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Samstag, 16. September 2023

Eine ganz besonderer Fund im bayr. Hauptstaatsarchiv

 Eine Papsturkunde aus dem Jahre 1378

Ein Fundbericht in zwei Teilen

Manchmal braucht es Zufälle, um in einem schon mehrmals durchsuchten Archivalienbestand dann doch noch einmal einen besonderen Fund zu machen.
Die Archivverzeichnisse über die Akten des Klosters Rott im bayr. HStA in München sind mit Sicherheit bereits mehrmals - auch von mir selber - akribisch daraufhin durchgesehen worden, ob sich darinnen vielleicht noch etwas über unser Kötzting verbergen könnte, und wir waren alle der Meinung: Da kommt nichts mehr.
Und da war auch nichts mehr, zumindest heutzutage, denn die Papsturkunde, die sich mittlerweile hat auffinden lassen, wurde bei einer Neubewertung - irgendwann nach 1953 - nicht mehr dem Bestand der Rotter Klosterliteralien und -urkunden zugeordnet, sondern liegt nun bei den Gerichtsurkunden Kötztings. 

bayr. Hauptstaatsarchiv München Gerichtsurkunde Kötzting Nr. 218 a

Manchmal braucht es eben den Zufall.  In der Vorbereitung auf den Blogbeitrag über die Jahreschronik Kötztings von 1953 mit seinem damaligen Festprogramm anlässlich der Stadterhebung, fand sich auch ein Schriftwechsel mit Dr. Max Piendl, einem früheren Archivrat des HStAs, der dem Kötztinger Marktrat eine Liste an Dokumenten vorschlug, die sich zu einer Ausstellung über die Geschichte Kötztings eignen würden.
Piendls Vorschlagsliste wurde angenommen und während der Pfingstfestwoche 1953 waren die 18 historischen Dokumente aus München Teil einer großen Ausstellung in der Kötztinger Landwirtschaftsschule.
Durch einen Vorbericht in der Kötztinger Zeitung fiel mir dann diese Liste in die Hände; eine Liste mit Dokumenten, die wir alle in der Vergangenheit bereits eingesehen und auch ausgewertet hatten....alle, bis auf die eine Urkunde unter Punkt 8!

KÖZ vom Mai 1953

Der in der Liste aufgeführte Kurztext steckte voller Überraschungen, eine Papsturkunde aus dem Jahre 1378 in der Kötztinger Bürger aufgeführt seien und in der sogar der Gschwandhof genannt wäre, einer von vier Kötztinger Urhöfen, heutzutage die TCM, die Klinik für traditionelle chinesische Medizin.
In dem Vorschlagsschreiben Dr. Max Piendls für seine Ausstellungsbeiträge waren sogar noch die  (Alt-) Signaturen für das Archiv in München zu finden. 
Leider stellte sich nach einem telefonischen Kontakt mit München sehr schnell heraus, dass die von Max  Piendl übermittelten Signaturen veraltet waren und wir daher um Geduld gebeten wurden.
Nach wenigen Tagen kam nicht nur die Erfolgsmeldung aus München, sondern unter der neuen Ablage fanden sich nun sogar zwei Papsturkunden, ausgestellt am selben Tag, die jetzt unter Gerichtsurkunden Kötzting Nr. 218a + b zu finden sind.
Wenige Wochen später erhielten wir die Digitalisate und standen vor dem Problem, dass wir mit einer Schrift konfrontiert waren, die nichts mit den Handschriften zu tun hatte, die wir in unserem Lesestammtisch seit mehr als 25 Jahren lesen. Dass die Urkunden auch noch in lateinischer Sprache abgefasst waren, machte die Sache nicht unbedingt leichter.
Das Hauptproblem jedoch war diese Handschrift, und so dauerte es, bis wir in Frau Dr. Sagstetter vom Staatsarchiv in Amberg die Person gefunden hatten, die uns buchstäblich den Schleier von diesen beiden Urkunden wegzog und uns den Inhalt interpretierte.
Bereits an dieser Stelle ein herzlicher Dank und eine Verbeugung vor ihrem Können und Wissen.
Zunächst jedoch die Abbildungen der beiden Urkunden:

Hier die Rückseite der obigen Papsturkunde vom 27.6.1378
Hier die Vergrößerung der obigen Rückseite, bei der von Kötztinger "payny et alii Rebelles" die Rede ist, also von (den) Kötztinger Pain (Eigenname)  und anderen Rebellen, unter denen sich auch ein "Gschwantl" vom "Gschwanthof" befinden würde. 

Hier nun gleich im Anschluss die zweite Papsturkunde, ausgestellt in Rom am selben Tag mit eigentlich demselben Auftrag, nur mit leicht unterschiedlichen Namen.

bayr. Hauptstaatsarchiv München Gerichtsurkunde Kötzting Nr. 218 a

Auch hier gibt es auf der Rückseite einen Kurztext, der wohl im 16. Jahrhundert dem Inhalt eine "Überschrift" geben sollte.

Hier lautet die Übersetzung und die Interpretation durch Frau Dr. Sagstetter:
"Keztingenses quidam cives bona monasterii occuparunt", was ich folgendermaßen übersetzen würde: Gewisse Kötztinger Bürger [hier haben wir einen Hinweis, dass es sich um Bürger des Markts Kötzting handelte] haben Güter des Klosters besetzt oder sich angeeignet.

Weiter nun mit der grundsätzlichen Analyse der beiden Urkunden durch Frau Dr. Sagstetter:

Beide Papsturkunden wurden am selben Tag ausgestellt und haben denselben Adressaten: In beiden Fällen beauftragt Papst Urban den Bischof von Chiemsee.

