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Montag, 26. November 2012

Die Metzger in Kötzting Teil 2

Metzgerstrafen

Zusammengenommen sind es also eine Reihe von Vertragsauflagen, Anordnungen, Regeln und Gesetzen, an die sich die Metzger halten mussten. Natürlich versuchten dieser Schlupflöcher in den Bestimmungen zu finden oder hofften einfach bei Regelverstößen darauf, nicht erwischt zu werden und kauften, schlachteten und verkauften an den Kontrollen vorbei; wurden sie aber erwischt, dann mussten sie die festgesetzten Strafen bezahlen und so tauchen die Kötztinger Metzger mit schöner Regelmäßigkeit in den Rechnungsbüchern des Marktes auf. Hier ist es wichtig zu erwähnen, dass der Markt Kötzting in früherer Zeit nicht nur eine Verwaltungseinheit war, sondern auch obrigkeitliche Aufgaben erfüllte, die heute von den Gerichten und der Polizei wahrgenommen werden. Der Kammerer Kötztings, also der Bürgermeister, war zugleich auch noch Richter und Polizeichef. Für die Ausführung und Überwachung der Gesetze und Anordnungen hatte er den Marktdiener, für die Amtsgeschäfte seinen juristisch gebildeten Marktschreiber. Die Marktratssitzungen waren auch Gerichtstage und die dort ausgesprochenen Geldstrafen wanderten direkt in die Marktkasse bzw. in den Säckel der Ratsherren. Alle staatlichen Aufsichtspersonen, auf allen Verwaltungsebenen, waren also angehalten streng darauf zu achten, ob die gesetzlichen Vorschriften auch eingehalten wurden.
Auf der untersten, der kommunalen Ebene, war nicht nur der Marktdiener befugt Aufsicht auszuüben sondern auch einzelne Markträte wurden für Kontrollaufgaben eingesetzt. Es wurden dabei aber nicht nur die Metzger kontrolliert, sondern unter anderem auch die Qualität des Bieres, des Ausschanks, die Gewichte und die Sauberkeit der Bäcker und Müller, die Überwachung der Sperrstunde, die Sauberkeit der Kamine und vieles andere mehr. Auch wenn die Überwachung wohl zu wünschen übrig lies, denn Freiherr von Armannsberg listete, wie oben angeführt, seine Beschwerden über die mangelhaften Lebensmittel in Kötzting auf und fügte an: „der Markt schweiget hierzu, weil sonst der Eigennutz seiner Bürger scheitern würde“(29), so kann man doch an den Rechnungsbucheintragungen sehen, dass kontrolliert worden war. Die Metzger erwischte es allerdings sehr häufig. Als Beispiele seien hier einige Einträge aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert aufgeführt. Die bunte Mischung an Strafen über die Jahrzehnte hinweg zeigt, was man den Metzgermeistern alles zur Last gelegt hatte.
Nachdem die verhandtenen vier Metzger Georg Pachmayer Hans und  Georg Khieninger wie auch Georg Mez nit allein den Fleischsaz ueberschritten   sondern auch noch dazu umb das obrigkeitliche Verbot nichts geben  und denen Fleischbeschauern schlimme Reds angehengt als haben vermoeg  Protokols wieder 2 1/2 Pfund erlegen muessen.(30) Die vier Kötztinger Metzger hatten  1685 nicht nur das Fleisch zu teuer verkauft sondern, nachdem sie erwischt worden waren, auch die Preise nicht geändert und noch dazu die Fleischbeschauer beschimpft. Die Strafe von 2 ½ Pfund betrifft übrigens nicht das Fleisch, sondern war eine bei Gerichtsstrafen gebräuchliche Währung angegeben in Pfund Regensburger Pfennige. Diese 2 ½ Pfund Pfennige ergaben in der damals gebräuchlichen Handelswährung 6 Gulden 51 Kreutzer und 3 Pfennige.
1672 wurden die vier Metzger miteinander wegen Schlachtung ohne vorherige Fleischbeschau gestraft(31)
Im Jahre1685 hatte die Kontrolle ergeben, dass sie das Schaff und Pockhfleisch hoecher als was der Satz gewest verkaufft(32)
1705 erwischte es einen anderen Metzger, der erst ein paar Jahre zuvor als Bürger aufgenommen worden war,  Pürzer Ander, Bürger und Metzger umb sich derselbe undernomben ohne uf seinem Heussl gekhomene Gerechtigkeit das Fleisch pfundweis auszuwiegen und zu verkauffen. Auch der Fleischpenkstueftung  zu widersezen ist neben einem ernstlichen Verweis deswegen zu 1 Pfund gestraft  worden.(33) Dieser hatte also wiederholt das Fleisch in seinem eigenen Haus verkauft, ohne dafür die Handwerksgerechtigkeit auf dem Haus liegen zu haben und sich damit der Kontrolle in der Fleischbank entzogen.
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Wagte es ein anderer Bürger Fleisch zu verkaufen, so hatte er das gesamte Handwerk der Metzger gegen sich und der Magistrat als Gericht musste urteilen, wie im Jahre
1702, als der Bürger und Schneider Wolfgang Hofmann verurteil wurde,   umb er unschlachtmessiges Fleisch in Markt gebracht habe.(34)
Ebenso erwischte es im Kriegsjahr 1703 den Brothüter Georg Pachmayr, der entgegen des ausgesprochenen Verbotes Kalbfleisch viertl und Pfundweise verkauft hatte.
Sogar Gefängnisstrafen wurden gegen die Metzger ausgesprochen.(35)  Im Rechnungsbuch  ist vermerkt, dass, nachdem Georg Pachmeier und Leonhard Vogl 1684 oefters verboten worden bei dem waichen Wetter deren Schaf nit auf die Saem und und Getraidter hietten zu lassen hat es widerumben bei ihnen nichts verfangen sind dahero strafft worden. Pachmayer  musste 1 Gulden 8 Pfennig und 4 Kreutzer zahlen und Leonhard Vogl wurde wegen Unvermoegenheit halber zu Fenkhnuss Straff verurteilt
Im drauffolgenden Jahr ging der Metzger Ander Mez für einen halben Tag ins Gefängnis wegen an dem Rathsdiener veruebten Schendtung(36).
Andererseits wollten sich die verbürgerten Marktlehner nichts so einfach von ihren alten hergeklommenen und geschriebenen Rechten wegnehmen lassen. Die Metzger wollten ihnen das Schweineschlachten und den Verkauf des Schweinefleisches verbieten lassen und das ging ihnen zu weit. Hintergrund dürfte sein, dass den Marktlehnern, und nur diese protestierten auch,  in Kötzting das Brau- und Schankrecht uneingeschränkt zustand und es im Markt entsprechend zahlreiche Wirtshäuser gab. Machte man aber einen Ausschank und betrieb eine Wirtschaft, so konnte man in aller Regel mit den Abfällen auch eine Schweinehaltung betreiben, was wiederum dann der Wirtschaft zugute kam.


