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Donnerstag, 7. Oktober 2021

Kötzting 1653 - eine Frau wird als Hexe zum Tod verurteilt

 Frau als Diebin verhaftet, als Hexe hingerichtet und ihr Körper verbrannt



Der Landrichter Kötztings hatte, wie seine Kollegen in den anderen Landgerichten ebenfalls, den sogenannten Blutbann. Er konnte also - immer auf Anordnung seiner vorgesetzten Behörde, der Regierung in Straubing - Strafen, die ans Leben gingen, aussprechen und unter seiner Aufsicht vollziehen lassen.
Dieses Gerichtsverfahren begann ganz "unschuldig" mit einer Anklage wegen Diebstahls und endete tragisch mit einem Todesurteil.
Gleichzeitig erfahren wir durch die Details im Rechnungsbuch, welcher Aufwand bei der Hinrichtung hatte betrieben werden müssen.
Die Prozessakten selber haben sich nicht erhalten - sie wurden bereits vor Jahrhunderten als nicht archivwürdig erachtet und vernichtet -, aber die Finanzbehörde, die die Kontrolle der Rechnungsbücher ausübte, entschied über ihr Material anders und so kennen wir grundsätzlich das Prozedere - und die Kosten - bei vielen Strafprozessen.
Manche Rechnungsreihen wurden - aus Platzgründen - dezimiert, d.h. es wurde nur jeder zehnte Band archiviert. Die Kötztinger Bücher können wir allerdings - Gott sein Dank - fast vollständig seit dem Jahre 1600 einsehen, weil damals mindestens immer drei Exemplare geschrieben und diese an unterschiedlichen Stellen aufbewahrt wurden. 
Nun geht´s  also ab ins Jahr 1653 und aus den Bruchstücken des Prozesses  - sprich die Ausgaben, die dieser Prozess verursachte - im Rechnungsbuch versuche ich den Vorgang zu rekonstruieren.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1653, ein schöner Band, in hellem Leder gebunden


Ambts Rechnung
Landgerichts Közting
Mein Hanns Wolfen

Yedingers von Camereckh auf Fischbach, Curfrtl: drtl: in Bayern etc. Obristen Leittenanth, Pfleger, Castner, Landt: und Vogtrichters zu Közting, Alles Ennemmen: und Ausgebens bey dem Landgericht alda, von dem Neuen Jahr anno 1653 bis widerumben auf selbige Zeit anno 1654 welche durch den curfrtl: Gerichtsschreiber Thomas Rotthauer beschriben worden, de Anno 
1653
 
Einschub
Die drei Ämter: Landrichter, Kastner und Vogtrichter werden in anderen - größeren - Landgerichten tatsächlich von drei Personen ausgeübt. Im Landgericht Kötzting übernahm der Landrichter auch das Kastenrichteramt ab dem Jahre 1573 und das Vogtrichteramt ebenfalls in Personalunion ab dem Jahre 1580.
Im "FERCHL" finden wir über Hans Wolf Yettinger folgendes:

bayerische Behörden und Beamte 1550-1804 von Georg Ferchl
Einschub Ende

Im Ausgabenteil der Pfleggerichtsrechnung gibt es eine eigene Rubrik für Strafprozesse und für Aufgaben auf Botenlohn. In beiden Kapiteln findet sich ein Niederschlag der einzelnen Prozesse, weil Vernehmungen zu neuen Erkenntnissen - und Nachfragen - führten und die einzelnen Prozessschritte immer nach Straubing gemeldet hatten werden müssen, von wo dann auch die nächsten Schritte angeordnet wurden.



Ausgab auf Malefiz
Persohnen





25. Juni 1653
Auf beschechen zueschreiben des curfrtl: Hauptmanns zu Furth, Georg Sigmund Pelkhovers etc. hat die zu Eschlkamb, weegen bey der Nacht beschechener Einsteigung und daryber betrettenen Diebstals halber verhaffte Weibspersohn, so sich Ursula Wolfen Schinn Schneiders von Neukirchen bey Neuburg vorm Wald Eheweib genenet, nachher Közting in die Fronfesst gebracht werden muessen, Ist selbige den 25. Juny diss Jahr von alhiesigem Landgerichts Ambtman gebreichiger massen ybernommen und alhero in Verhafft hinach ihr Guettliches Examen und eingeholte Erfahrung der curfrstl: hochlobl: Regierung Straubing berichtet. Anfenklich Ime Ambtsman, Inhalt des Zetl No 3 bezalt worden 1 Gulden.

In Eschlkam wurde also eine Frau bei einem Einbruchsversuch geschnappt und verhaftet und vom Hauptmann in Furth - nach Bericht an das Landgericht - dem Kötztinger Amtmann übergeben und ins Gefängnis gesteckt worden. Nach einer ersten Vernehmung mit Rückfragen bei den angegeben Orten, wurde ein erster Bericht nach Straubing geschickt.
Um die Frau an der Zuständigkeitsgrenze - solch ein "Verschub" einer Person geschah damals nicht von Punkt A nach Punkt B, sondern an den Amtsgrenzen wurde eine Person - nach Vorankündigung - angeliefert und dort von den zuständigen Amtsleuten in Empfang genommen.
Im Falle der Ursula Schinn kamen zum Schutz und zur Begleitung gleich 6 Männer mit an die Bereichsgrenze.





Vermög vorigen Zetl ist denen 6 mit gehebten blaitters Mänern durch ime Amtsman in Zöhrung bezalt worden.   51 xr  4 H

Bereits am 3. Juli  - also noch vor der ersten Befragung - wird der Gerichtsbote - "Diebstahls und anders halber" - zum Hauptmann nach St. Katharina geschickt, " der zu Bergreichenstein in Behamb gewohnt, weillen under seiner Verwaltung ain Underthon in der nacht abbrennth und die verhaffte Schrinin selbiges gethan haben solle"
Botenlohn: "2 Meil weegs Iner Landts 18 xr und 7 Meill Ausser Landts "1 fl 10 xr und anschließend "1 Tag Warttgelt  15 xr".

Den 4. July hat gedachter Ambtman die Schirnin daß erstemall zu guettlichen examen vor Gericht gefierht gebürth Ime dishalber  8 xr  4 H

Am 17. Juli wurde der Gerichtsbote Martin Rädlinger mit einem Bericht zur Regierung nach Straubing geschickt, wo er auch zuerst noch einen Tag zu warten hatte, bis er am 18. Juli mit einem "Regierungsbefehl" zurückgehen konnte.

Dem 26. dito (Juli) gedachte Schinnrin Crafft gdisten Regiments bevelchs, datirt den 18. July mit den Painschrauffen torquirt und dem Ambtman nach vorgemelten zetl votzefihren gegeben worden 17 xr

Am 29. Juli wiederholt sich die Situation, der Bote bringt einen Bericht nach Straubing, wartet einen Tag bis dort entschieden - und die Befehle schriftlich ausgefertigt worden sind - und kehrt am nächsten Tag nach Kötzting  zurück

Den 2. Aug: ist obige Schinnrin zu weitern Examen vor Gericht gefiehrt und der Ambtman deswill empfangen 17 xr


Den 7. dito (August) Ist selbige abermallen zum Examen vorgefiehrt worden, gebührt dem Ambtman 8 kr und 4 H

Am 13.August geht der nächste Bericht nach Straubing, diesmal dauerte die Bearbeitung dort länger, und so musste der Gerichtsbote zwei Tage in Straubing warten, ehe er nach Kötzting mit neuen Befehlen zurückkehren konnte.

Ingleichen den 16. Aug: von mehrmallig fürfiehren der Verhafften Schinnrin, welches weitters yber Einkhomen Erfahrung güettlichen Angefragt worden, dem Ambtman 8 xr 4 H

23. August: neue Aussagen der Delinquentin bringen neue Fragen, und so muss der Gerichtsbote nach Cham marschieren, um dort diese überprüfen zu lassen.