In beiden Fällen heißt es, dass sich Abt Heinrich und der Konvent des Klosters Rott darüber beklagt haben, dass gewisse, namentlich genannte Personen dem Kloster Unrecht zugefügt haben ("iniuriantur"), und zwar bezieht sich das Unrecht oder der Schaden auf Geldbeträge, Ländereien, Besitzungen und andere Dinge ("super quibusdam pecuniarum summis, terris, possessionibus et rebus aliis"). Genaueres darüber, was sich die betreffenden Personen zu Schulden kommen haben lassen und in welchem Verhältnis sie zum Kloster stehen (evtl. Grundholden?), wird nicht ersichtlich. Der Bischof von Chiemsee jedenfalls wird in beiden Fällen beauftragt, dem Kloster Rott wieder zu seinem Recht zu verhelfen, in dem der Papst ihn anweist ("mandamus"), die Streitparteien vorzuladen ("partibus convocatis"), die Streitsache anzuhören ("audias causam") und dann eine Entscheidung zu fällen; was er entscheidet, soll als kirchlicher Rechtsspruch gelten. Zeugen, die aus Hass oder Angst sich seinem Gericht entziehen sollten, soll er dazu auffordern, über die Wahrheit Zeugnis abzulegen.

In der einen Urkunde (Hier das Digitalisat am Anfang des Beitrages)  werden genannt: "Johel Anher, Hilprandus Gswant[el], Jacobus Rusner, Andreas Kesperger, Vlricus Payn, Fridricus Gaischelin, Petrus Wagner et Vlricus Gswantel, laici Ratisponensis diocesis", also alle Laien aus der Diözese Regensburg. Der ältere Archivvermerk auf der Rückseite lautet: "Keztingani Paynii et alii rebelles, inter quos et Gschwantlein [?] de Gschwanthof", also: die Kötztinger Payn und andere Rebellen, unter ihnen auch Gschwantlein vom Gschwanthof.
In der anderen Urkunde (Hier die Zweite Urkunde) werden genannt: "Johannes Prew, Conradus Payn, Stephanus Payn, fratres [=Brüder], Jacobus Knueting, Andreas Staindel, Conradus Beyde[...], Eckardus Sneider et Conradus Lauffing, laici Ratisponensis diocesis".
 

Wir haben hier also eine ganze Reihe von Kötztinger Bürgern, die vom Kloster Rott beschuldigt wurden, ihren Verpflichtungen gegenüber dem Kloster nicht nachzukommen oder sich sogar angemaßt hatten, Grundstücke oder sogar Anwesen, die dem Kloster grundbar waren, sich angeeignet zu haben.    
Für mich war auch noch eine weitere Frage von Interesse, warum bei dem Streit der Bischof zu Freising nicht eingeschaltet war, in dessen  Diözese Rott am Inn ja schließlich lag, und auch dazu erhielten wir Auskunft von Frau Dr. Sagstetter.

Der Bischof von Chiemsee wird in beiden Urkunden nicht namentlich genannt, sondern es ist nur vom "episcopus Chiemensis" die Rede. Laut Liste der Bischöfe in Wikipedia hieß er Friedrich, dieser war schon vor seiner Amtszeit als Bischof in päpstlicher Mission tätig, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bisch%C3%B6fe_von_Chiemsee bzw. https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_(Chiemsee). Dass Abt und Konvent sich in ihrem Anliegen nicht an den zuständigen Diözesanbischof wandten, sondern direkt an den Papst, und dass dieser einen auswärtigen, zumindest benachbarten Bischof mit der Streitbeilegung beauftragte, hängt wahrscheinlich mit der Exemtion des Klosters Rott zusammen, das direkt dem Papst und seinem Schutz unterstand, siehe https://hdbg.eu/kloster/index.php/detail/geschichte?id=KS0356 (müsste anhand weiterer Literatur oder Quellen verifiziert oder bestätigt werden). Eine Beteiligung des Diözesanbischofs (Freising oder Regensburg) wäre angesichts dieses Rechtsstatus wohl einem Affront gleichgekommen. Die Datierung lautet: "Datum Rome apud Sanctum Petrum V kalendas julii, pontificatus nostri anno primo". Die Ausfertigung erfolgte also in Rom St. Peter im ersten Jahr des Pontifikats von Papst Urban VI. Dieser war im April 1378 gewählt worden. Die Tagesdatierung folgt dem römischen Kalender: an den 5. Kalenden des Monats Juli, diese sind aufzulösen als 27. Juni. Also lautet das Datum: 27. Juni 1378, so wie es ein früherer Archivar auf der Rückseite der Urkunden richtig vermerkt hat.


Wir haben nun damit, dank der Übertragungs- und Interpretationshilfe von Frau Dr. Sagstetter die frühesten namentlichen Erwähnungen gleich einer ganzen Reihe von Kötztinger Bürgern, die auch noch, außergewöhnlich für diese frühe Zeit, durchgängig mit einer Art von Vor- und Nachnamen bezeichnet wurden. 
Mit dem gleich mehrfachen Auftreten des Familien  - vlt sogar Geschlechts-namens Gschwantl sollten wir damit auch den Namensgeber dieses Gschwandthofes vor uns haben, der bis weit herauf ins 19. Jahrhundert eigene "Afterlehen", Höfe im Zellertal besaß.
Der von Frau Dr. Sagsteller angesprochene Schutzstatus der "Exemtion" sollte sich direkt mit zwei anderen Urkunden aus der damaligen Ausstellungsliste des Jahres 1953 belegen lassen, siehe oben in dem Zeitungsbericht, die beiden Ausstellungsnummern 2 und 3.

