwei Treiber diese Blöcher bis zur Englmühle trieben.
Das dort geschnittene Baumaterial wurde dann von den Zimmermännern und ihren Helfern zugerichtet und gesäumt.
1694 war er im Nachbargebäude tätig: "die Schlachtgäng" mussten erneuert werden. Es sieht also so aus, als wäre der Fußboden im Schlachthaus aus Holz gewesen. Im Jahre 1703 findet sich in den Marktrechnungen noch eine Kleinigkeit, für die der Zimmermeister Simon Steinbeck bezahlt wurde, fast 20 Jahre nach seiner Übergabe. Wieder einmal musste er Bretter für die Dörre im Brauhaus bohren. Im Juli 1704 dann verstarb Simon Steinbeck.  


Andreas Schreiner und Margaretha

Am 26.11.1685 heiratete Andreas Schreiner aus Plassenberg Margaretha Steinbeck, die Tochter des Simon und seiner Frau Katharina.

PfA Kötzting Matrikel Band 2 Seite 168
Heiratseintrag des Andreas Schreiner mit der Margaretha Steinbeck


Bei der Hausübergabe - und damit der Übernahme der Grundschuld - wird er als Bräuoberknecht bezeichnet. 
Am 12.3.1700 protokolliert der Markt Kötzting eine private Schuldverschreibung über 300 Gulden. Das Kapital stammt aus dem Erbe der Lärnbecher Kinder (der verstorbene Georg Lärnbecher war der Besitzer der Wiesmühle), und diese Kinder erhielten, wie es damals die Rechtsvorschrift war, Vormünder zugeteilt, die auch jährlich dem Magistrat eine Abrechnung vorzulegen hatten. Diese Vormünder Andreas Schreiner und Andreas Zissler, Bräuoberknecht und Schuhmacher in Kötzting, unterschrieben nun den Schuldvertrag als Kreditoren. Die Nehmer waren das Ehepaar Wieser, das als Sicherheitsleistung sein Marktlehen hinterlegen musste. Neben solchen Privatverträgen waren es dann nur noch die Pfarreien und frommen Stiftungen, die damals als Geldverleiher auftreten konnten. Banken im heutigen Sinne gab es noch nicht.
Wir schreiben das Jahr 1703 und Bayern befindet sich im Spanischen Erbfolgekrieg. 
Kötztings Marktbefestigung ist nicht in bestem Zustande und vor allem Kötztings "Rückseite" steht völlig offen und frei da. Die Vorderseite - gegen Gehstorf hin - wird ja zumindest durch eine durchgehende Häuserreihe und die Bollburg geschützt. Während auf dieser Seite ja auch noch ein Markttor vorhanden ist, das Chamauer Tor, fehlt das sogenannte Schmuder-Tor (in etwa zwischen den Anwesen Januel und Rosenhammer gelegen) bereits seit mindestens zwei Generationen völlig. (und wurde auch nie mehr errichtet)
Nun war guter Rat teuer und der Magistrat wollte zumindest eine kleine Verteidigungsanlage bauen und so kam man auf die Idee, die Straße abzusperren. In der Marktrechnung von  1703 findet sich eine Ausgabe von 40 Kreuzern für die Errichtung eines Schrankbaumes: "zu dem bey des Ander Schreiners alhir Behausung gemachten Schrankbumb 1 Pfund Steckhen erhandelt."
StA Kötzting Marktrechnung von 1703: Der Schrankbaum in der Metzstraße



Einschub
Das Pfund ist hier keine Gewichts- sondern eine Mengenangabe (ähnlich wie 1 Pfund Regensburger Pfennige) 1 Pfund sind 8 Schillinge, also 240 Stück.
Einschubende


Mit 240 Stecken wurde also das Ende der heutigen Metzstraße dichtgemacht.
Bild von Josef Barth sen. aus den 1940er Jahren
A: Haus des Andreas Schreiner
B: die damalige Fleischbank
C: der Schlagbaum in Form eines Verhaues am Ende der Metzstraße, das auf dem Bild die Metzstraße
abschließende Haus des Stoiber-Malers ist ein Kind des späten 19. Jahrhunderts. An dieser Stelle war im Jahre 1703 noch freie Landschaft.
Bereits im Jahr drauf, 1704, verstarb der Bürger Andreas Schreiner und seine Witwe musste nun schauen, wie sie weiter leben konnte. Bereits im Monat zuvor, im Juli 1704 war ihr Vater, Simon Steinbeck, verstorben.

Schreiner Margaretha


Als erstes verkaufte sie im Jahre 1707 einen kleinen Acker für 20 Gulden an den Hofküffner Hans Dirnberger. Im selben Jahr muss der Markt für sie einspringen, weil sie nicht in der Lage gewesen war, einem Boten das Botengeld zu bezahlen.
"umb willen Herr Dambrechts Knecht von der Schreinerischen Wittib alhir das Pöthgelt nit gehaben können hat man deme hiervon bezahln miessen."

Einschub
Botengeld und Briefporto
In der damaligen Zeit, vor der Einführung von Briefmarken, zahlte der Empfänger für die Leistung und nicht der Absender. 
Der Bote, der einen Brief ablieferte, wartete dann beim Empfänger darauf, dass er für seine Leistung entlohnt wurde.
Einschubende

Im Jahre 1715 lieh sich die Witwe 88 Gulden von der Witwe Katharina Fischer aus Straubing, um ihrem Sohn in das Schneiderhandwerk einkaufen zu können. 

Druckmüller Johann Ander

In den Kötztinger Briefprotokollen gibt es die eine oder andere Lücke und es ist immer ärgerlich, wenn genau in dieser zeitlichen Lücke ein Verkauf stattgefunden hat. Hier haben wir nun folgende Situation:
Am 18.3.1732 verkaufen Druckmüller Johann Ander, Pelkovischer Verwalter zu Blaibach und seine Frau Rosina das - und hiermit wird die Lücke der Überlieferung geschlossen - am 25.2.1730 erkaufte Marktlehen "negst den Fleischbänken, sambt dem eigenthümlichen Wachtergarten" und der lebenslangen Herberge für die Witwe Margaretha Schreiner.
Der Käufer ist kein Geringerer als der Vater des Verkäufers, Hans Georg Druckmüller, ein Poißlischer Verwalter auf Hohenwarth. 


Druckmüller Johann Georg
und 
Adam Margaretha

Am selben Tag noch vertauscht Johann Georg Druckmüller den Gesamtbesitz neben der Fleischbank mit dem Anwesen der Margaretha Adam, der Witwe des Wolf Adam.

Einschub
 Es sind einfach turbulente Zeiten nach der Besetzung durch österreichische Truppen im Zusammenhang mit dem Spanischen Erbfolgekrieg und nicht zu vergessen dem großen Marktbrand aus dem Jahre 1717. In Kötzting gings damals Schlag auf Schlag, wer Kapital hatte konnte kaufen, wenn's knapp wurde, dann versuchte man auch durch einen Tausch seines Anwesens in günstigere Schuldenverhältnisse zu kommen.
So gings dann auch der Witwe Margaretha, - Adam Wolfgang war im Dezember 1729 verstorben - sie konnte ihr großes Anwesen in der Marktstraße (früher das Gasthaus Miethaner) mit den vielen Grundstücken nicht halten und so vertauschte sie eben 1732 ihr Marktlehen am Marktplatz gegen ein kleineres "neben den Fleischbänken".
Einschub Ende
Auch dieser Versuch, mit einem Tausch sich das finanzielle Leben zu erleichtern, reichte nicht aus, und so blieb Margaretha Adam nichts anderes übrig, als zu verkaufen.
Am 26.1.1734 verkaufte sie die - interessant, dass das Anwesen jetzt nur als Sölde bezeichnet wurde - "durch Tausch  an sich gebrachte Bürger- und Söldengerechtigkeitsbehausung negst den Fleischbänken entlegen" an Hans Röhrl und seine Frau Barbara aus Beckendorf um 360 Gulden.
Bereits 4 Monate später quittierten die Witwe und die 6 überlebenden Kinder dem Käufer den ersten Teil der Kaufsumme über 150 Gulden. Unter den 6 Kindern - Anna, Barbara, Maria, Josef, Theresia und Mathias -  befand sich auch Barbara Adam, und von ihr haben wir in den Pfleggerichtsakten einen ganz besonderen Vorgang gefunden.
Barbara Adam, war zum wiederholten Male schwanger geworden und in ihrem Prozess - unverheiratet wiederholt schwanger zu werden zog einen Strafprozess nach sich - wird die ganze Grausamkeit der damaligen Zeit deutlich. Also das Gegenteil von einer "Guten Alten Zeit".
Hier nun die Transkription ihrer Prozessakte aus dem Staatsarchiv Landshut.
Überschrift der Rubrik für Schwerverbrecher in der Pfleggerichtsrechnung von 1737 aus dem Staatsarchiv Landshut

Außgab waß auf
gefangene Malefiz- und andere
dergleichen Persohnen ergangen



"den 22. July ano diss in verhafft genommen und den 7. September darauf ad gral(Schwangerschaft) messig ergangene abstraffung des Rentambts Straubing verwiesen worden.

