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Montag, 26. November 2012

Die Metzger in Kötzting Teil 2

Metzgerstrafen

Zusammengenommen sind es also eine Reihe von Vertragsauflagen, Anordnungen, Regeln und Gesetzen, an die sich die Metzger halten mussten. Natürlich versuchten dieser Schlupflöcher in den Bestimmungen zu finden oder hofften einfach bei Regelverstößen darauf, nicht erwischt zu werden und kauften, schlachteten und verkauften an den Kontrollen vorbei; wurden sie aber erwischt, dann mussten sie die festgesetzten Strafen bezahlen und so tauchen die Kötztinger Metzger mit schöner Regelmäßigkeit in den Rechnungsbüchern des Marktes auf. Hier ist es wichtig zu erwähnen, dass der Markt Kötzting in früherer Zeit nicht nur eine Verwaltungseinheit war, sondern auch obrigkeitliche Aufgaben erfüllte, die heute von den Gerichten und der Polizei wahrgenommen werden. Der Kammerer Kötztings, also der Bürgermeister, war zugleich auch noch Richter und Polizeichef. Für die Ausführung und Überwachung der Gesetze und Anordnungen hatte er den Marktdiener, für die Amtsgeschäfte seinen juristisch gebildeten Marktschreiber. Die Marktratssitzungen waren auch Gerichtstage und die dort ausgesprochenen Geldstrafen wanderten direkt in die Marktkasse bzw. in den Säckel der Ratsherren. Alle staatlichen Aufsichtspersonen, auf allen Verwaltungsebenen, waren also angehalten streng darauf zu achten, ob die gesetzlichen Vorschriften auch eingehalten wurden.
Auf der untersten, der kommunalen Ebene, war nicht nur der Marktdiener befugt Aufsicht auszuüben sondern auch einzelne Markträte wurden für Kontrollaufgaben eingesetzt. Es wurden dabei aber nicht nur die Metzger kontrolliert, sondern unter anderem auch die Qualität des Bieres, des Ausschanks, die Gewichte und die Sauberkeit der Bäcker und Müller, die Überwachung der Sperrstunde, die Sauberkeit der Kamine und vieles andere mehr. Auch wenn die Überwachung wohl zu wünschen übrig lies, denn Freiherr von Armannsberg listete, wie oben angeführt, seine Beschwerden über die mangelhaften Lebensmittel in Kötzting auf und fügte an: „der Markt schweiget hierzu, weil sonst der Eigennutz seiner Bürger scheitern würde“(29), so kann man doch an den Rechnungsbucheintragungen sehen, dass kontrolliert worden war. Die Metzger erwischte es allerdings sehr häufig. Als Beispiele seien hier einige Einträge aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert aufgeführt. Die bunte Mischung an Strafen über die Jahrzehnte hinweg zeigt, was man den Metzgermeistern alles zur Last gelegt hatte.
Nachdem die verhandtenen vier Metzger Georg Pachmayer Hans und  Georg Khieninger wie auch Georg Mez nit allein den Fleischsaz ueberschritten   sondern auch noch dazu umb das obrigkeitliche Verbot nichts geben  und denen Fleischbeschauern schlimme Reds angehengt als haben vermoeg  Protokols wieder 2 1/2 Pfund erlegen muessen.(30) Die vier Kötztinger Metzger hatten  1685 nicht nur das Fleisch zu teuer verkauft sondern, nachdem sie erwischt worden waren, auch die Preise nicht geändert und noch dazu die Fleischbeschauer beschimpft. Die Strafe von 2 ½ Pfund betrifft übrigens nicht das Fleisch, sondern war eine bei Gerichtsstrafen gebräuchliche Währung angegeben in Pfund Regensburger Pfennige. Diese 2 ½ Pfund Pfennige ergaben in der damals gebräuchlichen Handelswährung 6 Gulden 51 Kreutzer und 3 Pfennige.