An dieser Stelle noch einmal ein herzlicher Dank an Frau Dr. Sagstetter für ihre Mühen, die uns damit ein weiteres Stück der Geschichte unserer Heimatstadt aufgedeckt hat.



Sonntag, 8. Januar 2023

Eine Sensation aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv

Kötztings älteste Bürgerliste aus dem Jahre 1377


Ich habe jetzt fast als 40 Jahre Heimatforschung auf meinem Buckel, was mit Hunderten von  Archivbesuchen  - v.a. in München, Landshut und Amberg - verbunden ist, und trotzdem gibt es tatsächlich noch Überraschungen, und was für welche.
Doch der Reihe nach.

In Vorbereitung der Jahreschronik von 1953 fand sich unter den Dokumenten, die im Stadtarchiv aufbewahrt sind, auch ein Schriftwechsel mit dem damaligen Archivrat - und späteren Thurn- und Taxischen Archivdirektor -  Max Piendl aus Gehstorf.
Dieser bot an, als eine der Rahmenveranstaltungen im Zusammenhang mit der Stadterhebung Kötztings, auch eine Ausstellung mit herausragenden historischen Dokumenten aus dem Hauptstaatsarchiv München zu organisieren, und stellte dabei gleich eine Liste der möglichen Ausstellungsobjekte zusammen.

HStA München KL Rott 2 von 1377




Wie es sich gehört, um später nicht noch einmal die Signaturen heraussuchen zu müssen, verfasste er gleich einen Auszug aus den Repertorien und schrieb sogar die Signaturen der Archivalien dazu.

Nun ist es aber so, dass eigentlich alle Salbücher und all die anderen wirklich alten Archivalien des Klosters Rott sich fast an zwei Händen aufzählen lassen und wir - auch eigentlich - gedacht hatten, diese alle bereits gesehen zu haben und diese sogar in digitaler Kopie bereits zu besitzen.
Über die Archivalie KL Rott 2 allerdings wird im Repertorium, welches man in München einsehen kann,  nur aufgeführt, dass es die Besitzungen des Klosters im Bereich von "Pillersee" - liegt in Tirol - auflistet, was für uns nun einfach unwichtig gewesen war, und deshalb  niemand - außer eben Max Piendl im Jahre 1953 - sich veranlasst sah, in dieses Buch mal genauer hinein zu blättern.

In Kenntnis der Münchener KL-Rott Archivalien war ich auch zunächst sehr, sehr skeptisch. Nach einem Telefonat mit dem Archivoberinspektor - und Kötztinger -  Markus Frauenreuther im Hauptstaatsarchiv und dessen Recherche, war es klar, dass es diese Archivalie zumindest gibt. Dass bei der Erstellung einer Inhaltsangabe für das Repertorium die gegen Ende des Salbuches  beschriebenen Besitzungen rund um - und in - Kötzting einfach übersehen worden waren, war plötzlich die wahrscheinlichere Lösung.
Der Rest ging dann schnell. Da die Signatur bekannt war, konnte ich per E-Mail einen Fotoauftrag erteilen, in dem ich gleichzeitig gebeten hatte, wenn zulässig,  das Original auszuheben und ein farbiges Digitalisat zu erzeugen. Gleich im Neuen Jahr kam dann die Antwortmail aus München mit einem link zu einer riesigen Datei in der Dropbox.
Und los gings mit Pillersee, Pillersee und noch einmal Pillersee. Kein Wunder, dass die Archivare vor langer Zeit das Buch komplett der Hofmark Pillersee zugeordnet hatten.
Gegen Ende kamen aber dann tatsächlich die Besitzungen des Klosters im Bayerischen Wald.
Zunächst aber galt es einen Hinweis zu finden, wie alt die Archivale wirklich ist. Auf der Innenseite des Buchdeckels hatte vor vielen Jahren - oder, wie es in Kötzting heißt, vor unvordenklichen Zeiten -  schon einmal ein Archivar notiert - der Schrift nach im 18. Jahrhundert -, dass er dieses Urbarium auf das Jahr 1377 schätzen würde und beruft sich bei dieser Schätzung auf die Erwähnung zweier Orte in Verbindung mit alten Klosterurkunden.
Hier die Einschätzung auf das Jahr 1377


Die bisherig bekannten Salbücher - mit Kötztinger Bürgerlisten - des Klosters Rott  waren, in absteigender Abfolge: 
KL Rott 10 von 1620
KL Rott 113 von 1610
KL Rott 12 von 1584
KL Rott 111 von 1462
KL Rott 112 von 1445

Nun also das Salbuch von 1377, nur wenige Jahrzehnte nach der Bestätigung der Kötztinger Marktrechte im Jahre 1344.
Hier nun einige Auszüge des Inhalts.
Nicht nur der Markt Kötzting wurde mit seinen Abgaben beschrieben, sondern auch einige Dörfer, die zum Teil überraschend - im Vergleich zur Aussage in der Legende zur Pfingstrittsentstehung -  bereits sehr viele Bauernhöfe enthielten.

Was also kommt vor, soweit ich die historischen Namen auch korrekt lesen kann.... ich bin eher der Spezialist für die Kanzleischrift ab 1600 und nicht für die Frakturschrift Jahrhundnerte vorher.