Den 2. 7ber (September) Ist angeregter Schinnrin daß Leben Ab: ihr Mallefiz Rechtstag angekhündigt, dem Ambtman, das Sye abermallen vorgefirth bezalt worden 17 xr

Von obigen dato an, sye bis uf den dritten diss (3. September) 3 Wachter bestelt und iedem des Tags dzurch den Ambtman in Zöhrung 1 Schilling Pfennig verraicht worden, lauth der allegierten Zetl No 3 1 Gulden 17 xr


Nach der Überstellung nach Kötzting Anfang Juli und mehreren Vernehmungen, davon eine unter der Folter, erbrachten die "Ergebnisse" neue Fragestellungen und Tatorte, die ihrerseits wieder neue  Botengänge notwendig machten. Für die Vernehmungen wurde die Gefangene jedes Mal dem Landrichter vorgeführt. Für diese "Amtshandlung" des Amtsmannes gab es eine eigene "Ziffer" in seiner Gebührenordnung, nämlich das Aus- und Einschließen der Gefangenen.
 
Nach ungewöhnlich kurzer "Untersuchungshaft" im Kötztinger Gefängnis kam von Straubing bereits das Urteil: Die arme Frau wurde abschließend ins Pflegerschloss in der Kötztinger Kirchenburg gebracht, wo der Landrichter ihr eröffnete, dass ihr das "Leben abgesprochen"  worden sei und ihr gleichzeitig der Tag der Hinrichtung mitgeteilt wurde. (Malefizrechtstag)
Offensichtlich lag zwischen der Urteilsverkündigung und der Hinrichtung nur ein einziger kurzer Tag.
Dieses Datum  ergibt sich auch aus der Abrechnung des Amtmannes für 71 Tage Kostgeld.
Vom 25. Juni (einschließlich) bis 3. September (einschließlich) sind es genau 71 Tage.



"71 Täg das Cosstgelt, des Tags 8 xr 4 H: trifft  10 Gulden 8 kr 4 H
Von obiger Zeit an das gebräuchige Sizgelt, ieden Tags 3 kr tuet 3 fl 33 kr

Dann weillen gedachte Schinin das jenige Geschirr, darinnen Ihr die Speiss und Trunckh yberraicht worden, neben all anderen sachen waß sye bekhommen khindten, zerbrochen und zu Schaden gemacht, Alß ist Ime Ambtmann, Inhalt vorig seiner Zetl bezalt worden 1 fl 30 xr"
 
Hier haben wir also das Kostgeld und das Sitzgeld (für die Abnutzung der Zelle) für die 71 Tage.
Dass die arme Frau in ihrer Verzweiflung alles in der Zelle Erreichbare kurz und klein schlug ist nur zu verständlich, angesichts des Urteils, das sie erwartete.

"In der Schinin lesten 3 Tagen, umb abgeholten Wein außgelegt worden. 24 xr
Ein und Ausschluss Gelt  17 xr
Als selbige vom Ambthaus in die Schrannen gefiert worden, trifft dem Ambtman sein depudat
Von Ausrueffung des Glaitts, Ime Ambtman 17 xr
Gedachter Ambtman, hat vor 6 Clafter Tennenholz, so zu verprennung der Justificirten Schinin Körper /Seithmalen sye ain Hex gewesst :/ verbraucht, ausgelegt, so ime Inhalt des Zetl widerumb bezalt worden. 3 fl"

In ihren letzten drei Tagen bekam die verurteilte Frau also Alkohol - hier Wein - als Henkersmahlzeit.
Der Amtmann wurde nun für jede "Handreichung" bei der Hinrichtung  - entsprechend seiner Gebührenordnung - bezahlt. Das Ausschließen der Gefangenen von der Keuche (Zelle), der Transport vom Gefängnis an die Hinrichtungsstätte auf dem Galgenberg. Für diesen Transport musste er wohl zusätzlich für einen Schutz sorgen (Gelait) und 6 Klafter tannenes Brennholz zur Verbrennung des Körpers musste er herbeibringen. 1 Klafter waren gut 3 Ster und damit ca. 18 cbm Brennholz.
Eine Menge, mit der man ein Haus sicherlich zwei Winter hätte heizen können. 
Nimmt man den Gulden mit ca. 150 Euro an, so kommt man auf einen Preis für einen Ster Holz von ungefähr 25 Euro. Diese Rechnung dient aber nur dazu, um anhand von dem einen oder anderen Produkt, das es auch heute noch gibt, sich dem Kaufwert eines Gulden ANZUNÄHERN.
Da die persönliche Arbeit damals aber nur sehr schlecht bezahlt wurde - der Tageslohn eines Handwerkers war damals 20-22 Kreuzer, also 1/3 Gulden - bildet solch eine Rechnung immer nur einen Aspekt ab.
Schlussendlich steht hier das Schlüsselwort: Sie wurde als Hexe hingerichtet und daher musste ihr Körper verbrannt werden.

Die 18 Klafter Brennholz waren aber offensichtlich nicht genug, um jede Spur des Körpers zu beseitigen:



" Vor 17 Pfund Pöch welches der Nachrichter zu erstgemelter Verprennung bedürfftig gewest 42kr 4 H"
Hier ist nun zum ersten Male der "Nachrichter" genannt, eine Umschreibung für den Henker oder Scharfrichter. Offensichtlich musste der Amtmann zwar das Brennmaterial herbeibringen, aber das Verbrennen selber musste der Henker bewerkstelligen.

"Crafft von allegirt ervolgten Gdisten Regimentsbevelchs, datirt den 18. July hat zu vermelter Schinin Torquirung mit den l braichiges massen der Scharfrichter gebraucht werden miessen, deme ist das entwillen, wie sein orriginalschein Nr: 4 bezaigt, richtig gemacht worden
10 fl 30 xr"

Extra zur "strengen Frag", also zur Folterung - das durfte der Amtmann nicht durchführen - mit den Painschrauffen, den Knochenschrauben, reiste der Herr aus Straubing an und erhielt dafür ein gutes Salär.

"Der curfrtl Hauptmann zu Furth hat die ienigen Uncosten, so yber obige Ursula Schinin. als selbig zu Eschlkam zu Verhafft gebracht, und an Eisen, Aztung und Wachtgelt erloffen, lauth geferttigten Scheins
Nr: 5 empfangen 11 fl 56 xr"

Auch die vorgelagerte Behörde, die für den Schub verantwortlich zeichnete, rechnet nach Gebührenkatalog ab.

Aber nun wirds ernst, jetzt kommen die gebühren für die Hinrichtung selber:


"So ist dem Curfrtl: Statt Ober: und Panrichter zu Straubing Crafft seines von handten gegebenen Scheins Nr: 6 weegen der hingerichten Ursula Schinin, für Rith und Zöhrung gelt bezahlt worden 
13 fl 30 xr

Andren Lehner, burger und Schreiner zu Közting, ist vor ainen gemachten Sizstuel darauf die verhafft gewesste Ursula Schinin vom Leben zum Todt decapitirt werden sollen, lauth Zetl No 7 bezalt werden worden 25 xr

Michaels Wuzlhofern Burgern und Schmit zu Közting, ist vor ain gemachtes Peill, Stockhauen, Feuerhackhen, Khetten, Schaufel und Nögl, in allem bezalt worden, Inhalt des Zetl No 8  2 fl 28 xr"



"Hans Troiber Zimmermaister zu Közting, ist vor ain gemachte Stiegen und anders so der Scharfrichter weegen der hingerichten Schinin bedürfftig gewesst, vermög des Zetl No 9 bezalt worden 53 xr

Dem Scharfrichter hat man von Hinrichtung der Schinin in allem lauth seiner Zetl No 10 verraicht 15 fl 54 xr

l

Hier nun die Hinrichtung der armen Frau im Zusammenhang.
Ursprünglich wegen eines nächtlichen Einbruchdiebstahls in Eschlkam verhaftet und nach Kötzting zum Pfleggericht verbracht, wurde sie dort zuerst vernommen und später dann vom Scharfrichter, der extra dafür aus Straubing angereist gekommen war, einer Folter unterzogen, bei der die arme Frau vermutlich alles gestand, was der Henker hören wollte.
Nach Nachfrage in verschiedenen Orten und einigen Rückmeldungen von dort, kam aus Straubing sehr rasch das Urteil: Einstufung als Hexe, Tod durch das Beil und anschließende restlose Verbrennung der Leiche.
Der Frau wurde das Urteil eröffnet und eigentlich fast zeitgleich - es blieben nur 2 Tage dazwischen - vollstreckt.
Die Frau schlug in der Keuche alles Erreichbare kurz und klein, wurde vom Kötztinger Amtmann vom Amtshaus in der heutigen Schirnstraße zur Hinrichtungsstätte auf dem heutigen Ludwigsberg geführt.
Dort war eine Schranne errichtet worden. Da der Zimmermann extra eine "Stiege" für den Scharfrichter errichten musste, war die Schranne wohl ein hölzernes Podest mit ausreichend Platz für den Henker und die Frau. 
Ich vermute, dass solch eine Hinrichtung in Kötzting einen Volksauflauf verursachte und auch, wenn man möglicherweise den Kindern das "Zuschauen" untersagte, so muss man sich doch vor Augen halten, dass der damalige Galgenberg und damit die Hinrichtungsstätte eine vollkommen kurz abgegraste Weidefläche war und der Galgenplatz auf dem 2. Plateau nicht nur eine tolle Aussicht - wie es Carl von Paur beschrieb - in alle Richtungen ermöglichte, sondern eben auch von allen Seiten gut einsehbar war, so dass Kinder und Jugendliche von der Kirchenmauer aus fast einen Logenplatz einnehmen konnten, ohne vor Ort gewesen zu sein.