Die in causa Portationis ad capturam gezogene Barbara Adamin ledige Burgerstochter von Közting betreffend:
Obstehende Adamin ist zwar allschon anno 1734 in pcto imprognationis von dem Landgercihts ambtmann gebierendten abwandlungs willen, gerichtlich vorgestellt und in erwegung, daß ins gemain der Ruef ergangen, samb sye ainen sehr ausgelassenen Lebenswandl gefiehrt, und vasst aine nach iedens willen gewesen, ia sogar von Ehemännern besuecht worden, in das Ambtshaus geschafft und yber eingeholte Erfahrung aus ordetnlich formierten Process vermög gdigsten Regierungs befehls de dato 13.July anni eiusdem denen gravalien gemess gebuesset worden, Weillen aber gedachte Adamin sich hinach nit gebessert, sondern solch ihre lasterhaffte aufführung, bevorab mit denen im hiesigen markt bequartierten Reittern sowohl bei der Nacht als beim Tag zu nit geringen Örgernuss ehelichen Leuthen continuiert, hat man sich herumb"

Barbara Adam war also bereits vor zwei Jahren wegen ihres Lebenswandels und einer ersten Schwangerschaft verhaftet gewesen, ermahnt worden und stellte anscheinend immer noch ein Ärgernis dar wegen ihrer Kontakte.



"gänglich getrungen gesehen, solche von obrigkeits weegen widerumben und zwar sub 18. Juni 1736 mit ernstlicher Betrohung dahin zu condemnieren (=bestrafen) daß sye in der Geigen den Markt mit dem Pesen säubern, und sichkhonfftig solchergestalten verhalten solle, daß wider sye in diesem Fahl nit das geringste unrecht fehrer vorkommen möge, ausser dessen man sye nach schwerer bestrafen, und , und anzue aus dem Markht schaffen wuelte. Baldt darauf ist mehrmahloen die gerichtliche Anzeige geschechen, das besagte Adamin nit allein mit ihrer angewohnten Leichtferttigkeit forthgefahren, sondern auch von ainem Comassia (?) nambens Urban Sandtner zum zwayten mahl geschwengert worden, wessenthlaben sye mit aufgesezten Strohe Cranz die Gassen wie anvor khören müessen, jund ihre angeschinne incorrigibilität geziembt schärpflichster communication das Gericht und den Markt, den beeden sye, als tertia vice fornicaria" (wiederholte Schwangerschaft)
Barbara Adam musste also bereits im Jahre 1736, eingespannt in die Geige, mit einem Besen den Markt kehren und ihr wurde eröffnet, dass sie, sollte sie ihr Benehmen nicht ändern, aus dem Markt verwiesen würde.
Nun aber wurde sie erneut schwanger.....

Ein Blick in die Kötztinger Geburtsmatrikel zeigt uns für den 22.3.1737 die Taufe eines Erhard Sandtner. Als Vater ist Urban Sandtner, ein Reiter, angegeben und Barbara Adam als die Mutter. Den Taufpaten machte der Reiterkorporal Erhard Schneider.


PfA Kötzting Band 4 Taufe vom 22.3.1737 
Die Eltern Urban Sandtner und Barbara Adam



Zuerst musste sie, mit einem Strohkranz "geschmückt" erneut mit dem Besen in Kötzting die Straße kehren und anschließend wurde sie des Gerichts und des Marktes Kötzting verwiesen, mit der Androhung, sollte sie sich nicht an diese Ausweisung halten, würde sie aus dem Rentamt Straubing ausgewiesen.




"verwiesen worden, bey Vermeidtung des Rentsambts Relegation nit mehr zu betreten nichts destoweniger ist dem 27. July heurigen Jahres von denen von Közting ein notifications Schreiben eingeloffen, inhalt dessen die Adamin sich ungescheucht in Markht begeben und widerumb so vermessene Aufführung gepflogen habe, daß sye die von Közting gewogen worden, selbe in bürgerlichen Verhafft zu nemmen, und more conscto zu Gerichts Handten zu extradieren. Nachdeme sodan solche den 27. Juli in das gerichtliche Ambtshaus geschlossen und aydtliche Erfahrung seith des letzten Verhalts den 29. dito eingeholt worden, woraus sich bezaigt, das sye sowohl bey Tag in dem Armen Haus ainigen Reitern den Zuetritt in die Schlafkammer verstattet, als auch bey der Nacht, da andere Leuth bereits im Pött gelegen, die Haus Thier eröffnet, wo folgents die Reitter theils zu ihr hinein, theils sye zu ihnen heraus"
Trotz der Ausweisung war sie offensichtlich wieder in Kötzting zurück, denn der Markt schrieb am 27. Juli 1737 an das Gericht, dass der Magistrat die Barbara Adam zuerst in das märktische Gefängnis gesteckt und dann an das Gericht ausgeliefert hatte. Nähere Untersuchungen brachten dann an den Tag, dass Barbara Adam, im Armenhaus in Kötzting untergeschlüpft, sowohl bei Tag als auch bei Nacht es den Soldaten ermöglichte, sie zu besuchen.




"gegangen, und ihr ainer wie der andere gewesen, ia sogar geschechen seye, daß sye leztlich under einem grausamen Donnerwetter umb Mitter Nachtszeit ainen Reitter zu sich gelassen und in der Cammer ohne ihre darin liegendt 2 unschuldige geschwistrigeth und Künder zu scheuchen bis auf gebett leutten andern Tags in der fruehe bey sich behalten; hat man dise und mehrere dergleichen durch die Erfahrung erlangteindicia in formbliche Fragstuckh abgethailt und die Adamin den 1. August daryber guettlich constituiert ihre hierauf gethane Aussag in welcher sye sich allenthalben yber die massen gerechtfertiget, den 19. dito bey gehebter onassion zue churfürstlich hochloblichen regierung Straubing mit ainem underthenigsten Ambtsbericht gehorsambst eingesendtet und sum 30. eisudem praes: aber 1. Septembris solch gdiste Resolution yberkommen"
Es sei sogar geschehen, dass sie in einer Gewitternacht um Mitternacht einen Soldaten zu sich in die Kammer gelassen habe, in der auch ihre beiden Kinder lagen, und dieser wäre bis in der Frühe des nächsten Tages, bis zum Gebet Läuten, bei ihr in der Kammer geblieben.
All diese Vorkommnisse wurden nun in die Form einer  Befragung gebracht und Barbara Adam in gütlicher Befragung - also nicht unter Folter - zu den einzelnen Punkten ausgefragt. Ihre Aussagen wurden dann in Berichtsform nach Straubing übersandt und schon wenige Tage später kam die Antwort von dort zurück.





"Dass man sie den Gra()lien gemeß (entsprechend dem Codex des Strafgesetzbuches) abstraffen und des Rentambts verweisen, anbey aber mit Nachtruckh cominieren solle, dass wan sye sich weitters hirein betretten liesse, sye gahr aus denen Lanmdten zu Bayern und Obern Pfalz geschafft würde. Deswegen ist dise gdiste Resolution dem 2. illius der Adamin gebiehrent pubkliziert und sye darauf mehrmallen zur Seuberung der Gassen mit dem Pesen und in der Geigen dermassen angehalten. daß ihr darunter iezuweillen auch ain Carbätsch Straich von dem Amtmann beygemessen, volgents aber ist sye gahe des Renmtambts Straubing under gethaner mehrberiert gdister Resolution conformen Betrohung verwiesen und im übrigen gehörtten Ambtmann vor die Schliessung ins Ambtshaus tenore der Instruktion im 1. Puncten endtrichtet worden 34 Kreuzer 2 Heller"
Straubing entschied, dass man sie den Paragraphen des Gesetzbuches gemäß bestrafen sollte. Sie wurde also des Rentamtes Straubing verwiesen mit der Androhung, sollte sie je wieder zurückkommen, so stünde die Ausweisung aus Bayern und der Oberpfalz als die nächste Eskalationsstufe auf dem Plan.
Als sofortige Strafe musste sie nun - eingespannt in die Geige - mehrmals die Kötztinger Gassen fegen und erhielt als "Ansporn" vom Amtmann auch noch Peitschenhiebe von Zeit zu Zeit.
Danach wurde sie sofort ("gahe")aus dem Rentamt ausgewiesen und ihr dabei noch einmal der Bescheid der Regierung aus Straubing vorgelesen.