Mit ihrem Protest kamen die Metzger aber nicht durch und sogar in dem verpachteten Wirtshaus der Wuhn, einem alten Marktlehen in der unteren Marktstraße, wurde es dem Pächter ausdrücklich zugestanden.
Der Wuhnwirt Martin Hofmann(37) erhielt in seinem Stiftsvertrag genaue Vorschriften, wie er seine Wirtschaft zu führen hatte. Neben der Vorgabe, das Bier bei der Bürgerschaft zu kaufen, wird geregelt, dass er  weder schlachten noch Fleisch verkaufen dürfe. Schweine allerdings dürfe er sich halten soviel er für seine Wirtschaft benötigte.(38)
Die Metzger lieferten nicht nur das Fleisch zum Verzehr und die Felle für die Gerber, die am Regenufer ihr geruchsintensives Gewerbe betrieben, und selber wieder den Färbern zulieferten, sondern produzierten auch Unschlitt, also ausgelassenes Körperfett der Tiere, was sowohl für die Beleuchtung, wie eingangs bereits einmal erwähnt, sondern auch zum Abdichten der Spünde und Fässer in der Brauerei gebraucht wurde. 1685 lieferte der Metzger Georg Khieninger 17 Pfund Insleicht ins Brauhaus, die man dort für die „praune Waickh“(39) vonnöten gehabt habe.(40)
Eine andauernde Herausforderung  für die Kötztinger Metzger war es auch, die Schlachttiere bis zum Schlachttermin füttern zu können. Der Markt  Kötzting hatte notorischen Mangel an Weidefläche, die Marktlehner und Söldner betrieben zumeist auch eine Landwirtschaft und waren auf die gemeinschaftlichen Weideflächen angewiesen, da das Alleinhüten, auch auf dem ureigenen Grund und Boden, streng verboten war. Alle Tiere aller Bürger wurden in einer Herde auf die Gemeindeweide getrieben, dies war der sogenannte „Blumbbesuch“, wörtlich der Blumenbesuch.
So erhielten nun die Metzger die Auflage, dass jeder von ihnen höchsten 20 Schafe auf einmal schlachten dürfe und es daher keinen Grund gäbe, dass einer mehr unter die Gemeindetiere treibe.(41)  Regelübertretungen kennen wir auch hier wieder durch die in die Rechnungsbücher eingeführten Gerichtsstrafen, als z.B. Jakob Rabl und Michael Vogl jeder ca. 60 Schafe hielten und daher bestraft wurden, mit ansehnlichen 2 Pfund Pfennigen.
Das große Problem in der damaligen Zeit waren aber die damals häufig grassierenden epidemischen Viehseuchen und daraus die resultierende Sperrgebiete.
Solche Tiere, waren natürlich auf den Märkten in den Sperrgebieten günstig zu haben und so war die Versuchung groß. Oben erwähnte  Metzger Rabl und Vogl, die in Viechtach, wo der räudige Viehfall grasssierte,   Kühe gekauft hatte von denen eine würklich in solcher Sucht crepiert ist, mussten dies schwer büßen. 5 Gulden 12 Kreuzer und 2 Pfennige mussten sie hinlegen, fast die Höhe ihrer  Jahrespacht, als ihnen die Ratsherren dieses Vergehen nachweisen konnten(42).

Am 12. Juli 1787 kam dann für die Kötztinger Metzger eine Konkurrenz von ganz anderer Seite.
Der ehemalige Kötztinger Marktlehner und nun Reichenbacher Tavernewirt Georg Adam stellte den Antrag beim Magistrat, eine Freibank errichten zu dürfen. Von der Landesregierung in München bringt er eine auf ihn persönlich ausgestellte Konzession mit und nun lässt der Markt solch eine Freibank an die markteigene Wuhn(43) anbauen, der Markt nennt es anschrauben. Die Entscheidung war nicht unstrittig, auch eine Einrichtung im Rathaus, wo auch der Brotverkauf angesiedelt war, stand im Raum.
Nach längerem Hin und Her und abwechselnden Voten(44) entschied sich eine Mehrheit für den Anbau an die Wuhn. Eine große Konkurrenz scheint er für die Metzger aber nicht gewesen zu sein, weil in all den Folgejahren mehr von Schwierigkeiten des Marktes mit dem Mieter als von Einnahmen die Rede war. Der Magistrat erhielt seine Pachtzahlungen nur stockend und zu Anfang des 19. Jahrhunderts verlässt der Metzger Heinz Adam seine Familie und die Freibank in Kötzting und hinterlässt nur noch Schulden.

Die Metzger als Gewerbetreibende

Während im Zeitraum vor 1800 die Markträte selber die Lebensmittelkontrolle vornahmen, wurden später zuerst einzelne Metzger mit dieser Aufgabe im Fleischbereich betreut. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es dann sogar Tierärzte, die diese Aufgabe vorzunehmen hatten.
1835 wurde der Brandmetzger Wolfgang Weihrauch für die vorgenommene Fleischbeschau bezahlt und 1861 rechnete bereits ein Tierarzt, Karl Wunder aus Viechtach, für dieselbe Tätigkeit ab.
Im Jahre 1866, im Zuge der Einführung der allgemeinen Gewerbefreiheit weigerten sich die Metzger die Pacht zu zahlen und schlachten von nun an dann auf Ihren eigenen Anwesen.
Der Markt versuchte nun die Fleischbank abzustoßen und schrieb eine Versteigerung der Immobilie aus. Der Kötztinger Wirt und Nachbar Georg Rötzer (Hausnummer 19, jetzt Bäckerei Pongratz) erhielt den Zuschlag für das Gebäude für sein gebot über 1100 Gulden. Landrichter Karl von Paur genehmigte den Verkauf aber nach einem Jahr war der Verkaufsvertrag immer noch nicht beurkundet. Georg Rötzer bekannte, den Kauf nicht antreten zu wollen, er hätte das Anwesen nur für den Schlosser Aschenbrenner ersteigert, der es aber dann für den  erreichten Betrag nun nicht nehmen wollte.(45)
Der Magistrat fragte nach, ob der Markt Rötzer verklagen sollte, aber das Landgericht winkte ab, dies würde nur neue unnötige Kosten verursachen. Das Gericht riet mit dem Nächstbietenden der Versteigerungen in Verhandlungen zu treten. Der direkt benachbarte Stephan Dimpfl, Metzger und Gastwirt, übernahm nun das Anwesen für 560 Gulden
In den Jahren nach der Erteilung der allgemeinen Gewerbefreiheit bewarben sich die verschiedensten Bürger um eine Metzgerkonzession und die Angaben werfen ein Schlaglicht auf die damals wohl vorherrschenden hygienischen Zustände.
Im Gewerbesteuerkataster des Marktes Kötzting von 1868  tauchen jetzt zusätzlich folgende Personen als Antragsteller für einen Metzger auf(46) :
  • Joseph Amberger, brauender Bürger will das Geschäft ohne Gehilfen betreiben, ohne Laden, schlachtet im Wohnhause
  • Franz Zachmann, Hausbesitzer, will im Wohnhause schlachten
  • Wieser Georg, Pächter des Rötzerschen Gasthauses will im Wohnhaus schlachten
  • Januel Leopold aus Rimbach, wohnhaft auf dem Jauckerbeckkeller will im Keller schlachten
  • Wieser Wolfgang übt das Geschäft im elterlichen Wohnhause aus
  • Stöberl Wolfgang, hat im Wohnhause eine Schlachtlokalität
  • Laumer Wolfgang, schlachtet im Michl Martinschen Hause
  • Kern Franz Gastwirtschaftspächter
  • Kerscher Xaver Sattelpeilstein, ohne Laden ohne Gehilfe
  • Greiner Jakob Bürger
  • Lammer Alois
  • Zachmann Franz
  • Rötzer Joseph
Aus dem Jahre 1896 kennen wir die erste große Umbaumaßnahme der ehemaligen Fleischbank, die nun wieder ein bürgerliches Wohnhaus geworden ist, als Franziska Raith das Haus von Grund auf erneuerte.(47)  Der Zusatz in der Baumappe heißt: das Voglsche Anwesen, vorher Elias Hahn.
In der Baumappe vom 28.07.1904 bestätigten die beiden Nachbarn, der Bäcker Karl Mühlbauer (Bäckerei Grassl) und der Hafner Joseph Kasparowsky (heute Allianz Roiger), ihre Zustimmung für den Ausbau des Wohnhauses des Dimpflwirtes Georg Mühlbauer(48).
Die Kötztinger Metzger aber errichteten alle ihre eigenen Schlachthäuser und wirtschafteten auf und in ihren eigenen Häusern solange bis dann zu Ende des 20. Jahrhunderts geänderte Hygiene- und Umweltschutzbestimmungen neue Auflagen brachten, die von kleinen Handwerksbetrieben nur noch schwer erfüllt werden konnten. So wandelten sich viele Metzgerhandwerksbetriebe zurück in reine Fleisch und Wurstverkaufsstellen, sind also dann wieder zu Fleischbänken geworden, nur eben nicht mehr zentral sondern auf verschiedene Häuser in der Stadt Kötzting verteilt.




Namensnachweise von Kötztinger Metzgern bis 1885:
Waldfest auf dem Ludwigsberg 1906 oder 1907 rechts am Wurststand das Metzgerehepaar Philipp und Karolina Krämer. ". Kind von rechts sitzend ist Tochter Elisabeth, spätere Frau Barth. Foto Gläser Straubing, hatte zu dieser Zeit ein Atelier in Kötzting. Foto Arbeitskreis Heimatforschung Bad Kötzting Repro Nr. 1643

Kötzting im Jahre 1903




Der Kötztinger Anzeiger, gedruckt und bearbeitet von der Druckerei Vitus Oexler in Kötzting, war eine Lokalzeitung, die zweimal wöchentlich erschien und die im wesentlichen redaktionelle Beiträge überregionaler Blätter und Agenturen druckte. Zu einem kleinen Teil wurden eigene Berichte eingefügt¸ gleichzeitig diente das, meist vier- oder achtseitige, kleinformatige Blatt auch als Werbeträger und Anzeigenblatt.