Dort auf dem Podest war alles bereit, ein "Sitzstuhl", also ein Stuhl, auf dem die Delinquentin festgeschnallt  sitzen musste und ein Beil, vom Kötztinger Schmied nur zu diesem Zweck handgefertigt. Nach der Hinrichtung - alleine für diesen Akt hat der Scharfrichter fast 16 Gulden erhalten - musste der Henker dann nur noch das Verbrennen der Leiche sicherstellen und konnte wieder nach Straubing zurückkehren.


Wie verzweifelt die arme Ursula Schin gewesen war, erschließt sich auch aus anderen Fundstellen.

Die Zelle, in der Ursula Schin angekettet war, musste eine größere Renovierung erfahren:
Aus diesen Schäden kann man gut die Verzweiflung erkennen, in der die arme Frau ihre letzten zwei Nächte verbracht hat , trotz des Weins.


Donnerstag, 24. Januar 2019

Der Ludwigsberg mit dem Ludwigsturm

Vom Galgenberg zum Naherholungsgebiet und Volksfestplatz


Volksfest beim Ludwigsturm Bild aus dem Privatbesitz von Frau Vogl um die Jahrhundertwende



Was hat er nicht alles erlebt unser Ludwigsberg.......
Ludwigsturm aus der Feder von Mathias
Heilmeier, in etwa aus derselben Zeit wie
das obige Bild, man erkennt rechts gut die
abgebildete Kiefer in beiden Ansichten
Zuerst einmal musste er jeden Tag die Viehherden der Kötztinger Bürger und Metzger ernähren, die mit den Hirten durch eine Furt durch den Regenfluss zogen und die Anhöhe ratzekahl abfraßen.
Dann, von Zeit zu Zeit, wurde es lebendig auf dem kahlen Buckel, eine Schranne (Absperrung) wurde errichtet, die Galgen und andere zur Hinrichtung notwendigen Einrichtungen wurden überprüft und nötigenfalls ausgebessert. Es stand wieder einmal eine Hinrichtung an, was für die Bevölkerung sicherlich eine willkommene Abwechslung gewesen war.
1813, nach der letzten Hinrichtung am Kötztinger Galgenberg - die Exekutionen wurden danach nur noch in der Hauptstadt (für uns Straubing) durchgeführt- wurde es wieder ruhiger mit den Menschenmassen auf dem sogenannten Galgenberg bis man später im 19. Jahrhundert auch den touristischen Wert dieses Geländevorsprungs erkannte.
Die Errichtung des Ludwigsturms (aus der Privatschatulle Carl von Paurs) und die Aufforstung des fast unfruchtbaren Berges gingen Hand in Hand und so entstand über die Jahrzehnte unser Ludwigsberg - übrigens nicht nach unserem Märchenkönig benannt, sondern nach Kaiser Ludwig der Bayer. Seit der Eröffnung der Ludwigsturmes wurde das Plateau vor dem Turm regelmäßig auch für fröhliche Feste genutzt. Anfang des 20. Jahrhunderts entstand dort sogar eine 800m lange Rodelbahn, die die Gäste aus nah und fern anlockte und heutzutage dient der Turm als Kulisse für die Festspielgruppe und für einen stimmungsvollen Weihnachtsmarkt.



Aber nun zuerst der Reihe nach:

Doppelnutzung: als Galgenberg und als Viehweide


das bayerische Gerichtswesen kannte in der Zeit vor der Regierungsumbildung zu Anfang des 19. Jahrhunderts 2 Kategorien, die niedere und die hohe Gerichtsbarkeit. In unserem Raum bedeutete dies, dass die drei Märkte (Eschlkam, Neukirchen beim hl. Blut und Kötzting) und die eine Stadt (Furth im Wald) zusammen mit den adeligen Hofmarken die niedere Gerichtsbarkeit über Ihre Untertanen hatten. Dies bedeutete, dass diese "Gebietskörperschaften" kleinere Delikte selbstständig ahnden konnten.
900 Jahre Kötzting 1985 Festzug, mit Beispielen für Strafen der "niederen" Gerichtbarkeit, Pranger stehen und "in den Stock schließen"
 
Das Landgericht Kötzting, in Person des Landrichters, hatte neben dieser niederen Gerichtsbarkeit über seine eigenen ihm direkt untergebenen Untertanen auch die hohe Gerichtsbarkeit, dies nun über alle Bewohner des Landgerichts, bzw. auch über Verbrecher, die hier bei uns auf frischer Tat ertappt worden waren. Die gerichtischen Maleficanten (=Bösewichter) wurden im Amtshaus bis zur Verurteilung eingekerkert und dort auch gefoltert. Die Verhöre wurden im Pflegerschloss in der Kirchenburg geführt. Zu diesem Zwecke bekam der Amtmann die Gebühren zum Aus- und erneuten Einschließen der Gefangenen, welche die Marktgasse öffentlich hinunter und wieder hinauf geführt worden waren - sicherlich zum Gaudium der mitlaufenden Kinder.
Dieser Lageplan des Ludwigsberges zeigt den Umfang der Kötztinger Gemeindeweide






































Als Richtstätte für die Aburteilung diente dann der damals so genannte Galgenberg, eine kahle Anhöhe mit einzelnen freiliegenden Felsen, die durch übermäßige Beweidung - die Kötztinger hatten für ihre Verhältnisse seit jeher viel zu wenig Weide- und Futterplätze- eher einer Heidelandschaft als einer Grasweide glich.
Als Richtstätte war der Galgenberg Teil der landgerichtischen, hohen, Gerichtsbarkeit. Die Todesurteile, natürlich nach entsprechenden vorgeschriebenen Verfahren, wurden dort oben, frei sichtbar und sicherlich unter größter Beteiligung der Kötztinger Bevölkerung vollstreckt. 
Als Hinrichtungsmethoden kamen das Hängen, Rädern und Köpfen mit dem Schwert zur Ausführung. Die Hingerichteten blieben in der Regel zur Abschreckung am Galgen, oder Eingeflochten auf den auf gestelzten Rädern, hängen.
der Richtplatz für die Hinrichtung mit dem Galgen

Hinweisschild am Richtplatz
 Wenn dann die menschlichen Reste herabgefallen waren, war es die Aufgabe des Abdeckers von Reitenstein, diese Überbleibsel auf ungeweitem Boden zu "entsorgen". Solch eine gerichtliche Untersuchung mit einem nachfolgenden "Gerichtstag" folgte festen Regeln. Die benötigten "Materialien" bzw. das Instandsetzen der zur Hinrichtung notwendigen Gerätschaften wurden in der Regel den Handwerkern als Gemeinschaft aufgebürdet, um nicht die Ehre eines einzelnen Handwerkers anzutasten.
Die landgerichtischen Müller zum Beispiel waren für die Errichtung des Galgens zustängig. Die Wagner für den Bau eines Rades.
900 Jahre Kötzting 1985 Festzug der FFW Kötzting
mit der Schilderung einer Hinrichtung
















Da solche Verhandlungen manchmal sehr lange dauerten und dies auch sehr ausführlich in den Rechnungsbänden nachgelesen werden kann, werde ich solch eine Räuberpistole - leider mit sehr unglücklichem Ausgang für die erwischten Räuber- in einem separaten Blog zusammenfassen und erklären.