Gleich beim ersten Dorf muss im vorerst passen, mit "Oenerstorf" kann ich im Moment (noch) nicht anfangen, ich vermute aber Anstorf, wegen der Stellung in der Liste. Allerdings muss es in diesem Dorf eine Zoll- eher Mautstation gegeben haben, denn der vorletzte Anwesensbesitzer wird als "thelonisator", also Zöllner, Mautner bezeichnet
Danach aber kommen beim ersten Zahlungstermin die Dörfer mit der Angabe der Bauernstellen in Form der "curia/Curiae" (= ganzer Bauernhof) und mit der Angabe der Besitzernamen.:
Also Anstorf 5 Bauernhöfe
Thenning 4 Höfe
Zettling mit 6 Anwesen
Gutendorf mit 3 Anwesen
Matzelsdorf mit 1 Anwesen, das aber in drei Teile geteilt worden war
Traidersdorf mit 5 Anwesen
Eintrag für Traidersdorf


Bärndorf mit 6 Anwesen
Wölckersdorf mit 4 Anwesen 
Grub 1 Anwesen
Friesendorf 1 Anwesen 
Arndorf  3 Anwesen 
Beckendorf 6 Anwesen
Zeltendorf 6 Anwesen
Gadsdorf 3 Anwesen

In Gadsdorf wohl ein Fechter - ein Präntl - und ein Kranberger

Diese Liste lief unter dem Stichpunkt: "Census estivalis", also die Sommerabgabe, zur Abgrenzung der folgenden Liste, die die Herbstabgabe "autumalis" kennzeichnete.

"Erste sommerliche Steuerschätzung - Zensus"

Gesamtsumme der sommerlichen Steuerschätzung

Nun folgte die Steuerliste für den Herbst.
Census autumnalis  .... die Herbststeuerschätzung


Hier folgen nun die Dörfer - zumeist dieselben und in derselben Reihenfolge wie im Sommer-, die im Herbst ihre Abgaben zu zahlen hatten:

Sindorf  2 Bauernhöfe,
Gutendorf - Matzelsdorf - Traidersdorf - Bärndorf, diesmal ausführlich - Wölckersdorf
Grub - Arndorf - Friesendorf (Friesenhof, eingegangen ) - Ansdorf - Thenning - Zettling - Zeltendorf 
Gradis - Gadsdorf

Nun schließt sich die Steuerschätzung für die adeligen Personen an.
Census nobilium
 
Bei den adeligen Familien z.B. wird unter anderem auch ein Steuerstreit mit den Erben von Fessmannsdorf erwähnt, und dann folgt endlich der Markt Kötzting.
Dieser Eintrag beginnt zunächst mit einer zweiseitigen und wunderschön geschriebenen Festlegung der Einkünfte und Rechte des Rottischen Amtmannes in Kötzting.

Hier der Anfang dieser Einleitung:
... des ersten hat der Amptman in dem Marct ze choesting von ieder Flaispanch auf Sand michels tag .5. pfenn und auf di weunachten von ieder protpanch .5. pfenn und auf den aufert tag von iedem chram .5. pfenn un an dem selb tag von iedem chram di nur huetten auf dem martt stet .1. pfenn und auf unser fraun tag in dem herbst von iedem schuester und von iedem Ledraer der in dem marct ze choetzting ein stet habent oder haben wellent si sein darin gesezzen hausleichn oder nicht .5.pfenn und von iedem vloder (Fluder) der auf dem weizzen regen herab rinnt, es sei ab den pergen oder aus panhoeltzn .2. pfenn .....

Und danach folgen die einzelnen Kötztinger Bürgerlisten:
Hier zunächst alle Landgüter "paedia" hier 35 an der Zahl, was vermutlich den späteren Marktlehen entspricht.  




Nach einer Liste von Pächtern einzelner Felder werden die Kötztinger Söldenbesitzer aufgelistet.



Am Schluss werden viele der Teilsummen zusammengezogen und ganz am Ende heißt es noch:
"De Lviij curijs in officio chötzsting vij char habern und vier gestrichen aechtling und Lxij huener"
Von den 58 ganzen Bauernhöfen im "Amt Kötzting" (werden noch) 7 Kar und 4 gestrichene Achtling hafer und 57 Hühner (abgeliefert).
I Kar Hafer waren ungefähr etwas mehr als 1800  Liter und ein Achtling betrug ca. 120 Liter als Hohlmaß.

In diesem Salbuch stecken noch einige Details in Latein, die es wert sind, genauer angesehen zu werden.
Auch wenn wir diese Namen - zunächst mit einer Ausnahme - nicht mit heutigen Häusern in Kötzting in Verbindung bringen können, so ist es doch interessant, das die meisten Altkötztinger bereits mit zwei Namen in der Liste aufgeführt sind.
Nachdem dieser Hinweis von Max Piendl sich bereits als  korrekt herausgestellt hat, werden wir auch die zweite, bisher unbekannte Archivalie ausheben und digitalisieren lassen, die Beschreibung der Gewerbetreibenden und der Marktstände von 1420 und die Pergamenturkunde, die den Ullrich Quantel betrifft, aus dem Jahre 1378. 


Dieser Ulrich Gswantel vom Gschwanthof ist zunächst der einzige, den wir mit einem bestimmten Gebäude in Kötzting festmachen können, und der auch in der Bürgerliste erscheint, nämlich ganz oben an erster Stelle. Der Gschwandhof ist die heutige TCM- Klinik von Anton Staudinger und bisher kannten wir den ersten bekannten Besitzer erst ab dem Jahre 1450 benennen.
Primo ulr Squant  : als erster Ullrich Squant

Lassen wir uns überraschen, was die zu erwartenden Archivalien aus München noch bringen werden.