Nun folgte die weitere Abrechnung des Amtmannes für seine "Bemühungen" - dafür gab es eine exakte Kostentabelle.
2 maliges Vorführen sowohl zur Befragung als auch zur Urteilsverkündigung:     17 Kreuzer 1 Heller
(Man erinnere sich der Zimmermann Simon Steinbeck erhielt für einen Arbeitstag 18 Kreuzer)
Die Delinquentin in die Geigen zu sperren und sie die Gassen kehren zu lassen: 17 Kreuzer 1 Heller
Für die Verpflegung der Gefangenen zu sorgen: 38 Tage a`8 Kreuzer 4 Heller, ergibt fast 6 Gulden und am Ende "die Adamin ausser des Rentambts an die Ambergische Gränz zeführen dem Ambtsknecht weillen er yber Nacht ausleiben ,üessen lauth instruktion 40 Kreuzer."

Ihr im März geborenes Kind ist hier nicht erwähnt, es steht allerdings zu vermuten, dass der kleine Erhard Sandtner zusammen mit ihr ausgewiesen wurde. In den Kötztinger Pfarrmatrikeln ist keine Sterbeanzeige des Buben vermerkt, es taucht auch niemand mehr mit diesem Namen in den Kötztinger Akten auf. 
Ihre Mutter, die Witwe Margaretha Adam, verstarb ebenfalls im Jahre 1737. 
Das traurige Kapitel mit Barbara Adam ist damit aber noch nicht zu Ende. Sie kehrte nach Kötzting zurück. Und erneut wurde ihr der Prozess gemacht. 9 Jahre hatte sie es in der Fremde ausgehalten. Im Jahre 1746 stand sie dann wieder vor dem Landrichter in Kötzting. 
Am 4. Januar 1746 wurde sie zusammen mit einer Leidensgenossin - nur Steidlin genannt - dem Landgericht ausgeliefert. Der Kötztinger  Pflegskommissar von Strassmayr hatte sie bereits einmal befragt, als ihn überraschend - "gahe" - der Schlag traf und er auf der Stelle verstarb. Bei der Durchsicht seiner hinterlassener Unterlagen konnte jedoch kein Protokoll gefunden werden, weshalb beide Frauen erneut befragt werden mussten und deren Aussagen dann erst am 1. Februar nach Straubing geschickt werden konnten. Bei dieser Befragung gab die "Steidlin" 3 uneheliche Geburten zu, während Barbara Adam mittlerweile die vierte Schwangerschaft hinter sich hatte. Joseph Kürschner, ein Soldat des Regiments von Bärnklau wäre der Vater gewesen. 
Nun wollten es die "Beamten genauer wissen und Barbara Adam berichtete, als sie vor 4 Jahren von Straubing nach Kötzting herein hatte gehen wollen, in Agendorf alles voller bayerischer Reiter gewesen wäre und im Birkenberg bei Agendorf sei sie dann von einem "starken Reiter" unter Versprechung eines in Papier eingewickelten "Max d`Ors" (=Goldstück im Wert von ungefähr 7 Gulden), "vast übergewaltiget" worden und eines Kindes geschwängert worden.  
Der Schreiber stellt nüchtern fest, dass diese Schwangerschaft bisher noch nicht beahndet worden ist, doch die Aussage geht weiter.
Pfleggerichtsrechnung von 1746


"..... das sye von der burgerlichen Obrigkeit in das Lazarett zu Pflegung der krankhen Soldathen geschafft, alwo sye wie hiebevor bereits angemerkhet, von dem Fuesilier Kürschner zum 4. mahl impraegniert, und ihr von deme dann und wan etwas Essen, auch ein Gelt, ausser dessen umb ihr die von Közting kheinen Lohn gegeben, sye verhungern müessen, dargeraicht, von dem auf sye passionierten Cammerer Mackhen abre bey dem Haubtmann ihr ein solches Badt angerichtet, daß sye von dem Ambtmann undter zuegebung der Waqcht den Markht auf und Abgebriglet worden."
 Es sieht also so aus, als hätte sich Barbara Adam langsam wieder Kötzting annähern können und - die dritte Schwangerschaft war den Behörden unbekannt - wäre als Pflegerin im Lazarett eingesetzt worden, wo sie von einem Soldaten erneut geschwängert wurde, der ihr aber mit Geld und Essen von Zeit zu Zeit aushalf.
Der Kötztinger Kammerer Mack allerdings, der sie wohl nicht leiden konnte, hatte sie angeschwärzt und Folge dessen wurde sie vom Amtsmann dann durch den Markt geprügelt. 
Den beiden Frauen wurden jeweils 10 Karbätschenstreiche (Peitschenhiebe) zugeteilt und danach sofort - nach Aushändigung einer Urkunde - vom Eisenamtsmann nach Zelz an die Ambergische Grenze verschafft. 
Mit diesen, ausdrücklich "empfindlich" genannten, Peitschenhieben verschwindet nun Barbara Adam aus den Kötztinger Dokumenten. 


Hans Röhrl und Barbara

Zurück zu den neuen Hausbesitzern. Seit 1734 Besitzer, mussten die beiden auch die auf dem Anwesend ruhenden Grundschulden von 100 Gulden vom Spital auf sich überschreiben lassen. 
Hans Röhrl, Wagner von Beruf, bekommt Probleme mit dem Kötztinger Drechsler Johann Scholl und muss sich 1739 einer Anklage vor dem Magistrat stellen.



"Auf mindliches clagen Johann Scholl bürgerlicher Dräxler und Beysizers alda, würdet Hansen Röhrl Wagner und Hansen Müller Zimmerknecht derorthen fehrners aufgetragen, das dieselben sich und in specie der Röhrl dessen Träxlerei bey 2 Pf Pf Straff enthalten sollen. 

Vorkommen den 12. May ao 1739"

Im Jahr drauf ist es der schmutzige Kamin, der Hans Röhrl Probleme bereitet.

"Rhat gehalten den 13. Januar ao 1740
Straff
Weillen jungsthin bey Hans Röhrl verburgerter Wagner alhier in dessen unsauber Rauchfang vermittels starckh schaidten einhaizung Feuer ausgekommen, wardurch ein grosses Unglickh hette entstehn können. Als würdet gedachter Röhrl nebst ernstl verweis per 4 Pfund Pfennig punctirt oder in Entstehung dessen in favorem seiner armuth 2 Feuersprizen machen solle
."

Die ausgesprochene Strafe hat fast eine Salomonische Qualität. Eigentlich zu 4 Pfund Pfennigen, also 960 Pfennigen verurteilt, weil bei ihm ein Kaminbrand ausgebrochen war, der schlimmste Folgen für den Markt hätte haben können, wurde diese Strafe wegen seiner Armut in eine Handwerkerleistung umgewandelt. 2 Feuerspritzen für den Markt müsse der Wagnermeister dafür abliefern.
Bereits 2 Jahre später, am 3.6.1742 verstirbt der Carpentarius Johann Rehrl und schon 3 Tage später am 6.6. folgt ihm seine Frau Barbara. 
Das Schicksal der Kinder verbleibt im Dunkeln. Erst drei Jahre später findet sich in den Briefprotokollen eine von den Vormündern der Kinder veranlasste Verpachtung der Grundstücke zunächst auf eine Zeitspanne von 3 Jahren zum Preise von 36 Gulden an den Kötztinger Bürger und Fleischhacker Michael Vogl.
Noch im Jahre1749 stehen die Kinder alleine im Leben, da in einer nachträglichen Aufschlüsselung der Quartierslasten des Österreichischen Erbfolgekrieges die Kinder des Hans Röhrl als Schuldner in der Liste aufgeführt sind.
StA Kötzting IV/1
"Hanns Röhrl Wagners seel: Kinder ab der Sölden und Gartten   4 Gulden 30 Kreuzer"

Im Jahre 1752 wird die Sölde amtlicherseits geschätzt und, abzüglich des "Wachtergartens" mit 300 Gulden angegeben. Was in diesem Zusammenhang etwas irritiert, ist, dass als Besitzer ein Wagner namens Christoph Röhrl mit seiner Frau Elisabeth angegeben ist, und dieses Paar weder vorher noch nachher  auftritt. 