Rudolph Häfner, nun Voithenleitnerhaus
(1)

Bis auf ganz wenige, in Privatbesitz befindliche, Einzelexemplare galt diese Nachrichtenquelle als verloren. Zur großen Überraschung zeigte sich, dass die Bayerische Staatsbibliothek in München anscheinend zu den Abonnenten dieser Zeitung gehörte und den kompletten, fast vollständigen Bestand von 1900 bis 1938, gebunden, im Archiv hat(2). Es fehlen nur die Jahrgänge 1914 und 1917. In den Jahresbänden während der revolutionären Zeiten und der Depression, nach dem ersten Weltkrieg, fehlen ein paar Einzelnummern. Diese sind wohl auf dem Weg nach München zur königlichen Staatsbibliothek buchstäblich auf der Strecke geblieben; insgesamt aber kann man den Bestand als vollständig ansehen und auswerten.

Das Pfingstfest vor 100 Jahren bringt für Kötzting eine wichtige Neuerung, die neue Druckwasserleitung in den Markt herein. Als sichtbares Zeichen wird dazu der  Marienbrunnens auf dem Marktplatz am Pfingstmontag vor der Feldmesse eingeweiht.
Noch beim letzten Marktbrand, im April 1899, war der Wassermangel eine der Hauptursachen der Feuerausbreitung. Im Bericht im Chamer Anzeiger des Jahres 1899 wird in lebendiger aber vorwurfsvoller Weise die Brandnacht geschildert.
Cham, 17. April. In nicht geringen Schrecken wurden am Samstag Nacht gegen 11 Uhr die Bewohner unserer Stadt versetzt als sie durch Feuersignale des Thürmers und der Feuerwehr aus dem Schlafe geweckt wurden. Glücklicher Weise war durch eine am Himmel weithin sichtbare Brandröthe sogleich bemerkbar, dass der signalisierte Brand auswärts sei und bald darauf lief auch schon von dem benachbarten Markte Kötzting ein Telegramm ein, welches besagte, dass der halbe Markt in Flamen stehe und Hilfe dringend erbeten wird. Auf verlangen wurde eine Lokomotive mit einigen Wägen hierhergeschickt welche um ½ 1 eintraf und schon einige Minuten später dampfte ein Extrazug von hier ab, der mit über 30 Feuerwehrmännern und ebensoviel Civilpersonen besetzt und mit zwei Feuerspritzen beladen war. Bei Ankunft desselben bot sich ein trauriges Bild, ein ganzes Häuserviertel mit Hintergebäuden, Stallungen und Scheunen war von dem Feuer ergriffen und zum großen teil schon eingeäschert. Das Feuer war Nachts 10 ¼ Uhr in den Hintergebäuden des Gastwirts Rötzer ( jetzt Bäckerei Pongratz) am oberen Markt ausgebrochen und breitete sich nach der Kirche zu, sowie der Straße entlang nach rechts aus, so dass das Feuerherd ein vollständiges Viereck bildete, Im Ganzen sind 9 Wohnhäuser mit Hintergebäuden und 11 Scheunen ein Raub der Flammen geworden. Leider sind auch zwei Menschenleben zu beklagen; ein bei dem Bäckermeister Krämer in Arbeit stehender 14jähr. Lehrling und ein 19jähr. Bäckergeselle, der an diesem Tage dem Bäckermeister aushalf, welche beide im Hinterhause schliefen, sind im Rauche erstickt; deren Leichen wurden erst im Laufe des gestrigen Tages aufgefunden, dieselben waren ganz verkohlt. Die Kinder des Bäckers sowie das Kindermädchen, letzteres nur mit dem Hemd bekleidet, konnten nur mit knapper Not gerettet werden. Auf der Rötzerschen Gastwirtschaft  sind am Samstag Nachmittag junge Eheleute aus Teisnach als Pächter aufgezogen und in derselben nacht ist deren ganzes Mobiliar nebst 500 M Baargeld verbrannt. Getreide, Futtervorräte, Holz, Kohlen u.s.w. sind vernichtet, Mobiliar wurde vielfach gerettet; ein Pferd kam ebenfalls in den Flammen um. An der großen Verbreitung des Feuers war hauptsächlich Wassermangel schuld, denn die in der Nähe befindlichen Brunnen waren bald leer und eine Strecke weit her aus dem Regenflusse das Wasser herbeizuschaffen oder an den dort aufgestellten Löschmaschinen zu pumpen, dazu waren die jungen Leute zu faul, dieselben steckten lieber beide Hände in die Hosentaschen und standen als müssige Gaffer umher. Mehrere Spritzen sah man verlassen in den Straßen und am Regenflusse stehen. Mit wahrer Bravour haben nach ihrer Ankunft die Chamer Feuerwehr und Civilpersonen gearbeitet und nur ihren vereinten Anstrengungen mit Hilfe der Feuerwehr Arrach war es zu danken, dass mehrere Stunden zwei Schlauchleitungen mit Wasser gespeist wurden. Noch im Laufe des ganzen gestrigen Tages züngelten die Flammen aus dem Schutthaufen hervor. Über die Entstehungsursache des Feuers ist Näheres nicht bekannt. Dieser Wassermangel im Markt, mit der Gefahr, dass in einem strengen Winter die Leitungen auch noch zufrieren konnten, sollte mit einer neuen Wasserleitung beseitigt werden.
Im Mai 1903 ist es dann soweit ...nachdem nämlich die Marktsgemeinde und an ihrer Spitze der auf Hebung  und stete Verbesserung der Ortsverhältnisse bedachte Magistrat unter energischer Unterstützung durch den kgl. Bezirksamtmann, Herrn Koerbling, nunmehr kgl. Regierungsrat in Ansbach, dem Marktflecken eine Hochdruckwasserleitung beschafft hat, wurde dieses Werk noch mit einer Schöpfung gekrönt, welche religiösen Gefühlen Ausdruck verleihen soll. Herr Johann Lindner, Holzhändler von Sperlhammer, stiftete nämlich in großherziger Weise für den aus der Wasserleitung gespeisten Brunnen bei der St. Veitskirche eine herrliche Mariensäule, welcher eine würdige Umgebung zu schaffen der Magistrat sofort bereit war und diesem Werke, sowie der ganzen Wasserleitung sollte nun die kirchliche Weihe erteilt werden.(3)Bezirksamtmann Koerbling, der maßgeblich die Erbauung der Wasserleitung betrieb, wurde wenige Wochen zuvor nach Ansbach versetzt und feierte am 29. Mai im Deckerschen Saale (heute Kaufhaus Wanninger) seinen Abschied, der einen lebhaften und herzlichen Verlauf nahm. Die Herren Beamten, die Geistlichen und Lehrer auch aus der Umgebung füllten den geschmackvoll dekorierten Festsaal, welchen die Klänge der diesortigen Mühlbauerschen Musikkapelle durchrauschten. Bürgermeister Liebl, Forstmeister Hubrich und Distriktsschulinspektor Hochw. Herr Elser, der Kötztinger Pfarrer, waren einige der Redner. Besonders die Rede Pfarrer Elsers zeigt das Beziehungsgeflecht der damaligen Behörden auf. Er führte in längerer Rede aus, wie er zum Gefeierten in dreifacher Beziehung stand, nämlich weil bezirksangehörig , als sein Untergebener, als ihm gleichgestellt in seiner Eigenschaft als kgl. Distriktsschulinspektor und in der Seelsorge als sein Vorgesetzter und hob das gute Einvernehmen hervor, welches in gegenseitigen Verkehre zwischen beiden genannten Herren bestanden hat.
In derselben Zeitungsaugabe wird in einem Vorbericht zum Pfingstfest berichtet:
Mit dem Pfingstfeste kehrt in unserem Markte der schöne uralte Brauch des Pfingstrittes wieder, welcher sich steigernder Beliebtheit erfreut und mit jedem Jahr mehr Gäste, selbst aus weitester Ferne anzieht. Das Pfingstrittkomitee hat bereits umfassende Vorbereitungen getroffen, um dem Feste einen würdigen verlauf zu sichern. Hierbei wurde vor Allem auf die tatkräftige Unterstützung der verehrl. Einwohnerschaft gerechnet. Diese hat ja bereits in den Vorjahren gezeigt, dass sie die von den Vätern ererbte Sitte in hohen Ehren hält und sich hiedurch bei den zahlreichen Festgästen ein ehrenvolles Zeugnis gesichert. Die verehrliche Einwohnerschaft wird daher gebeten, gleich den Vorjahren durch rege Anteilnahme, sowie durch Schmückung und Beflaggung der Gebäude an der Verherrlichung des Festes mitzuwirken. Die Festordnung ist die gleiche wie im Vorjahre. Die Aufstellung der Pfingstreiter erfolgt in der oberen Torstraße hinter der St. Veitskirche um 7 ¼ Uhr morgens. Nach der Aufstellung wird die Hochw. Geistlichkeit durch Berittene abgeholt und bewegt sich nach Eintreffen derselben der Zug durch die Marktstraße nach Steinbühl. Eine Viertelstunde vor Abgang des Zuges wird in der Pfarrkirche geläutet. Diejenigen, welche durch Ehrenfahnen ausgezeichnet wurden, werden gebeten, diese beim Ritte mitzutragen. Sämtliche Teilnehmer am Ritte müssen sich am Aufstellungsorte einfinden – ein späteres Einreiten kann mit Rücksicht auf die Ordnung und die Würde der Pfingstprozession nicht gestattet werden – ebenso muß der Zug bei der Rückkehr, welche um 12 ½ Uhr nachm. Erfolgt beisammenbleiben bis zur Pfarrkirche, wo erst die Auflösung erfolgt.  Vor der Feldmesse findet die Einweihung des neuen Marien=Brunnens statt.