Montag, 1. November 2021

Glossar



Glossar



hier sollen im Laufe der Zeit Begriffe erklärt werden, die in den einzelnen Artikeln benutzt werden und die für das Verständniss der Bedingungen in früherer Zeit wichtig bzw. notwendig sind. Diese Liste wird im Laufe der Zeit immer fortgesetzt

Plan der alten Turnhalle in Kötzting um 1930


 




 




Alleinehüten
Das sogenannte Alleinehüten der eigenen Tiere war von Staats wegen für alle Bewohner des Landes Bayern unter strenge Strafe gestellt und dieses Vergehen wurde auch regelmäßig geahndet und bestraft. Da die Amtspersonen, dem Brauch der Zeit entsprechend, von den Gerichtsstrafen und Gebühren einen persönlichen Anteil erhielten, wurden die Feldfluren auch sehr intensiv beobachtet. 

  




 


Alte und Neue Hausnummern in Kötzting

Kötztinger Zeitung vom Juni 1950





Amtsgefängnis

Zitat aus dem Buch Kötzting 1085-1985 Seite 148 Beitrag von Wolfgang Kerscher:
Schon 1817-1820 war ein Gefängnis als "Fronfeste" auf einem ehemaligen Klostergrundstück in der damaligen von-Schacky-Str, heute Krankenhausstraße erbaut worden. Es enthielt neben Wohnungen 10 Zellen im 1. Obergeschoß mit immerhin 7 - 15 qm Fläche. Zum 1.1.1949 wurde das Gefängnis geschlossen und an Justizbedienstete vermietet. Seit Frühjahr 1961 dient das umgebaute Gebäude dem Staatlichen Gesundheitsamt. 
Eine kleine Korrektur: ich meine, dass die Fronfeste als Ersatzbau für das alte Amtshaus auf dem Gelände des ehemaligen Widtums erbaut worden ist, das sollte damit aber ein Grundstück der Pfarrei Kötztings gewesen sein. das Widtum in Kötzting war der bauernhof des Kötztinger Pfarrers. Der Widtumbauer war kein Bürger Kötztings und das Widtum lag auch ausserhalb der Marktbefestigung.
Näheres zum Vorläuferbau der Fronfeste, dem sogenannten Amtshaus, siehe Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham Band 19 von 2002









Birkenberg
ein Form des Niederwaldes, meistens dem Hochwald (=Schwarzwald) vorgelagert. Diente zumeist als Waldweide und Fläche um daraus das Einstreu für das Vieh im Stall einzubringen. Durch regelmäßigen Schnitt hinunter auf den Stock einem idR 6-7 jährigen Turnus wurde diese Fläche als Lichtwald dauerhaft erhalten.
Aufgrund des zügigen Umtriebs waren es fast ausschließlich Laubgehölze, die in den Birkenbergen heranwuchsen. Durch die permanente Entnahme von Laub zum Einstreu und als Notfutter, verarmten die Boden immer mehr und enthielten eigentlich nur noch Pioniergehölze, die auch mit schlechtesten Bedingungen klar kamen. 
Birkenberg bei Kettersdorf
















Braurecht:

nur die (männlichen) Besitzer der Kötztinger Marktlehen hatten lt. Freiheitsbrief das uneingeschränkte Recht im Kommunbrauhaus zu Brauen und das Bier dann im eigenen Hause auszuschenken. Die Söldner hatten diese Recht nur eingeschränkt, das heißt sie durften nur die Menge brauen lassen, die sie zum eigenen Verzehr benötigten. Die Häusler durften erst gar nicht brauen lassen.

CSU in Kötzting

Christlich soziale Union, wohl im Spätherbst 1945 in Kötzting gegründet, da noch im Dezember 1945 die Wahllisten eingereicht worden waren. Nannte sich damals noch Christlich Soziale Vereinigung. Ein genauen Gründungsdatum ist nicht bekannt. Nach der von den Besatzungsmächten initiierten Kommunalwahl kam es dann zum Parteizusammenschluss auf Landesebene.

 

 










Freiheitsbrief
Im Marktrechtsprivileg Kaiser Ludwig des Bayern vom 11. November 1344 heißt es unter anderem: Von erst wan der Markt getheilt ist von dreu Höfen zu 36 Burglehen und in 12 Sölden, wollen wür, wer der Lehen eines mer oder minder inn hat, der soll arbeiten all die Arbeit, die den Markt angehört mit Fludern, Fleischwerken, mit Pachen, mit Schenken, mit Gastung und mit anderer Arbeit und Handwerken. [1]
 Weiter heißt es dann:
So ist ein Hof getheilt in 20 Theil in dem Markt, und derselben Theill einen oder mer soll kein Man nit haben, er habe dan ein Burglehen.


ganzer Bauer

die Bauernhöfe in den Dörfern wurden nach einem sogenannten Huffuß versteuert. Es gab somit einen - auich im Sprachgebrauch und innerhalb von Dokumenten - ganzen, halben und Viertelbauern. Der ganze Bauer (1/1) und der halbe Bauer (1/2) wurde umganssprachlich auch normal als Bauern un deren Kinder als Bauernsöhne und Bauerntöchter angesprochen. Mit dem Viertelbauern begann der Bereich der Söldner, 1/4 und 1/8 Höfe und auch Söldnerssohn, Söldnerstochter.
Nach den Söldnern kamen in der Steuereinteilung dann die Häusler (1/16 und 1/32)
Im Markt Kötzting entsprach die Einteilung Marktlehner - Söldner - Häusler.
Nur der Hoffuß war für die Höhe der (staatlichen) Steuer ausschlaggebend, es war egal, ob der Besitzer gut oder schlecht wirtschaftete.
Anders war dies beim Zehent, hier wurde der steuerliche Anteil an der Höhe der Ernte gemessen.