Durchsucht man die Pfleggerichtsrechnungsbände, die seit dem Ende des 16. Jahrhunderts fast lückenlos überliefert sind, in Hinblick auf Hinrichtungen, so kann man im Durchschnitt von mindestens einer Hinrichtung im Jahr ausgehen.
Der Vorgang in dem oberen Link, in dem eine ganze Raubmörderbande abgeurteilt wurde, ist da sicherlich eher eine Ausnahme. Trotzdem herrschte auf dem Galgenberg das ganze Jahr über hindurch reger Betrieb, denn es war, wie in der Einleitung bereits erwähnt eigentlich und hauptsächlich


die Kötztinger Gemeindeviehweide......






Da manche der Gehängten solange hängen blieben, wie es der Galgenstrick halt mitmachte, ergab dies wohl einen seltsamer Anblick.
900 Jahre Kötzting 1985 Festwagen Chamer Tor
beim oberen Friedhof
Die Galgen auf dem Höhenplateau inmitten einer Schranne (aus Planken errichtete Absperrung) mit dem im Winde pendelnden toten Körper und außen herum die grasenden Rinder und Schafe.
Trotz dieser makabren Umstände sprach man allgemein bei dem Weidegang von einem "Blumbbesuch", also von einem Besuch der Blumen. Das so genannte "Alleinehüten" der Bauern, auch auf deren eigenen Wiesen und Feldern, war bei Strafe verboten und dieses Verbot wurde streng überwacht (Flurwächter) und auch laufend bestraft. Zu diesem Zwecke gab es in Kötzting auch einen Pfädterstall im oberen, dem Chamer, Tor, in dem die Tiere eines Bauern, der beim Alleinehüten erwischt worden war, bis zur Bezahlung der Strafe gepfändet wurden. (Genaueres siehe im Beitrag von Ludwig Baumann und Georg Prantl in den "Gelben Bänden" von 1997 " Das Chamer Tor und die Marktbefestigung)


Die Kötztinger Gemeindeherde wurde vom Hirten durch den Regenfluss hindurch zum Galgenberg geführt. Die Brückenlandschaft, so wie wir sie heutzutage kennen, gab es damals noch nicht.

Staatsarchiv Landshut Regierung Straubing A 4227 von 1653
130 Jahre später dann gab es schon eine Brückenkombination, wie sie der bis in die 50er Jahre sehr ähnlich war.
auf diesem Plan, im Original schön koloriert, sieht man immer noch die Ähnlichkeit zu 1653 aber auch bereits die Brückenkombinationen abgelegt wie bis 1956


fast weiß man es nicht mehr, aber über diese Brückenkombination mit einer großen "Insel" ist man früher aus
dem Markt heraus gefahren


 Auf dem Ausschnitt des Situationsplans, der vom Flussbauamt 1890 wegen des Lindnersteges erstellt wurde, sieht man die Fluss- und Brückenlandschaft, die man vom Ludwigsberg aus genießen konnte,

Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 871

Diese Situation, einerseits grausame Hinrichtungsstätte und andererseits friedliche Viehweide mit einer malerischen Aussicht, blieb über viele Jahrhunderte so. Es musste jemand von außen kommen, der das ganz Besondere an diesem Fleckchen Erde erkennen konnte und diese Person war.

Carl von Paur

Carl von Paur Landrichter in Kötzting
Der Kötztinger Landrichter und später, nach der Behördenreform, erste Bezirksamtmann des Landgerichtes Kötzting war ein ganz besonderer Förderer in unterschiedlichsten Ebenen seines Wirkungsbereiches. Das Spital- und Krankenhauswesen, die St. Josephspflege, der Kornverein und eine Art Grundversicherung für landwirtschaftliche Arbeiter, dies und noch Vieles mehr wurde von ihm angeschoben.
Hier soll er als Person in seinen Aktivitäten für seinen Ludwigsturm und den Ludwigsberg vorgestellt werden. Carl von Paur wird im Rahmen unserer Schilderaktion einen eigenen Beitrag und ein damit auch eigenes Hinweisschild erhalten, er hat es sich mehr als verdient......






StaLa LGäO Kötzting Nr. 199: Viehweide: die rosa eingefärbten Flächen stehen in Kötzting der Gemeindeherde zur Verfügung, neben kleinen Flächen auf der Platte und beim heutigen Jahnplatz ist dies im Wesentlichen nur der heutige Ludwigsberg

Carl von Paur jedenfalls - seine handschriftliche Chronik, die an die sogenannte Schuegrafchronik Kötztings zeitlich anschließt und bis zu seiner Abberufung aus Kötzting reicht - zeigt dies in seinen eigenen Worten, bezeichnet den Standort für seinen "Ludwigsturm" als einen der besten im ganzen Bayerischen Wald. Sein Schwärmen über den Ausblick ist so überzeugend und modern, dass sein Absatz über diese besondere Lage selbst heutzutage noch jeden Tourismusprospekt Kötztings schmücken würde:
Er schreibt selbst über den Bau des Ludwigsturmes:



Ludwigsturm auf einem Farbdia vom Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock
ca. um 1937
 
1849 

Der k. Landrichter v. Paur erbat sich am 9. März vom Magistrate die Erlaubnis auf dem Gemeindegründe zunächst am Markt, unter dem Namen "Galgenberg" katastriert, in loyalster Gesinnung ein Denkzeichen der Dankbarkeit an Kaiser Ludwig den Bayer, dem Wohltäter des Marktes aus eigenen Mitteln errichten zu dürfen, und zu gestatten, daß das benöthigte Steinmaterial daselbst dürfe gebrochen werden. Der Magistrat faßte hierüber am 13. July Beschluß des Inhalts, daß die beabsichtigte Errichtung des Monumentes nicht nur bewilliget sondern dem k. Landrichter bey wirklicher Ausführung dieser edlen Absicht der Dank der Marktgemeinde ausgedrückt werde.
Der Ausbruch des benöthigten Steinmaterials am bezeichneten Platze wurde gestattet.

Sofort wurde der Bau begonnen, als Form des Denkmals der Mittelalterliche Thurm gewählt, und die Bauausführung dem Mauerermeister Johann Wilhelm übertragen, mit dem bemerken, daß die Terrasse zu 10 Fuß und der Thurm auf 45 Fuß Höhe herzustellen sey.
Neben dem Standort des Monumentes wird bemerkt: die bezeichnete Gemeindeödung befindet sich zunächst am Markte, erhebt sich terrassenförmig in beträchtlicher Höhe in drey Abstufungen. Die Vermessung konstatiert 

bis zum ersten Plateau 170
bis zum mittleren 235
bis zum oberen Hochplateau 335 Fuß Höhe
Diese Baustelle wurde gewählt wegen der geringen Entfernung vom Markte und wegen der hohen Lage, die eine sehr genußreiche landwirtschaftliche Rundschau gewährt.
Photo von Georg Rauscher, Blick vom Ludwigsberg, regenabwärts, man sieht noch ganz klein das alte Fußballstadion
 Da liegt zu Füßen der Markt mit der alterthümlichen Burg und der stattlichen Kirche, umgeben von feuchtreichen Hügeln und Obstgärten und umflossen vom Weissen Regen, der aus dem Lamer Thale in raschem laufe daher kommt, und durch das üppige Wiesenthal ebenso rasch enteilt.
 
Aufnahme vom Kötztinger Gymnasiallehrer Schwarz mit dem Haidstein im Hintergrund

 
Über die nahen Hügel erhebt sich das Terrain immer mehr in größeren Bogenlinien, theils bebaut, theils bewaldet, und schließt immer höher steigend in schön geformten Bergen ab.
Da ist der freundliche Haidstein - das Kirchlein auf dem Haidstein, weithin sichtbar, eine Zierde der Gegend ist dem Hl Ulrich geweiht - der ernste, lang hingestreckte, Hohenbogen, der das Regenthal umschließt und der rötlich blinkende Silberberg bei Bodenmais, der das liebliche Zellerthal abschließt.

 
"das Schwarzgrün der Tannenwälder" im Zellertal, Photo des Kötztinger Lehrers Schwarz, hier ist heute der Kreisverkehr bei der Wanninger Tankstelle





Da findet der Naturfreund an den Bergformen und dem Farbenwechsel der Waldungen  von dem hellgrau der Birkenberge bis zum schwarzgrün der Tannenwälder eine entzückende Augenweide, so daß wohl niemand diesen Standort anders als mit voller Zufriedenheit verlassen wird, da es in der That im bayerischen Walde nur wenige große landschaftliche Parthien von gleicher Schönheit gibt.
 das ist doch mal eine Ansage, oder?
 