Am Mittwoch den 3.Juni 1903 erschien dann der Bericht über das Pfingstfest.(4)
Mit dem seit einer Reihe von Jahren immer mehr erwachten Sinne der Bewohnerschaft Kötztings für die Hebung und Verschönerung des Marktfleckens hat sich auch das Interesse und die Regsamkeit für die Pflege eines in seinen Anfängen bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts zurückreichenden Volksgebrauches in ganz besonderer Weise gesteigert. Überlassen wir es den Skeptikern, die Ursachen für die rege Betätigung der Bürgerschaft in würdiger Ausstattung dieser für Kötzting charakteristischer Festfeier auf bloße Geschäftsspekulation zurückzuführen; der objektive Beurteiler aber wird in der festlichen Ausschmückung des Marktfleckens durch rechtzeitige Neutünchung der Häuser, durch Ausstattung der Gebäude , Straßen und Gassen mit Kränzen, Guirlanden, Triumphbögen und Flaggenschmuck sowie in der regen Beteiligung sowohl  der Bürgerschaft als auch der Bewohner aus weiter Umgebung am Ritte selbst edlere und tiefer liegende Beweggründe erkennen, nämlich die Heilighaltung dieses alterwürdigen und überdies religiösem Boden entstammenden Volksgebrauches.
Sonnenglanz war das Festgewand der Natur und bestrahlte eine blank geputzte Reiterschar auf festlich geschmückten, auch das Kennerauge erfreuenden Pferden, wie sie so zahlreich noch nie war; über 200 Reiter wurden gezählt. Während dieser Zug mit Kreuz und Laternenträgern, sowie zwei wackeren Fanfarenbläsern, diesmal Herrn Kauer, Vater und Sohn, Wirt in Kammern, und dem Priester Hochw. Herrn Kooperator Späth, an der Spitze unter Absingung der vier Evangelien an den bestimmten Stationen sich nach seinem Ziele bewegte, sammelte sich auf dem oberen Marktplatze bei der St. Veitskirche eine gewaltige Menge zu Fuß, zu Wagen und besonders auf der Eisenbahn auch mittels eingelegter Sonderzüge herbeigekommener Zuschauer um der im Freien stattfindenden Feldmesse und diemal auch einem Akte beizuwohnen, welcher der heurigen Pfingstmontagfeier ein ganz besonderes Gepräge verlieh.
Der nunmehrige Regierungsrat in Ansbach von Koerbling und sein Nachfolger als Bezirksamtmann in Kötzting, Herr von Fuchs, waren Zeugen, als der päpstliche Hausprälat Monsignore Mehler, der Verfasser der Kötztinger Pfingstchronik von 1901, die Einweihung der Mariensäule und der Wasserleitung vollzog. Einen tiefen Eindruck machtes es, als im im Anblicke des vom Sonnenlichte wie von  Glorienschein umflossenen und wie von himmlicher Erhabenheit und Anmut im Goldglanze strahlenden Marienbildnisses zu Beginn des Weiheaktes vom diesortigen Männergesangsverein eine unter sanft sich anschmiegender Begleitung der Blechmusik als Weihelied der Chor „Des Sängers Gebet“ und am Schlusse desselben mit gleich tiefer Empfindung das „O sanctissima“ vorgetragen wurden. Während dieser Feier sandte der Kötztinger Bürgermeister Liebl, der Nachfolger des aus Krankheitsgründen zurückgetretenen Bürgermeisters Drunkenpolz, was ein damals sehr häufig gebrauchtes Ritual war, ein Huldigungstelegramm an den Prinzregenten nach München mit den Worten:
„Tausende von Männern, bei der Einweihung des Marienbrunnens mit der Patrona Bavariae versammelt, versichern Euer Königliche Hoheit unwandelbare Treue und Ergebenheit“.
Und weiter schreibt der Berichterstatter: „auf dasselbe traf folgende allergnädigst erteilte Antwort ein : Sr. Kgl. Hoheit der Prinz-Regent lassen den Teilnehmern an der Einweihung des Marienbrunnens in Kötzting für die an Allerhöchst dieselben gerichteten loyale Kundgebung Ihren besten Dank erbieten“.
Um 12 ½ Uhr mittags wurde der von Steinbühl zurückkehrende Reiterzug von den hier bestehenden Vereinen mit ihren Fahnen, wie sie auch an der vormittäglichen Feier beteiligt waren und dem Magistrate unter Vorantritt der Musik durch die dicht besetzten Straßen und Gassen nach dem mit Zuschauern vollbesetzen Bleichanger geleitet. Auch diesen teil des Festes beehrten Herr Regierungsrat  Koerbling und Herr Bezirksamtmann von Fuchs mit ihrer Teilnahme. Bald hatten Feuerwehr, Kriegerverein, Männergesangsverein, I. Zimmerstutzengesellschaft, Turnverein, kath. Gesellenverein und Concordia unter der Menschenmenge ein Viereck geöffnet, in welchem der funktionierende Geistliche, Hochw. Herr Kooperator Späth, von seiner lebendigen, vierbeinigen Kanzel aus eine sehr gediegene Ansprache hielt. Die reizende Umgebung Kötztings deren schöne Berge den Schauplatz rings umrahmen, in die rede mit verflechtend, legte er die Bedeutung des Pfingstrittes in Bezug auf die gegenwärtigen sozialen, sittlichen und religiösen Zeitverhältnisse dar.
Nachdem er dann des verstorbenen Pfingstjubilars Leonhard Mittermaier
 und des Jünglings Andreas Holzapfel, Färbersohn von hier, gedacht hatte, welch letzterer als Bürgerssohn mit unbescholtener Führung für die diesmalige Ehrung mit dem goldenen Kränzchen ausersehen war, aber leider beim letzten großen Brande den Flammentod erlitten hat, rief er den für diese Auszeichnung Nächsterwählten, Herrn Josef Hastreiter, Braumeisterssohn von hier, vor und übereichte ihm das werthvolle, in feiner Filigranarbeit  ausgeführte goldene Kränzchen. Der Gastwirt Johann Kauer aus Kammern „erhielt als Anerkennung für seine schon fünfundzwanzigmalige ununterbrochene Beteiligung am Pfingstritte ein mit Gold besticktes Reiterfähnlein“.
Indes der schnell wieder in Aufstellung getretene Festzug am Nordostabhange des Markthügels sich zum oberen Teile des Marktfleckens hinauf begibt, wechseln während eines kurzen Haltes in einem bereit gehaltenen Lokale der mit dem Pfingstkränzchen beehrte nebst seinen zwei Begleitern ihre bestaubte Kleidung mit schwarzem Anzuge, am Arme das Kränzchen und Bänderschmuck. So bewegt sich nun der Zug um die Mariensäule, die dicht mit Zuschauern besetzten Straßen hinab zur Pfarrkirche, wo der Pfingstritt beendigt wird. Die Nachfeier dieses Pfingstrittes wird am Pfingstmontag abends und Pfingstdienstag bis 12 Uhr Mitternacht in Form einer Hochzeit mit Ball gehalten. Dem beim Pfingstritt mit dem goldenen Kränzchen Ausgezeichneten, diesmal also Herrn Josef Hastreiter, fällt die Rolle des Bräutigams , seinen zwei Begleitern die der Brautführer zu, und die Braut, diesmal Fräulein Fanny Kasparowsky, Oekonomstochter von hier, wird vom Pfingstbräutigam aus den Bürgertöchtern, häufig aus dem Verwandschaftskreise gewählt; denn den Eltern derselben erwachsen durch diese Ehrung namhafte Ausgaben.
Mit diesen Ausführungen endet der Pfingstbericht des Kötztinger Anzeigers von 1903.
 Was war sonst noch berichtenswert in diesem Jahr für den Kötztinger Anzeiger? Ausführlich wird von den verschiedenen Faschingsveranstaltungen berichtet. Sowohl der Männergesangsverein als auch der katholische Gesellenverein führten Theaterstücke auf und mussten diese des großen Erfolges wegen auch wiederholen.(5)
 