 






die Niedere und die Hohe Gerichtsbarkeit


Vorausgeschickt muss hier werden, dass man in den alten Tagen nicht einfach ein Untertan/Bewohner des Kurfürstentums Bayern war, sondern es unterschiedliche Grundherrnverhältnisse gegeben hatte. Solch ein Grundherr  konnte tatsächlich der Kurfürst mit seinen Regierungen in München, Landshut, Straubing und Amberg sein,  dies traf bayernweit aber nur ungefähr auf 1/3 der Bevölkerung zu. Die restlichen 2/3 der Bevölkerung hatten Hofmarksherren (Adels- oder Klosterbesitz  z.B. Runding und Blaibach für die ersteren und  Grafenwiesen und Grub als Beispiel für die zweite Möglichkeit).
In manchen Dörfern gehörten die einzelnen Bauernhöfe zwei, drei oder mehr unterschiedlichen Grundherren an. Spitäler, Klöster und Kirchen konnten weitere Beispiele für Grundherren sein.  
Nur die Hofmarken in Adelsbesitz und die Bürgermeister der Städte und Märkte durften über ihre Untertanen auch selber zu Gericht sitzen einschließlich solcher Rechtsgeschäfte, wie es heutzutage bei einem Notar gemacht werden würde. Man sprach hier von der "Niederen Gerichtsbarkeit". Die anderen Grundherren mussten sich einer staatlichen Aufsicht unterwerfen und einen eigenen Probstrichter bestellen - bei uns zumeist in Personalunion der Landrichter.
Auch heutzutage werden Straftaten ab einer gewissen "Gewichtigkeit" nicht mehr vor einem kleinen Amtsgericht sondern bereits in höherer Instanz verhandelt. Bis herein ins 19. Jahrhundert wurde eben zwischen einer "Niederen" und Hohen" Gerichtsbarkeit unterschieden.

Wer die Niedere Gerichtsbarkeit besaß, konnte über seine  Untertanen zu Gericht sitzen, wenn es sich um genau definierte Fälle von geringer Wichtigkeit handelte.
Darunter fielen zum Beispiel Beleidigungen (ohne Fluchen), kleine Raufereien (Ohne Waffen und ohne dass Blut geflossen sein darf), Leichtfertigkeiten (un- oder vorehelicher Geschlechtsverkehr) und Weidestrafen, um nur einige zu nennen.
Auch Fürkaufstrafen, also ein heutzutage geförderter Einkauf direkt auf einem Bauernhof, wurde wegen der Umgehung des Markplatzzwanges verfolgt.
Die ausgesprochenen Strafen bewegten sich im Bereich einiger Kreuzer bis weniger Gulden und nur in Fällen der "Unvermögenheit" wurden Arreststrafen ausgesprochen. Solch ein "bürgerlicher" Arrest dauerte eigentlich nie länger als 4-5 Tage. Der Markt hatte seinen eigenen Pranger an der Rathausaußenwand und auch eine Geige und Stock strafe wurde angewandt.

Bereits bei Beleidigungen von Handwerksmeistern untereinander endete die Kompetenz dieser untersten Instanz und es musste vor dem Pfleggericht verhandelt werden.
Dieses Pfleggericht sprach natürlich auch Recht nicht nur in Fällen der Hohen Gerichtsbarkeit für sämtliche Untertanen Altbayerns , sondern verhandelte auch die "niederen" Fällen für seine eigenen Untertanen. (nur 1/3 der Bevölkerung s.o.)
Auch das Pfleggericht unterschied grundsätzlich zwischen "Strafen und Wändeln" auf der einen und "Prozesse gegen Malefizpersonen" auf der anderen Seite.
Die Aufgabe des Richters in den ersten Fällen war nicht nur Recht zu sprechen und eine Strafe festzulegen, sondern auch den Schaden wieder gut zu machen, also zu wandeln.
Viele Gerichtsprotokolle enden am Ende des Beschlusses mit der Aussage des Richters, das er nun den Kläger und Beklagten wieder zu "Gueten Freunden" erklären würde.
Beleidigungen oder Schläge wurden durch deine Geldstrafe "gewandelt".
Auch hier wurde nur in Fällen einer "Unvermögenheit" eine Arreststrafe ausgesprochen.
Auch Pranger,  Geigen- und Stockstrafe kamen nur in Anwendung, wenn eine Zahlung nicht geleistet werden konnte. Leichtfertigkeiten wurden hier allerdings anders behandelt, die Strafen waren exorbitant hoch im Vergleich zu den üblichen Strafen, was aber auch im Codex vorgeschrieben war.
Interessant bei vielen Prozessen ist auch das Prozedere, WIE und vor Allem WO ein Verhafteter an den Kötztinger Amtmann übergeben wurde. Es gab offensichtlich genau festgelegte Stellen an den jeweiligen Gebietsgrenzen, an denen solch eine Übergabe durchgeführt wurde.
Ein pfleggerichtischer Amtmann konnte also nicht einfach in ein hofmärkisches Gebiet als Amtsperson hineinmarschieren um einen Verhaftung vorzunehmen bzw. um einen bereits Verhafteten abzuholen.

 








Gschwandhof

der Gschwandhof in Kötzting lag ausserhalb der Marktbefestigung und zählt zu einem der vier Kötztinger Urhöfen. Der Gschwandhof war ein Marktlehen und hatte im Zellertal selbst zwei Afterlehen, Bauernhöfe also, die dem Besitzer des Gschwandhofes abgabenpflichtig waren.
In früheren Zeiten oft in Händen von adeligen Besitzern, wurde es um 1700 vom Stiefgroßvater Luckners zum Gesamtkomplex der Familienfolge  Billich - Krieger -  Luckner - Poschinger - Schrank, nun Haus des Gastes hinzugekauft. Er blieb bis zum Ende des 19. Jahrhundert im Familienbesitz und wurde danach Krankenhaus und Josephsheim und ist nun Heimat der ersten Klinik für traditionelle chinesische Medizin in Kötzting, kurz TCM.