Im Jahre 1753 kommt es dann zu einer Lösung, die Vormünder Michael Vogl, Bürger und Fleischhacker, und Hans Georg Silberbauer, Bürger und Schuhmacher, verkaufen die Söldengerechtigkeit an den Mitvormund Hans Georg Silberbauer und seine Frau Eva um 296 Gulden.

Hans Georg Silberbauer und Eva


In dem Kaufvertrag sind auch die "Hans Röhrlschen Kinder " aufgeschlüsselt. Dies ist deshalb so bemerkenswert, weil in den Kötztinger Pfarrmatrikeln keine einzige Geburt verzeichnet ist.
Die Söhne Hans Georg und Peter, alle zwei Mühlknechte, befinden sich derzeit "in der Fremd" und deren Schwester Anna Maria steht beim Kötztinger Bürger Wolfgang König in Diensten.
Die Hochzeit der beiden ist nicht in Kötzting dokumentiert, aber bei den Geburtseinträgen ihrer Kinder - ab 1744 - ist die Mutter Eva als eine geborene Degnbock aus dem Salzburger Land, genauer aus Tittmoning, angegeben.
Im Jahr drauf erfolgte dann die obligatorische Umschreibung der Grundschuld beim Spital in Höhe von 100 Gulden.
Der Schuhmacher Hans Georg Silberbauer taucht in den Kötztinger Verhörsprotokollen einige Male auf. In einem Falle wurde er angeklagt, weil er den Ratsherren Prantl einen "S:V: Sauschwanz" tituliert hatte, was dieser nicht auf seiner Ehre sitzen lassen konnte und vor dem Landgericht klagte.
Interessant ist die Erwiderung des Schuhmachers.
StA Landshut Pfleggericht Kötzting P 45 von 1750

 "Beclagter erwidert, als er bey dem König alhir ein Bier getrunckhen und dortselbst auch sich des Clägers Knecht eingefundten, und gedanzet, ihme Beclagten in wehrent solchen Danzen dieser uf den S.V. Fues gesprungen, sodan gegen selben die formalia vermeldet: Schau wie mir der Prändtl Sauschwanz uf den Fueß springt."
Er hätte also den Knecht und nicht den Ratsherren gemeint, dies umso mehr, als der Präntl gar nicht anwesend gewesen war.
Prändtl besteht aber auf seiner Version, er wäre gemeint gewesen und will den Beweis führen. (also Zeugen aufrufen lassen)
Silberbauer will wegen dieser Kleinigkeit keine keinen großen Prozess haben und gesteht einen durchaus möglichen Irrtum ein und unterwirft sich einem Urteilsspruch. Dieser lautete - die Ehre eines Ratsherren ist teuer - auf 1/2 Pfund Regensburger Pfennige. (120 Pfennige, ungefähr 1/2 Gulden, ungefähr 75 Euro)
Lange verblieb das Ehepaar Silberbauer aber nicht auf dem Haus, denn bereits 3 Jahre später, am 9. Oktober 1756,  kommt es zum Weiterverkauf. 450 Gulden erzielt das Ehepaar Silberbauer nun bereits und verkauft die Sölde weiter an den Hafner Hans Georg Görgenhuber und seine Frau Margaretha.

Görgenhuber Hans Georg und Margaretha

Am 20.11 1747 hatte Johann Georg Görgenhuber, der Sohn des Kötztinger Töpfers Georg Görgenhuber und seiner Frau Barbara, die Rodingerin Anna Margaretha Herrenberger geheiratet. 
PfA Kötzting Band 14 Seite 125´ 20.11.1747
Der Vater der Braut ist als "scriniarius" angegeben. Lt Riepl steht dieses Bezeichnung sowohl für einen 
 Schreiner/Paneelemacher, einen Kirchenprobst, ja könnte sogar für einen Archivar, Siegelbewahrer und Geheimschreiber stehen. 
Seit dem Jahre 2000 gibt es zwei unglaublich detailreiche und großformatige Bücher über die Rodinger Familien und Häuser von Karl Gschwendner und Eduard Trinkerl mit einem ausführlichen - das muss besonders betont werden, weil manche andere Heimatbücher solch einen Index vermissen lassen - Namensregister.
Eduard Herrnberger ist dort als Schreiner ausgewiesen und da in einem Eintrag von 1736 sogar vermerkt ist: "Der Schreiner Egid Herrenberger fertigte im Auftrag des Pflegamtes (hier Wetterfeld) Tafeln, die an den Amtsgrenzen aufgestellt wurden, um Herumtreiber zu warnen und fernzuhalten", passt der Spezialbegriff Paneelemacher hier vermutlich besonders.
Auch das Geburtsdatum der Anna Margaretha Herrenberger findet sich in diesem Buch, es war der 28.1.1725.
Seit dem Jahre 1756 also ist das Hafnerehepaar stolzer Besitzer einer Sölde herinnen im Markt.
Vorher hatte er ein kleines Haus, oben vor dem Markt, besessen, das er im Jahre 1746 von seinem Vater Kaspar per Vertrag bekommen hatte mit der Bedingung, dass er dieses und die Meisterschaft erhalte, aber auch seiner Schwester Barbara und der Stiefmutter Susanna "den freien Unterschlupf" gewähren müsse.
Die damalige Hafnerwerkstatt der Görgenhubers lag an der heutigen Torstraße - Hanr 152-
Seine Brennhütte allerdings lag auf markteigenem Grund, weshalb der Vater auch eine jährliche Grundgilt an den Markt zu zahlen hatte. 

Görgenhubers Großvater scheint im Jahre 1719 das Haus als Schwarzbau errichtet zu haben, was ihm eine Stockstrafe einbrachte und vermutlich dann eine regelmäßige Pachtzahlung auslöste.
Dies alles brauchte nun den Enkel nicht mehr zu stören, er hatte nun Platz für eine Werkstatt und für seine Familie und war vom Häusler zum Söldner aufgestiegen.
Warum allerdings das Anwesen, das bis zum 17. Jahrhundert als Marktlehen geführt wurde, nun plötzlich nur noch eine Söldengerechtigkeit hatte, geht aus keinem Dokument hervor. Möglicherweise führte eine "Nichtausnutzung" des Brau- und Schankrechtes über mehrere Generationen hinweg zum Verlust desselben. 
Bereits von seinem Elternhaus aus war Hans Georg Görgenhuber als Ofensetzer tätig. In den Spitalrechnungen von 1751steht vermerkt: "Georg Görgenhuber, Haffner, hat mehrere Öfen ausgebessert, einen neu aufgesetzt. - 2 fl 15 kr
Nach dem Hauskauf im Oktober 1756 leihen sie sich im November 50 Gulden aus der Dirnbergerschen Vormundschaft und hinterlegen dafür ihre Sölde bei den Fleischbänken.
Im Jahre 1759 findet sich eine besondere Urkunde in den Kötztinger Briefprotokollen, ein Kautionsbrief des Ehepaares Görgenhuber für den Markt Roding.
Der Auslöser dieses Vorgangs dürfte die Übergabe des Rodinger Elternhauses an den Bruder Egidius Herrenberger im Jahre 1757 gewesen sein. Da ihr Vater und dessen erste Ehefrau bereits lange verstorben waren, kam es nun zu einer Verteilung der mütterlichen und väterlichen Erbansprüche der Geschwister. Nun gab es einen Bruder, Bartholomaeus Herrenberger, der seit 24 Jahren "landesabwesend" war. Der Markt Roding ließ dessen Erbteil an das Kötztinger Ehepaar aber nur unter der Bedingung auszahlen, dass sie erstens ihre Sölde in die Waagschale legten und sich zweitens bereit erklärten, sollte der Bruder über kurz oder lang doch heimkommen, sie das Kapital ihm auszahlen würden. 
Dieser Betrag von 115 Gulden aus der Erbschaft machte es ihnen nun wohl möglich, den gesamten Kaufpreis zu bezahlen, denn am 8.10.1759 quittierte das Ehepaar Hans Georg und Eva Silberbauer den Empfang der gesamten 450 Gulden Kaufsumme.
Diese wiederum waren offensichtlich einem der Röhrlkinder noch Geld schuldig, da am 18.2.1764 der Wagnerssohn Röhrl Josef, der mittlerweile in München in der "churfürstlichen Löderfabrique" arbeitete, die vom Verkauf der Röhrlschen Sölde noch schuldigen 130 Gulden quittierte.
Von seiner Arbeit als Hafner findet sich erneut in den Spitalrechnungen ein Eintrag:  1760: "Johann Georg Görgenhuber, Haffnermeister hat im Spital einen neuen Ofen gesetzt. - 1 fl 57 kr"
Am 25.9.1772 stirbt der Töpfer Johann Georg Görgenhuber 