"das Grau der Birkenberge"  Weg vom "Stauner" zum Richtplatz, bzw. Schwedenstein

Blick aus dem Birkenwald des vorherigen Bildes nun in Richtung Kötzting. Bild von Josef Bock von 1938


1851, am 31. Oktober, war es dann soweit, wieder in den Worten Carl von Paurs:

war ein Tag freudiger Erregung. Es galt den nunmehr vollendeten Thurmbau auf der Höhe des Galgenberges die Weihe zu geben und die um dieselben  befindliche Ödung mit Bäumen und Gesträuch zu bepflanzen.
Zu diesem Zwecke wurde von dem k. Landrichter v. Paur, dem Erbauer und Eigenthümer des Thurmes, ein Fest angeordnet, wozu die H. Honoratioren und Bürger sowie die Lehrer mit der Schuljugend eingeladen wurden.
Das Vorhaben der gemeinschaftlichen Baumpflanzung fand allenthalben besonders aber bey der Schuljugend sogleich Anklang, so daß das Ganze sich zu einem sehr rührenden Feste gestaltete. Unter der Mittagszeit versammelten sich mehrere Hn. Honoratioren und Bürger sowie die Lehrer mit einem Theile der Schulkinder vor dem Landgerichtsgebäude (heutzutage unser Rathaus), von wo aus der Zug unter Vortragung der vaterländischen Fahne auf die Berghöhe sich begab.
Es waren etwelche 50 Schulkinder anwesend, von welchen die Meisten Bäumchen, gezieret mit weiß-blauen Bändern, in den Händen trugen, auch mehrere der erwachsenen Personen trugen junge Bäume auf den Schultern zum Einpflanzen bestimmt. Am Platze angekommen begrüßte der k. Landrichter die Anwesenden in einer kurzen Ansprache, in welchem er als den Zweck der Erbauung des Thurms hervorhob, daß der Bau geführt worden sey in rein patriotoischen Gefühle für den größten Fürsten aus dem erlauchten Hause Wittelsbach, Kaiser Ludwig den Bayer, der Beschützer Deutschlands und Bayerns, dem besonders auch dem Markte Kötzting durch Bestätigung und Erneuerung seiner alten Privilegien Wohltaten erwiesen hat, die zu seinem Gedeihen und Aufblühen so wesentlich beytrugen, daß die Marktgemeinde ihm zum immerwährenden Dank verpflichtet ist, ferner daß durch die vorhabende Baumpflanzung der Sinn für die Baumkultur angeregt und die Marktgemeinde aufgemuntert werde, die umher liegende Ödung aufzuforsten und nutzbringend zu machen, auch soll das Ganze beytragen das landschaftliche Bild der Umgegend zu verschönern: denn wer seine Heimat lieb hat, wüncht auch, dass sie schön sei, endlich wurde unter allseitiger Zustimmung ausgesprochen, daß von nun an und für immer die Berghöhe der "Ludwigsberg" und der Thurm der Ludwigsturm benannt werde.
Die Ansprache schloß mit einem allgemeinen Hoch auf Se. Majestät den geliebten König Max II.

 Nun begannen die Schulkinder das vom Lehrer Franz Paul Führlbeck gedichtete Festlied /:nach der Melodie des Wallhallaliedes:/ zu singen, welches hier wörtlich als Aufbewahrungswert niedergeschrieben wird:
Festlied 
der Knabenschule zu Kötzting 
zur 
Baumpflanzung um das 
Kaiser Ludwig Monument 
auf 
dem Ludwigsberg : 

Brüder laßt in schöner Reihe
ordnen festlich unsern Gang
Aufwärts zu des Äthers Bläue
töne unser Festgesang

Seht ihr bergwärts und erhaben
Kaiser Ludwigs Ehrenmal
dahin ziehen wir deutsche Knaben
Bayerns Sprossen treu wie Stahl



Es erklinge vom Gemüthe
was sich freudig ihm ergießt
Schön schön ist´s wenn des Volkes Blüthe
Seiner Fürsten Ruhm begrüßt

Ludwig mit der deutschen Kron´
Ludwig Bayer wache auf
Sieh zu deines Ruhmes Sonn´
Eilen wir im raschen Lauf
Groß und herrlich preist dein leben 
der Geschichte schönstes Blatt
Wie dich oft vom Feind umgeben
hoher Mut gezieret hat
Wie du selbst des Feindes schontest
der dann zitternd vor dir stand
und den Hass mit Liebe lohntest
die aus deiner Brust sich wand
Wie du warst des Volkes Frteude
und sein Schirm und seine Lust
das dich auch in jedem Leide
Schützet an der treuen Brust 

Noch bedenken wir dein Sterben
in des Landmanns treuen Arm
Sieh wir sind das Land der (unleserlich)
in der Treue fest und warm
Ludwig Kaiser, Ludwig Bayer
Hebe dich aus deinem Grab
Segne dieses Tages Feier
Sende Segen uns herab

Schau auf dieses Denkmal nieder
das die Ehrfurcht dir geweiht
Noch sind Bayern fromm und bieder
Wie zur heil´gen Kaiserzeit

Sieh die Bäumchen die wir pflanzen
um dein hehres Monument
daß siegleich den deutschen Lanzen
aufwärts stehn zum Firmament

Sicher wie der bayern Treu
Stehen sie fort in Sturm und Noth
Treue ist die schönste Weihe
und der Völker Hauptgeboth

Laßt uns Brüder eh wir kehren
laßt uns schwören fest und rein
Ewig unserm Landesherren
bis zum Tode treu zu sein.

Dass dies Denkmal immer wehrn
Sorgen unsere Enkel fort
Und es netz der Liebe Zehrn
Ewig diesen heil´gen Ort

Zur Erläuterung: "netz der Liebe Zehrn" in der letzten Strophe, wenn jemand überhaupt bis dahin gelesen hat: "die Tränen der Liebe" sollen diesen heiligen Ort "benetzen".

Das Fest war damit aber noch nicht zu Ende:
Nach Absingen des Liedes ging es den ganzen Nachmittag über froh und rührig her, mit Einpflanzen der Bäumchen und Gesträchue, und als dieß geschehen war, schloß ein wiederholtes kräftiges Hoch auf Se. Majestät den König die festliche Arbeit.
900 Jahre Kötzting 1985 Festwagen des Bayr. Waldvereins, Carl von Paur
hatte Recht mit seiner Vorausschau, auch seine Enkel hielten den Turm in Ehren
Eltern, welche sich unter den Zuschauern befanden, sehen gerührt dieser schönen Soiree zu, und hielten sich überzeugt wenn schon so früh den Kindern edle Gefühle eingeprägt und sie auf die Natur und Kultur aufmerksam gemacht werden, dass es dann weder Baum- noch andere Frevel mehr geben und die Menschen eine bessere Gesinnung und Gesittung, für sich und Andere zum Wohle annehmen werden.
Unter solchen Gefühlen verließen die Anwesenden die Ludwigshöhe in der Voraussicht daß sie mit ihrer naturschönen Rundschau noch oft in kommenden Zeiten der Sammelplatz zu Festlichkeiten und gesellschaftlichen Zusammenkünften seyn werde. Bemerkt wird das bei der hohen und windigen Lage des Standortes und wegen der Viehweide Obstbäume zur Einpflanzung nicht verwendet werden konnten und sich mit Waldpflanzen zu begnügen war. Nach vorliegender Aufschreibung haben sich dey dieser Baumpflanzung ausser den Schulknaben 48 Personen aus dem Honoratioren und Bürgerstand betheiliget und sind im ganzen 317 Bäume und Sträucher eingepflanzt worden.

1854, der Ludwigsturm erhielt einen hohen Besuch.... weiter mit den Worten Carl von Paurs in seiner Chronik:

Am .. und .. September waren die zwey jungen Prinzen Paul und Hugo, Söhne des Herrn Fürsten von Thurn und Taxis in Regensburg mit ihrem Hofmeister auf einer Vakanzreise begriffen in unserem Markte. Dieselben begaben sich am zeiten Tage ihrer Anwesenheit in Begleitung des Hofmeisters des k. Landrichters v. Paur, des Bürgermeisters Michael Schrank (Hotel zur Post), des Schullehrers Schürlbeck und einige Schulkinder auf die Ludwigshöhe.