Besitzer auf dem Gschwandhof in Kötzting


Der Gschwandhof war einer der vier Urhöfe Kötztings. Bei der Aufteilung des Gschwandhofes bei der Marktgründung entstanden aus dem Besitz des Gutshofes all die Marktlehen, die aufwärts gesehen an der linken Marktstrassenseite standen[1]. Die dem Hof verbliebenen Gründe wurden dann 1505 weitestgehend abgetrennt. Heute beherbergt das Gebäude die sogenannte TCM- Klinik, die Klinik für traditionelle chinesische Medizin




1462                 Gschwandhof  1/2 oed Lehen und 2 Thaile        KL Rott 111      
1505                 Wirt Jakob Bürger  verkauft an den Staat           BL 94                                    
1505                 Zöhelen Jakob als Lehen vom Landesherrn[2]
1584                 Yettinger Hans                                                            KL Rott 110
1630                 Rosenhammer  Mathias                                              KL Rott R1
1638                 Rosenhammer Mathias Erben                                       KL Rott R1
1647                 Sinzl Hans Georg                                                         Reg SR A 4211
1661                 Perr Hans                                                                    KR Kötzting 1661
1650                 Poxhorn Georg, Bürger                                    KL Rott B1
1650                 Prantl Ander Hammerschmied Stifter
1667                 Dengscherz Georg                                                       KL Rott R2
1706                 Dengscherz Hans                                                        BP Kötzting 3
1706                 Hofmann Martin
1710                 Krieger Hans                                                               BP Kötzting 5
1711                 Raab Jakob Stifter                                                      Rechnungen K
1737                 Schall Johann Stifter                                                    Rechnungen K
1737                 Luckner Samuel                                                           BP Kötzting 13
1738                 Widtmann Hans Adam ehem Marktmüller Stifter BP Kötzting 13
1750                 Rössler Kaspar, Stiftwirt                                              BP Kötzting 16
1750                 Kollmeier Michael Stifter
1784                 Wöhrl Ander Stifter
1811                 Schrank Johann Georg           
1828                 Schrank Ignaz


[1] BayHStA Landshuter Abgabe 1982 KL Rott B2  von 1654 Seite 58 : Georg Poxhorn hat den Gschwandhof, von welchem der dritte Thaill deß Marckhts genommen worden, ligt die Behausung Stadl und Stallungen negst dem Churfüstl: Schloß und Zehentstädeln.
[2] BayHStA Ausw. Staaten Böhmen Lit. 94  die zum Gschwandhof gehörenden Grundstücke wurden abgetrennt und der Kirche Kötzting als Besitz zugeschlagen, so zum Beispiel die großen Wiesen in der oberen Au, im Genskragen und in der Angerwiese. Beim Gschwandhof verblieben nur das „Haws, hoffstat und ein stadel mit sambt ainem Lehen, das in die drew velld drey äcker hat, die gelegen sein im Marktfeld, auch ainen Krautgarten bey dem Weg gen Grueb und ain Wissfleckel“ .
 



 







 Häusler, siehe Freiheitsbrief, siehe ganzer Bauer
Die (Leer)Häusler im Markt Kötzting  hatten weder Brau- noch Schankrecht, und nur wenn einer dieser Bewohner eine Handwerksgerechtigkeit besaß, so durfte er seinen Beruf in diesem Haus ausüben. Sogar die Viehhaltung war bei den Häuslern stark eingeschränkt, teilweise ausdrücklich verboten. Dies hatte seinen Grund vor allem in den sehr stark begrenzten Weideflächen, die den Kötztingern zu Verfügung standen. Da es ja die Eigenheit deines Hausanwesens war, eben keinen Grund und Boden zu besitzen, hätte ja ein Häusler sein Tierfutter nur illegal besorgen können, unter die Gemeindeherde auszutreiben war ihm ebenfalls untersagt.
Auf den Dörfern war ein Häusler ebenfalls eine steuerliche Größe.
Hier begann der Häusler bei einem Hoffuß von 1/16 bis 1/32. Auf vielen Dörfern war es Häuslern allerdings erlaubt - anders als im Markt Kötzting, wo die Marktlehner ein Vorkaufsrecht hatten und es auch ausübten - ein frei verkaufbares Grundstücke zu erwerben.







  Innerer Rat
der Innere Rat im Magistrat Kötzting bestand aus 4 Mitgliedern. Die inneren Räte 
stellten abwechselnd den Amtskammerer.
  
Inwohner
Schlechter gestellt als die Bürger  waren die sogenannten Inwohner, die am besten als Mieter zu verstehen sind. Zu diesen Inwohnern waren auch die  Alteigentümer der Anwesen nach der Übergabe zu rechnen. Der sogenannte Leibtümer, vorher möglicherweise ein stolzer Kötztinger Marktlehner, verlor also alle seine Bürgerrechte im Moment der Übergabe an den Übernehmer oder Käufer und fand sich am unteren Ende der Sozialleiter wieder.
Auch die Be3amten des Pfleggerichtes waren in Bezug auf den Markt Kötzting, so sie nicht zufällig auch ein Anwesen besaßen, nur Inwohner und hatten kein Bürgerrecht, auch der Pfarrer übrigens nicht.

