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Dienstag, 28. Juni 2016

EIne Zeit- und Forschungsreise an die UNI Regensburg

Mal schauen, was dabei herauskommt ......


Diesmal geht es in meinem Blogeintrag nicht darum, ob etwas "neues" Altes gefunden worden ist sondern ich möchte von einer zukünftigen Forschungsfahrt berichten bei der ich versuche, Materialien zu Ereignissen zu finden, von denen ich bisher nur einige Hinweise erhalten habe.
Ich schreibe nun also bevor ich überhaupt weiß ob ich das Gesuchte auch finden werde,  um einmal den Weg aufzeigen, wie manche Forschungsergebnisse zustande kommen bzw. wo und wie solch ein Weg beginnt, der dann (hoffentlich auch diesmal) zu dem gewünschten Ergebnis führt.

Also dann mal los mit der Vorgeschichte. Pfingsten in Kötzting, das heißt in manchen Fällen ein Suchen einer Stecknadel im Heuhaufen, weil die Ordner und Archivschachteln zu diesem Thema viele, viele Regalmeter füllen. Manche, bzw. durchaus die allermeisten Dokumente und Akten sind nach Jahren geordnet, es gibt aber auch viele Mischbestände zum Thema Pfingsten und Pfingstritt in Kötzting, die ich nun beginne systematisch aufzudröseln und die Inhalte ebenfalls auf die dazugehörigen Jahresbestände zu verteilen. Gleichzeitig werden diese Inhalte im Computer verstichwortet, um zukünftig auf einen Blick zu erkennen ob für ein bestimmtes Stichwort Material vorhanden ist.
Programm des Kötztinger Volksfestes von 1926 

Soweit so gut, jedenfalls kam vor zwei Wochen die Anfrage von Sepp Barth - in unserer Stadtverwaltung auch zuständig für alle Pfingstangelegenheiten - nach einigen statistischen Kennzahlen der vergangenen Volksfeste. (Wirte - Brauereien - die Entwicklung der Vergabepreise, der Bierpreis). Im Rahmen des Gesprächs über diese Volkfestfragen kam dann die Rückfrage nach einem Jubiläum für dieses Volksfest, so mit einem ungefähren Arbeitstitel : 
1949 - 2019 
70 Jahre Pfingstvolksfest in Kötzting

>>>>>> Also ab in den Keller und den 1949er Pfingstakt hochgeholt:

Fehlanzeige

Der ganze Akt bestand im Wesentlichen aus dem auch in diesem Jahre erstmalig aufgeführten Festspiel "Pfingstrittehr" von Eugen Hubrich und aus vielen interessanten Briefen mit dem Schriftsteller, der zum Zeitpunkt der Premiere noch mit den Einschränkungen seines Spruchkammerverfahrens zu kämpfen hatte und, auch dies geht in vielen Details aus dem Schriftwechsel hervor, große Hoffnungen auf die im Herbst stattfindende Berufungsverhandlung bei der Straubinger Spruchkammer setzte.

>>>>>>>>Also ab in den Keller, 1949 Schachtel aufgeräumt und die 1950er Pfingstakte hochgeholt.

Dort, in den 1950er Unterlagen, waren nun ein paar wenige Hinweise auf das erste Kötztinger Pfingstvolksfest im Jahre 1949 zu finden. Diese teilweise Durchmischung der Bestände ist übrigens die  Ursache für mein oben angesprochenes Vorhaben, die Pfingstakten sauber chronologisch zu sortieren.
Der Grund für die unsaubere Trennung ist sehr leicht zu erklären: immer VOR Pfingsten, wenn sich das Komitee und die anderen Pfingstakteure treffen, wird zuerst einmal die Pflichtenliste und die Erfahrungswerte aus dem VORJAHR zu Rate gezogen, das alte Programm des Vorjahres, das Organigramm usw. des Vorjahres benutzt und dann eben in den Akten des neuen Pfingstjahres abgelegt. Viele Aufrufe an die Bevölkerung, an die Pfingstreiter, an die Vereinsvertreter, an die Feuerwehr und das Rote Kreuz sind über die Jahrzehnte gleichlautend und es ist sehr wichtig nichts und niemanden dabei zu übersehen.
Nun war in den 1950er Akten auch ein Redemanuskript, vermutlich des damaligen Bürgermeisters Kroher überliefert, in dem er die Erfahrungen der 1949er erstmals durchgeführten Änderungen im Ablauf der Pfingstfeierlichkeiten ansprach.
Zur Erinnerung: um das Volksfest auf dem Bleichanger über die Pfingstfeiertage errichten zu können, war es nötig die Ansprache des Kooperators, die Kranzlübergabe und die Auszeichnungen der Pfingstreiter vom Bleichanger weg zu verlegen, in diesem Falle auf den Marktplatz, zugleich wurden in diesem Jahr auch erstmals der Brautzug und der Burschenzug vereint.
Noch in dem Pfingstfilm von Siegfried Ehemann vom Pfingstgeschehen 1948 sieht man den Brautzug alleine über den leeren Bleichanger auf die Turnhalle zumarschieren.

In dem Film, ungefähr bei Sekunde 11, sieht man ganz kurz die Spitze des Burschenzugs, der auf den Bleichanger marschiert, anschließend schwenkt die Kamera auf den leeren Platz vor der Turnhalle, wo eben 1948 noch kein Volksfest aufgebaut ist.