Görgenhuber Margaretha

Im Jahre 1775 kommt es zu einem Nachbarschaftsstreit, der zuerst vor dem Magistrat ausgefochten wird, dann aber in Straubing bei der Regierung in Revision geht..
StA Landshut Regierung Straubing A 4663

"Extract aus dem Rhat= und Verhörs Protocoll des churfürstlichen Bahnmarkts Közting, so vor: und eingekommen den 9. May ao 1775"
Der Nachbar und Bäcker Bernhard Auzinger (ehemalige Bäckerei Graßl) moniert einen Stadelbau der Witwe Margaretha Görnhuber, den diese entgegen seines Einspruchs und der Baueinstellung von Seiten des Magistrats errichtet hatte. Ihm sei das "Leicht verpaut" und ihm drohe tägliche Feuersgefahr, da der Brennofen sehr nahe liege und eben nicht auf dem Platz stünde, der "obrigkeits-weegen ausgezeigt worden."
Auf keinen Fall jedoch dürfe dieser auf dem Wurzgartl stehen, der unzweifelhaft ein "gemeinsgrund" sei. Dort dürfe ohne Genehmigung nichts erbaut werden, kein Stadel und noch viel weniger ein Brennofen. Es sei auch bekannt, dass " dergleichen gefährliche Feuerstätten an einem Ohrt, wo die Nachbarn ihre Häuser nahe haben, nicht sollten aufgericht: oder erdult werden."
Die Beklagte solle den Stadel rückbauen und den Brennofen dort errichten, wo er ihr bereits beim Hauskauf aufgezeigt worden wäre. 
Antwort der Margaretha Görnhuber: der Stadel sei keiner, sondern nur ein Schuppen. 12 Schuh weit - also ca. 4 Meter - sei der Schuppen vom Haus des Klägers entfernt und der Kläger wisse sehr wohl, dass dort vorher ein Viehstall gestanden habe. 
Was das Feuer anginge, " so habe sich der Kläger keineswegs zu bekümmern, in deme das Feur bey dennen Hafnern ohnehin ein abgemattet Feur ist und keine Würkung, gleich wie andere Feur in sich hat......und würd man noch niemahlen erhört haben, daß durch die Hafner ein feur ausgekommen seye"
Wiederum der Kläger: "Wann man das Wort Feuer betrachtet, so muss es ja von sich selbsten ein prennentes Feur sein, dan wan es nicht prennte, so kunte auch der Hafner kein Geschir prennen können. Zudem denkt man ia noch woll das vor wenig Jahren das Feur aus dem Prennofen so gewaltig herausgestiegen, daß man mir der Feur Glocken angeschlagen und die Leith zusamm geloffen seyen."
Bescheid: Auzinger wird mit seiner Klage abgewiesen.
HaStA München KL Rott B5 von 1777-1800
Obwohl Georg "Girgnhueber" bereits seit mehreren Jahren verstorben ist, ist er im Zehentregister des Klosters Rott immer noch der Namensgeber. Auch der Besitzwechsel von Georg auf Caspar ist in der Steuerliste nachvollziehbar

Margaretha Görnhuber, die Witwe ist auch weiterhin als Hafner tätig, im Jahre 1785 findet sich ein Eintrag in den Kötztinger Marktrechnungen: "Antoni Perzl Maurergeselle und Margaretha Görnhuber haben den reparierten Ofen im Armenhaus gut hergestellt und Kächeln hergeben. 1 Gulden 27 Kreuzer"
Am 21.7.1790 übergibt die Witwe Margaretha Görgenhuber die Sölde bei den Fleischbänken und die Hafnergerechtigkeit an den Sohn und Hafnermeister Kaspar Görgenhuber. Der Kaufpreis beträgt nun bereits 1200 Gulden.

Görgenhuber Kaspar und Anna Maria


Eine Woche nach dem Kauf, schließt der "Hafnermeister und Söldenrechtler" Kaspar Görgenhuber - hier mal wieder als Görnhuber geschrieben - einen Ehevertrag mit Anna Maria Viertl, der Tochter des Kötztinger Rats und Lebzelters Joseph Viertl, gleich aus der Nachbarschaft. 
Mit der Bezahlung eines "Exerzierguldens" und der "Bürgeraufnahmtaxe" wird Kaspar nun zum echten Kötztinger Vollbürger.
Im Jahre 1803, nach der vollzogenen Säkularisation des Klosterbesitzes im Landgericht Kötzting, war klar, dass der alte Pfarrhof (heutzutage unser Rathaus) wesentlich besser geeignet war, den Landrichter zu beherbergen, als die mittelalterliche Kirchenburg. Gesagt getan, das Landgericht ließ die einzelnen Handwerker
kommen und sich Kostenvoranschläge für den Umbau erstellen. Der Pfarrer durfte sich nun in der Kirchenburg gegen Kostenerstattung einmieten.


HaStA München GL Fasc. 1820-26 Umbaumaßnahmen am ehemaligen Priorat



"Kaspar Görgenhuber Hafnermeister zu Kötzting für 10 neue Stück Öfen weil all dermallige unbrauchbar   160 Gulden."

Es ist sogar noch das Original Angebotsschreiben mit Unterschrift des Handwerksmeisters im Akt vorhanden: Er selber unterschreibt mit "Görnhuber".





Beim Curfürstlich Löblichen Landgericht Közting in vorgewesenen Pfarhoff sein in 10 ZImmer neie Ofen nodwendig weillen die alten zimmlich aufgebrend dise Öfen also nicht könen rebarird werden. Mein Verdienst von einem neien Ofen ist   16 f;
Die 10 Öfen also 160 f:
Solcher Iberschlag ist von mir ausgehendigt den 25. ?? Monat
Preiß Rentbeamter                                             Caspar Görnhuber
Siegel                                                               Siegel     Hafner

Im Häuser- und Rustikalsteuer-Kataster von 1811 wird das Anwesen folgendermaßen beschrieben: Besitzer: Kaspar Görgenhueber, gemauertes Haus, Stall, Stadel im (fiskalischen) Schätzwert des Anwesens von 607, des Hauses alleine von 450 Gulden
Im Jahre 1825 wird  er im Sitzungsprotokoll des Marktes Kötzting als Gemeindebevollmächtigter aufgeführt.
Am 22.10.1834 verstirbt der Hafnermeister Kaspar "Gernhuber" im Alter von 74 Jahren, als Todesursache wird "Durchfall" notiert. Bereits 6 Jahre zuvor, am 12.11.1828 war seine Frau, die Hafnermeisterin Anna Maria, im Alter von 68 Jahren an der Wassersucht verstorben,


Johann Kasparofsky und Caecilia Gernhuber



Bereits im Jahre 1817 hatte Cäcilia, das einzige Kind des Hafnerehepaares, Johann Nepomuk Kasparovczky, einem Hafnerssohn aus Neuhaus in Böhmen, geheiratet und nun, nach dem Tode des Vaters, wurde sie Alleinerbin des Anwesens und er Kötztinger Bürger. 
Ihr Ehemann erhielt am 3.7.1835 dann das Kötztinger Bürgerrecht und durfte dafür  fast 25 Gulden bezahlen.  
In den Kötztinger Bauakten findet sich ein Hinweis aus dem Jahre 1839, als er ein Baugesuch wegen der Hauserhöhung an den Magistrat richtete. Grundsätzlich war dieser einverstanden, verlangte aber die Anbringung einer Dachrinne - damals eben noch nicht selbstverständlich - um einen möglichen Schaden von der Fleischbank abzuwenden.

1840 wurde in Kötzting das Liquidationsprotokoll errichtet, auf dessen Basis dann die Grundbücher seither fortgeschrieben werden. Beim Haus mit der Nummer 23 heißt es:
Hausname: Hafner
Besitzer: Johann Kasparowsky
Recht: reale Hafnergerechtigkeit, Söldenrecht
Vorbesitzer: Kaspar Gernhuber, Schwiegervater 
Im Jahre 1844 benötigte der Hafner anscheinend mehr Lagerplatz, denn in der Marktrechnung ist eine Pachtzahlung von Flächen der Fleischbank vermerkt.
Insgesamt 12 Kindergeburten sind in den Kötztinger Pfarrmatrikeln von dem Paar verzeichnet, von denen 6 bereits im Kindesalter, manche schon nach 1-14 Tagen verstarben.
1844 erscheint Johann auf einer Sammlungsliste für eine Wallfahrt nach Arnbruck, um um schönes Wetter zu bitten. 
Am 10.1.1864 verstarb Caecilia Kasparofsky, die geborene Gernhuber im Alter von 70 Jahren an einer Lungenentzündung. Fünf Monate nach seiner Frau verstarb auch Johann Kasparofsky. Im Alter von 77 Jahren erlag er einem Schlaganfall und wurde am 20.5.1864 beerdigt.