1672 wurden die vier Metzger miteinander wegen Schlachtung ohne vorherige Fleischbeschau gestraft(31)
Im Jahre1685 hatte die Kontrolle ergeben, dass sie das Schaff und Pockhfleisch hoecher als was der Satz gewest verkaufft(32)
1705 erwischte es einen anderen Metzger, der erst ein paar Jahre zuvor als Bürger aufgenommen worden war,  Pürzer Ander, Bürger und Metzger umb sich derselbe undernomben ohne uf seinem Heussl gekhomene Gerechtigkeit das Fleisch pfundweis auszuwiegen und zu verkauffen. Auch der Fleischpenkstueftung  zu widersezen ist neben einem ernstlichen Verweis deswegen zu 1 Pfund gestraft  worden.(33) Dieser hatte also wiederholt das Fleisch in seinem eigenen Haus verkauft, ohne dafür die Handwerksgerechtigkeit auf dem Haus liegen zu haben und sich damit der Kontrolle in der Fleischbank entzogen.
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Wagte es ein anderer Bürger Fleisch zu verkaufen, so hatte er das gesamte Handwerk der Metzger gegen sich und der Magistrat als Gericht musste urteilen, wie im Jahre
1702, als der Bürger und Schneider Wolfgang Hofmann verurteil wurde,   umb er unschlachtmessiges Fleisch in Markt gebracht habe.(34)
Ebenso erwischte es im Kriegsjahr 1703 den Brothüter Georg Pachmayr, der entgegen des ausgesprochenen Verbotes Kalbfleisch viertl und Pfundweise verkauft hatte.
Sogar Gefängnisstrafen wurden gegen die Metzger ausgesprochen.(35)  Im Rechnungsbuch  ist vermerkt, dass, nachdem Georg Pachmeier und Leonhard Vogl 1684 oefters verboten worden bei dem waichen Wetter deren Schaf nit auf die Saem und und Getraidter hietten zu lassen hat es widerumben bei ihnen nichts verfangen sind dahero strafft worden. Pachmayer  musste 1 Gulden 8 Pfennig und 4 Kreutzer zahlen und Leonhard Vogl wurde wegen Unvermoegenheit halber zu Fenkhnuss Straff verurteilt
Im drauffolgenden Jahr ging der Metzger Ander Mez für einen halben Tag ins Gefängnis wegen an dem Rathsdiener veruebten Schendtung(36).
Andererseits wollten sich die verbürgerten Marktlehner nichts so einfach von ihren alten hergeklommenen und geschriebenen Rechten wegnehmen lassen. Die Metzger wollten ihnen das Schweineschlachten und den Verkauf des Schweinefleisches verbieten lassen und das ging ihnen zu weit. Hintergrund dürfte sein, dass den Marktlehnern, und nur diese protestierten auch,  in Kötzting das Brau- und Schankrecht uneingeschränkt zustand und es im Markt entsprechend zahlreiche Wirtshäuser gab. Machte man aber einen Ausschank und betrieb eine Wirtschaft, so konnte man in aller Regel mit den Abfällen auch eine Schweinehaltung betreiben, was wiederum dann der Wirtschaft zugute kam.