Am Sonntag, 1. März, dem Vorabend der 25. Wiederkehr der Krönung seiner Heiligkeit Leo XIII wurde im hiesigen Postsaal das Pabstjubiläum begangen. Der herrlichst geschmückte Festsaal erregte allgemeine Bewunderung; Gegen  230 electrische Birnen ergossen in allen möglichen Farben ihr magisches Licht in den Saal und besonders war es daszwischen der Papst und Prinzregentenbüste sich befindliche Transparent, das von ca 130 färbigen electrischen Lichtern gebildet, ein großes „L“ mit der Zahl 25 darüber darstellte.
Danksagung des Pfarrers Elsner und Geschäftsanzeige. Bäckerei Dachauer ist die jetztige Bäckerei Vogl in der Metzstrasse.

In derselben Ausgabe wird von einem Artikel im „Boten vom Hohenbogen“ berichtet, der „Los vom Distrikt Kötzting“  als Losung ausgibt, weil sich der Bereich um Neukirchen bei der Wahl des Distriktsratsausschusses benachteiligt fühlte.
Am 4. März wurde bei einer Ersatzwahl der Realitätenbesitzer Franz Liebl zum Bürgermeister des Marktes Kötzting bewählt.(7)
Aus Reitenstein wird von einem Großbrand berichtet, als am 22.April nachts um 10 Uhr  im Stadel des Anton Steidl Feuer ausbrach. Am Ende brannten auch dessen Wohnhaus und die Anwesen der Nachbarn Georg Bielmeier und Xaver Eidenschink nieder.
Groß berichtet wurde über die Generalversammlung des Ortsverschönerungsvereines, in dem besonders des ehemaligen Bezirksamtmannes von Schackys gedacht wurde, vom Endschiessen der Zimmerstutzengesellschaft und  der königlich privilegierten Feuerschützengesellschaft.
Ein Bericht über ein Hubertusessen in Verbindung mit einer solenen Namenstagsvorfeier beim verehrten Altjäger und Herrn Brauereibesitzer Lindner eröffnete den Herbstreigen der berichtenswerten Veranstaltungen. Um 4 Uhr jagten die letzten Jäger nach Hause um so bald als möglich in ihrer Falle zu verschwinden. Wie alle Jahre bildeten die Konzertabende des Männergesangsvereins und das Weihnachtsfestspiel der St. Josefsanstalt  den Abschluss des Veranstaltungsreigens in Kötzting.
Am Ende noch zwei Kleinigkeiten am Rande:
 


(1) Kötztinger Anzeiger Werbeanzeige der Fa. Rudolf Häfner
(2) Bayerische Staatsbibliothek München, 4Eph.pol.3cel 1900 ff im folgenden KA genannt
(3) KA Nr 44 vom 03.06.1903
(4) KA 44 vom 3.6.1903
(5) KA Nr 15 vom 22.02.1903
(6) KA           vom 03.03.1903

Sonntag, 25. November 2012

DIe Metzger in Kötzting Teil 1

Die Handwerksordnung der Metzger und das Bürgerrecht


Von vielen Dörfern, Märkten und Städten sind sogenannte Ehehaftordnungen bekannt, Regelungen also, in denen die Gemeinschaft einzelnen Handwerksgewerben, zumeist dem Müller- und Schmiedehandwerk,(1) ökonomische Sicherheiten(2) gab. Diese Ordnung wirkte zweiseitig, der Handwerker hatte sein Gebietsmonopol und für die Gemeinschaft die Sicherheit, dass der Handwerker vor Ort erreichbar war.
Auch wenn wir in Kötzting keine solche, ausdrücklich Ehehaftordnung genannte, Vereinbarung kennen, so enthält doch die Bestätigung der Kötzting Marktfreiheiten mit der Auflistung all der Vergünstigungen, Rechte und Pflichten der Kötztinger Bürger alle Elemente, die solch eine Ehehaftordnung ausmachten.
Der Status der Bürger aber war in Kötzting ganz besonders geregelt. Die Kötztinger Bürger teilen sich in drein Gruppen auf. Hier werden diejenigen Bürger, die in den Marktfreiheiten ihre Rechte ohne Einschränkungen verliehen bekommen haben, Marktlehner genannt. Danach genießen die Söldner zwar noch vergleichbare Rechte diese sind allerdings bereits deutlich eingeschränkt. Die sogenannten Häusler auf der untersten Bürgerstufe müssen zwar ebenfalls wie die beiden anderen Gruppierungen für ihr Bürgerrecht bezahlen,  es standen ihnen aber nur wenige, auf sie persönlich übertragene, handwerkliche Berufe zur Verfügung wie etwa die der Weber, Schuster Gürtler und Hutmacher. Die Krämerei oder Hökerei konnte, mit einer persönlichen Konzession versehen, ebenfalls auch von den Häuslern ausgeübt werden(3).
Die Marktlehner und Söldner(4) hatten ihre Rechte aber nur als die Besitzer der Marktlehen und Söldner, also als sogenannte reale Gerechtigkeiten. Anders als die „personalen“ Gerechtigkeiten konnten diese „realen“ Gerechtigkeiten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts weder gehandelt noch übertragen werden(5).  Noch 1801 urteilte die Hofkammer in München eindeutig über die Verbindung von Marktlehen und Braurecht in Kötzting. Die Braugerechtigkeit sei eine reale und damit nur dem Grunde eigen auf dem sie haftet, eine solche zu verkaufen sei illegal.
Obwohl die bestätigten Marktfreiheiten des Herzogs, zumindest den Marktlehnern, den Vollbürgern sozusagen, sämtliche Gewerbsausübung gestatteten, die sie zum Lebensunterhalt benötigten, so pendelte sich doch der Bedarf an einzelnen Gewerbetreibenden im Laufe der Jahre ein.
Später war es dann vor allem die Meisterpflicht der Zünfte und deren Handwerksordnungen, die dafür sorgten, dass ausschließlich deren Mitglieder ihr Auskommen hatten und vor unliebsamer Konkurrenz geschützt wurden. Unnachgiebig wurden solche „Pfuscher“, unliebsame Konkurrenten also, beim Magistrat in Kötzting angezeigt und bestraft.
Zu Ende des 17. Jahrhunderts zog dann das Pfleggericht nach jahrzehntelangen Auseinandersetzungen mit dem Magistrat, die am Ende sogar bei der Hofkammer in München ausgetragen worden waren, die Rechtsprechung über Handwerkssachen(6)] an sich und so klagten die Handwerkszünfte ihre Rechte nun beim Landgericht ein.
Auch beim Handwerk der Metzger war dies so, nur dass hier neben den Regeln des zünftigen Metzgerhandwerks auch noch lebensmittelhygienische und sogar religiöse Fragen mit hereinspielten.
Aufnahme der Metzger, "Verhörsprotokoll" des Magistrates von Kötzting von 1654 aus dem Stadtarchiv Kötzting