Italiener in Kötzting

bedingt durch den sogenannten "Schwedeneinfall" 1633 beginnen viele Kötztinger Archivalien erst nach dieser Zäsur. Aber auch in den wenigen Akten, die wir aus anderen Archiven aus der Zeit vor diesem verheerenden Stadtbrandt haben, tauchen bereits Hinweise auf italienische Mitbürger auf,  also nicht Mitbewohner sondern volle Bürger mit Hausbesitz und Bürgerrecht. So kennen wir aus dem Ende des 16. Jahrhundert einen Maurermeister, der in den Rechnungsbänden des Pfleggerichtes wahlweise als "welscher Mauerer" bzw. "Maister Christian" benannt wird.
Ende des 17. Jahrhunderts erhält ein italienischer Kramhändler mit Namen Türanck das Kötztinger Bürgerrecht, ein Zweig dieser Familie ist auch in Neukirchen beim hl. Blut ansässig. Eine langjährige Tradition italienischer Kaufleute finden wir auf dem heutigen Anwesen Voithenleithner.  Ganzini und Fabrici sind die überlieferten Namen dieser italienischen Familien.
Eine Erinnerung an Johann Baptist Fabrici  ist die Marienstatue, die heutzutage vor der St. Anna Kapelle in der Kirchenburg steht.


Kammerer
Was in anderen Märkten und Städten der Bürgermeister war, wurde in Kötzting "Kammerer"
genannt. Die vier inneren Räte vergaben untereindnder wechselnd  im Halbjahresturnus das Amt des "amtierenden Kammerers" und das des "Vicekammerers". Anders als heutzutage war ein Kammerer bzw. Bürgermeister allerdings nicht nur Chef einer Verwaltung sondern auch, um mit heutigen Worten zu sprechen, Polizeichef, Bauleiter, Richter und Steuereinnehmer.

 





Leikauf
Sogenanntes Drangeld, Aufgeld auf den eigentlichen Kaufpreis eines Objektes, oder beim Viehkauf. Erst die Bezahlung des Drangeldes machte einen Verkauf rechtsgültig. Sehr häufig wurde der Leikauf dann anschließend bei einer Einkehr verzehrt, wobei der Käufer die Zeche zu bezahlen hatte.


 







Marktlehner siehe Freiheitsbrief
 Im Freiheitsbrief wird die Aufteilung des Marktes bei seiner Entstehung dokumentiert.  Aus dieser Anfangszeit stammt also die Aufteilung in 36 Marktlehen, 10 (an anderer Stelle 12) Sölden und 20 Teilen.  Die Marktlehner waren gewissermaßen die Oberschicht in Kötzting. Ausgestattet mit allen Rechten, die das Marktprivileg erlaubte, einschließlich des uneingeschränkten Brau- und Schankrechtes. Das heißt in Kötzting hatten Besitzer von 36 Marktlehen, und nur  diese, die Erlaubnis im Kommunbrauhaus brauen zu lassen, ein Wirtshaus zu betreiben und sie nutzen dies auch weidlich. Über 700 Jahre lang stand der Begriff Marktlehner für eine privilegierte Bürgerschicht in Kötzting. Ursprünglich hatten wohl auch nur die Marktlehner das Recht der freien Handwerksausübung. Um hier keinen Wildwuchs aufkommen zu lassen und um ein einträgliches Miteinander im Markt zu ermöglichen, ist es wohl dann im Verlauf der Jahrhunderte zu Einschränkungen der Handwerksausübung gekommen, so dass eine genau festgelegt Anzahl z. B. der Bäcker und Metzger niemanden zu sehr belastete.
Die Marktlehner (und Söldner) konnten Grundstücksverkäufe an Inwohner und Häusler verhindern oder einen bereits erfolgten, auch bereits verbrieften, Verkauf nachträglich zu ihren Gunsten rückgängig machen. Sie hatten ein Einstands- bzw. Vorkaufsrecht und übten dieses auch regelmäßig aus.
Nachdem die persönliche wirtschaftliche Stellung auch den Sitz im Magistrat und in den Ausschüssen beeinflusste, waren  die Marktlehner dort  sehr stark überrepräsentiert.




reverendo, manchmal auch s.v.
mit Verlaub, dieser Ausdruck wird in Schriftsätzen benutzt wenn von unanständigen oder stinkenden Dingen die Rede ist, also wenn es um Tiere, Schmutz, Kot, Unterwäsche oder um Nacktheit geht


 







Söldner, allgemein siehe Marktlehner und ganzer Bauer
Die Söldner im Markt Kötzting dagegen hatten das Braurecht der Marktlehner nur eingeschränkt, das heißt, Söldner durften nur festgelegte Mengen brauen (1 Sud pro Jahr), das Schankrecht besaßen die Söldner überhaupt nicht.
Die Hofgröße war in der Regel auch kleiner als bei den Marktlehnern
Für Söldner auf den Dörfern siehe: ganzer Bauer


Stadtbrand von 1867

in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni ca gegen 23.oo Uhr brach in einem Hintergebäude des brauenden Bürgers Amberger (heutzutage die Gastwirtschaft Dreger) Feuer aus. In kürzester Zeit fraß sich das Feuer über zahlreiche Feuerbrücken bis hinauf zum Torplatz und bis hinunter zu dem Bereich der heutigen unteren Marktstraße, dort wo jetzt die Firma Oexler ist. Allerdings hat es damals diese Straße nicht gegeben. In diesem Ortsteil stand unter anderem die Wuhn und das Bürgerspital, beide wurden ein Opfer der Flammen. Als Lehre aus dem erneuten verheerenden Brand wurden beim Wiederaufbau Brandschneisen gelassen, d.h. mehrere Anwesen wurden nicht wieder aufgebaut und der Straßenverlauf wurde an manchen Stellen geändert.


[1] KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.29