Johann Kasparofsky und Franziska Stoiber

Im Grundbuch steht Johann (jun.) erst im Jahre 1853 als der Besitzer eingetragen, allerdings kennen wir einen erfolgreichen Schlichtungsversuch von Vater und Sohn, beide Johann Kasparofsky, in dem der Vater bereits 1852 als Austragshafner bezeichnet ist.

"31. August 1852: Vor dem heutigen Vermittlungsamt erscheinen Johann Kasparowsky Austragshafner von Kötzting  K und dessen Sohn Johann  Kasparowsky Anwesensbesitzer v hier wegen Zehrpfennigsherauszahlung in Differenz gekommen sind. Auf Zureden kommen sofort die Teile überein, dass der anwesensbesitzende Sohn von dem noch in Handen habenden Zehrpfennig per 200 fl über bereits bezahlte 200 fl an seinen Vater Johann Kasparowsky binnen 9 Wochen zu zahlen sich verpflichtet, womit dieser sich zufrieden gibt und die Einhaltung des Zahltermins gewärtigt."
Bevor Johann jun. im November 1853 seine Frau, Franziska Korherr aus Eschlkam, heiratete, stand er - wie es heutzutage so schon immer heißt - im Mittelpunkt des Pfingstgeschehens.


Johann war der Pfingstbräutigam des Jahres 1853 und als Braut wählte er sich, wie es damals nicht nur üblich, sondern auch leicht möglich gewesen , weil das Innere des Marktes noch dicht bewohnt war, die Nachbarstochter Barbara Dimpfl.
An Pfingsten stand er noch als Jüngling im Mittelpunkt der Kötztinger Feierlichkeiten, am 23. November dann heiratete Johann Nepomuk Kasparofsky die Eschlkamer Häuslerstochter Franzsika Korherr. 

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war es üblich geworden, vor Bittgängen und Feiern bei den Hausbesitzern "Klingelputzen" zu gehen. Dies hat erneut den Vorteil, dass die Unterschriftlisten die Häuserreihenfolge der Wirklichkeit abbilden.
Hier einige Beispiele;
Hier ging der Bittsteller die rechte Metzstraßenseite entlang und kam die linke Seite dann zurück.
1855 Auf einer Sammlungsliste für die Wallfahrt nach Furth im Wald zur Abwendung einer Feuersgefahr


Auf dieser Liste: Sammlung im Jahre 1856 für die Wallfahrt nach Schönbuchen mit der Bitte um eine gedeihliche Erntezeit. Hier ging der Bote genau umgekehrt die Metzstraße entlang.


Im dritten Falle, der Sammlung für eine Wallfahrt nach Arnbruck kam der Marktbote das Gässchen
beim Graßlbeck, vom Denkscherz her, herauf und arbeitete sich dann die Metzstraße hinunter.


Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3823 
vermutlich ist dies Franziska Kasparofsky.


Von dieser Kasparofsky-Generation haben wir überraschend wenig Information - das ist für diese Zeit eigentlich untypisch- außer den Kindergeburten.
Josef  17.10.1854
Barbara 16.11.1855
Franziska 23.9.1860 und
Johann Nepomuk 1.9.1866
Josef wurde der Betriebsnachfolger - Barbara verheiratete sich in der Nachbarschaft (Mauerer Kirschbauer) Franziska ging nach München und Johann verstarb leider bereits im Alter von 24 Wochen an Keuchhusten.
Aus München kam dann in Kötzting die schlimme Nachricht an, Franziska war dort im Krankenhaus verstorben
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 22 Nr. 100 Kasparofzky Franziska Hafnermeisterstochter von 1879

"Franziska Kasparovsky
19 Jahre alt
ledige Hafnermeisterstochter
+ am 1. Oktober 1879
München im städtischen allgemeinen Krankenhaus
Wohnorth München
Heimat Kötzting"


Einschub
Auch hier wieder der Hinweis auf die Heimat. Auch wenn Franziska in München arbeitete und wohnte, sie hatte ihr Heimatrecht immer noch in Kötzting, was bedeutete, dass Kötzting auch für eventuelle Krankenhauskosten aufzukommen hatte, und, wäre sie genesen, aber arbeitsunfähig geworden, hätte sie in Kötzting immer aufgenommen werden müssen, ob Familie vorhanden, wie in diesem Falle, oder nicht..
Einschub Ende


"Dieselbe hinterließ im allgemeinen städtischen Krankenhause zu München.
1 P Ohrringe, 1 Spenser, 2 Röcke, 1 Bettspenser, 1 Schürze, 3 Tücheln
1 P Strümpfe, 1 P Schuh und 2 M 25 P baar."

"ad 3. Eltern Johann und Franziska Kasparovsky Hafnerseheleute in Kötzting
Geschwister Barbara Kasparovsky ledig 25 J.
Josef Kasparovsky 26 J"

 

Arbeitskreis Heimatforschung Dia Repro 1943
Das Ehepaar Kirschbauer vor 1917 Franz Xaver Kirschbauer, geb.11.4.1854 und gest.8.8.1917,
und Barbara Kirschbauer, geb. Kasparofsky, geb. 18.11.1855 und gest.27.3.1917



Josef Kasparofsky und Franziska Höcherl



Der Generationswechsel hin zu Josef folgte einer Reihenfolge, die wir bereits von seinem Vater kennen.
Erst noch den Pfingstbräutigam machen, aber dann auch gleich heiraten.

Bei Josef dauerte es aber zumindest noch ein Jahr, bis er seine Frau heiratete. Am 6.10.1881 war es dann soweit. Franziska Stoiber, eine Müllertochter von Rumpelmühle, wurde die neue Hafnermeisterin in der Metzstraße. Im Folgejahr wurde sie auch Mitbesitzerin des Anwesens durch einen Ehevertrag. 
Wegen dieses, oben angesprochenen, Heimatrechtes, wurden in Kötzting natürlich Register geführt, die die Menschen - und deren Familien - auflisteten, die das Kötztinger Heimatrecht genossen.
Von diesen "Familienstandsbögen" liegen im Stadtarchiv Bad Kötzting fast 2000 Stück. Die meisten beinhalten nicht mehr, als später auch in den Karteikarten des Einwohnermeldeamtes vermerkt ist. Manche allerdings sind richtig dicke Akten, in denen sich zumeist das ganze Elend das damaligen - sogenannten - Guten Alten Zeit abbildet.
Johann, der Vater, verstarb am 19. September 1885 im Alter von 65 Jahren an Lungentuberkulose.





Hier der Familienbogen für Josef Kasparofsky - damals zumeist noch mit "v" geschrieben
und seine Familie. 


Fanny Kasparofsky, eine der Töchter, zog im Jahre 1908 weg aus Kötzting und hinauf ins Großherzoglich Hessische Bad Nauheim. Die dortige Gendarmerie wollte nun von  den "Ketztinger" Kollegen erfahren, ob diese denn einen guten Leumund habe. Ordnung muss sein.
Vier Jahre vorher, stellte sich Fanny der Tradition der Familie; sie wurde die Pfingstbraut des Jahres 1903.




Das Pfingstbrautpaar von 1903: Josef Hastreiter und Fanny Kasparofsky mit den Brautführern Michael Staudinger und Michael Irlbeck. 

Da Michael Staudinger vier Jahre später der Kötzting Pfingstbräutigam wurde, kann ich durch einen Bildvergleich mit Sicherheit sagen, dass er der linke Brautführer und Michael Irlbeck der rechte, der mit den auffälligen Ohren, gewesen ist.
Das wars aber noch nicht mit den Pfingstakteuren in dieser Generation:

  

DIA Repro 723 Pfingstbrautpaar von 1911
Josef Kasparofsky und Ella Fischer mit den Brautführern Vitus Oexler und Franz Liebl

Pfingstbräutigam war im Jahre 1911 der Bürgerssohn und Notariatsgehilfe Josef Kasparofsky und Frl. Elise Fischer, Notariatsbuchhalterstochter, war seine Pfingstbraut. In der Ansprache bei der Kranzlübergabe hob der Kooperator hervor, dass 32 Jahre zuvor bereits der Vater des Bräutigams  an dieser Stelle sein Tugendkränzchen erhalten hatte und seine Pfingstbraut damals die Mutter der diesjährigen Braut gewesen war.