 
Anders als heute schlachteten und verkauften die Metzger nicht im eigenen Schlachthaus und vom eigenen Laden aus sondern verrichteten ihr Handwerk gemeinsam in der Fleischbank. Es war zu der Zeit auch in anderen Städten üblich, dass die Metzger ihr Handwerk zentral und gemeinsam verrichteten. Dieses erzwungene Miteinander ließ die Metzger auch gemeinsam handeln; so dass sie einerseits als Handwerkszunft jeden unliebsamen Konkurrenten bekämpften, andererseits leichter nach innen Ausgleich schaffen konnten; es wusste ja jeder Metzger wie wirtschaftlich stark der jeweils andere war. Wir kennen einen Vertrag, den die Kötztinger Metzger in Form eines protokollierten Eides untereinander abschlossen, um genau solch einen Ausgleich zu vereinbaren.
Ayd(7)
Wir sammentl: 5 verbürgerte Fleischhackher alhier zu Közting, benanntl. Ich Ander Pürzer, Philipp Rothfischer, Michael Vogl, Jakob Räbl, Wolfgang König, schwören zu Gott einen gelehrten Ayd, weillen wür jährl. von der lobl. Landschaft Landshueth mit 70 fl belegt herentgegen aber in Schlagen sowohl an gross als klainen Viech dess Jahres hindurch sehr ungleich seint, dass ein ieder all sein schlachtentes Stuckh getreulich angeben und anzaigen, auch nit das ministe verhalten wollen und sollen. Damit wür nachgehents ein billichmässiges Compositions Repartution untereinander machen können. Alles getreulich und ohne geverde als wahr uns Gott helff und all seine Liebe heyl: Ammen, ist wohl abgeschworen worden dem 23.Jenner ao 1739

Hier wurde also in Vertragsform vereinbart, dass die Abgabenlast, die dem Metzgerhandwerk als Gesamtschuldner durch die Ständeversammlung in Landshut(=Lobliche Landschaft Landshueth)(8) auferlegt worden war, nicht von jedem Metzger gleichmäßig, sondern anteilig seiner Wirtschaftskraft zu zahlen war, der Stärkere also dem wirtschaftlich Schwächeren im Nachhinein einen Ausgleich erstattete.

„Lebensmittelkontrolle“, Regeln und Auflagen der Metzger



Die Kötztinger Metzger, meist 4- 5 an der Zahl, mussten neben den Zunftregeln auch  andere strenge Auflagen beachten, auch wenn sie diese, wie die verschiedensten Beschwerden, Anklagen und Strafen zeigten, doch häufiger versucht haben zu umgehen.
Kötzting hatte um das Jahr 1250 herum seine Marktrechte erhalten. Mit diesem Recht - und darin lag ja der eigentliche Vorteil der Marktsernennung - war für das Umland die Pflicht entstanden, allen Warenumschlag, egal ob Vieh oder Getreide, über den Markt Kötzting zu verkaufen. Der sogenannte „Freikauf“, das heutzutage übliche Verkaufen „ab Hof“, war mit strenger Strafandrohung verboten. Da Amtsmänner einen Anteil an den ausgesprochenen Geldstrafen verdienten, achteten sie auch sehr auf diese Delikte.

Das Schlachthaus lag nun mitten im Ort und, nach den Regeln des Pachtvertrages, musste jedes Schlachtvieh vor dem Schlachtvorgang auf seine Gesundheit hin begutachtet werden. So war es sicher auch nicht leicht fremdes Vieh am Markt vorbei ins Schlachthaus zu schmuggeln. Trotzdem wurde es versucht.

Freiherr von Armannsberg beschwerte sich bei der Regierung in Straubing über den Kötztinger Magistrat, weil dieser seine Aufsichtspflicht so wenig wahrnehmen würde, worunter unter anderem auch die Qualität der Lebensmittel stark litte.(9) Nachdem er zuvor die Bäcker für deren schlechtes und zu geringes Brot angeklagt hatte, kam er auf die Metzger zu sprechen. Er meinte „das Fleisch sollte hierorts als in einer Gegend wo man sonst gutes Vieh aufsucht, offt eher vergraben als verleith [verkauft] geben werden. Denn viellmahl lofen schon Beschwerden ein, dass einige der hiesigen Metzger an jenigen Orthen, wo wircklich Seuche war, Viech aufgekauft, solches bey der Nacht nach Hause gebracht, geschlacht und Verleith geben haben“. „Und“, führt er weiter aus, “schreibet man dieß also dem Markt, dass er Untersuchung und Abstellung machen möchte, so hat man schon den Weißungs Prozess am Hals“.
Das Kötztinger Bier und die Kötztinger Sittsamkeit kamen übrigens in dieser Beschwerde auch nicht gut weg. Von Armannsberg steigerte sich soweit, dass er Kötzting einen „Freiort“ nannte, bei dem die Bewohner glaubten alles machen könnten, was sie nur wollten.

Eine andere Einschränkung der Metzger lag in der amtlichen Festsetzung des Fleischpreises. 
Ein krankes Tier wurde nicht, wie heute, sofort aus dem Schlachthaus entfernt, sondern es wurde wie selbstverständlich geschlachtet, nur dass dann anschließend der amtliche Fleischsatz für dieses Tier abgesenkt worden war.
Der Fleischpreis, vom Magistrat für alle Metzger bindend festgelegt, wurde regelmäßig vom Fleischbeschauer kontrolliert – zumindest sahen es so die Regeln des Magistrats vor, welcher auch regelmäßig Kontrolleure aus seiner Mitte bestimmte - und die Verbraucher konnten sich im Rathaus über den von Straubing aufgestellten Basisfleischsatz informieren. Schweinefleisch war in der Regel am teuersten(10).
Straubing war also die Richtgröße und die Fleischpreise in Kötzting sollten eigentlich günstiger sein, waren es aber häufig nicht und so kam es zu Beschwerden.

Ähnlich wie die Feststellungen des Kötztinger Landrichters, waren meist auch die Befunde, die der Rentmeister bei seinen regelmäßigen Umritten zu seinem Leidwesen feststellen musste.
Der Rentmeister aus Straubing schrieb seine „Gravamina“, die Beschwerden also, in sein Umrittsprotokoll und so lesen wir aus dem Jahre 1648, (11) nachdem er zuvor schon die schlechte Lebensmittelüberwachung beim Bier moniert hatte: gleiche Meinung hats mit dem Fleisch, ja wan man schon den Metzgern oder andern einen Saz erthaille, sie doch nit darob halten, inmaßen das Fleisch fast eben in dem Preis fast wie zu Straubing, da man doch hier gleichsamb mitten in dem Wald und die Metzger das Viech vor der Thuer, ingleichen die Beckhen guete Gelegenheit zum Waizkauffen haben, hingegen gar schlecht Protd pachen....
Obwohl  150 Jahre zwischen den beiden Protokollen liegen, sind die Beschwerden gleichgeblieben, das Fleisch war viel zu teuer und von einer gleichbleibend schlechten Qualität.
So urteilten die amtlichen Kontrollbehörden, auch von den Verbrauchern kennen wir Urteile, die in dieselbe Richtung gehen.

Die oben angeführten Regeln waren aber nicht die einzigen Einschränkungen. Der Fleischverkauf konnte zu gewissen Zeiten eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt werden.
So war es in der Fastenzeit und an Freitagen - auch dies wurde streng von den weltlichen Gerichten überwacht und geahndet - strengsten verboten Fleisch in den Handel zu bringen und zu verzehren. Gerade zu Zeiten des Kurfürsten Maximilian I (1598 - 1651), der ein besonderes Augenmerk auf religiöse Vergehen hatte, war solch ein Übertritt sogar ein Fall für den Rentmeister, ein sogenannter Viztumswandel.
Solch ein Vergehen wurde also nicht einmal vor dem Landrichter verhandelt sondern gleich von der Regierung, also eine Instanz höher, bestraft.
Der Rentmeister fragte ausdrücklich bei seinen Umritten nach ob im Bereich des Pfleggerichts solche Vergehen vorgekommen wären. 1608 wurden die Gerichte zusätzlich angewiesen ire undergebenen Schergen und Khnecht an den verdechtigen Ortten unversehener ding einfallen zlassen und alles Vleiß zu visitirn. (12)Die Amtsleute sollten also ohne Vorwarnung in die Häuser eindringen und die Untertanen kontrollieren.
In der Fastenzeit gab es aber manchmal durchaus Ausnahmen und diese wurden dann öffentlich ausgerufen, wie zum Beispiel im Jahre 1685, als im vergangenen Fasten das Fleischessen verlaubt worden hat dem Kapitelpothen so das Patent herumbgetragen bezahlt werden muessen.(13)  Solch ein „Patent“ wurde vom Bischof ausgesprochen und von der Regierung veröffentlicht und umgesetzt.
Wie streng auf der anderen Seite das Fastengebot war, zeigt ein Fall aus dem Jahre 1719, wo sogar der markteigene Amtsdiener, der Polizist also, drei Stunden im Stock büßen musste, „umb er in der Fastenzeit Fleisch aus der Fleischbank genomben und sich damit offentlich mit Gebung anderer Leuth Örgernuss gebroglet.“(14,15)


Die Fleischbank


Freier Einkauf also war untersagt, Schlachten zuhause war verboten und der Verkauf musste gemeinschaftlich, zumindest Tür an Tür, mit den anderen Metzgerkollegen zu einem vorher von außen festgesetztem Preis erfolgen.
Wenigstens brauchten die Metzger im Normalfall nicht lange nach ihrem Vieh zu suchen, denn die Viehmärkte wurden ja innerhalb des Marktes abgehalten, praktischerweise sogar direkt vor ihrer Haustüre.
Der östliche Teilstück der Metzstraße beginnend beim heutigen Marktplatz wurde damals sowohl Rindermarkt als auch Metzgergasse(16) genannt. Der Rossmarkt war, um eine Querstraße nach Süden versetzt, am östlichen Ende der Schirnstraße(17), direkt vor dem Amtshaus, gelegen.