Nachdem die Prinzen sich in weiter Umschau an der mahlerisch gruppierten Landschaft mit Hügeln und bewaldeten Bergen erfreut hatten wurde in Erinnerung an deren gegenwart zwey Eichbäumchen eingepflanzt. Anbei wurde ihnen ein von gedachtem Lehrer verfaßtes Weihegedicht überreicht.
die grünen Hügel rings um Kötzting, hier die Straße nach Wettzell, im Vordergrund das Dach des Autohauses
Biller &Hobrack
In einem Weihnachtsgruß an den Landrichter äusserten sich die Prinzen voller Huld über den Besuch auf dem Ludwigsberg und hofften, wenn sie nach Jahren mal wieder in die Gegend kämen, im Schatten der frisch gepflanzten Bäume ruhen zu können.

Als im Jahre 1855 der Kötztinger Landgerichtsassessor Dr. Ludwig Schmid ans LG Passau befördert worden war, richtete er aus Passau einen Scheidegruß an Kötzting, ein wehmütiges Abschiedsgedicht.
Um hier nicht erneut ein längeres Gedicht aufzuführen bringe ich hier nur den Abschluß, der einen Bezug zum Ludwigsberg und seiner Lage hat:
.........
Hin zur Ludwigshöh´schwebt der Glockenklang
Vom Marienkirchlein und Haidstein
Und dem Hügel mit dem jungen Hain
entlang ruht mein Kötzting hell im Sonnenschein
Gute Menschen dort im alten kaiserort
laßt mich ferner nicht vergessen sein



Aus dem Jahre 1856 kennen wir dann bereits das erste "Volksfest" auf dem Platz vor dem Ludwigsturm. Der Anlass war ein landwirtschaftliches Distriktsfest, mit Preisverleihung, Glückshafen, Festschiessen und Volksbelustigungen am 24. und 25. August. Am zweiten Tage, gleichzeitig auch dem "Geburts und Namensfest Sr Majestät des Königs" gab es dann neben einem erneuten Festschiessen auch "Gesangsproduktionen" der Schullehrer und Abends dann eine Beleuchtung des Ludwigsturms zusammen mit einem Feuerwerk.
So wie wir heutzutage unser Volksfest als Teil unserer Pfingstfeierlichkeiten kennen (seit 1949), so war es in den früheren Zeiten das landwirtschaftliche Zentralfest, das als Rahmen für ein Volksfest dienen musste.
Auch 1857 treffen sich die Kötztinger wieder am Ludwigsturm zum Scheibenschießen und zur "Volksbelustigung". In diesem Jahre aber wurde noch eine Erweiterung gemacht:

Der Schwedenstein entsteht

Der Schwedenstein in einer stimmungsvollen Aufnahme von Josef Bock

In den Worten Carl von Paurs: wurde unter Bezug auf den Ludwigsthurm auf einem großen, isoliert liegenden Felsenblock /:Findling:/ folgende Schrift eingemeißelt
Zum Gedächtnis der in der
Schreckensnacht
des 29. Novembers 1633
von Feindeshand erschlagenen Bürger

Dieses Naturdenkmal wurde mit Gesträuch umpflanzt, die Schulkinder bey Gelegenheit des Vereinsfestes vom Oberlehrer dahin geführt, und sie über den Inhalt der Schrift belehrt, sofort für die unglücklichen Bürger eine Hl. Todtenmesse in der Pfarrkirche gelesen.
900 Jahre Kötzting 1985 Festzug, hier der Wagen mit dem Schwedenstein
Wir schreiben das Jahr 1862, als Folge des Gesetzes vom November 1861 trat die Trennung von Verwaltung und Gerichtswesen in Kraft. Der frühere Landrichter Carl von Paur wurde damit der erste Bezirksamtmann im neuen Amtsbezirk Kötzting. Das Richteramt versah ab nun ein eigens angestellter Richter.
Im Juli desselben Jahres trafen sich auf Einladung des Kötztinger Pfarrer Leibolds 25 Priester, welche gemeinsam in den Jahre 1836 und 1837 ordiniert worden waren. Mit Ihnen feierten noch 21 Priester aus der näheren Umgebung. Nach dem großen Festgottesdienst in der Kirche und dem Festessen im Hotel zur Post war dann:
Nachmittags und abends war Reunion auf der Ludwigshöhe, wo unter einem zunächst am Wachtturm aufgestellten großen Zelte die vereinten Freunde unter Betheiligung der Ortseinwohner in Freude und Herzlichkeit vergnügte Stunden zubrachten., wozu das überaus günstige Wetter, die Rundschau in der so schönen Gegend sowie die sehr gute Bewirthung Vieles beitrug.
Im Herbst desselben Jahres dann beschloss der Magistrat des Marktes Kötzting: die Aufforstung am Ludwigsberge mit Birken und Lärchenbesamung
Diesem Beschluss war eine mehrjährige Beratung mit unterschiedlichen forstamtlichen Gutachten vorausgegangen.

Ein Gutachten des Magistrates stellt schon 1853 ganz nüchtern fest: "die Ortsgemeinde Kötzting besitzt auf dem Ludwigsberg eine 55 Tagwerk umfasende Ödung, welche gegenwärtig als Weidefläche benützt wird und als solche einen ganz unbedeutenden Ertrag liefert, indem dieselbe größtenteils mit Heide so dicht überzogen ist, daß nur selten ein Gräschen daneben aufzukommen vermag."
Die Ursache dieses geringen Ertrages liegt darin, weil der Boden in seinem gegenwärtigen Zustand sich wieder verbessern noch seine ursprünglich mineralische Kraft erhalten kann, sondern einer beständigen Verschlechterung preis gegeben ist, da nämlich durch die ungehinderte Einwirkung der Sonnenhitze die Oberschicht des Bodens vertrocknet, verflüchtiget und von dem Regengüssen fortweichend der niederen Lage zugeführt wird.
Lösung: könnte auf eine leichte Weise, nämlich mittels Aufforstung durch Birken abgeholfen werden.
- leichte Belaubung =leichte Schattierung und leichte Düngung damit erfolgt eine Förderung des Graswuchses
- auf die mittlere Sicht auch ein Holzertrag, eine Einnahme, die den Ausgaben durchaus ebenbürtig ist und zwar schon kurzfristig.

(Einschub, wer jemals gesehen hat wie schlecht Gras unter Birken wächst, bekommt einen Eindruck WIE schlecht die Lage auf der Gemeindeweide vorher gewesen war......)
Zeitlich solle jedes Jahr 1 1/2 Tagwerk der Nutzung entzogen werden, so dass nach 36 Jahren der gesamte Ludwigsberg die Maßnahme abgeschlossen sein könne.
In der genauen Ausführung sollten es dann nur noch 20 Abteilungen werden.
In den Jahren bis 1863 waren dann bereits 10 Tagwerk mit Waldpflanzen kultiviert.   
1865 beschwerte sich der Bevollmächtigte Diermeier beim Magistrat, dass nichts mehr vorwärts gehe und beschrieb dabei das bisherige Prozedere:
Es wurde so vorgegangen:
1. Abschälen der Gras/Heideschicht und entfernen der lockeren Steine.
2. Trocknen der Rasensoden
3. Abbrennen der Rasensoden und Sammeln der Asche als Dünger

4. Aufbringen des Düngers auf den abgeschälten, nun freien Flächen und Ausbringen einer Getreidesaat
5. Nach Auflaufen des Getreides im Frühjahr zusätzliche Einsaat (Schattengare) der Baumsamen

Folge: üppige Getreideernte, welche versteigert wurde und die Kultivierungskosten weitgehend deckten.
Zusätzlich wurden mit den bei Punkt 1 gesammelten Steine um alle kultivierten Flächen niedere Steinmauern gezogen.
Wie gesagt, plötzlich stockte das Vorhaben. Diermeier schreibt an das Bezirksamt, um über diesen Weg den Magistrat anzuschieben.
Im Juni fordert Carl von Paor den Magistrat auf, sich dazu zu äußern.
Im Juli erfolgt das nächste Schreiben an den Markt Kötzting
Am 2. August: "wiederholt moniert zu Erledigung binnen 3 Tagen bey Strafeinschreibung: Paur"