Der Kooperator schlug in seiner Ansprache einen Bogen in der Geschichte und erinnerte an ein tragisches Ereignis, das die Kötztinger genau 25 Jahre zuvor aufgewühlt hatte. Während der Kranzlübergabe, als auf dem Bleichanger, ebenso wie an diesem Tage, eine große Menschenmenge zusammengeströmt war, lief ein Telegramm an den Bezirksamtmann ein und rasch flog von Mund zu Mund die erschütternde Trauerbotschaft: König Ludwig ist im Starnberger See ertrunken. Wie nahe Tragik und Freude zusammenlägen zeigte sich ebenfalls aus diesem Unglück, nun können man heuer das freudige Regentschaftsjubiläum des Prinzregenten feiern.

Mit einer Fahne für 30 Rittteilnahmen wurde der Kötztinger Fuhrwerksbesitzer Ignaz Hofmann ausgezeichnet und für 25 Jahre erhielt Herr Xaver Pritzl, der seit 30 Jahren Knecht auf der Lutzenmühle war ebenfalls eine Fahne.
Mit einem Dank an die Pfingstreiter  und einem freudigen Ausblick auf das große Rittjubiläum im drauffolgenden Jahr endete der Kooperator mit einem „Gott befohlen“.

Die Pfingsthochzeit wurde dann im Gasthof beim Josef Decker gefeiert.


Aus dem Jahre 1904 kennen wir einen Bauantrag des Nachbarhauses - früher die Kötztinger Fleischbank und zu unserer Kindheit ein kleiner Lebensmittelladen der "Rabl Fanny".
1904 aber in Besitz des Georg Mühlbauer - Dimpfl -, der auch den Bauantrag stellte.
Durch diesen Bauantrag lernen wir ein zusätzliches kleines Detail des Kasparofsky Anwesens kennen.
Früher konnte man - dies war bei vielen Kötztinger Häusern der Fall - von der Straße aus mit meinem Fuhrwerk in den Hof durchfahren.

StA Landshut Baupläne Rep 162-8 Sch. 22 Nr. 3390
seitlich angeschnitten auch der Baubestand des Kasparofsky-Hauses mit einer Hofeinfahrt


Hier noch die Unterschrift Josef Kasparofskys auf dem Bauantrag des Nachbarn

 

Josef Kasparofsky, der Kötztinger Pfingstbräutigam von 1911 und eigentlich der
Älteste der Kinder, schlug aber einen anderen Berufsweg als der Vater ein und
wurde Notariatsgehilfe.
Am 6.3.1915 heiratete der Notariatsassistent Josef Kasparofsky die Kötztinger Modistin Maria Fischer, die selber aus Aidenbach stammte. 
Georg, der später der Hausbesitzer wurde, heiratete erst viel später, am 24.1.1922, Franziska Krieger, eine Bauerntochter aus Unterrubendorf.
Bleibt noch das vierte Kind, Maria, sie heiratete den Pforzheimer Gärtner Ludwig Männle und das Paar wohnte seit dem Jahre 1919 in Kötzting in der Metzstraße.


Einwohnermeldekartei Bad Kötzting: hier sieht man, was passiert, wenn mit Material gearbeitet
wurde, das nicht der DIN entspricht. Viele der benutzten Karteikarten waren größer als DIN-A 5 und wurden daher, um in den Karteikasten zu passen, links und rechts beschnitten. Schade, aber nicht mehr zu ändern.

Photo Frau Rabl-Dachs: Auf dem alten Friedhof in Kötzting haben
wir noch den alten Grabstein von Frau Maria Männle, einer 
geborenen Kasparofsky.


 
Photo Frau Rabl-Dachs



Nach dem Tode seiner Ehefrau Franziska im Jahre 1911, wurde Josef, der Vater, 1912 als alleiniger Besitzer im Grundbuch eingetragen, heiratete aber erneut, diesmal Barbara Rötzer, eine Witwe aus Oberfaustern. In der Zeit des ersten Weltkrieges ist Josef Kasparofsky einer der Kötztinger  Magistratsräte.  
Der Hafnermeister Josef Kasparofsky ist in seinem Familienstammbuch bereits nicht mehr als solcher benannt, sondern wird als Oekonom bezeichnet, also eigentlich als Bauer.
In diesem Falle ist es wohl eher ein Gärtner, denn bis weit herein in die 60er Jahre befand sich, verborgen hintern den Gebäuden und uneinsehbar von der tief eingeschnittenen Wurmhöhe, an dem sanft bis steil abfallenden Osthang Kötztings ein fruchtbarer Gemüsegarten


Im Jahre 1831 war das große Grundstück mit der Plannummer 23 noch komplett unbebaut.
In späteren Jahrzehnten wurden zuerst die Areale 1 und 2 bebaut, mittlerweile ist der Lückenschluss an dieser Stelle erfolgt. An der Stelle (3) steht nun das Wohnhaus der Familie Roiger, die auch die jetzigen Besitzer des alten Kasparofskyanwesens sind.
Sowohl Josefs Sohn Georg als auch sein Schwiegersohn Ludwig Männle sind in den Einwohnermeldeamtskarten als "Gärtner" eingetragen und von Frau Christa Rabl Dachs habe ich erfahren, dass sie als Kind laufend auch zum "Hafner" geschickt wurde, um für das Gasthaus Gemüse einzukaufen.
Aber: So klein die Welt in der Metzstraße auch war, ich war NIE in diesem Garten und habe auch daher überhaupt keine Vorstellung über dessen Ausmaße.
Nun, Ende 1921 kam es zum nächsten Besitzübergang.


Georg Kasparofsky und Franziska Krieger


DIA Repro 3824 Georg und Franziska Kasparofsky 

Repro Nr.:  3825 Georg Kasparofsky als Soldat

REPRO Nr. 3826 Georg  Kasparofsky


Drei Kinder von dem Paar kennen wir: Georg, geboren 1923 und später in Reitenstein verheiratet und dorthin verzogen; dann Angela, die im Jahre 1925 geboren wurde und später dann im Jahre 1954 nach Düsseldorf zog. 
Fritz Kasparofsky, der Nachzügler, kam erst am 16.9.1933 in Kötzting auf die Welt. 
Einzelblatt aus der alten Kötztinger Einwohnermeldekartei, die Gott sei Dank die Zeiten überlebt hat. In vielen anderen Orten wurde diese Kartei vernichtet oder einfach weggeworfen.
Aus dem Blatteintrag ergibt sich, dass Georg Kasparofsky am 21.10.1935 durch Unfall gestorben ist. 
Mit diesem Datum konnte ich nun im "Kötztinger Anzeiger" nachschauen:
KA vom 24.10.1935

Der Verkehrsunfall ereignete sich auf der Hausinger Straße, beim Christianstadel, damals eine ganz markante Stelle an der ansonsten unbepflanzten und unbebauten Landstraße.

Bild Marianne Kretschmer. Einsam und alleine der "Christian-Stadel" und im Hintergrund der "Zaglmann-Bungalow". 






Bericht von der Beerdigung Georg Kasparofskys. 

Es gibt im Stadtarchiv einen, ursprünglich,  ziemlich unsortierten Stapel an Schriftstücken aus dem Bestand des Bürgermeisters in der Zeit des Dritten Reiches.
In diesem Stapel fand sich die Grabrede für Georg Kasparofsky:
StA Bad Kötzting 025-8 Akt NSDAP 1933-35 
Der Bürgermeister des Marktes Kötzting

"Mit grausamer Hand hat das Schicksal wiederum hineingegriffen in unsere Reihen und einen Mann heraus gerissen, der in seinem Wesen so einfach und schlicht, doch ein edler vornehmer Charakter war, der nichts kannte, als die Sorge für seine Familie, die Liebe zu Heimat und Vaterland und der seit den Anfängen unserer Bewegung ein unentwegter treuer Anhänger unseres Führers gewesen. Mitten aus seinem schönsten Mannesalters hat das Schicksal so unseren Georg Kasparofsky, diesen treuen Freund und lieben Pg (=Parteigenossen) uns entrissen, tiefbewegt stehen wir an seinem Grabe. Als Dank für seine Treue und letzten Gruß legen wir diesen Kranz an seine Ruhestätte nieder mit dem Gelöbnis, daß wir seiner nie vergessen werden." 
Repro Nr. 3827 hier noch ein Bild aus glücklichen Tagen, das Ehepaar Kasparofsky vor dem
eigenen Haus




Nach dem grausamen Unfalltod ihres Ehemannes wird ab 1936 Franziska die alleinige Besitzerin des Anwesens. 
Schon zuvor hatte sich ihr Mann von einem Teil getrennt und seinen Stadel an Pfeffer verkauft. Als dieser einen Neubau errichten möchte, nutzt der Markt die Gelegenheit, um in der "Fleischergasse" - jetzt habe ich endlich einen Namen für dieses Gässchen - eine gerade Baulinie zu erreichen.
StA Bad Kötzting 912/8 Grundstücksabtretung


Georg Kasparofsky und Maria



Georg, der älteste Sohn des Ehepaares, übernahm dann nach dem Tode seiner Mutter Franziska das Haus in der Metzstraße, Auf dem angewitterten Grabstein im alten Friedhof kann man die Jahreszahl 1949 gerade noch erkennen. 