In der Fleischbank wurde zentral von allen Kötztinger Metzgern geschlachtet und auch verkauft. Aus dem Jahre 1866, als die Fleischbank eigentlich bereits zur Auflösung anstand,  kennen wir einen Gebäudeplan, der von der Regierung angefordert worden war, um sich im Rahmen einer Verwaltungsanordnung ,aus der Entfernung, ein besseres Bild vom Gebäude machen zu können.
Hausnummer 24
Am östlichen Ende der Metzstraße, wo bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhundert hinein der kleine Lebensmittelladen von Frau Fanni Rabl war, hatten die Kötztinger Metzger also ihr Zuhause.(18)
Den frühesten Nachweis für eine Fleischbank in diesem Gebäude gibt Adam Türrigl von Riegelstein, der „churfürstliche Preu- und Gegenschreiber“ und zusätzlich Kloster Rottischer Propsteiverwalter war. Er schrieb im Jahr 1654 eine Zusammenfassung der Grundgilt der Kötztinger Bürger und die der Untertanen des Klosters Rott im oberen Aigen.  Türrigl schrieb über die Fleischbank:(19)
Gemainer Marckht Khözting hat des Prustkherns Behausung daraus mann die Fleischpenckhen auch darzue ain Stuben und Camern auch ain Stall gemacht worden, ist ein Egghauß gegen deß Leonhardten Mezen und Oswalden Parellers Heusern über darzue gehört ein halbs Marktlehen mit nachvolgenten Grundt und Poden
Erstlichen ain Agger.
1638 zahlte Hans Raab der jünger „von des Prusstkerns Behausung“(29).
Die Häuser der beiden genannten benachbarten Kötztinger Bürger - zu dieser Zeit gab es noch keine Ortspläne, die Häuser wurden durch ihre Lage zwischen zwei Nachbarn beschrieben und festgelegt- sind auch heute noch vorhanden. Das Haus des Metzgers Leonhard Mez ist das Eckgebäude mit der heutigen Anschrift Metzstraße 11 und Oswald Pareller(21) war einer der ersten Bäcker, die wir auf dem Anwesen der Bäckerei Grassl ebenfalls in der Metzstraße kennen.

Die Fleischbank, eigentlich richtiger die Fleischbänke, wurden auf ein Jahr verpachtet und so musste alljährlich vor dem Magistrat ein neuer Vertrag abgeschlossen werden und anschließend in den Kötztinger Briefprotokollen aufbewahrt werden. Längere Laufzeiten waren vom Gesetzgeber verboten bzw. hätten extra in Straubing von der Regierung genehmigt werden müssen. So konnte und musste also alle Jahre wieder aufs Neue beurkundet werden. Dies freute vor allem den Marktschreiber und die Magistratsräte, da dadurch immer Bearbeitungs- und Schreibgebühren anfielen, die damals den Beteiligten persönlich verblieben und nicht wie heute in die Stadtkasse fließen. Aus dem Jahre 1739 vom 17. April kennen wir einen solchen Vertrag, der im Kern lautet: “Von Kammerer und Rhäten des churfuerstl: Pannmarkht Közting werden die  diessorthige 5 Fleischbenckhen denen aldasigen Mezgern 1 Jahr lang verstüfftet  so sich zu heurigen Mitterfasten anfängt und zu solcher zeit Mitternachten ao:  1740 widerumben endet , dergestalten das Sye mezger als Andre Pürzer , Jakob Räbl ,Wolfgang König , Phillip Rothfischer und Michael Vogl zu ainem bedungenen Stufftgeld ieder nit nur alein 3 fl für erwehntes jahr so zusamben 15fl macht  erlegen , sondern auch bemelte Fleischbanckh mit gueten Fleisch dem Saaz gemess versechen die lebendigen Stuckh vor der Schlachtung des Viechs an die bey denen Fleischbenckhen gesözte Saul der beschau willen denen Verordneten Fleischbschauern anbindten selbes nachgehents iedes Pfundt umb den rechten werth zusezen(22)
Vor der Fleischbank war auf dem Rindermarkt eine Säule eingegraben, an diesem Pfosten wurde das Schlachttier angebunden und musste vom Fleischbeschauer auf seine Gesundheit hin kontrolliert werden(23). Nur gefallenes, also bereits verendetes, Vieh fiel an den Abdecker, den Schinder also, der zuerst in Reitenstein, auf hofmärkischen Grund, später dann auf pfleggerichtischem Grund oberhalb Reitensteins seinen Betrieb hatte(24). Krankes aber lebendes Vieh verdarb dem Metzger nur den festgelegten Verkaufspreis.
In dem Vertrag war also noch die Rede von 5 Fleischbänken, die Verkaufstände der Metzger werden also einzeln verstiftet, auch wenn sich das Wort Fleischbank später für das Haus als solches eingebürgert hat.
Im Pachtvertrag von 1711 wurde darüber hinaus noch festgelegt, dass die gesamte Metzgerschaft in jedem Quartal 1 Keuk Inslet aufs Rathaus liefern mußten. Dieser Unschlitt, also ausgelassener Rindertalg, diente im Rathaus zur Beleuchtung.
Die Stift[Pacht] der Fleischbank war ein jährlicher Festbetrag, in der Regel 3 Gulden (Abkürzung: fl) pro Metzger, der an den Markt zu zahlen war. In den Kriegsjahren nach 1703,  als die Geschäfte der Metzger in Kötzting dann allzu schlecht gingen, baten sie um einen Nachlass, den sie auch erhielten. Aus Mangel an Arbeit lies sich der Fleischhacker Georg Kramer (Hausnummer 15, jetzt die Buchhandlung Reber am oberen Markt) sogar als Soldat anstellen und brauchte daher gar nichts zu zahlen(25): „Georg Kramer umb er sich uf der Schanz fuer ainen Schuetzen gebrauchen lassen:      nihil“(=zahlte nichts)      
Da die Fleischbank an die Metzger nur verpachtet war, damals sprach man von Stift,  musste der Markt für die Unterhaltskosten und Umbauten aufkommen und nur deswegen kennen wir das eine oder andere Detail dieses Bauwerks.
Wurde tatsächlich zusätzlich ein neuer Metzger in Kötzting in die Zunft aufgenommen, so musste eben ein neuer Platz geschaffen werden für Auslage und Bänke und so, geschehen im Jahre 1673, wird eben umgebaut.
1673 wird der Mauerer Türrigl Adam, ein Sohn des ehemaligen Kötztinger Propsteirichters Adam Türrigl vom Rigelstein und ein Mauerer entlohnt, dass er  bey den Fleischpenckhen in dem Gemeier herwerts gegen den Parella  (=heutige Bäckerei Grassl) durchgebrochen und ain Thier mit einem Fenster zu der fuer Andre Weissen  aufgerichten Fleischpenckh gemacht zugleich das Wuhnstibel ausgebessert(26)   In der Fleischbank konnte also nicht nur gearbeitet werden. Sondern auch ein längerer Aufenthalt war in der Wohnstube möglich.
Um sich die hygienischen Umstände besser vorstellen zu können, muss man berücksichtigen, dass Kötzting damals weder Kanalisation noch Abflussrohre kannte.
Die Schlachtabfälle, die Körperflüssigkeiten, der Unrat alles floss zusammen bei Regen mit dem Oberflächenwasser den Hang hinab und wurde auf halber Höhe des abschüssigen Weges beim Amtshaus (Hausname Wieser Girgl, heute Schirnstraße xx) mit einem, quer über den Weg gelegten, Baumstamm nach links in Richtung Osten in die Hohlgasse abgeleitet und von dort aus in einigen Wiesen zur Bewässerung benutzt, so die Brühe nicht vorher weiter oben in die Keuchen (=Zellen) der Gefangenen im Amtshaus hineingeschwappt war.
Diese, aus heutiger Sicht, unhaltbaren Zustände dauerten all die Jahrhunderte an und um das verschmutzte „Wildwasser“ wurden langjährige erbitterte Prozesse geführt, aber nicht wie man heutzutage vermuten würde, um es abzuhalten, sondern um es zu erhalten. Eine Wiese zu wässern, vor allem mit verschmutztem Wasser, war im hängigen Gelände eine der wenigen Möglichkeiten um den Ertrag der Wiesen zu steigern.
Der abschüssige Bereich gleich unter und hinter der Fleischbank, die sogenannte Wurmhöhe war in der Zeit noch Teil der Kötztinger Marktsbefestigung und, auch wenn heutzutage der genaue Verlauf nur vermutet werden kann, so gibt es doch Hinweise, dass hier früher Wehranlagen angelegt waren.
1652 verpfändet Leonhard Metz, einer der Metzger Kötztings(Metzstraße xx Hausname Dimpfl) seinen Garten an die Pfarrkirche Kötzting um 10 Gulden Kredit zu erhalten und beschreibt die Lage des Gartens: “er läge unter der Schanz bei den Fleischbänken“.(27)