Hier eine kleine Tabelle für den Ablauf der Ludwigsbergkultivierung, bis zu diesem Zeitpunkt:
1813 die letzte Hinrichtung auf dem Galgenberg
1849 Genehmigung zum Bau des Ludwigsturms
1851 Einweihung
1856 erstes Volksfest vor dem Turm
1857 Volksfest mit Einweihung des Schwedensteins
1863 10 Tagwerk sind bepflanzt
1865 das Vorhaben stockt


 Die Ludwigsbergstiftung


Grabstein Carl von Paurs......
im Mment noch gesichert auf dem
städtischen Bauhof
Nach seiner Pensionierung verstirbt Carl von Paur 1873 im Alter von 69 Jahren. Sein Begräbnis in Kötzting wird zu einem auch in der überregionalen Presse beachteten Politikum, da er, wie viele andere Kötztinger Bürger, infolge der Beschlüsse des ersten vatikanischen Konzils zu den Altkatholiken gewechselt war und ihm das katholische Pfarramt in Person des Pfarrherrn das Glockengeläute verweigern wollte. In einer letztwilligen Verfügung vom 18.10.1873 bestimmte er eine Ludwigsbergstiftung:
 Sein Nachfolger im Amt Dandl bestätigte im Stiftungsdokument die Summe von 1750 Gulden.
Der "Verwaltungsrat bestünde  demnach aus:
dem königlichen Bezirksamtmann, einem Mitglied des Magistrats und aus dem ersten Lehrer in Kötzting. Die Zinsen aus der Stiftungssumme sollen danach wie folgt aufgeteilt werden:
aus 500 fl Kapital für den baulichen Unterhalt des Ludwigsturms
aus 500 fl Kapital für die Abhaltung eines Jugendfestes in Kötzting
aus 500 fl Kapital für die Anschaffung von Schulbüchern und Schulmaterialien für arme Schulkinder der Schule in Kötzting
aus den verbleibenden 250 fl für die Bestreitung der Regiekosten der Stiftungsverwaltung.
dass die Ludwigsbergstiftung im Sinne des Verstorbenen arbeitete, konnte man bereits im Jahre 1876 erkennen. Es ist ein kleines Wunder, dass aus dieser Zeit 1(!) Exemplar einer mir bis dahin völlig unbekannten Kötztinger Wochenzeitung existiert, das wohl vom ersten Kinderfest  - nach dem Tode Carl von Paurs,  aber in seinem Sinne und von ihm gestiftet - berichtet.
Erinnerungstafel an den Erbauer an der Turmnordseite

Staatsarchiv Landshut Rep 164-8 Nr. 4228 Ludwigsbergstiftung




In den Jahren um Carl von Paurs Abschied von Kötzting und seinem frühen Tod stockt zwar der systematische Ausbau des Waldes am Ludwigsberg aber nun schlägt die Stunde der beiden " Fremdenverkehrspioniere" des Forstmeisters Johann Hubrich und des Oberlehrers Karl Holzapfel.
Mit dem Kötztinger Verschönerungsverein, einem Vorläufer des bayerischen Waldvereins, errichteten, markierten und erhielten sie nicht nur einen der bedeutendsten Höhenwanderwege im bayerischen Wald - vom Arber zum Kaitersberg - sondern waren auch federführend in der Kultivierung und Ausgestaltung des heutigen Stadtwaldes am Ludwigsberge. Beide Personen wurden unabhängig voneinander, aber nur wenige Jahre nacheinander, um die Jahrhundertwende zu Kötztinger Ehrenbürger ernannt.


















Gedenktafel für die beiden Kötztinger Ehrenbürger Johann Hubrich und Karl Holzapfel : zum Gedächtnis von der Marktgemeinde  - Waldvereinssektion Kötzting.
Die Gedenktafel befindet sich am südlichen Aufgang des Ludwigsturms. Photo von Nik Heinrich




der Ehrenbürger Johann Hubrich inmitten seiner großen Mineraliensammlung
 
In einem Erinnerungsartikel an einen weiteren Kötztinger Ehrenbürger, Eugen, dem Sohn Johann Hubrichs, berichtete die Kötztinger Zeitung aus seinen Erlebnissen mit dem Oberlehrer Karl Holzapfel.
 Vergessen sollte man bei der Aufzählung all der Männer, denen der Ludwigsberg am Herzen lag, auch den späteren Bezirksamtmann Freiherrn von Schacky nicht, er war es, der die Treppenanlage und die ansteigenden Podeste um den Turm herum erbauen lies, der dem Turm erst seinen schönen Rahmen gab.


Der Turm mit seinen vorgelagerten Terrassen und der Treppenanlage, freigelegt bei den Säuberungsaktionen in den 80er Jahren.



Um 1890 dann kam der endgültige Wendepunkt für den Ludwigsberg. Bis dahin noch doppelgenutzt, als touristisches "Naherholungsgebiet" und als Waldweide, verbot der Magistrat die zukünftige Weidenutzung. Der Ludwigsberg wurde zu dem, was wir heute unseren Stadtwald nennen.

Stadtarchiv Kötzting 723-3 Nutzung landwirtschaftlicher Flächen

In der Entscheidung den Gemeindehirten Georg Müller 1890  für ein weiteres Jahr in Dienst zu behalten wird weiters festgelegt, dass der Ludwigsberg "für das Hüten geschlossen ist, nachdem die Anpflanzung desselben sehr Schaden leidet und der noch nicht angepflanzte Theil um laufenden Jahre zum größten Theile angepflanzt wird. Dieser Beschluss rechtfertigt sich damit, daß die unteren Hänge auf der Lindnerseite schön längst mit Birken angeflogen wäre, wenn das Vieh die jungen Triebe nicht abgefressen hätte".



















Schon wenige Jahre später, mit dem Anschluss Kötzting an das bayerische Eisenbahnnetz, stiegen die Besucherzahlen, vor allem der Tagesbesucher Kötztings und so wurde der bequeme Ausflug auf den Ludwigsberg und zum Stauner, Waldfrieden oder der Brauerei Lindner zu einem Standartprogramm der Ausflügler.

"Gemma vorn auffe und hint owa oder gemma hint auffe und vorn owa"

Die Kinder- und Waldfeste...hier das Kinderfest von 1909

Von solch einem Kinderfest haben wir zwei Beschreibungen, zum einen von Frau Paula Dittrich und zum anderen aus der lokalen Berichterstattung des Kötztinger Anzeigers.
Was mir in der Erzählung von Frau Dittrich so fasziniert ist, dass sie von einer regelmäßigen und fast "zwanghafte" Entscheidung berichtet, die auch in unserer Familie bei jedem Besuch auf dem Ludwigsberg getroffen werden musste:
"Gemma vorn auffe und hint owa oder gemma hint auffe und vorn owa"
in den Worten von der unvergessenen Frau Paula Dittrich:
 Wir - in unserer Familie -haben uns, wie gesagt, auch immer genau diese Frage gestellt, OBWOHL wir uns nie anders entschieden haben, wir sind IMMER vorne rauf und hinten runter gewandert. Diese Gewissensfrage scheint in Kötzting von Generationen zu Generationen hat neu beantwortet werden müssen, bis, ja bis die neue Straße nach Miltach die Verhältnisse umkrempelte, jetzt kann man nur noch "hinten auffe" gehen, auch wenn man dann, fad, oben auf den vorderen Aufstiegsweg zurückwechseln kann.