Im Jahre 1951 heirateten Georg und Maria Kasparofsky und der jüngere Bruder Friedrich, Fritz, Kasparofsky wohnt bei ihnen im Haus. 
Repro Nr. 3828: Fritz mit seinem Neffen Sepp in der Metzstraße, rechts angeschnitten das Haus der
Kasparofskys. Das Haus im Hintergrund ist der "Stoiber-Maler".

Repro Nr. 3831 An der Rückseite des Hauses befand sich eine Stallung mit einem Treppenaufgang.
Fritz mit dem Neffen Sepp.

Repro Nr. 3832 Hier die Stallung - nun eher nur noch ein Hühnerstall - mit Fritz und Seppe



Und, wie gar nicht anders möglich, auch diese Generation der Kasparofskys stellte einen Pfingstbräutigam, und was für einen.
Fritz Kasparofsky und Maria Sperl waren die umjubelten Hauptakteure an Pfingsten 1958 und aus dem Archiv der Stadtdrogerie Kretschmer kann ich mit Erlaubnis von Frau Marianne Kretschmer eine ganze Reihe von tollen Aufnahmen hier präsentieren. Ein Wiedersehen mit vielen, bereits verstorbenen, Kötztinger Bürgern.




Aufnahme aus dem Pfingstalbum der Familie Kasparofsky. Das Bild wurde vor dem Hause
Sperl aufgenommen.

Gleich zu Beginn einige der schönsten Aufnahmen, die ich überhaupt von unserem Pfingstbrauch kenne


Photo Kretschmer: Sperl Schorsch, Fritz Kasparofsky und Schwarzanderl Gang; der Gams

Photo Kretschmer: Sperl Schorsch, Fritz Kasparofsky. Brautvater und Bräutigam


Photo Kretschmer: eine tolle Aufnahme
Erste Reihe stehend v.l. vom Brandl Wick über die Sperl Brüder und den Bgm Hans Kroher, X, Gams,
Schwarz Sepp, Ludwig Wolfgang und Pagany Willi,
In der oberen reihe dann Sperl Hans, der Pfingstbräutigam, dann Heigl Theo und die Traurig Brüder, um nur einige zu nennen,
In dieses Bild kann man richtig eintauchen. 


Photo Kretschmer: Die Kranzlübergabe, mit Kooperator Bodner und dem unvergessenen
Gams Wolfgang sen., Schwarzanderl Gang.
Nach der Kranzlübergabe gehts hinunter in die Pfarrkirche und, der Zügelhaltung nach zu schließen, ist Fritz ein unsicherer Reiter und wird daher vom Rot-Kreuz-Chef Sperl geführt. Theo Heigls Pferdewart ist der unvergessene Höcherl - Heijterl - Karl. 




Photo Kretschmer: Einladung im Pfarrhof: Stadtpfarrer Josef Augustin, Theo Heigl, Fritz Kasparofsky und Wellisch Xaver.

Gsund´ schaut er aus, unser damaliger Stadtpfarrer. Ich kann mich noch gut an seine "hingepappten" Haarsträhnen erinnern, mit denen er seine Vollglatze von rechts nach links überdeckte. Bei Starkwind konnte die ganze Konstruktion schon mal komplett umgeklappt werden, zum Gaudium von uns Schulkindern.

 
Die Bewirtung im Kasparofsky Garten:
Photo Kretschmer: hier die Pfadfinderabteilung des Kötztinger Spielmannszuges.
Wie an anderer Stelle bereits berichtet, fand im Jahre 1956 in Kötzting ein Pfadfindertreffen statt, bei dem die Kötztinger einen Fanfarenzug der anderen Stämme sahen. Seit dieser Zeit gab es für einige Jahre einen kombinierten Spielmannszug der FFW und der Pfadfinder Kötzting.
 vl. Sperl Hans, Wanninger Hans, dann die Pfadfinder Fanfarenbläser Kuglmeier Hans, Brandl Wick und Maimer Ferdinand, Sperl Rosemarie

Photo Kretschmer: links  Wagerer Franz, Winter Hans, x, x, Wolf Horst, Strutz Peter

Photo Kretschmer: ein stolzer Jubelpfingstreiter - Zellertalkönig Fischer - beim Stadtpfarrer Augustin


Vom Zellertalkönig Fischer gibt es eine kleine Zeitungnotiz, da er behauptete, der erste gewesen zu sein, der es mit einem Fahrzeug hinauf auf den Mittagsstein geschafft hatte.
KÖZ vom 20.1.1959. also ein halbes Jahr nach der stolzen Aufnahme mit
dem Kötztinger Stadtpfarrer.

Das nächste Pfingstfest erlebte Franz Fischer aber bereits nicht mehr. Ende März 1959 verstarb er 81 jährig und in seinem Nachruf ist auch beschrieben, wie er zu dem Titel gekommen ist.
KU vom 23.3.1959











Photo Kretschmer: Die feschen Bedienungen aus der Familie.
vl. Sperl Erika, Elfriede Lutz, (die spätere Ehefrau von Fritz Kasparofsky, aus deren Pfingstalbum
Frau Rabl Dachs auch die vielen Bilder abfotografieren durfte, vielen Dank dafür) und Sperl Rosemarie


Photo Kretschmer:  viele bekannte Gesichter
von vorne links: Kasparfsky Fritz, Pongratz Schorsch
rechts Wanninger Hans, Wolf Horst, Barth Schorsch, Winter Hans, Mühlbauer John,
Kapelle Moser

Photo Kretschmer: Aufstellung des Burschen- und Wanderervereins nach der Bewirtung in der Metzstraße. Im Hintergrund die Häuser Pongratz, Sperl und Vogl


Die Braut kommt:

Photo Kretschmer: Alle diese Buben und Mädchen sind nun schon
lange Großmütter und Großväter.
Rechts Graßl Hans und Sperl Poidl jun. Das Mädchen vor ihnen ist Renate Graßl

Photo Kretschmer: Heigl Theo - Sperl Maria - Fritz K. - Wellisch Xaver

Photo Kretschmer: Der Spielmannszug in der Schattenau - im Hintergrund das Rosenhammerhaus - 
Tambourmajor  Peter Strutz des kombinierten FFW und Pfadfinder Spielmannszuges

Photo Kretschmer: in der Bahnhofstraße. Bei Vogl Max war damals noch eine Tankstelle.

Photo Kretschmer: Das traditionelle Bild vor dem - eigentlich immer - verschlossenen Haupteingang
der Jahnhalle. das Mädchen HINTER dem Geschenkkorb ist Christa Rabl, jetzige Frau Rabl Dachs, der ich die allermeisten Personenzuschreibungen der letzten Jahre verdanke. Das Mädchen rechts am Korb ist Renate Graßl.

Photo Kretschmer: Ein tolles Bild in Bewegung, in der Krankenhauskurve.

Und dann kamen neue, autogerechte Zeiten in Kötzting an und der Charakter der Metzstraße änderte sich völlig. Hier noch einmal der Zustand bis Anfangs der 60er Jahre.

Noch zu meiner Kindheit, war diese Schotterpiste unser täglicher Spiel- und Sportplatz.

Dann wurde geteert



Arbeitskreis Heimatforschung Repro 1061


Mit dem Wegzug der Familie nach Reitenstein und dem Verkauf des Hauses, kam es zu einem Abbruch und einem Neubau.

Von Frau Rabl-Dachs habe ich ein Bild vom Abbruch des Hauses bekommen, auf dem man am Rande noch den Höhepunkt der Kötztinger Autogerechtigkeit erkennen kann: eine Parkuhr.
Photo Frau Rabl-Dachs


Und dann folgte der Neubau.





Bild Kybelksties









Zum Abschluss dieses Beitrags, der Hausname ist schließlich lange Jahre "beim Hafner" gewesen, ein Kruzifix, das sich in Familienbesitz befindet und vom letzten Hafner der Familie gebrannt worden sein soll.
Photo Frau Rabl-Dachs