Wie immer sind die Baurechnungen sehr aussagekräftig und liefern einen besseren Eindruck vom Haus.  Im Jahre 1768 ist die Bausubstanz erneut so schlecht, dass das Haus am einstürzen ist. 
Valentin  Kötterl ist der Mauerer, der den Schaden wieder repariert. Von dem gemainen Fleischpänk ist das obere Eck völlig herausgefallen und so auch der Stand zu beeden Seiten schadhaft und etwas eingefallen . Also hat gedachter Maurermeister und seine Gesellen nicht nur das Eck neu aufstellen sondern auch  die Seitenwände und sämtliche Fleischpenckh nebst dem Schlaghaus verbessern und verbuzen auch ein Khar neu machen (28) 
Neben den Verkaufständen, den Fleischbänken, ist hier von einem Schlachthaus die Rede und auch ein Brunnenkorb, ein „Khar“, ist vorhanden.     



[1]  WINFRIED HELM: Obrigkeit und Volk, in Passauer Studien zur Volkskunde, herausgegeben von Walter Hartinger, Lehrstuhl für Volkskunde der Universität Passau, Band 5 1993 S.41, danach gehörten zu den Ehehaftgewerben manchmal auch die Wirte und Bader.
[2] Sicherheit bedeutet hier in erster Linie einen Gebietsschutz für den Handwerker, also die Pflicht der Bewohner bei den ortsansässigen Handwerkern arbeiten zu lassen.
[3] Unabhängig vom unterschiedlichen Maß an Rechten der Bürger war jede Handwerksausübung in Märkten oder Städten an das Bürgerrecht gebunden und erst dieses ermöglichte auch dann das Recht eine Meisterprüfung bei der jeweiligen Zunft oder Gilde abzulegen.
[4] Auch ein Marktlehner konnte natürlich zusätzlich zu den realen Rechten auch eine personale Konzession als Handwerker besitzen, diese war dann auch übertragbar.
[5] Bayerisches Hauptstaatsarchiv München im folgenden HStA genannt, GL Fasc 1836/77 

[6] Bayerisches Hauptstaatsarchiv München (im Folgenden BayHStA) GL Fasc 1819 Streitigkeiten mit dem Markt Kötzting
[7] Stadtarchiv Kötzting (im Folgenden Stadt A Kötzting) AA IV 35 Seite 1
[8] Als Markt war Kötzting  Mitglied des dritten Standes und hatte damit Sitz und Stimme in der Standesversammlung in Landshut.
[9] BayHStA GL Fasc. 1819 Hofkammerakten Brief vom 15.11.1787
[10] StadtA Kötzting AA IX 37
[11] Staatsarchiv Landshut, (im Folgenden StA La),  Rentmeisteramt Straubing, Rentmeisterumrittsprotokolle 1648, Kötzting
[12] StA La Rentamt Straubing  Rentmeisterumrittsprotokoll 1640
[13] Stadtarchiv Kötzting (im Folgenden StadtA Kötzting genannt) Marktrechnungen Band  14 von 1686 Seite 20
[14] StadtA Kötzting Marktrechnungen Band 40 Seite 13
[15] JOHANN ANDREAS SCHMELLER: Bayerisches Wörterbuch München 1996 Band 1/1 S. 252 :sich brogeln, groß tun, sich prahlen
[16] Die heutige Metzstraße erhielt ihren Namen also nicht, wie in vielen anderen bayerischen Städten von der Schlacht bei Metz im deutsch französischen Krieg, sondern steht für eine Verkürzung des Wortes „Metzgerstraße“.
[17] Diese Wort Schirnstraße wurde in der Vergangenheit immer als Ableitung von „Schergenstraße“ gedeutet, weil die Amtmänner, die Schergen also, dort arbeiteten und wohnten. Im Zusammenhang mit der Arbeit am Material über Metzger gibt es aber auch eine andere Deutungsmöglichkeit. Unter „Schirn“ werden in anderen Städten die offenen Verkaufsstände der Metzger verstanden siehe  ADAM HAUSMANN in http://www.saugut.de/100jahr1.htm: Geschichte der Fleischer :Der Urmetzger verkaufte seine Ware nicht wie heute in seinem Haus, nein, es gab damals die sogenannten Fleischbänke, die hier in Schlüchtern[Ort in Hessen] mit Schern, Schirn oder Scharn bezeichnet wurden......Dort zogen die Metzger mit ihren Wagen hin, ausgerüstet mit Hackklotz, Waage, Fleischhaken, Beil und Messer. In großen Städten entwickelten sich daraus die Schirn, Gassen und Straßen.
[18] WILHELMINE GATTERMEIER, Metzgermeister Familie Wagner und das Haus am Fischmarkt 9 in Familienkundliche Beiträge der Gesellschaft für Familienforschung in der Oberpfalz E.V. Nr. 16 Seite 15: im Mittelalter baute man die Fleischhäuser an Flüsse oder über Bäche, damit man sie besser sauber halten konnte. An diese Regel hatte man sich in Kötzting offensichtlich nicht gehalten, die hygienischen Verhältnisse waren sicher problematisch, da Kötzting in der Metzgasse über kein fließendes Wasser verfügte.
[19] BayHStA Landshuter Abgabe 1982 KL Rott B2, S. 23 von 1654
[20] BayHStA Landshuter Abgabe 1982 KL Rott R1, 1638, weitere Vorbesitzer unter Vorbehalt: 1610 Fischer Wolf (KL Rott 113), 1584 Heimeram Weiß (KL Rott 110), 1462 Fischer Andre (KL Rott 111)
[21] Oswald Pareller war der ursprüngliche Besitzer des Mesnerhauses in der Herrengasse und auch Lehrer in Runding.
[22] StadtA Kötzting Ratsprotokolle IV 34 Seite 2
[23] StadtA Regensburg Pol II Fasc 148 in Regensburg ist sogar genauer geregelt, wie lange das Schlachtvieh an der Säule stehen muss: sie sollen auch kein Vieh schlachten es seye dann zuvor 4 Stunden vor dem Schlachthaus gestanden.
[24] Solch ein Abdecker war nicht nur für „gefallenes Vieh“ zuständig sondern auch für die „Verscharrung“ von Selbstmördern und getöteten Verbrechern – das Pfleggericht Kötzting hatte die hohe Gerichtsbarkeit und Kötzting eine Richtstätte -. Darüber hinaus versorgte der Abdecker auch die Jagdhunde des Landrichters. Im übrigen war der Beruf des Abdeckers ein unehrenhafter, was die Familien dazu zwang sich Ehepartner innerhalb des Berufsstandes zusuchen.
[25]  StadtA Kötzting Marktrechnungen Band  24 Seite 12
[26] Band 2 Seite 25
[27] Pfarrarchiv Kötzting Kirchenrechnungen 1662
[28] Stadt A Kötzting  Marktrechnung 1768 Seite 48