So, nun zurück zu dem Bericht des Bürgermeisters:
Rückschau Pfingsten 1949 und Lehren für 1950 von Bgm Kroher

Dort schreibt bzw., es ist ja eine Redemanuskript, spricht der Bürgermeister von einer "recht lebhaft verlaufenden" Bürgerversammlung vom 26.3.1949. Später dann von einer "umstrittenen Veranstaltung auf dem Bleichanger und der Kranzlverleihung an der Veitskirche". Offensichtlich waren alle diese Neuerungen nur gegen den Widerstand von Teilen der Bevölkerung möglich. Berücksichtigt man wie WENIG insgesamt in den letzten Jahrzehnten/Jahrhunderten  am Ablauf des Pfingstrittes geändert worden ist - eigentlich ist nur zu Anfang des Jahrhunderts der Startzeitpunkt von 7.30 auf 8.00 verlegt worden um den Erfordernissen des Zugfahrplanes gerecht zu werden - dann kommt diese Änderung des Jahres 1949 fast einer Revolution gleich.

In der Rede erwähnt der Bürgermeister, dass nun schon fast 25 Jahre vergangen waren seit dem letzten Kötztinger Volksfest. 1926 hatte es ein solches gegeben, damals aber immer im August, meist im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Bezirksfesten.
Einladung zum Volksfest 1926, des letzten Kötztinger Volksfestes bis zum Jahre 1949

Auszug aus der rede des Bürgermeisters Kroher zur Verbreitung auf Pfingsten 1950

Zurück zur erwähnten Bürgerversammlung und das ist nun der springende Punkt, solch eine Bürgerversammlung MUSS doch einen Niederschlag in der Presse gefunden haben. Also Kontaktaufnahme mit Alfred Silberbauer, der zZ. im Zeitungsarchiv der Kötztinger Zeitung recherchiert: >>>>> Fehlanzeige, die Verlegerfamilie des Straubinger Tagblattes bekam ihre Lizenz erst im Herbst 1949. Also OPAC, das Onlinefindbuch der bayerischen Universitäten: Suche Nach der Kötztinger Umschau:


Mist, steigt erst Juli 1949 ein.

Eigentlich wollte ich schon aufgeben, aber die Neugier, was sonst noch unter dem Stichwort Kötztinger Umschau in der UNI Regensburg auftaucht.



Selbes Stichwort, weiter unten, wieder Kötztinger Umschau,

diesmal eine Ausgabe H >>>  UND


Laufzeit September 1948 bis Juli 1949.
Bingo, dort sollte alles zu finden sein, wenn, ja wenn sich nicht wieder mal schon jemand in der Vergangenheit bedient hat. Im Zeitungsarchiv im Kötztinger Stadtarchiv sind gerade bei den älteren Jahrgängen viele Lücken - verdächtig um die Pfingstzeit - zu finden.

Also nächster Schritt, Kontaktaufnahme zuerst mit der Staatlichen Bibliothek in Regensburg - die liegt nur 100 m neben einem Parkhaus: klappt nicht, die Zeitungen können nur in der Uni eingesehen werden und liegen in einem entfernten Depot, also dringend vorher schriftlich und mündlich bestellen.
Also nächster Schritt Anruf in der zentralen Infostelle im Zentralgebäude der UNI Regensburg, die Signatur hatte ich ja schon und wenige Tage später kam dann die Mail:


Sehr geehrter Herr Pongratz,

die von Ihnen gewünschte  Zeitung

Kötztinger Umschau , Reihe H von Sept. 1948 bis Juli 1949 (2 Bände)

ist bei uns vorhanden und kann im Infozentrum der Zentralbibliothek eingesehen werden.
Bitte teilen Sie mir rechtzeitig mit, wann Sie in die Bibliothek kommen möchten. Die Bände werden dann
aus dem Magazin geholt.

Mit freundlichen Grüßen

So, und nun geht's am Montag Nachmittag in die BIB der UNI Regensburg und hoffentlich finde ich dort, was ich suche nämlich:  Eindrücke und Berichte über die Änderungen beim Pfingstfest, über das neue Volksfest, das Pfingstfestspiel und die Meinungen der Kötztinger zu all den Änderungen.

Der Wunsch des Bürgermeisters, das Volksfest über den Dienstag hinaus zu verlängern, wurde jedenfalls bereits 1950 Wirklichkeit und seitdem haben wir nun alljährlich das Kötztinger Pfingstvolksfest über die gesamte Woche hinweg.

Ich denke, dass ich noch im Laufe des Julis diesen Blogeintrag um die Ergebnisse erweitern kann, nun also zum ersten mal der Bericht, welcher  VOR dem Ergebnis einsetzt.

leider leicht angeschnittenes Exemplar des Pfingstprogrammes von 1949

Übrigens, um zu der ganz oben angesprochenen Ausgangsfrage zu kommen: das 1949er Volksfest hatte als Brauerei die Kötztinger Kommunbrauer und zusätzlich eine Weinhalle.
Interessant ist hier, dass bei dem detaillierten Pfingstprogramm 1949 das Volksfest nur als kleine Fußnote am Ende erwähnt wird.



Antrag eines Chamer Eishändlers in Kötzting eine kleine "Speiseeishalle" errichten zu dürfen, der Antrag wurde zugunsten der Kötztinger Händler dann abgelehnt.