Dann waren die Kinder beim Turm:

Und dann war da noch das große Kinderwaldfest:

dies sind Ausschnitte aus der Erzählung "S´Waldfest"  aus dem Buch: Kinder, Nachbarn und andere Leut von Frau Paula Dittrich erschienen 1992 im MZ Verlag


Und so berichtete dann die Presse von dem frühen Volksfest: „Unter den Klängen der Musik und freudigem Gejauchze marschierten Nachmittags 8 Uhr den Ludwigsberg hinan mindestens 200 Kinder in den buntesten Trachten kostümiert, darunter allerliebste Dingerchen. Die im Gabentempel aufgereihten Preise reizten zum Wettbewerb im Schiessen und Werfen, ein Kasperltheater erregt allgemeines Halloh, Brot und Wurst und Erfrischung labten die hungrigen Mägen“. Die Knaben der St. Josephs Pflege führten einen Fahnenreigen durch und führten eine Wiedergabe des Münchener Schäfflertanzes vor. Auch die Erwachsenen sollten nicht zu kurz kommen, es war gesorgt „für körperliche Labung und guten Trunk (Brauerei Lindner), für Augenweide durch das am Turme abgebrannte Feuerwerk für musikalische Unterhaltung durch die Vorträge des Männer=Gesangs=Vereins und unserer bewährten Musikkapelle Sperl

Von Frau Vogl, Kötzting, habe ich vor einigen Jahren die Erlaubnis, erhalten ihr Familienalbum zu digitalisieren. Darin findet sich ein Bild genau dieses Waldfestes - zwar beschriftet mit: 1910(?) - aber schon das Fragezeichen macht es klar, es war das Waldkinderfest des Verschönerungsvereins von 1909. Schön ist auch, daher habe ich die persönlichen Anmerkungen bei dem Bild hier gelassen, dass, wie in einem Suchwimmelbild für kleine Kinder, es möglich ist, die bezeichneten Personen aufzuspüren.


 1909 eine Rodelbahn entsteht am Ludwigsberg




Rechnung von Wolfgang Ludwig für Herrn Lehrer Drunkenpolz
für Arbeiten der Rodelbahn 3.50 Mark
Eine größere Gesellschaft von Damen und Herren des Chamer Wintersportvereins machten einen Ausflug nach Kötzting um die 800m lange Rodelbahn auf dem Ludwigsberg zu benutzen, die den Anforderungen einer Sportbahn vollkommen genügen würde und nur der Auslauf in die Distriktsstrasse hinein wäre etwas hinderlich jedoch  könne dieser Übelstand leicht bereinigt werden. Angesichts der Bestrebungen um Touristen könne es sich Kötzting nicht leisten ins Hintertreffen zu geraten, daher wird dringend vorgeschlagen, dass sich auch in Kötzting ein Wintersportverein gründen möge









In meiner Kindheit waren es dann die sonntäglichen Wanderungen auf den Ludwigsberg, die entweder beim "Gschaider" oder beim "Stauner" zum Kaffeetrinken endeten.
Nun habe ich bei der Suche nach Materialien über und vom Ludwigsberg noch ein paar Raritäten am Rande gefunden, bei einige davon - die Wehrübung - musste ich ganz schön lange rumrätseln, bis ich die Zuordnung zum Ludwigsberg sicher erkannt hatte.

Gebirgsjäger stürmen den Ludwigsberg

Wenn ich das Helm/Mützenabzeichen eines Soldaten, das man erkennen kann, richtig zuordne, dann waren das Soldaten der Gebirgsjäger, die hier offensichtlich eine Flußüberquerung und das Erstürmen eines Felsenhanges übten.

Hier erkennt man an der Mütze das Edelweißabzeichen der Gebirgsjäger


 Anscheinend Vorbesprechung hinter dem Eisenbahndamm auf der Hammerwiese



Zuerst musste der Fluss überquert werden, im Hintergund die Brauerei Lindner








 Zuerst ein Beschuss
 Dann nachdem sich der Pulverdampf verzogen hatte....

wurde der vordere Anstieg erstürmt. Es ist derselbe EInstieg in den Ludwigsberg, den auch die Kindergruppe um Paula Dittrich gewählt hatte.......vorn affe.



Am Ende dann Besprechung der Lage. An dieser Stelle liegt heutzutage die Kreisstrasse Kötzting-Miltach









hier unten dann deutlicher zu erkennen.


An der Stelle, dem Böschungseinschnitt an der Straße nach Weissenregen entwickelte sich dann in den Jahren nach den zweiten Weltkrieg ein Schrottlagerplatz (Schwarz Eugen), der dann erst Mitte der 60er Jahre dem neuen Straßenprojekt weichen mußte.
Diesen Moment habe ich per Zufall am Rande eines Bildes gefunden:
In den 50er und 60er Jahren war der Blick vom ersten Absatz des Ludwigsberges nicht mehr so malerisch (in der direkten Nähe) wie von Carl von Paur beschrieben, aber dafür war die Lage wesentlich ruhiger als jetzt mit dem brausenden Durchgangsverkehr. Im Hintergrund das Sagheusl, danach kommt die Brauerei Lindner

Die neue Straße und die neue Kreuzung entwickelten sich in den ersten Jahren zu einem Kötztinger Umfallschwerpunkt, so dass die Verkehrswacht und die Polizei reagieren mußten:
Zuerst wurde in den 60er Jahren die Regenbrücke erneuert und Mitte der 60er jahre war es dann die so lange schon projektierte Straße von Kreuzbach nach Kötzting, die die "alte Blaibacher" Strecke überflüssig machte. Während es vorher regelmäßig im Steinbachtal an der Engstelle krachte, war es nun die Kreuzung in Kötzting und vor allem die laaanggezogene Kurve zwischen Kötzting und dem Pullinger Weiher aka Blaibacher See die den ungeduldigen Bayerwald Autofahrern zum Verhängnis wurden.
Zur Verkehrszählung war das Ruhebankerl nun hervorragend geeignet....(das Negativ hat schon sehr gelitten durch die Jahre)

 Schöner wurde der Ausblick vom ersten Ruhebankerl auf dem Ludwigsberg zuerst einmal nicht aber auch der Anblick des Stufenaufgangs war gewöhnungsbedürftig geworden.


es sieht aus, als wäre es hier wohl sicherer geworden hinten anstelle von vorne raufzugehen
Aber Rettung nahte, der Kötztinger Stadtrat war sich des Schatzes den er mit seinem
Stadtwald hatte wieder bewusst geworden und nach und nach entstand dann der Waldlehrpfad und der Ludwigsberg erhielt wieder den Charme, den er durch die neuzeitlichen Bauprojekte an seinen Flanken und schlichtweg durch Vernachlässigung verloren hatte.
In einer Rückschau 1983 schrieb Georg Rauscher, der Autor von "a Kirm voller G´schichten",
Leider gab es auch, hauptsächlich nach den Kriegen, Zeiten des Niederganges für Kötztings einzigartigen Naturpark. Wege und Pfade blieben ungepflegt, wurden von Unkraut überwuchert, Markierungen verblassten, die meisten Unterstandshütten verfielen oder verschwanden, kurz der einstmals so saubere Ludwigsberg machte einen verlotterten Eindruck, der nicht zu Gunsten unserer Stadt sprach. Glücklicherweise ist diese Periode vorbei und die Anlegung eines Wanderlehrpfades wurde für den Berg zu einem neuen Gewinn.


der Stadtrat und städtische Mitarbeiter vor Ort







































Schild vom Wanderlehrpfad





Nun erneut ein paar Jahre weiter kommt zusätzliches Leben auf dem Ludwigsberg, auf der südlichen Flanke des Turmpodestes hat die Kötztinger Festspielgemeinschaft ihre Heimat und ihre Bühne gefunden. Klassiker in bayerischer Mundart sind ihre Spezialität. Der Faust, Jedermann, Der Weiberstreik, das Haus der Bernada  und Sommernachtstraum sind nur einige der Schauspiele, die dort oben in der freien Natur ihre Besucher, die von weit her angereist kommen, in den Bann ziehen.
Ich habe dort oben eine "Sommernachtstraum" Aufführung gesehen, die aufgrund der Möglichkeiten die die grüne, üppigen Natur bietet und mit der ganz speziellen darauf eingehenden Inszenierung eines der besten Theaterstücke erlebt, die ich jeh gesehen habe .......und das trotz einsetzenden Starkregens. Es war eine Aufführung, die ich sicher nie vergessen werde.
Solch eine Möglichkeit bietet eben nur eine Bühne im Grünen.
Der Sommernachttraum nach William Shakespeare in der Inszenierung des Kötztinger Festspielkreises

Und dann kommt seit ein paar Jahren auch in der Adventszeit Leben zum nächtlichen Ludwigsturm:
Rund um den Turm entsteht eine Budenstadt mit Handwerkermarkt und Allem was man sich so auf einem Weihnachtsmarkt wünscht.




Und so wird der Ludwigsturm, wie von seinem Erbauer Carl von Paur 1852 erwünscht, immer wieder und imme rnoch zum Mittelpunkt pulsierenden Lebens, auch wenn es nicht mehr Lampions sind, die den Platz vor und den Turm selber erleuchten.
der Ludwigsturm illuminiert durch wechselnde Laserstrahlen