Mit ihrem Protest kamen die Metzger aber nicht durch und sogar in dem verpachteten Wirtshaus der Wuhn, einem alten Marktlehen in der unteren Marktstraße, wurde es dem Pächter ausdrücklich zugestanden.
Der Wuhnwirt Martin Hofmann(37) erhielt in seinem Stiftsvertrag genaue Vorschriften, wie er seine Wirtschaft zu führen hatte. Neben der Vorgabe, das Bier bei der Bürgerschaft zu kaufen, wird geregelt, dass er  weder schlachten noch Fleisch verkaufen dürfe. Schweine allerdings dürfe er sich halten soviel er für seine Wirtschaft benötigte.(38)
Die Metzger lieferten nicht nur das Fleisch zum Verzehr und die Felle für die Gerber, die am Regenufer ihr geruchsintensives Gewerbe betrieben, und selber wieder den Färbern zulieferten, sondern produzierten auch Unschlitt, also ausgelassenes Körperfett der Tiere, was sowohl für die Beleuchtung, wie eingangs bereits einmal erwähnt, sondern auch zum Abdichten der Spünde und Fässer in der Brauerei gebraucht wurde. 1685 lieferte der Metzger Georg Khieninger 17 Pfund Insleicht ins Brauhaus, die man dort für die „praune Waickh“(39) vonnöten gehabt habe.(40)
Eine andauernde Herausforderung  für die Kötztinger Metzger war es auch, die Schlachttiere bis zum Schlachttermin füttern zu können. Der Markt  Kötzting hatte notorischen Mangel an Weidefläche, die Marktlehner und Söldner betrieben zumeist auch eine Landwirtschaft und waren auf die gemeinschaftlichen Weideflächen angewiesen, da das Alleinhüten, auch auf dem ureigenen Grund und Boden, streng verboten war. Alle Tiere aller Bürger wurden in einer Herde auf die Gemeindeweide getrieben, dies war der sogenannte „Blumbbesuch“, wörtlich der Blumenbesuch.
So erhielten nun die Metzger die Auflage, dass jeder von ihnen höchsten 20 Schafe auf einmal schlachten dürfe und es daher keinen Grund gäbe, dass einer mehr unter die Gemeindetiere treibe.(41)  Regelübertretungen kennen wir auch hier wieder durch die in die Rechnungsbücher eingeführten Gerichtsstrafen, als z.B. Jakob Rabl und Michael Vogl jeder ca. 60 Schafe hielten und daher bestraft wurden, mit ansehnlichen 2 Pfund Pfennigen.
Das große Problem in der damaligen Zeit waren aber die damals häufig grassierenden epidemischen Viehseuchen und daraus die resultierende Sperrgebiete.
Solche Tiere, waren natürlich auf den Märkten in den Sperrgebieten günstig zu haben und so war die Versuchung groß. Oben erwähnte  Metzger Rabl und Vogl, die in Viechtach, wo der räudige Viehfall grasssierte,   Kühe gekauft hatte von denen eine würklich in solcher Sucht crepiert ist, mussten dies schwer büßen. 5 Gulden 12 Kreuzer und 2 Pfennige mussten sie hinlegen, fast die Höhe ihrer  Jahrespacht, als ihnen die Ratsherren dieses Vergehen nachweisen konnten(42).

Am 12. Juli 1787 kam dann für die Kötztinger Metzger eine Konkurrenz von ganz anderer Seite.
Der ehemalige Kötztinger Marktlehner und nun Reichenbacher Tavernewirt Georg Adam stellte den Antrag beim Magistrat, eine Freibank errichten zu dürfen. Von der Landesregierung in München bringt er eine auf ihn persönlich ausgestellte Konzession mit und nun lässt der Markt solch eine Freibank an die markteigene Wuhn(43) anbauen, der Markt nennt es anschrauben. Die Entscheidung war nicht unstrittig, auch eine Einrichtung im Rathaus, wo auch der Brotverkauf angesiedelt war, stand im Raum.
Nach längerem Hin und Her und abwechselnden Voten(44) entschied sich eine Mehrheit für den Anbau an die Wuhn. Eine große Konkurrenz scheint er für die Metzger aber nicht gewesen zu sein, weil in all den Folgejahren mehr von Schwierigkeiten des Marktes mit dem Mieter als von Einnahmen die Rede war. Der Magistrat erhielt seine Pachtzahlungen nur stockend und zu Anfang des 19. Jahrhunderts verlässt der Metzger Heinz Adam seine Familie und die Freibank in Kötzting und hinterlässt nur noch Schulden.

Die Metzger als Gewerbetreibende

Während im Zeitraum vor 1800 die Markträte selber die Lebensmittelkontrolle vornahmen, wurden später zuerst einzelne Metzger mit dieser Aufgabe im Fleischbereich betreut. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es dann sogar Tierärzte, die diese Aufgabe vorzunehmen hatten.
1835 wurde der Brandmetzger Wolfgang Weihrauch für die vorgenommene Fleischbeschau bezahlt und 1861 rechnete bereits ein Tierarzt, Karl Wunder aus Viechtach, für dieselbe Tätigkeit ab.
Im Jahre 1866, im Zuge der Einführung der allgemeinen Gewerbefreiheit weigerten sich die Metzger die Pacht zu zahlen und schlachten von nun an dann auf Ihren eigenen Anwesen.
Der Markt versuchte nun die Fleischbank abzustoßen und schrieb eine Versteigerung der Immobilie aus. Der Kötztinger Wirt und Nachbar Georg Rötzer (Hausnummer 19, jetzt Bäckerei Pongratz) erhielt den Zuschlag für das Gebäude für sein gebot über 1100 Gulden. Landrichter Karl von Paur genehmigte den Verkauf aber nach einem Jahr war der Verkaufsvertrag immer noch nicht beurkundet. Georg Rötzer bekannte, den Kauf nicht antreten zu wollen, er hätte das Anwesen nur für den Schlosser Aschenbrenner ersteigert, der es aber dann für den  erreichten Betrag nun nicht nehmen wollte.(45)
Der Magistrat fragte nach, ob der Markt Rötzer verklagen sollte, aber das Landgericht winkte ab, dies würde nur neue unnötige Kosten verursachen. Das Gericht riet mit dem Nächstbietenden der Versteigerungen in Verhandlungen zu treten. Der direkt benachbarte Stephan Dimpfl, Metzger und Gastwirt, übernahm nun das Anwesen für 560 Gulden
In den Jahren nach der Erteilung der allgemeinen Gewerbefreiheit bewarben sich die verschiedensten Bürger um eine Metzgerkonzession und die Angaben werfen ein Schlaglicht auf die damals wohl vorherrschenden hygienischen Zustände.
Im Gewerbesteuerkataster des Marktes Kötzting von 1868  tauchen jetzt zusätzlich folgende Personen als Antragsteller für einen Metzger auf(46) :
  • Joseph Amberger, brauender Bürger will das Geschäft ohne Gehilfen betreiben, ohne Laden, schlachtet im Wohnhause
  • Franz Zachmann, Hausbesitzer, will im Wohnhause schlachten
  • Wieser Georg, Pächter des Rötzerschen Gasthauses will im Wohnhaus schlachten
  • Januel Leopold aus Rimbach, wohnhaft auf dem Jauckerbeckkeller will im Keller schlachten
  • Wieser Wolfgang übt das Geschäft im elterlichen Wohnhause aus
  • Stöberl Wolfgang, hat im Wohnhause eine Schlachtlokalität
  • Laumer Wolfgang, schlachtet im Michl Martinschen Hause
  • Kern Franz Gastwirtschaftspächter
  • Kerscher Xaver Sattelpeilstein, ohne Laden ohne Gehilfe
  • Greiner Jakob Bürger
  • Lammer Alois
  • Zachmann Franz
  • Rötzer Joseph
Aus dem Jahre 1896 kennen wir die erste große Umbaumaßnahme der ehemaligen Fleischbank, die nun wieder ein bürgerliches Wohnhaus geworden ist, als Franziska Raith das Haus von Grund auf erneuerte.(47)  Der Zusatz in der Baumappe heißt: das Voglsche Anwesen, vorher Elias Hahn.
In der Baumappe vom 28.07.1904 bestätigten die beiden Nachbarn, der Bäcker Karl Mühlbauer (Bäckerei Grassl) und der Hafner Joseph Kasparowsky (heute Allianz Roiger), ihre Zustimmung für den Ausbau des Wohnhauses des Dimpflwirtes Georg Mühlbauer(48).
Die Kötztinger Metzger aber errichteten alle ihre eigenen Schlachthäuser und wirtschafteten auf und in ihren eigenen Häusern solange bis dann zu Ende des 20. Jahrhunderts geänderte Hygiene- und Umweltschutzbestimmungen neue Auflagen brachten, die von kleinen Handwerksbetrieben nur noch schwer erfüllt werden konnten. So wandelten sich viele Metzgerhandwerksbetriebe zurück in reine Fleisch und Wurstverkaufsstellen, sind also dann wieder zu Fleischbänken geworden, nur eben nicht mehr zentral sondern auf verschiedene Häuser in der Stadt Kötzting verteilt.




Namensnachweise von Kötztinger Metzgern bis 1885:
Waldfest auf dem Ludwigsberg 1906 oder 1907 rechts am Wurststand das Metzgerehepaar Philipp und Karolina Krämer. ". Kind von rechts sitzend ist Tochter Elisabeth, spätere Frau Barth. Foto Gläser Straubing, hatte zu dieser Zeit ein Atelier in Kötzting. Foto Arbeitskreis Heimatforschung Bad Kötzting Repro Nr. 1643